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Neapel [2]

[478] Neapel (ital. Napoli; hierzu der Stadtplan und Karte der Umgebung), Hauptstadt der gleichnamigen ital. Provinz (s. oben), die ehemalige Haupt- und Residenzstadt des Königreichs beider Sizilien, liegt unter 40°52´ nördl. Br. und 14°15´ östl. L., am Golf von N., der nördlich durch das Kap Miseno und die Inseln Procida und Ischia, südlich durch die in der Punta della Campanella endigende Halbinsel von Sorrent und die Insel Capri begrenzt wird, am. Abhang und am Fuße mehrerer sanft zum Meer abfallender Hügel (westlich Posilipo und Vomero, nördlich Capodimonte und Capodichino).

Wappen von Neapel.
Wappen von Neapel.

Gegen O. fließt N. mit den zwischen Weinpflanzungen und Nutzgärten liegenden Landhäusern sowie mit den am Fuße des Vesuvs sich hinziehenden Küstenstädtchen San Giovanni a Teduccio, Barra, Portici, Resina, Torre del Greco, Torre Annunziata zusammen. Durch Lage und Umgebung bietet die Stadt ein Gesamtbild von unnennbarem Zauber, mit dem nur die Städtebilder von Lissabon und Konstantinopel verglichen werden können; daher das geflügelte Wort: »Vedi Napoli e poi muori« (»Sieh N. und dann stirb«). Von fließen den Gewässern berührt nur das wasserarme Flüßchen Sebeto das Gebiet der Stadt in ihrem östlichen Teile. Das Klima von N. ist sehr angenehm; die mittlere Temperatur beträgt im Jahre 15,8, im Januar 8,2, im Juli 24,2°; die jährliche Niederschlagsmenge (an 109 Regentagen) 848,8 mm. Die hygienischen Verhältnisse von N. haben sich nach der letzten Choleraepidemie 1884 sehr verbessert. Es wurden seither mit einem Kostenaufwand von 100 Mill. Lire umfangreiche Gesundungsarbeiten ausgeführt, an 17,000 Häuser niedergelegt, breite Straßenzüge (auf einem Flächenraum von 980,686 qm) durchgeführt, neue Stadtteile im O. und W. (insbes. am Vomero) angelegt, eine vollständige Kanalisierung und eine 80 km lange Wasserleitung vom Serino (im Flußgebiet des Sabato) ausgeführt, die täglich 90–170,000 cbm Wasser liefert.

[Stadtteile, Straßen, Plätze.] N. wird durch den Bergrücken, auf dessen Höhe das Castel Sant' Elmo liegt, und der, über den Pizzofalcone verlaufend, in der Felseninsel des Castel dell' Ovo endigt, in zwei ungleich große Gebiete geteilt. Östlich liegt der ältere und größere Teil, mit dem Hafen und der Bucht; westlich zieht sich der neuere, elegantere, mit dem herrlichen Spaziergang am Meer, nach der kleinern Bucht der Mergellina hin. Das alte N. hat enge Straßen, hohe Häuser und ist sehr dicht bewohnt. Die wichtigsten Straßen sind: die 21/2 km lange Strada di Roma (ehemals Via di Toledo), mit zahlreichen Läden und lebhaftem Verkehr; die seit 1870 bis zum Meer verlängerte Strada del Duomo, die Strada dei Tribunali, Santa Trinita, Medina, dann die neuen, breit angelegten Straßen Corso Umberto I, Strada Nicola Amore mit dem Standbilde des gleichnamigen verdienten Bürgermeisters, Strada Nuova, Corso Garibaldi, San Giovanni a Carbonara und Strada Foria. Die prächtigsten Straßen sind die Riviera di Chia ja mit einer Reihe von Palästen nach dem Meer zu, der eigentliche Korso der Neapolitaner, und ihre Fortsetzung, die Strada di Posilipo. Zwischen der erstern und dem Meer liegt der öffentliche Lustgarten Neapels, die Villa Nazionale, mit Statuen, Springbrunnen und dem Aquarium. Eine prächtige neue Uferstraße, die Via Caracciolo, zieht sich vor der Villa Nazionale hin und beim Castel dell' Ovo vorüber, als Via Partenope, zum Volksquartier Santa Lucia. Der Corso Vittorio Emanuele zieht sich hoch an den vom Castel Sant' Elmo gegen die Stadt abfallenden Hügeln über 4 km weit hin. Die bedeutendsten Plätze sind: Piazza del Plebiscito mit dem königlichen Schloß, der Kirche San Francesco di Paola und den Reiterstatuen Karls III. (von Canova) und Ferdinands I. (von Cali); Piazza del Municipio, seit 1886 erweitert, mit dem Denkmal Viktor Emanuels II. und Gartenanlagen; Piazza del Mercato, wo Konradin von Schwaben und Friedrich von Baden 1268 hin gerichtet wurden, mit der Markthalle und drei Brunnen; Piazzo de' Martiri mit der an die vier freiheitlichen Staatsumwälzungen von 1799, 1820, 1848 und 1860 erinnernden Denksäule; Largo della Vittoria und Piazza Umberto, beide an der Riviera di Chiaja; Piazza Dante, eine Erweiterung der Strada di Roma, mit der Statue Dantes und dem königlichen Gymnasium; Piazza Cavour mit hübschen Anlagen und dem Nationalmuseum und Piazza Garibaldi am Bahnhofe mit dem Denkmal des Volkshelden. Am Largo del Castello ist eine Gedenktafel für Goethe.

[Bauwerke.] N. hat in bezug auf Architektur gegenüber andern italienischen Städten geringere Bedeutung. Von den an liken Bauten haven sich nur spärliche Reste erhalten; aus dem Mittelalter und der Zeit der Renaissance stammen, abgesehen von Kirchen, die Kastelle und ein Rest der Stadtmauern mit stattlichen Türmen. Die hervorragendste der etwa 350 Kirchen ist der Dom des heil. Januarius (San Gennaro), von König Karl II. 1299 angelegt und später vielfach restauriert. Unter seinen reichen Kapellen ist die Cappella del Tesoro zu nennen, ein prächtiger Kuppelbau mit dem in Silber und Gold gefaßten Haupte des Schutzpatrons und einem silbernen Tabernakel mit dem wundertätigen Blute des Heiligen (s. Januarius). Andre bemerkenswerte Kirchen, zum Teil restauriert und modernisiert, sind: Sant' Angelo a Nilo (von 1385), mit dem Grabdenkmal des Gründers, Kardinals Brancaccio (von Donatello und Michelozzo, um 1427); Santa Maria del Carmine, 1269 gegründet, mit dem Grabmal Konradins von Schwaben (Statue von Thorwaldsen, 1817 von König Maximilian von Bayern errichtet) und dem größten Glockenturm der Stadt; Santa Chiara (1310 gegründet), mit Reliefs aus dem 14. Jahrh. und gotischen Grabmälern des Hauses Anjou; San Domenico Maggiore, ein großer gotischer Bau (1255), mit schönen Renaissancegrabmälern; San Filippo (Gerolomini), eine der glänzendsten Kirchen Neapels (von 1597); San Francesco di Paola, eine Nachahmung des römischen Pantheons, 1816–31 erbaut; Gesù Nuovo, eine reich ausgestattete Jesuitenkirche von 1584; San Giacomo degli Spagnuoli, vom Vizekönig Peter von Toledo 1540 errichtet, mit Grabmal des Gründers; San Giovanni a Carbonara (1343 gegründet), mit den Denkmälern des Königs Ladislaus, Johannes II., des Giov. Caracciolo u.a. sowie der schönen Altarkapelle der Mirabolli; San Giovanni[478] Pappacoda, mit prächtigem gotischen Portal von 1415; San Lorenzo, 1324 im gotischen Stil ausgeführt; Santa Maria l'Incoronata (von 1352), mit Fresken aus der Schule Giottos; Santa Maria la Nuova, 1599 im Frührenaissancestil umgebaut; San Martino, 1325 erbaut, 1650 prächtig erneuert, mit schönen Gemälden und ehemaligem Kartäuserkloster, gegenwärtig mit Sammlungen des Nationalmuseums und herrlicher Aussicht auf Stadt und Umgebung; Montoliveto (Sant' Anna dei Lombardi), ein Frührenaissancebau von Circione (1420), mit schönen Skulpturen und Grabmälern und anstoßendem Kloster, wo Tasso 1588 eine Zufluchtsstätte fand; San Paolo Maggiore (von 1590), an der Stelle eines römischen Dioskurentempels, mit zwei von der antiken Vorhalle stehen gebliebenen Säulen; San Severino e Sosio, mit ehemaligem Benediktinerkloster (jetzt Staatsarchiv), schönen Fresken (von 1495) im Kreuzgang und einer Kapelle mit den Grabmälern der drei Brüder Sanseverino. Unter den Friedhöfen ist der Camposanto Nuovo durch Lage und prachtvolle Grabbauten, die vielfach den antiken Familiengräbern nachgeahmt sind, einer der schönsten der Welt. N. besitzt auch einen protestantischen Friedhof. Beim Hospiz San Gennaro dei Poveri befinden sich die altchristlichen Katakomben, bestehend aus drei durch Treppen miteinander verbundenen Galerien mit Gräbern und alten Wandmalereien (vgl. Schultze, Die Katakomben von San Gennaro de' Poveri, Jena 1877). Unter den weltlichen Gebäuden sind vor allem die fünf mittelalterlichen Kastelle zu erwähnen: das Castel Nuovo am Kriegshafen, 1277 von Karl I. angelegt, früher königlicher Palast, jetzt Kaserne, mit dem 1470 erbauten schönen Triumphbogen König Alfonsos I. von Aragonien; das Castel dell' Ovo, auf einer Insel am Fuße des Pizzofalcone, durch einen 200 m langen Steindamm mit dem Lande verbunden; das Castel Capuano, angeblich schon im 12. Jahrh. erbaut, seit dem 16. Jahrh. Justizgebäude; das Castel del Carmine. 1647 nach dem Volksaufstand am Hafen erbaut; endlich das die Stadt überragende Castel Sant' Elmo aus dem Jahre 1535, jetzt Militärgefängnis, mit schöner Aussicht. Das schönste der mittelalterlichen Stadttore ist die 1484–95 von Giuliano da Maja no im Renaissancestil erbaute Porta Capuana. Das königliche Schloß wurde 1600 von Fontana erbaut; es hat zwei Säulenreihen an der Fassade, eine schöne Treppe und große Säle mit Gemälden und andern Kunstwerken. An das Schloß stößt das Marinearsenal. Der Munizipalpalast, 1819–25 für die Ministerien errichtet, enthält die Statuen Rogers I. und Friedrichs II. Ferner sind zu beachten: das Nationalmuseum, 1586 als Kaserne erbaut, 1615 der Universität eingeräumt und 1790 zur Aufnahme der Sammlungen eingerichtet, der Palazzo Gravina von 1510 (jetzt Post- und Telegraphenamt), die Palazzi Maddaloni (jetzt Nationalbank), Angri, Sant' Angelo, Ottajano, das Theater San Carlo (von 1737), eins der schönsten und größten Theater, mit 192 in sechs Reihen aufsteigenden Logen, die Galleria Umberto I, zwischen der Strada di Roma und der Piazza del Municipio, 1887–90 in der Form eines lateinischen Kreuzes erbaut, 147 m lang, 122 m breit, mit 57 m hoher Kuppel, und die Galleria Principe di Napoli, ein ähnlicher Bau gegenüber dem Nationalmuseum. Nördlich, außerhalb der Stadt, liegt, von schönen Anlagen um geben, der Palazzo Reale di Capodimonte, ein 1738 begonnener, 1833–43 vollendeter Bau mit Gemälden, Skulpturen und Waffensammlung.

[Bevölkerung und Erwerbszweige.] N. ist die volkreichste Stadt Italiens und zählte 1901: 490,183 (als Gemeinde 563,540) Einw. Die Industrie hat in den letzten Jahrzehnten in N. Aufschwung genommen und umfaßt neben den für den Lokalbedarf und den Fremdenverkehr tätigen Gewerben mehrere große moderne Etablissements. 1901 betrug die Zahl der Arbeiter in der Stein- und Tonbearbeitung 3653, in der Spinnerei und Weberei 4753, in der Pelz-, Leder-, Horn-, Schildpatt-, Korallenbearbeitung u.a. 8471, in der Nahrungsmittelindustrie 10,335, in der Holz-, Stroh- und Möbelbearbeitung 10,796, im Bauhandwerk 14,176, in der Metallurgie und Mechanik 15,659, im Transportwesen 18,425, in der Bekleidungsindustrie 47,899. Wichtiger noch ist der Handel, bezüglich dessen N. den Mittelpunkt für ganz Süditalien bildet. Er wird durch eine Börse, Notenbank, mehrere andre Banken und Bankfilialen, Versicherungs- und Handelsgesellschaften unterstützt. Eisenbahnen verbinden N. mit Rom, Foggia, Brindisi, Tarent, Metapont, Reggio di Calabria, Sekundärbahnen mit Torregaveta (Pozzuoli, Bajä, Cumä), San Giuseppe und Bajano. Dampfstraßenbahnen führen vom Museum über die Strada Salvatore Rosa (mit Zahnrad), dann über den Corso Vittorio Emanuele nach der Riviera di Chiaja (Torretta) und nach Pozzuoli, ferner nach Aversa und Caivano. Drahtseilbahnen führen auf den Vomero. Von größter Bedeutung für den Verkehr Neapels ist der Hafen. Er wurde 1302 von Karl II. angelegt, seit 1890 erweitert und verbessert; er wird durch den 1596 errichteten, seit 1890 verlängerten Molo San Vincenzo und den neu aufgeführten Molo Orientale begrenzt. Der breite, 1302 errichtete Molo San Gennaro (Angioino) teilt das Hafenbecken in den 1826 angelegten Kriegshafen und in den Handelshafen. Ein neues Trockendock ist anstoßend an den Molo Orientale gebaut. Im Hafen von N. sind 1904: 6269 Schiffe von 5,072,981 Ton. ein- und 6252 Schiffe von 5,071,680 T. ausgelaufen, so daß sich der gesamte Schiffsverkehr auf 10,144,661 T. beläuft und unter den italienischen Häfen nur dem von Genua nachsteht. Neben der italienischen Flagge sind am Schiffsverkehr namentlich die englische, deutsche, österreichisch-ungarische, französische und griechische Flagge beteiligt. Die Warenbewegung zur See belief sich in der Ein fuhr auf 850,734, in der Ausfuhr auf 301,750, insgesamt auf 1,152,484 Ton. Die wichtigsten Artikel sind in der Einfuhr: Getreide, Eisen, Stahl und Maschinen, Holz, Petroleum, Steinkohlen, Fische, Leder, chemische Produkte, Baumwolle und Baumwollwaren; in der Ausfuhr: Wein, Olivenöl, Hanf, Feigen und andre Südfrüchte, Nüsse und Haselnüsse, Teigwaren, Branntwein, Papier, Weinstein, Vieh, Häute und Felle. N. ist auch ein wichtiger Hafen für die Auswanderung und seit 1904 Sitz des italienischen Lloyd. In regelmäßiger Dampferverbindung steht N. mit den italienischen Häfen, mit Fiume, Triest, Odessa, Marseille, Alexandria, Massaua, Kalkutta, Hongkong, Schanghai, Antwerpen, Amsterdam, London, Liverpool, Bremen, Hamburg, New York, Buenos Aires u.a.

N. hat eine große Zahl von Wohltätigkeitsanstalten, darunter: das allgemeine Krankenhaus nebst zwei andern Spitälern, das große Findelhaus, das großartige Reale Albergo de' Poveri (1751 erbaut) für Arme, Waisen, Lahme, Blinde und Taubstumme (zusammen für 2000 Personen), 2 Waisenhäuser, das große Armenversorgungshaus, das deutsche und das englische Hospital u.a. N. besitzt auch mehrere [479] Mineralquellen, darunter die Schwefelquelle von Santa Lucia, Badeanstalten und Seebäder.

[Bildungsanstalten, Behörden.] Die Universität, 1224 von Kaiser Friedrich II. gestiftet, hat vier Fakultäten nebst einer Notariats- und einer pharmazeutischen Schule, ein wertvolles mineralogisches und zoologisches Museum, zahlreiche Kabinette, einen im nordöstlichen Teile der Stadt befindlichen Botanischen Garten, ein astronomisches und meteorologisches Observatorium, in Capodimonte (150 m ü. M.) gelegen und mit trefflichen Apparaten versehen, sowie eine Bibliothek von 145,000 Bänden. Die Frequenz der Universität ist die höchste in ganz Italien und belief sich 1903 auf 5515 Studierende. Außerdem besitzt die Stadt eine Ingenieurschule, eine Tierarzneischule, ein Institut für orientalische Sprachen, ein Institut für die Handelsmarine, ein theologisches Seminar, ein Gewerbeinstitut, 3 königliche Lyzeen und Gymnasien, ein königliches technisches Institut und eine Technische Schule, eine Normalschule, eine Kunst- und eine Kunstgewerbeschule, ein Musikkonservatorium, eine Kadettenanstalt, zahlreiche Gemeinde- und Privatmittelschulen, Konvikte, Erziehungsanstalten und Elementarschulen, eine Korrektionsanstalt etc. N. besitzt 10 öffentliche Bibliotheken, darunter die Nationalbibliothek mit 340,000 Bänden und 7578 Manuskripten, die Brancacciana mit 110,000 Bänden und die Universitätsbibliothek. Unter den Kunstsammlungen nimmt den ersten Rang das Nationalmuseum ein. Es wurde durch Vereinigung der Sammlungen der Krone von N. und der Farnesischen Sammlungen in Rom und Parma, dann insbesondere der Funde von Pompeji, Herculaneum und Cumä gebildet, ist, kürzlich neu geordnet, eine der reichsten Sammlungen und enthält unter anderm pompejanische Fresken, Mosaiken (die der Alexanderschlacht, s. d.) und Wanddekorationen, eine Galerie der Inschriften, die beiden berühmten Marmorwerke: den Farnesischen Stier und den Farnesischen Herkules (s. Tafel »Bildhauerkunst III«, Fig. 14, und Tafel VI, Fig. 5), antike Marmorstatuen (s. Tafel »Bildhauerkunst V«, Fig. 3), Bronzen, ägyptische Altertümer und altchristliche Inschriften, Papyrusrollen aus Herculaneum, eine Sammlung antiker Waffen, Glassachen, Terrakotten, kleiner Bronzegeräte, Kameen, Gemmen und Preziosen, Vasen; ferner Sammlungen von Renaissancearbeiten, Kupferstichen und Münzen, eine wertvolle Gemäldesammlung und die oben erwähnte Nationalbibliothek (vgl. Conforti, Das Nationalmuseum zu N., archäologische Beschreibung mit 162 Tafeln; deutsche Ausg., Leipz. 1901). Außerdem besitzt N. ein 1888 errichtetes Museo Civico, hauptsächlich für Kunstgewerbe, eine berühmte, von Dohrn gegründete Zoologische Station (s. d.) mit Aquarium und Laboratorium und 7 Theater: San Carlo, Bellini (von 1877 für Opern), Sannazaro, Fiorentini, Mercadante, Nuovo und Rossini sowie eine Anzahl von Volksbühnen. – N. ist Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs, eines Kassationshofs, Appellhofs, Tribunals, Handels- und Militärgerichts, des Generalkommandos des 10. Armeekorps, eines Marinekommandos, einer Handels- und Gewerbekammer, eines deutschen Berufskonsuls und andrer Konsulate etc.

Die schönsten Punkte der Umgebung Neapels (s. beifolgende Karte) bilden im W. der Bergrücken Posilipo mit den beiden Tunnels, dem Grabe des Vergil und einer vom Mergellina-Ufer sanft ansteigenden herrlichen Küstenstraße; ferner Pozzuoli mit dem See von Agnano, der Hundsgrotte, dem Krater von Astroni, der Solfatara, dem Monte Nuovo, den Ruinen von Cumä und Bajä, im NW. das ehemalige Kloster Camaldoli (450 m ü. M.) mit seiner weltberühmten Aussicht, im Norden Caserta mit dem königlichen Schloß, im O. der Vesuv, Herculaneum und Pompeji, Castellammare und Sorrent, endlich die Inseln Capri und Ischia (s. die betreffenden Artikel).

[Geschichte.] N. ist das alte NeapolisNeustadt«), eine griechische Kolonie in Kampanien, unweit der ältern Paläopolis (Altstadt), die auf dem heutigen Monte Posilipo zu suchen ist und vor der Gründung der Neustadt vielleicht Parthenope hieß, ein Name, den später die römischen Dichter für N. gebrauchen. Dort ließen sich nach Strabon Kolonisten aus dem nahen Kyme (Cumä) nieder und gründeten erst später, durch Chalkidier und Athener verstärkt, die »neue Stadt«. Obwohl von den Samnitern erobert, bewahrte Neapolis seinen griechischen Charakter bis in späte Zeiten. Während Paläopolis einen Krieg mit den Römern begann und nach der römischen Eroberung 326 v. Chr. aus der Geschichte verschwand, unterwarf sich N. den Römern, die der Stadt ihre eigentümliche Verfassung ließen, bis sie nach der lex Julia Munizipium und in der Kaiserzeit Kolonie wurde. N. stieg rasch zu hoher Blüte, leistete Rom durch seine Flotte wesentliche Dienste und war der herrlichen Gegend und der daselbst blühen den griechischen Kunst und Wissenschaft wegen ein Lieblingsaufenthalt gebildeter und vornehmer Römer, wie des Vergil, Claudius, Nero, Statius u.a. 536 ward N. den Goten durch Belisar entrissen, gehörte dann zum byzantinischen Reich, war aver unter eignen Herzogen fast selbständig und wurde 1140 den Normannen unterworfen. Über die weitere Geschichte s. Sizilien, Königreich beider. Vgl. Beloch, Kam pan ien. Geschichte und Topographie des antiken N. etc. (2. Ausg. Berl. 1890); d'Alon, Storia della chiesa di Napoli (Neapel 1861); Heß, Der Golf von N., seine klassischen Denkmale etc. (2. Aufl., Leipz. 1878); Capasso, Sulla circoscrizione e sulla popolazione della città di Napoli, 1300–1809 (Neapel 1882); Del Balzo, Napoli e i Napolitani (Matl. 1884); Kleinpaul, N. und seine Umgebung (Leipz. 1884); Herzogin Ravaschieri, Storia della carità napoletana (Neapel 1875–76, 2 Bde.); Russell Forbes, Rambles in Naples (Rom 1886); Rispoli, La provincia e la città di Napoli (Neapel 1902); Nitti, La città di Napoli (das. 1903); Haas, N., seine Umgebung und Sizilien (Bielef. 1904); Rolfs, Neapel (Bd. 29 u. 30 der »Berühmten Kunststätten«, Leipz. 1905); Prestrean, Guida generale di Napoli e provincia: annuario industriale, etc. (zuletzt 1905); Gsell Fels, Unteritalien (in »Meyers Reisebüchern«); Detken, Führer durch N. etc. (11. Aufl., Neapel 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 478-480.
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