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Sachsen-Koburg-Gotha

[391] Sachsen-Koburg-Gotha (s. Karte »Sächsische Herzogtümer« bei S. 388), zum Deutschen Reiche gehörige, unter einem Herrscherhaus vereinigte Herzogtümer, zwischen 50°1´-51°20´ nördl. Br. und 10°16´-11°15´ östl. L. gelegen, bestehen aus dem Herzogtum Koburg und dem Herzogtum Gotha, die durch zwischenliegende preußische und sachsen-meiningische Gebietsteile getrennt sind, und zu denen noch mehrere von fremdem Territorium umschlossene Parzellen gehören. Das Areal beider Herzogtümer beträgt 1977,45 qkm (35,91 QM.), die Bevölkerung (1905) 242,432 Seelen (123 auf 1 qkm).

Das Herzogtum Roburg grenzt im W., N. u. NO. an Sachsen-Meiningen, im SO., Süden und SW. an Bayern; der dazugehörige Amtsgerichtsbezirk Königsberg (eine größere und zwei kleinere Parzellen) ist vom bayrischen Gebiet umgeben. Es ist ein wellenförmiges, anmutiges Hügelland, das breite Plateauzüge zeigt und in der Senichshöhe bei Mirsdorf bis 523 m, im Festungsberg bei Koburg bis 457 m ansteigt. Die Gewässer sind: die Itz, der Biberbach, die Steinach, die Baunach und die Nassach, die in den Main münden. Die Mineralquellen zu Fechheim und Grub am Forst sind unbenutzt. Das Herzogtum hat einen Flächeninhalt von 562,3 qkm (10,2 QM.) und (1905) 71,512 Einw. Die Bewohner sind fränkischen Stammes und bekennen sich, mit Ausnahme weniger Katholiken, Juden etc., zur evangelisch-lutherischen Kirche. Das Herzogtum zählt vier Städte. Für die Volksbildung ist gut gesorgt. Neben den für jeden Ort vorhandenen Volksschulen bestehen in der Stadt Koburg ein Gymnasium (Casimirianum) mit Progymnasium, eine Oberrealschule, ein Schullehrerseminar. eine Taubstummenlehranstalt, eine Baugewerkschule, und eine landwirtschaftliche Winterschule, in Neustadt eine Industrie- und Gewerbeschule. Anstalten für [391] Wissenschaft und Kunst sind die herzogliche Bibliothek und die Kupferstichsammlung (124,000 Blätter). Haupterwerbszweig ist die Landwirtschaft. Felder, Wiesen und Gärten nehmen 37,078 Hektar, Waldungen 15,898 (davon Domäneneigentum 5781), Weinberge 24, Weiden, Öd- und Unland 1254 Hektar ein. Die Förderung der Landwirtschaft läßt sich ein Landwirtschaftlicher Verein zu Koburg nebst zahlreichen Zweigvereinen im Land angelegen sein. Der Ackerbau liefert die gewöhnlichen Halmfrüchte, Kartoffeln, Rüben, Hülsenfrüchte und Klee. Der Getreidebau gewährt einen durchschnittlichen Ertrag von ca. 38,000 dz Weizen, 46,000 Roggen, 33,000 Gerste, 47,000 dz Hafer. Der durchschnittliche Ertrag an Kartoffeln beläuft sich auf 520,000 dz. Von Handelsgewächsen wird nur Hopfen, doch mehr für den inländischen Bedarf, erzeugt. Der Garten- und Obstbau ist beträchtlich, namentlich in dem Amt Königsberg. Wiesenbau findet besonders in den Tälern der Itz, Rodach, Röthen und Lauter statt. Von großem Belang ist die Rindviehzucht. Man zählte 1904: 2477 Pferde, 25,682 Stück Rindvieh, 6523 Schafe, 26,402 Schweine und 8731 Ziegen. Jagd und Fischerei sind nicht ohne Bedeutung, besonders ist guter Auerwildstand vorhanden. Künstliche Fischzucht wird in Mönchröden betrieben. Von den Forsten sind 7/10 Nadel-, 3/10 Laubholz. Hauptindustriezweige sind die Spielwarenfabrikation in Neustadt, Rodach und Umgegend sowie die Korbwaren- und Weißbüttnerwarenfabrikation im Amtsbezirk Sonnefeld; es sind vorwiegend Hausindustrien. An sonstigen größern Etablissements bestehen im Land eine Kammgarnspinnerei und eine mechanische Baumwollweberei. Sehr ansehnlich sind ferner: die Tonwaren- und Schamottefabrikation (Öslau), die Ziegelbrennerei und die Fabrikation von chemischen Produkten, Porzellan- und Steingutwaren, Wagen und Möbeln. In schwunghaftem Betrieb sind die Gerberei sowie besonders die Bierbrauerei, auch für den Absatz ins Ausland. Für das Herzogtum Sachsen-Koburg besteht eine Handelskammer mit dem Sitz in Koburg. Die Werraeisenbahn durchzieht mit der Hauptbahn und mit den Zweigbahnen nach Sonneberg-Lauscha, nach Rodach, nach Creidlitz-Rossach und nach Ebersdorf-Weidhausen das Land in einer Länge von 80 km. Die Landstraßen haben eine Länge von 176 km. In der Stadt Koburg bestehen: eine herzogliche Landrentenbank, eine Kreditbank, ein Spar- und Vorschußverein, eine städtische Sparkasse; Vorschußvereine außerdem in vielen Orten des Landes.

Das Herzogtum Gotha, das mehrere Enklaven benachbarter Staaten umschließt, grenzt im N. und O. an Preußen, im SO. an Schwarzburg-Sondershausen und an das weimarische Amt Ilmenau, im Süden und SW. an Preußen und an Sachsen-Meiningen, im W. an Sachsen-Weimar. Von den dazugehörigen Parzellen ist der von preußischem und schwarzburgischem Gebiet umschlossene frühere Amtsbezirk Volkenroda die größte. Der Thüringer Wald hat im Herzog kum seine höchsten Spitzen: den Großen Beerberg (983 m), Schneekopf (978 m) und Inselsberg (915 m). Das nordöstliche Hügelland steigt in der Wachsenburg 414 m, im Großen Seeberg bei Gotha 407 m an. Die Gewässer fließen teils der Saale, teils der Werra zu: zur Saale die Jlm, die Unstrut, die Gera und Ohra, zur Werra die Hasel mit der Schwarza, die Schmalkalde und die Hörsel. Letztere empfängt das Schilfwasser, Wutha (Erbstrom oder Ruhlaer Wasser) und Neffe. Zu erwähnen sind die Wasserheilanstalten zu Elgersburg, der Bade- und klimatische Kurort Friedrichroda sowie das als Luftkurort in Aufnahme gekommene Oberhof (mit herzoglichem Jagdschloß); die bei Sondra erbohrte starke Kohlensäurequelle ist wieder versiegt. Das Herzogtum hat einen Flächeninhalt von 1415,1 qkm (25,7 QM.) mit (1905) 170,920 Einw. Die Bewohner sind thüringischen Stammes und bekennen sich, mit Ausnahme weniger Katholiken, Juden etc., zur evangelisch lutherischen Kirche. Das Herzogtum zählt sieben Städte. Die Volksbildung steht auf hoher Stufe. Neben den für alle Gemeinden eingerichteten Volksschulen bestehen Fortbildungsschulen für Knaben mit dreijährigem obligatorischen Schulbesuch. Im Herzogtum bestehen ferner ein Schullehrerseminar, verschiedene Ausbildungsgelegenheiten für Kindergärtnerinnen, eine lateinlose Realschule für Knaben, eine herzogliche Baugewerbeschule, neben einer öffentlichen einige private höhere Mädchenschulen, ein Gymnasium (mit Realgymnasialklassen) und eine an die Realschule an gegliederte kaufmännische Fortbildungsschule, letztere alle in Gotha; ein Progymnasium mit Realschule in Ohrdruf, eine Privaterziehungsanstalt für Knaben in Schnepfental. Als Anstalten für Wissenschaft und Kunst sind die Sammlungen auf dem Schloß Frieden stein in Gotha (s. d.) und in dem Museum daselbst sowie die Sternwarte zu Gotha zu nennen. Ein sehr bekanntes Institut ist die ausgedehnte kartographische Anstalt von Justus Perthes daselbst.

Ein Haupterwerbszweig ist die Landwirtschaft. Felder, Wiesen und Gärten nehmen 87,636 Hektar, Waldungen 43,678 Hektar, Weiden, Öd- und Unland 2773 Hektar ein. Auch in Gotha ist ein landwirtschaftlicher Hauptverein mit einer Anzahl von Zweigvereinen tätig. Die Gründung einer Landwirtschaftskammer steht bevor. Es werden durchschnittlich geerntet in Weizen 124,000 dz, Roggen 119,000, Gerste 211,000, Hafer 187,000, Kartoffeln 1,290,000 dz. Der Gemüsebau und die Handelsgärtnerei sind von Belang, namentlich in Herbsleben an der Unstrut der Spargelbau. Guter Wiesenbau findet vornehmlich in den Walddistrikten und um Ohrdruf statt. Die Rindvieh zucht steht der im Koburgischen nicht viel nach, bedeutender ist dagegen die Pferdezucht. Man zählte 1904: 8095 Pferde, 38,097 Stück Rindvieh, 28,407 Schafe, 76,447 Schweine, 28,275 Ziegen. Die Jagd gibt in den ausgedehnten Waldungen noch gute Beute. Von den Forsten sind 4/5Nadelholz, 1/5 Laubholz. Bergbau wird auf Kali, Braunstein, Steinkohlen und Eisenstein getrieben. Die reichhaltige Sole, die zu Ernsthalle bei Bufleben versotten wird, gewinnt man durch Bohren. Die gewerbliche Industrie ist ebenfalls blühend. Von Wichtigkeit sind zu Zella und Mehlis die Gewehrfabrikation, die Fabrikation von Schlosser- und Kurzwaren, eisernen Maschinen und Maschinenteilen, von Tür- und Fahrradglocken, von Schnellfeuerkanonen (Rohrrücklaufgeschütze); bemerkenswert ist endlich die Spielwarenfabrikation in Ohrdruf, Waltershausen und Ruhla, die Nähnadelfabrikation in Ichtershausen; bei Ohrdruf sind zwei Kupferhämmer in Betrieb. Lebhaft ist auch der Betrieb von Ziegeleien, Kalkbrennereien, Teeröfen und Kienrußhütten, die Porzellanfabrikation, die Mühlsteinfabrikation, die Fabrikation von Marmorwaren, von Tabakspfeifen und Glasinstrumenten, die Metzgerei, Bierbrauerei, Garn- und Wäschebleicherei, die Fabrikation von Masken, Spritzenschläuchen, Kofferwaren (in Gera bei Elgersburg), Tonfiguren (in Waltershausen und Gräfenroda), Hemdknöpfen u.a. Viele Sägemühlen sind in den Waldtälern in Betrieb. Auch Handel und Verkehr,[392] deren Förderung sich die Handelskammer für das Herzogtum Gotha angelegen sein läßt, sind lebhaft. Die Thüringische Eisenbahn durchschneidet auf einer Strecke von 42,7 km das Herzogtum. Nach der Berufs- und Gewerbezählung vom 14. Juni 1895 betrug die Zahl der Erwerbstätigen ohne Angehörige und Dienende in beiden Herzogtümern 86,831 Personen (darunter 22,352 weibliche); davon entfielen auf Land- und Forstwirtschaft 30,888 (35,6 Proz.), Bergbau, Hüttenwesen, Industrie und Baugewerbe 40,763 (47 Proz.), Handel und Verkehr 8792 (10,1 Proz.), häusliche Dienste, Lohnarbeit 1549 (1,8 Proz.), Armee (1601), Staats-, Gemeinde- und Kirchendienst, freie Berufe 4839 (5,5 Proz.). Ohne Beruf und Berufsangabe waren außerdem 7753. Die Zahl der Dienenden im Haushalte betrug 4520, der Angehörigen ohne Hauptberuf 118,580 Personen.

In Gotha bestehen eine herzogliche Landeskreditanstalt, die Gothaer Feuerversicherungsbank auf Gegenseitigkeit (seit 1821), die Gothaer Lebensversicherungsbank auf Gegenseitigkeit (seit 1827), die Gothaer Privatbank (mit Filialen in Leipzig, Erfurt und Weimar), die Deutsche Grundkreditbank (mit Zweigniederlassung in Berlin), eine Filiale der Bank für Thüringen, vormals B. M. Strupp in Meiningen, eine 1830 gegründete Sparkasse mit Filialen an 25 Orten des Herzogtums Gotha und eine städtische Sparkasse.

[Verfassung und Verwaltung.] Die Verfassung des Herzogtums S. ist konstitutionell-monarchisch und beruht auf dem Staatsgrundgesetz vom 3. Mai 1852. Der Herzog (seit 19. Juli 1905 Karl Eduard, geb. 19. Juli 1884) übt als Oberhaupt des Staates die Rech le der Staatsgewalt aus. Das Hausgesetz des herzoglichen Hauses datiert vom 1. März 1855. Die Regierungsnachfolge ist erblich im Mannesstamm des herzoglichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linealerbfolge. Der Herzog wird mit zurückgelegtem 21. Jahre volljährig. Für jedes der beiden Herzogtümer besteht ein besonderer, für die gemeinsamen Angelegenheiten beider Herzogtümer ein gemeinschaftlicher Landtag. Der Landtag für Koburg zählt 11, der für Gotha 19 Mitglieder. Die Mitglieder dieser beiden Landtage bilden zusammen den gemeinschaftlichen Landtag (s. unten: Geschichte). Die Wahl der Abgeordneten erfolgt auf vier Jahre und ist indirekt. Wähler und zum Wahlmann wählbar ist jeder 25jährige, unbescholtene, selbständige Staatsbürger, der direkte Steuern entrichtet; wählbar zum Abgeordneten jeder 30jährige Wahlberechtigte. Den Präsidenten wählt jeder Landtag aus seiner Mitte.

An der Spitze der Staatsverwaltung steht das für beide Herzogtümer gemeinsame Staatsministerium, das aus zwei Abteilungen besteht, eine für die besondern Angelegenheiten des Herzogtums Koburg, die andre für die des Herzogtums Gotha. Beiden Abteilungen steht ein Staatsminister vor, der zugleich Vorstand der Gothaer Abteilung ist und die beiden Herzogtümern gemeinsamen Angelegenheiten leitet. Sämtliche Verwaltungsbehörden wurden durch die Gesetze vom 11. Juni (für Gotha) und 17. Juni 1858 (für Koburg) neu organisiert, womit zugleich die vollständige Trennung der Justiz von der Verwaltung durchgeführt ward. Behörden für die innere Verwaltung sind die Landratsämter, die Magistrate und Stadträte und die Gemeindevorstände. Im Herzogtum Gotha bestehen drei, im Herzogtum Koburg ein Landratsamt. Was die Gerichtsverfassung anlangt, so bestehen 13 Amtsgerichte (8 für das Herzogtum Gotha, 5 für das Herzogtum Koburg) und ein Landgericht für das Herzogtum Gotha in der Stadt Gotha, während das Herzogtum Koburg dem Landgericht in Meiningen angeschlossen ist, das aber eine detachierte Strafkammer und eine Kammer für Handelssachen in der Stadt Koburg hat. Die Herzogtümer Koburg und Gotha gehören zum Bezirk des gemeinschaftlichen Thüringischen Oberlandesgerichts in Jena (s. die Textbeilage zum Artikel »Gerichtsverfassung«). Was das Finanzwesen betrifft, so ist, nachdem seit 1855 der größte Teil der Domänen zu fideikommissarischem Hausgut erklärt und dessen Verwaltung durch staatliche Behörden gegen Beteiligung des Staates am Reinertrag bestimmt war, durch das Domänenteilungsgesetz vom 19. Juli 1905 ein Teil (3/8) des Domänengutes in das alleinige Verfügungs- und Nutzungsrecht des herzoglich gothaischen Gesamthauses übergegangen, der andre Teil (2/3) aber dem Herzogtum Gotha übereignet worden. Der Etat der Staatskasse (1. April 1906 bis 31. März 1907) beläuft sich jährlich in Gotha in Einnahme und Ausgabe auf 3,468,200 Mk., 1. April 1905–07 in Koburg jährlich auf 1,105,200 Mk. inkl. der Anteile an den gemeinschaftlichen Ausgaben. Letztere betragen für Koburg-Gotha 1906–07: 593,152 Mk. Im gemeinschaftlichen Etat beliefen sich Einnahmen wie Ausgaben auf 2,298,253 Mk. In Gotha beliefen sich die Aktivkapitalien 1. April 1906 auf 3,351,409 Mk.; nach Abzug der Passiva von 2,515,725 Mk. verblieb sonach ein Überschuß von 835,684 Mk. In Koburg betrug die Staatsschuld 1. April 1905 nach Abzug der Aktivkapitalien 1,257,900 Mk. Die Kontingente der beiden Herzogtümer bilden mit demjenigen von Meiningen das 6. thüringische Infanterieregiment Nr. 95, von dem in Gotha das 1., in Hildburghausen das 2., in Koburg das 3. Bataillon in Garnison liegen, und gehören der 22. Division und dem 11. Armeekorps (Kassel) an.

Mittleres Staatswappen von Sachsen-Koburg-Gotha.
Mittleres Staatswappen von Sachsen-Koburg-Gotha.

Die Herzogtümer haben im deutschen Bundesrat eine Stimme und senden zwei Abgeordnete zum deutschen Reichstag. Das mittlere Staatswappen (s. die Abbildung) ist geviert mit Mittelschild: 1) in Blau ein von Silber und Rot achtfach (auch zehnfach) quergestreifter, gekrönter Löwe (Thüringen und Gotha); 2) in Gold ein schwarzer, rotbewehrter, doppelschweifiger Löwe (Meißen); 3) in Gold eine schwarze Henne mit rotem Kamm auf grünem Dreiberg (Henneberg); 4) in Schwarz ein goldener Löwe (Koburg); Mittelschild (Sachsen). Auf dem Hauptschilde ruht eine zur Hälfte gefütterte Königskrone. Das große Staatswappen zeigt 25 Wappenbilder. Die Landesfarben sind Grün und Weiß. Der Herzog verleiht mit Sachsen-Meiningen und -Altenburg gemeinsam den Ernestinischen Hausorden (s. d.), außerdem ein Verdienstkreuz und -Medaille für Kunst und Wissenschaft und eine Rettungsmedaille (s. Verdienstauszeichnungen). Residenzen sind Koburg und Gotha; Lustschlösser: Kallenberg, Rosenau und Reinhardsbrunn.

[Geschichte.] Schloß und Herrschaft Koburg kamen im 13. Jahrh. von den Grafen von Wildberg an die Grafen von Henneberg (s. d.) und wurden 1245 Sitz einer Nebenlinie dieses Grafengeschlechts, die 1291 mit Poppo VIII. erlosch. Durch dessen Tochter Jutta kam Koburg an Otto III. von Brandenburg[393] und ward, da es nun durch Pfleger verwaltet wurde, die Pflege Koburg genannt. Als Juttas Sohn Hermann starb (1308), kaufte dessen Schwiegersohn Heinrich VIII. von Henneberg die Pflege Koburg zurück; nach seinem Tode jedoch teilten sich seine Schwiegersöhne Eberhard von Württemberg und Friedrich von Meißen 1353 darein. Der württembergische Anteil ging schon 1354 an Würzburg über, der meißnische, bestehend aus den Ämtern Koburg, Neustadt, Sonneberg, Neuhaus, Schalkau, Strauf und Rodach, bildete seitdem, vergrößert durch einige thüringische Gebiete, unter dem Namen des sächsischen Landes in Franken oder der Pflege Koburg einen Besitz des Hauses Wettin. Durch die Teilung von 1485 kam das Gebiet an die Ernestinische Linie, der es verblieb, wurde 1541 vom Kurfürsten Johann Friedrich seinem Stiefbruder Johann Ernst überlassen, fiel aber nach dessen kinderlosem Tode (1553) an Johann Friedrich zurück. Bei der Teilung zwischen Johann Wilhelm und den Söhnen Johann Friedrichs des Mittlern 1572 erhielt der ältere der beiden letztern, Johann Kasimir, Koburg, und als er 1633 kinderlos starb, fiel es seinem Bruder Johann Ernst von Eisenach zu und 1641 bei der Teilung nach dessen ebenfalls kinderlosem Tod (1638) an die ältere Altenburgische Linie (s. Sachsen-Altenburg). Als diese 1672 erlosch, erbte Ernst der Fromme von Gotha nebst andern Besitzungen auch Koburg; bei der Teilung, die seine Söhne 1680 vornahmen, erhielt Albrecht Koburg und begründete die Linie Sachsen-Koburg, die aber schon 1699 mit seinem Tod erlosch. Nach längerm Erbstreit zwischen den Ernestinischen Herzogshäusern wurde Koburg (endgültig erst 1735) mit Saalfeld vereinigt und so das Herzogtum Sachsen-Koburg-Saalfeld begründet, doch behielt Gotha durch den sogen. Nexus Gothanus die Landeshoheit in Saalfeld.

Der erste Herzog, Johann Ernst, siebenter Sohn Ernsts des Frommen, hinterließ 1729 zwei Söhne, Christian Ernst und Franz Josias, die gemeinschaftlich regierten. Durch den Tod des Bruders 1745 in den Alleinbesitz des Landes gelangt, führte Franz Josias (1745–64) 1746 die Primogenitur ein. Durch langwierige und kostspielige Prozesse, die er und sein Sohn Ernst Friedrich (1764–1800) mit Gotha, Meiningen und Schwarzburg führten, wuchs die Schuldenlast des Landes auf über 1 Mill. Gulden, während die Landeseinkünfte nur 70,000 Gulden betrugen. Zur Regelung der Finanzen wurde eine Debitkommission eingesetzt, trotzdem besserte sich die Finanzlage nicht und wurde eher schlechter, als Herzog Franz (1800–06) den preußischen Kammerdirektor v. Kretzschmann in seine Dienste nahm. Durch den Rezeß von 1805 wurde Saalfeld vom Nexus Gothanus befreit und Themar gegen Abtretung Römhilds von Gotha erworben; das Herzogtum umfaßte nun 57,000 Einw. auf 980 qkm (18 QM.). Die Erbitterung gegen den allmächtigen Kretzschmann, noch gesteigert durch die Kriegsnot 1805 und 1806, veranlaßte einen Aufstand, der durch kursächsische Truppen unterdrückt wurde. Als Herzog Franz 9. Dez. 1806 starb, diente sein Sohn Ernst I. (s. Ernst 19,1806–44) im preußischen Heer, und Napoleon stellte daher das Land unter Sequester. Der Herzog konnte sein Land nur durch den Beitritt zum Rheinbund wiedererlangen und bemühte sich nun sofort um die Regelung der Finanzen. Auf dem Wiener Kongreß erhielt der Herzog. der sich im November 1813 den Verbündeten angeschlossen und 1814 und 1815 im Kriege gegen Frankreich ein deutsches Armeekorps befehligt hatte, das Fürstentum Lichtenberg (s. d.) in den Rheinlanden, das er aber 1834 gegen eine Jahresrente an Preußen verkaufte. 1821 gab er seinem Land eine liberale Verfassung. 1826 trat er im Teilungsvertrag vom 12. Nov. das Fürstentum Saalfeld und Themar an Meiningen ab und erhielt dafür das erledigte Herzogtum Sachsen-Gotha (s. d.) sowie die Ämter Königsberg und Sonnefeld. Seitdem heißt das Herzogtum Sachsen-Koburg-Gotha; doch behielt Gotha seine eigne Verfassung. Die Verwaltung des Herzogtums wurde 1828 neu organisiert. Mit dem Landtag geriet die Regierung über die vom Domänengut an die Landeskasse zu gewährenden Zuschüsse in Streit, und erst unter Herzog Ernst II. (1844–93, s. Ernst 20) wurde dieser Streit durch das Domänengesetz vom 29. Dez. 1846 geschlichtet und mit einem neuen Wahlgesetz und sonstigen Reformen eine entschieden freisinnige Richtung eingeschlagen, so daß das Herzogtum 1848 von Unruhen verschont blieb, zumal der Herzog alle liberalen Forderungen bereitwilligst gewährte. Ebenso bereitwillig schloß sich S. der preußischen Union an. Der 1851 als leitender Minister berufene v. Seebach (bis 1888) brachte 1852 eine organische Vereinigung beider Herzogtümer durch das Staatsgrundgesetz vom 3. Mai 1852 zustande und einigte sich 1855 mit den Ständen bezüglich der Domänen dahin, daß diese als Fideikommiß des herzoglichen Gesamthauses erklärt wurden; von den Überschüssen der Domänenkasse (1888: 988,503 Mk.) sollten 544,000 Mk. der herzoglichen, der Rest der Staatskasse zufallen. S. verfolgte auch nach 1850 eine durchaus liberale Politik: es bot dem Nationalverein eine Zuflucht, schloß 1862 mit Preußen eine Militärkonvention und stellte 20. Juni 1866 sein Kontingent Preußen zur Verfügung, das an dem Treffen bei Langensalza und am Feldzug der Mainarmee teilnahm. Als Dank überließ Preußen dem Herzog einen ansehnlichen Waldkomplex im Schmalkaldischen, der die Hälfte des Ertrags der Staatskasse zuwies. S. trat dem Norddeutschen Bunde, in dessen Heer sein Kontingent 2 Bataillone des 95. Regiments bildet, und 1871 dem Deutschen Reiche bei. Zur Verminderung der Verwaltungskosten schlug die Regierung eine engere Union beider Herzogtümer vor, die von den Landtagen 1873 angenommen wurde; nach dem Gesetz vom 31. Jan. 1874 traten die beiden Landtage (s. oben), die seitdem als Sonderlandtage bezeichnet werden, für die Beratung gewisser gemeinsamer Angelegenheiten (Justiz und Verwaltung) zu einem Gemeinschaftlichen Landtage zusammen, der abwechselnd in Koburg und in Gotha abgehalten wird. Aber eine vollständige Realunion ist dadurch keineswegs erzielt worden; den Beitrag zu den Unterhaltungskosten der Universität Jena z. B. leistet nur Gotha.

Da Herzog Ernst II. 1893 kinderlos starb, folgte ihm der zweite Sohn seines Bruders, des Prinz-Gemahls Albert (s. Albert 7), Alfred (s. Alfred 2,1893–1900). Von Geburt Engländer und englisch erzogen, verzichtete er auf seine Stellung als englischer Admiral und Mitglied des Geheimen Staatsrats, behielt aber auch als deutscher Bundesfürst seine Apanage bei. An Stelle des Staatsministers v. Bonin (seit 1888) übernahm Strenge (s. d.) 1892 die Leitung der Staatsgeschäfte. Da des Herzogs einziger Sohn im Februar 1899 starb, wurde die Erbfolge im Herzogtum durch Landesgesetz neu geordnet, und zwar wurde der Landesvertretung die Mitwirkung bei allen künftigen Veränderungen in der Erbfolge gewährleistet. Da[394] des Herzogs nächster Bruder, der Herzog von Connaught (s. d.), für sich und seine Nachkommen zugunsten der von dem nächst jüngern Bruder (gest. 1884, s. Albany 2) abstammenden Linie Albany (aber nur zugunsten dieser) auf die Erbfolge verzichtete, so wurde des letztern nachgeborner, damals noch unmündiger Sohn, Karl Eduard (s. Karl 50), Thronerbe; demgemäß wurde dessen Erziehung alsbald in Deutschland fortgesetzt. Als Herzog Alfred schon 30. Juli 1900 starb, folgte Karl Eduard; aber bis zur Erlangung der Großjährigkeit (19. Juli 1905) führte für ihn der Schwiegersohn des verstorbenen Herzogs, Erbprinz Ernst zu Hohenlohe-Langenburg (s. Hohenlohe 9), die Regierung. Dieser ersetzte den Minister Strenge durch Hentig (bis 1905) und bemühte sich vor allem um eine Änderung des Domänenabkommens von 1855, damit die im Volke gehegte Befürchtung beseitigt würde, die englischen Thronerben könnten einst auf den Thron verzichten, aber die Domänen als privatrechtlich vererbendes Fideikommiß (an Umfang ein Viertel des got haischen und ein Achtel des koburgischen Grund und Bodens) für sich in Anspruch nehmen und damit dem Staat entfremden. Schon Herzog Alfred hatte deshalb eine Teilung der Domänen zwischen dem Herzogshaus und dem Staat angebahnt, und Minister Hentig brachte die entsprechende Vorlage 1904 vor den Landtag. Nach einer durch die Stellungnahme des jungen Herzogs und seiner unverantwortlichen Ratgeber verursachten Störung wurde 13. Febr. 1905 die Angelegenheit durch Landtagsbeschluß so geregelt, daß 46,5 Proz. des Kapitalwertes und 49,8 Proz. des Flächeninhalts der Domänen in das Eigentum des Staates übergingen, dem damit 27,79 Mill. Mk. Kapitalwert und 695,000 Mk. jährlicher Rente zufielen. Der Rest bleibt Domänenfideikommiß des herzoglichen Hauses. Die Vollziehung des Gesetzes blieb dem jungen Herzog vorbehalten, der am 19. Juli 1905 die Regierung antrat und sich 11. Okt. mit Prinzessin Viktoria Adelheid, der ältesten Tochter des Herzogs Friedrich Ferdinand von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, vermählte. Staatsminister Hentig hatte schon 15. Febr. sein Amt endgültig niedergelegt; an seine Stelle trat Juli 1905 Richter (s. Richter 12). Die zur Erzielung von Ersparnissen beabsichtigte Einziehung der Hofhaltung zu Koburg unterblieb schließlich, da die Stadt und das Land Koburg darin eine schwere Schädigung ihrer Interessen erblickten. Der gothaische Landtag, dem bis 1904 neben 4 Konservativen und 6 Freisinnigen 9 Sozialdemokraten angehörten, setzt sich seit 1904 aus 13 ordnungsparteilichen und 6 sozialdemokratischen Abgeordneten zusammen, während im Koburger Landtage 1904 auch der eine bis dahin den Sozialdemokraten gehörige Wahlkreis ihnen verloren ging. 1905 wurde ein Lotterievertrag mit Preußen abgeschlossen. Vgl. Gruner, Historisch-statistische Beschreibung des Fürstentums Koburg saalfeldischen Anteils (Koburg 1793–1809, 5 Bde.); Schultes, Koburgische Landesgeschichte im Mittelalter (Hildburghausen 1814) und Sachsen-Koburg-Saalfeldische Landesgeschichte von 1425 bis auf die neueste Zeit (Koburg 1818–21, 2 Bde.); Fleischmann, Zur Geschichte des Herzogtums Sachsen-Koburg (Hildburghausen 1880); Lotz, Koburgische Landesgeschichte (Koburg 1892); Forkel, Staatsrecht des Herzogtums S. (in Marquardsens »Handbuch des öffentlichen Rechts«, Bd. 3, Freib. 1884); Strenge, Gothaisches Gemeindeverfassungs- und Gemeindeverwaltungsrecht (Gotha 1904); v. Bassewitz, Das Staatsgrundgesetz für die Herzogtümer Koburg und Gotha (Koburg 1905); Trescher, Die Entwickelung des Steuerwesens im Herzogtum Sachsen-Gotha (Jena 1906); »Hof- und Staatshandbuch für das Herzogtum Sachsen-Koburg und Gotha« (Gotha 1901); die betreffenden Teile in Lehfeldts »Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens« (Jena 1888 ff.); »Aus den koburggothaischen Landen« (Gotha 1903 ff., Zeitschrift); die »Mitteilungen« des herzoglich Statistischen Bureaus zu Gotha. Für Gotha s. auch die oben (S. 391) angegebene Literatur.

Einen Nebenzweig des Hauses S. bilden die Nachkommen des Herzogs Ferdinand Georg von S. (geb. 28. März 1785), der die einzige Tochter, Ankonie (geb. 2. Juli 1797, gest. 25. Sept. 1862), des Fürsten Franz Joseph Koháry (s. d.) heiratete, seitdem (fälschlich) Koburg-Koháry genannt wurde und 27. Aug. 1851 als österreichischer General der Kavallerie starb. Die Kinder aus dieser Ehe waren: Ferdinand, geb. 29. Okt. 1816, Gemahl der 1853 verstorbenen Königin Maria II. da Gloria von Portugal (gest. 17. Dez. 1885); August, geb. 13. Juni 1818, österreichischer Generalmajor und königlich sächsischer Generalleutnant, Gemahl der am 16. Febr. 1907 verstorbenen Prinzessin Klementine von Orléans, gest. 26. Juli 1881 mit Hinterlassung von drei Söhnen und einer Tochter: 1) Prinz Philipp K. (geb. 1844). der 1875 Luise von Belgien ehelichte; 2) Prinz Ludwig August, geb. 1845 zu Eu, Admiral, Schwiegersohn Dom Pedros II. von Brasilien, gest. 1907; 3) Prinz Ferdinand (geb. 26. Febr. 1861), 1887 zum Fürsten von Bulgarien gewählt (s. Ferdinand 8); Prinzessin Klothilde, geb. 18. Juli 1846 in Neuilly, seit 1864 mit Erzherzog Joseph, Oberbefehlshaber der Honvédtruppen, vermählt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 391-395.
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Brockhaus-1911: Sachsen-Gotha · Sachsen-Coburg-Gotha · Gotha · Gotha [2] · Sachsen-Meiningen · Sachsen-Lauenburg · Sachsen-Merseburg · Sachsen-Weißenfels · Sachsen-Zeitz · Sachsen-Teschen · Sachsen-Weimar-Eisenach · Sachsen-Hildburghausen · Sachsen [2] · Sachsen · Marschall von Sachsen · Sachsen [3] · Sachsen-Coburg-Kohary · Sachsen-Altenburg · Sachsen [4]

DamenConvLex-1834: Maria Antoinette Friederike Auguste Anna, Herzogin von Sachsen-Koburg-Gotha · Koburg · Gotha · Sachsen · Maria Anna Leopoldine, Königin von Sachsen · Charlotte Amalie, Herzogin von Sachsen-Meiningen · Amalie Therese, Erbprinz. v. Sachsen-Altenburg · Amalie Maria Friederike Auguste, Prinz. v. Sachsen · Anna Amalia, Herzogin v. Sachsen-Weimar · Auguste Maria Nepomucena, Prinzessin v. Sachsen · Anna von Sachsen

Eisler-1912: Albert von Sachsen

Herder-1854: Sachsen-Koburg-Gotha · Koburg · Gotha · Sachsen-Altenburg · Sachsen-Weimar-Eisenach · Sachsen-Meiningen-Hildburghausen · Sachsen [2] · Sachsen [1] · Sachsen [4] · Sachsen [3]

Meyers-1905: Sachsen-Koburg-Koháry · Sachsen-Gotha · Koburg [2] · Koburg [1] · Gotha · Galantes Sachsen · Sachsen [2] · Marschall von Sachsen · Sachsen [1]

Pataky-1898: Elfriede von Koburg · Koburg, Elfriede v. · Elfriede, v. Koburg

Pierer-1857: Sachsen-Koburg-Gotha [1] · Sachsen-Koburg-Gotha [2] · Koburg-Gotha · Sachsen-Koburg · Sachsen-Koburg-Saalfeld · Sachsen-Gotha · Koburg · Gotha

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Die Ausgabe enthält drei frühe Märchen, die die Autorin 1808 zur Veröffentlichung in Achim von Arnims »Trösteinsamkeit« schrieb. Aus der Publikation wurde gut 100 Jahre lang nichts, aber aus Elisabeth Brentano wurde 1811 Bettina von Arnim. »Der Königssohn« »Hans ohne Bart« »Die blinde Königstochter« Das vierte Märchen schrieb von Arnim 1844-1848, Jahre nach dem Tode ihres Mannes 1831, gemeinsam mit ihrer jüngsten Tochter Gisela. »Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns«

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