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Eisenach

[496] Eisenach, Stadt im Großherzogtum Sachsen-Weimar-E. und Hauptstadt des III. Verwaltungsbezirks, am Nordwestende des Thüringer Waldes, am Zusammenfluß der Neffe und Hörsel, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Bebra-Weißenfels und E.-Lichtenfels, 221 m ü. M., besitzt noch Reste der ehemaligen Befestigung und fünf Vorstädte, darunter die Georgenvorstadt im W. und die Nikolaivorstadt im O. Die Stadt hat 4 evangelische und eine kath. Kirche und eine Synagoge. Von erstern sind zu nennen: die spätromanische, um 1150 erbaute Nikolaikirche, 1887 restauriert und durch einen stilgerechten Zwischenbau mit dem Nikolaiturm verbunden, und die spätgotische St. Georgenkirche. Die katholische Elisabethkirche wurde 1887 vollendet.

Wappen von Eisenach.
Wappen von Eisenach.

Außerdem besitzt die Stadt ein um 1742 erbautes großherzogliches Schloß am Markt (viele Jahre der Wohnsitz der Herzogin Helene von Orléans), ein Rathaus, ebendaselbst, mit großem Ölgemälde von Prof. Martersteig, den Einzug der heil. Elisabeth in die Wartburg darstellend, die Klemda, ein 1260 von der Herzogin Sophie von Brabant gegen den Markgrafen Heinrich den Erlauchten erbautes Kastell, jetzt Gesellschaftshaus, das Lutherhaus, in dem Luther 1498 bei der Frau Cotta Aufnahme gefunden haben soll, und die Geburtshäuser Seb. Bachs und des Malers Friedrich Preller. An öffentlichen Denkmälern sind aufgestellt: die Statue Seb. Bachs vor dem Westportal der St. Georgenkirche, ein Lutherdenkmal auf dem Karlsplatz, beide von Donndorf modelliert, ein Bismarckdenkmal im Park Pflugensberg, eine Germania als Kriegerdenkmal für 1870/71, die vergoldete Statue des heil. Georg auf dem Brunnen in der Mitte des Marktplatzes und ein Grabdenkmal Fritz Reuters auf dem Friedhof. Die Zahl der Einwohner betrug 1900: mit der Garnison (ein Infanteriebataillon Nr. 94) 31,580 Seelen, davon 1083 Katholiken und 349 Juden. Die Industrie ist bedeutend in Kammgarnspinnerei, Fahrzeug-, Farben- und Tonwarenfabrikation; außerdem hat E. Fabrikation von Herden, Zigarren, Zementröhren, Malz, Eisenkonstruktionen, Alabasterwaren, Maschinen, Schuhwaren, Leder etc., Kunsttischlerei, Bierbrauerei, Granitwerke, Ziegelbrennerei, Sägewerke und Mahlmühlen. Dem Handel dient eine Reichsbanknebenstelle. An Bildungs- und andern Anstalten befinden sich in E. eine Forstlehranstalt, ein Gymnasium, ein Realgymnasium, ein Schullehrerseminar, eine Zeichen- und Gewerbeschule, eine Sprachheilanstalt, ein Theater, ein Diakonissenhaus, ein Richard Wagner-Museum, ferner eine Kaltwasserheilanstalt, ein Elektrizitätswerk etc. Von Behörden haben dort ihren Sitz: eine Bezirksdirektion, ein Landgericht und eine Forstinspektion. Die städtischen Behörden zählen 2 Bürgermeister und 30 Stadtverordnete. – Zum Landgerichtsbezirk E. gehören die acht Amtsgerichte zu: E., Geisa, Gerstungen, Ilmenau, Kaltennordheim, Lengsfeld, Ostheim und Vacha. E. ist im Sommer von Touristen u. Luftkurgästen oft überfüllt. Außer der Wartburg (s. d.), die sich 2 km südlich von der Stadt erhebt, befinden sich in der Umgegend noch eine Menge durch Naturschönheit ausgezeichneter Punkte, wie der Pflügensberg und der Goldberg, der Karthaus- und der Eichelsche Garten, das Rösesche Hölzchen mit dem Mädel-(Metil-)stein und der Felsgruppe »Mönch und Nonne«, die Göpelskuppe mit dem Burschenschaftsdenkmal, das Johannistal, das villenbesetzte Mariental, die Landgrafenschlucht, das Annatal mit der Drachenschlucht, die Hohe Sonne, Schloß Wilhelmsthal etc. – E. (Isenacum), eine der ältesten Städte Thüringens, ward 1070 von Ludwig dem Springer etwas südlich von einem ältern, durch [496] Feuer zerstörten Ort angelegt. Im Mittelalter ist seine Geschichte mit der der Wartburg eng verflochten. Von 1596–1741 war die Stadt Residenz einer Ernestinischen Herzogslinie (s. unten). Am 1. Sept. 1810 ward sie durch das Ausfliegen mehrerer französischer Pulverwagen arg beschädigt, woran noch der »Explosionsplatz« erinnert. In E. tagt seit 1852 die sogen. Eisenacher Konferenz (s. Deutsche evangelische Kirchenkonferenz). Am 6. und 7. Okt ober 1872 fand in E. eine Zusammenkunft deutscher Nationalökonomen statt, welche die Begründung einer neuen sozialistischen Partei beschloß, und aus der 1873 der Verein für Sozialpolitik hervorging. Vgl. Scheller, E. und Umgebung (Eisen. 1898); Trinius, E. und Umgebung (Minden 1900); Senft, Gäa, Flora und Fauna der Umgebung von E. (in der Festschrift der Naturforscher-Versammlung in E., 1882); »Beiträge zur Geschichte Eisenachs« (das. 1896 ff.) und Literatur bei Artikel »Wartburg«.

Das ehemalige Fürstentum E. kam 1440 an das Haus Wettin und bei der Teilung von 1485 an die Ernestinische Linie, bei der es verblieb. 1583 fielen die hennebergischen Ämter Lichtenberg und Kaltennordheim an E. Der jüngere Sohn Johann Friedrichs des Mittlern, Johann Ernst, stiftete 1596 die ältere Linie E., die aber mit ihrem Stifter 1638 ausstarb; der siebente Sohn des Herzogs Johann von Weimar, Albert, 1640 die mittlere Linie E., die ebenfalls mit dem Tod ihres Stifters 1644 erlosch. Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar überließ E. 1662 seinem ältesten Sohn, Adolf Wilhelm; diesem folgte 1668 sein Bruder Johann Georg, welcher der Stifter der jüngern Linie E. wurde. Dieselbe erlosch 1741 mit Wilhelm Heinrich, und das Land fiel wieder an Sachsen-Weimar. – Mit den 1815 hinzugekommenen fuldaischen und hessischen Ämtern Geisa, Dermbach, Vacha und Frauensee bildet das Fürstentum E. die beiden Verwaltungsbezirke E. (569 qkm mit 65,767 Einw.) und Dermbach (650 qkm mit 38,909 Einw.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 496-497.
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