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Koch [2]

[210] Koch, 1) Heinrich Gottfried, Schauspieler und Theaterunternehmer, geb. 1703 in Gera, gest. 3. Jan. 1775 in Berlin, studierte einige Jahre die Rechte in Leipzig, trat 1728 in die Neubersche Gesellschaft daselbst ein, in der er nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Theaterdichter und Dekorationsmaler eins der wertvollsten Mitglieder war (auch von Lessing hoch geschätzt), wandte sich 1748 nach Wien und gründete 1749 eine eigne Gesellschaft in Leipzig, die unter anderm 1756 Lessings »Miß Sara Sampson« zum erstenmal zur Ausführung brachte. Als sie sich 1756 bei Ausbruch des Krieges auflöste, trat K. an die Spitze der Schauspielertruppe in Hamburg, deren Mitglied Ekhof war. 1766 kehrte er nach Leipzig zurück, wo er das neuerbaute Schauspielhaus mit Elias Schlegels »Hermann« eröffnete. 1768 begab er sich auf Einladung der Herzogin Amalie nach Weimar, 1770 wieder nach Leipzig und von da nach Berlin. K. war eifrig bestrebt, das deutsche Theater zu einer wirklichen Kunstanstalt zu erheben. An die Stelle der bisher beliebten faden Burlesken setzte er sogen. Intermezzos oder Zwischenspiele, kurze musikalisch-dramatische Darstellungen, die sich lange in Gunst erhielten, und führte 1752 in Leipzig die erste komische Operette (»Der Teufel ist los«, von Chr. F. Weiße) zu Gottscheds Leidwesen mit unerhörtem Beifall auf.

2) Christoph Wilhelm von, Historiker und Publizist, geb. 9. Mai 1737 zu Buchsweiler im Elsaß, gest. 25. Okt. 1813 in Straßburg, studierte die Rechte und Geschichte, übernahm 1771 die Leitung der von Schöpflin gegründeten Lehranstalt des Staatsrechts und der damit verwandten Wissenschaften in Straßburg, ward 1779 Professor des deutschen Staatsrechts und 1780 von Joseph II. in den Reichsadelstand erhoben. Nach Ausbruch der Revolution 1789 Deputierter der Elsässer Protestanten, erlangte er von der Konstituierenden Versammlung 17. Aug. 1790 die Anerkennung der bürgerlichen und religiösen Rechte des protestantischen Elsaß. In der gesetzgebenden Nationalversammlung verteidigte K. standhaft Recht und Ordnung, bekämpfte während der Herrschaft des Konvents in Straßburg die Jakobiner und kam dadurch in Hast, aus der ihn erst Robespierres Fall befreite. Seit 1795 hielt er wieder seine Vorlesungen, ward 1802 durch Senatsbeschluß Mitglied des Tribunals, 1810 Mitglied des Generalkonsistoriums und Ehrenrektor der Universität. Von seinen Schriften nennen wir: »Tableau des révolutions de l'Europe dans le moyen-âge« (Lausanne 1771; neue Aufl., Par. 1809, 3 Bde.; das. 1813, 4 Bde.), von Schöll bis auf die Restauration der Bourbonen fortgeführt (Par. 1823, 3 Bde.); »Sanctio pragmatica Germanorum illustrata« (1789); »Abrégé de l'histoire des traités de paix depuis la paix de Westphalie« (Basel 1797, 4 Bde.); »Tables des traités entre la France et les puissances étrangères depuis la paix de Westphalie jusqu'à nos jours« (das. 1802, 2 Bde.), ebenfalls von Schöll vervollständigt (Par. 1817–18, 15 Bde.); »Tables généalogiques des maisons souveraines du Nord et de l'Ouest de l'Europe« (Straßb. 1782, Par. 1802).

3) Joseph Anton, Maler und Radierer, geb. 27. Juli 1768 in Obergibeln bei Elbigenalp im Tiroler Lechtal, gest. 12. Jan. 1839 in Rom, war erst Hirtenknabe, kam 1785 durch Empfehlung des Bischofs Umgelder auf die Karlsschule in Stuttgart, entfloh aber 1791 der strengen Zucht und gelangte nach längerm Aufenhalt in Straßburg und der Schweiz 1795 nach Rom, wo er mit Carstens bekannt wurde, an dessen klassizistische Richtung er sich anschloß. In der Landschaft waren außerdem Poussin und Claude Lorrain seine Vorbilder. Da er seine Landschaften mit Figuren aus der Mythologie und der Heldengeschichte staffierte und erstere mit den Figuren in Einklang brachte, wurde er der Schöpfer der neuern heroischen oder historischen Landschaft. In den ersten Jahren seines Aufenthalts in Rom radierte er die Blätter zu Carstens' »Les Argonautes, selon Pindare, Orphée et Apollonius de Rhode« (Rom 1799). Auch radierte er 20 Blätter italienischer Landschaften und ein großes Blatt, den Schwur der Franzosen bei Millesimo darstellend, und zeichnete 14 Blätter nach Dante, zu denen später noch etwa 30 hinzukamen (jetzt in Dresden, hrsg. von Ghirardini und Valle, Vicenza 1904) und 36 nach Ossian. 1805 lieferte er[210] zu einem Teile der Werke A. v. Humboldts landschaftliche Ansichten aus Amerika. Dieser Zeit gehören auch die Landschaften mit dem Opfer Noahs (München, Pinakothek), mit Hylas, Polyphem, Nausikaa, Apollon, Diana und Macbeth und den Hexen, der Schmadribachfall und der Tiroler Landsturm an. 1812 trieb ihn Mangel an Verdienst nach Wien, wo er bis 1815 eine lebhafte Tätigkeit entfaltete. Hier entstanden die Landschaften: Kloster San Francesco bei Civitella, Olevano und das Tibertal. Nach Rom zurückgekehrt, malte er dort unter anderm vier Fresken im Dantezimmer der Villa Massimi, jetzt Giustiniani (1824–29). Er war Jahrzehnte hindurch der Mittelpunkt des deutschen Kunstlebens in Rom und übte durch seine originelle Persönlichkeit einen bedeutenden Einfluß auf die jüngere Generation aus. Sein derber Humor und seine Kampfeslust spiegeln sich in der satirischen, gegen unberechtigte Kritik und falsche Kunstkennerschaft gerichteten Schrift »Moderne Kunstchronik oder die rumfordische Suppe, gekocht und geschrieben von J. A. K.« (Stuttg. 1834). In seinen letzten Jahren litt er bittere Not. Vgl. Frimmel, Jos. Ant. K. (in Dohmes »Kunst und Künstler des 19. Jahrhunderts«, Leipz. 1884).

4) Wilhelm Daniel Joseph, Botaniker, geb. 5. März 1771 in Kusel, gest. 14. Nov. 1849 in Erlangen, studierte in Jena und Marburg Medizin und erhielt 1795 das Physikat zu Trarbach und 1798 das von Kaiserslautern. Er gab »Entomologische Hefte« (Frankf. 1803, 2 Lfgn.) heraus, schrieb mit Zitz eine Flora der Pfalz: »Catalogus plantarum florae palatinae« (Mainz 1814), und besorgte die neue Bearbeitung von Röhlings »Deutschlands Flora« (Frankf. 1823–39, 5 Bde). 1824 wurde K. Professor der Medizin und Botanik in Erlangen. Sein Hauptwerk ist die »Synopsis florae germanicae et helveticae« (Frankf. 1837; 3. Aufl., Leipz. 1857; deutsch, Frankf. 1837–38; 3. Aufl. von Hallier u. Wohlfarth, Leipz 1890 ff.). Ein Auszug ist das »Taschenbuch der deutschen und schweizerischen Flora« (8. Aufl. von Hallier, Leipz. 1881).

5) Christian Friedrich, juristischer Praktiker, Neubegründer der preußischen Rechtswissenschaft, geb. 9. Febr. 1798 zu Mohrin in der Neumark, gest. 21. Jan. 1872 in Neiße, ward 1832 Direktor des Land- und Stadtgerichts in Kulm, 1834 in Großglogau, 1835 Oberlandesgerichtsrat in Breslau, 1840 Direktor des Land- und Stadtgerichts in Halle a. S. und 1841 des Fürstentumsgerichts in Neiße. Während der Konfliktszeit hat er als Abgeordneter eines schlesischen Wahlkreises und Mitglied der Fortschrittspartei vorübergehend am öffentlichen Leben teilgenommen. K., ein Schüler Savignys, hat die preußische Rechtswissenschaft auf historischer Grundlage neu geschaffen. Seine bedeutendsten Arbeiten nach dieser Richtung sind: »Das Recht der Forderungen nach gemeinem und preußischem Recht« (Bresl. 1836–43, 3 Bde.; 2. Ausg., Berl. 1858–59); »Lehrbuch des preußischen gemeinen Privatrechts« (Berl. 1845, 2 Bde.; 3. Aufl. 1857–58) sowie sein »Kommentar zum Allgemeinen Landrecht« (das. 1852–55, 4 Bde., mit Register; 8. Aufl. 1883–87). Außerdem sind besonders zu nennen: »Das preußische Erbrecht, aus dem gemeinen deutschen Recht entwickelt« (Berl. 1866); »Das preußische Zivilprozeßrecht« (Bd. 1, das. 1847, 2. Aufl. 1855; Bd. 2, das. 1851, 6. Aufl. 1871). Überdies schrieb er: »Versuch einer systematischen Darstellung der Lehre vom Besitz nach preußischem Recht« (Berl. 1826) 2. umgearbeitete Aufl., Bresl. 1839); »Die Lehre vom Übergang der Forderungsrechte« (das. 1837); »Preußens Rechtsverfassung und wie sie zu reformieren sein möchte« (das. 1843, Fortsetzung 1844). Er ist Begründer des »Schlesischen Archivs für die praktische Rechtswissenschaft« (Bresl. 1837–46, 6 Bde.) Vgl. Behrend, Christ. Friedr. K. (Berl. 1872).

6) Karl, Botaniker, geb. 6. Juni 1809 auf dem Ettersberg bei Weimar, gest. 25. Mai 1879 in Berlin, studierte in Jena und Würzburg, habilitierte sich 1834 in Jena als Privatdozent, unternahm 1836–1838 und 1843–44 Reisen durch Rußland, habilitierte sich 1847 in Berlin, wurde später außerordentlicher Professor, auch Generalsekretär des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den preußischen Staaten, als welcher er 1858–72 dessen »Wochenschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde« herausgab. 1859 wurde er Professor an der landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin. Er schrieb: »Reise durch Rußland nach dem kaukasischen Isthmus« (Stuttg. 1842–1843, 2 Bde.); »Wanderungen im Orient« (Weim. 1846–47, 3 Bde.); »Die kaukasische Militärstraße, der Kuban und die Halbinsel Taman« (Leipz. 1851); »Der Zug der Zehntausend, nach Xenophons Anabasis, geographisch erläutert« (das. 1850); »Beiträge zu einer Flora des Orients« (Halle u. Berl. 1848–1854, 6 Hefte); »Hortus dendrologicus« (Berl. 1853 bis 1854, 2 Tle.); »Bildende Gartenkunst und Pflanzenphysiognomik« (das. 1859); »Dendrologie« (Erlangen 1869–72, 2 Tle.); »Vorlesungen über Dendrologie« (Stuttg. 1875); »Die deutschen Obstgehölze« (Berl. 1876); »Die Bäume und Sträucher des alten Griechenlands« (Stuttg. 1879, 2. Aufl. 1884); »Der Kaukasus. Landschafts- und Lebensbilder« (aus dem Nachlaß, Berl. 1882). Auch gab er eine Karte des kaukasischen Isthmus und von Armenien (Berl. 1850, 4 Blatt) heraus.

7) Karl Friedrich, Sprachforscher, geb. 15. Nov. 1813 zu Berka im Weimarischen, gest. 5. Sept. 1872 in Eisenach, studierte 1832–35 in Jena Theologie, übernahm dann ein Erziehungsinstitut in Eisenach und wurde später Professor am Realgymnasium daselbst. K. wandte sich besonders der grammatischen Seite des Sprachunterrichts zu und suchte die Resultate der historischen Forschungen J. Grimms, soweit sie zum Verständnis der jetzigen Sprachformen nötig sind, in einer für den Schulgebrauch geeigneten Form darzulegen. So entstand seine durch übersichtliche Anordnung des Stoffes ausgezeichnete »Deutsche Grammatik nebst den Tropen und Figuren« (Jena 1860, 6. Aufl. 1875), der die »Deutsche Elementargrammatik« (7. Aufl., das. 1881) nachfolgte. Sein Hauptwerk ist die »Historische Grammatik der englischen Sprache« (Götting. 1863–69, 3 Bde.; 2. Aufl. von Zupitza und Wülker, 1878–91). Aus seinem Nachlaß gab Wilhelm heraus »Linguistische Allotria; Laut-, Ablaut- und Reimbildungen der englischen Sprache« (Eisenach 1874).

8) Richard, Präsident der deutschen Reichsbank, geb. 15. Sept. 1834 in Kottbus, studierte 1851–53 in Berlin, war 1862–65 Richter am Stadt- und Kreisgericht in Danzig, dann am Stadtgericht in Berlin, seit 1867 Stadtgerichtsrat. Nachdem er von Anfang 1868 bis Juli 1870 als Schriftführer der norddeutschen Zivilprozeßkommission fungiert, wurde K. im Oktober 1870 in das königlich preußische Hauptbankdirektorium berufen, im Mai 1871 zum Geheimen Finanzrat und Hauptbankjustitiarius ernannt, trat dann 1876 zur Reichsbank über, an deren Entwickelung, namentlich bei Einrichtung ihres Giro-, Scheckund[211] Abrechnungsverkehrs, er vielfach tätigen Anteil nahm. 1876 zum Geheimen Oberfinanzrat befördert, erhielt K., der 1886 von der Universität Heidelberg ehrenhalber zum Dr. juris promoviert worden war, im Mai 1887 die neuerrichtete Stelle eines Vizepräsidenten des Reichsbankdirektoriums, seit 1888 mit dem Range eines Wirklichen Geheimen Oberfinanzrats, und wurde nach dem Tode v. Dechends (30. April 1890) zum Präsidenten des Reichsbankdirektoriums ernannt. Er veröffentlichte außer zahlreichen Aufsätzen in juristischen Zeitschriften und Artikeln in v. Holtzendorffs »Rechtslexikon«, Endemanns »Handbuch des Handelsrechts«, v. Stengels »Wörterbuch des Verwaltungsrechts«, Conrads »Handwörterbuch der Staatswissenschaften« sowie mehreren Vorträgen über Giroverkehr, Scheckgesetz: »Zur Reform des preußischen Konkursrechts« (Berl. 1868); »Über die Zulässigkeit der Beschlagnahme von Arbeits- und Dienstlöhnen« (das. 1869); »Abrechnungsstellen in Deutschland und deren Vorgänger« (Stuttg. 1883); »Die Reichsgesetzgebung über Münz- und Notenbankwesen etc.« (4. Aufl., Berl. 1900); »Geld u. Wertpapiere« (in den »Beiträgen zur Erläuterung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches«, Heft 4, das. 1889) und »Vorträge und Aufsätze hauptsächlich aus dem Handels- und Wechselrecht« (das. 1892). Mit Struckmann gab er »Die Zivilprozeßordnung für das Deutsche Reich etc. erläutert« (8. Aufl., 2 Bde., Berl. 1901) und »Die preußischen Ausführungsgesetze zu den Reichsjustizgesetzen« (2. Aufl., das. 1881) heraus. Während seiner Tätigkeit bei der Reichsbank hat er zahlreichen, von der Reichsregierung berufenen Gesetzgebungskommissionen, z. B. über das von ihm angeregte (nicht zustande gekommene) Pfandbriefgesetz, die Aktienrechtsnovelle, das Lagerhaus- und Warrantgesetz, angehört. Der 1882 veröffentlichte »Entwurf eines Scheckgesetzes für das Deutsche Reich« ist von K. verfaßt.

9) Robert, der Begründer der modernen Bakteriologie und der wissenschaftlichen Bekämpfung der Infektionskrankheiten, geb. 11. Dez. 1843 zu Klausthal im Harz, studierte Medizin in Göttingen, war Assistent in Hamburg, praktizierte als Arzt in Langenhagen bei Hannover, dann in Rackwitz (Provinz Posen) und wurde 1872 Kreisphysikus in Wollstein (Kreis Bomst). Hier gelang ihm durch exakte, an Kaninchen und Mäusen angestellte Versuche der Nachweis, daß es spezifische, klinisch scharf charakterisierte Wundinfektionskrankheiten gibt, die durch spezifische, morphologisch voneinander ganz verschiedene, pathogene Bakterien von Tier zu Tier durch Impfung übertragbar sind. In der gleichen Zeit wies er nach, daß die im Blute der milzbrandkranken Individuen von frühern Forschern aufgefundenen glashellen Stäbchen lebende pflanzliche Organismen sind, die bei direkter Beobachtung unter dem Mikroskop zu langen Fäden auswachsen und in diesen glänzende Körperchen (Dauerformen, Sporen) bilden, aus denen wieder glashelle Stäbchen hervorwachsen. Auf Grund dieser Arbeiten wurde K. 1880 in das Kaiserliche Gesundheitsamt berufen. Hier bildete er zunächst die Methoden des Nachweises und der Untersuchung der niedern Organismen aus: die bessere Sichtbarmachung durch Färbung, die objektive Darstellung der kleinsten Lebewesen mittels der Mikrophotographie und die Methode der Gewinnung von Reinkulturen mit Hilfe der Nährgelatinen. Es folgte dann die fundamentale Um- und Neugestaltung der ganzen Lehre von der Desinfektion, im besondern die Einführung des strömenden Wasserdampfes in die Desinfektionstechnik. 1882 gelang ihm mit Hilfe der neuen Methoden die Ätiologie der mörderischsten aller Infektionskrankheiten, der Tuberkulose, in absolut einwandfreier Weise klarzulegen. 1884 entdeckte er in Kalkutta als Leiter der deutschen Cholerakommission in Ägypten und weiterhin in Indien den Erreger der asiatischen Cholera (den Kommabazillus). Auf das Studium der Lebenseigenschaften des Kommabazillus begründete er die Maßnahmen zur Bekämpfung der Cholera, die, von der internationalen Sanitätskonferenz in Dresden angenommen, sich in der Folgezeit glänzend bewährt und der Cholera ihre Schrecken genommen haben. Diese Untersuchungen haben weiterhin zu einer Neuregelung der Trinkwasser-Versorgungsverhältnisse geführt. Das Deutsche Reich ehrte K. durch eine Ehrendotation von 100,000 Mk. 1885 wurde K. die neuerrichtete ordentliche Professur für Hygiene an der Universität Berlin übertragen, 1891 wurde er zum Direktor des nach seinem Wunsche neubegründeten Instituts für Infektionskrankheiten ernannt. Auf dem X. internationalen medizinischen Kongreß machte K. seine erste, ungeheures Aufsehen erregende Mitteilung über das Tuberkulin, das Filtrat von Kulturen der Tuberkelbazillen auf Glyzerinbouillon, mit Hilfe dessen er die Tuberkulose in ihren ersten Stadien nicht nur zu erkennen, sondern auch zu heilen lehrte. Später stellte er noch ein neues Präparat dar, das Tuberkulin TR, das er durch Zerreiben der getrockneten Leiber der Tuberkelbazillen gewann. Durch das staubfeine Zerreiben wurde die Substanz der Tuberkelbazillen in den Körpersäften aufsaugbar gemacht und dadurch eine Immunisierung der damit behandelten Individuen bewirkt. Auf dem internationalen Kongreß in London gab K. die überraschenden Ergebnisse seiner weitern Studien über die Tuberkulose bekannt. Er teilte mit, daß die Rindertuberkulose für die Verbreitung der Tuberkulose unter den Menschen nicht in Betracht kommen kann, weil die Tuberkelbazillen des Rindes von denen des Menschen verschieden sind und den Menschen nicht krank machen. Der Verbreiter der menschlichen Tuberkulose ist der tuberkulöse Mensch. Der Kampf gegen die Tuberkulose des Menschen hat daher nur den kranken Menschen in Betracht zu ziehen. Damit lenkte K. den Kampf in die richtigen, Erfolg versprechenden Bahnen.

Im J. 1896 rief die Kapregierung K. nach Südafrika zur Hilfe gegen die die ganze europäische Kultur dort bedrohende Rinderpest. In wenigen Monaten fand er ein Mittel gegen die Krankheit. Durch Einspritzung von Galle aus der Gallenblase an Rinderpest verendeter Rinder gelang ihm, die Rinder gegen die Infektion zu schützen. Das Mittel hat sich in der Folge vortrefflich bewährt. Von dort ging K. als Chef einer zum Studium der Menschenpest nach Indien entsandten Kommission nach Bombay, und nach Erfüllung seiner dortigen Aufgabe nach Deutsch-Ostafrika. Dort stellte er mit Zupitza einen neuen wichtigen Pestherd in Kissiba fest. Außerdem studierte er die in Ostafrika herrschenden Krankheiten der Rinder und fand, daß die eine identisch war mit der in Indien herrschenden Surrakrankheit, die durch Trypanosomen, im Blute lebende Parasiten, bedingt ist, und daß die zweite nichts andres ist als das in Nordamerika herrschende Texasfieber, das nach den Untersuchungen von Smith durch kleine, in den Blutkörperchen lebende Parasiten bedingt ist. In Deutsch-Ostafrika begann er auch die Malaria näher zu studieren. Diese Malariastudien setzte er in Italien und später auf einer großen, bis nach Holländisch-Indien und Neuguinea[212] sich erstreckenden Expedition fort, und es gelang ihm, das Wesen der Malariakrankheiten genau zu präzisieren und die Mittel und Wege anzugeben für deren wirksame Bekämpfung. K. wies nach, daß, wie bei den andern Krankheiten, der kranke Mensch die einzige Quelle für die Malariaübertragungen bildet, daß man die Krankheit deshalb nur dadurch erfolgreich bekämpfen kann, daß man die kranken Menschen durch richtige Darreichung von Chinin von ihren Malariaparasiten befreit, sie heilt. Während seines Aufenthalts in Ägypten 1884 fand K. als Erreger der sogen. ägyptischen Augenkrankheit einen winzig kleinen Bazillus. Außerdem fand er bei den dort vorkommenden Ruhrfällen als Ursache der Ruhr eine Amöbenart. Diese Feststellungen sind der Ausgangspunkt für zahlreiche wichtige Ermittelungen über diese Krankheiten geworden.

Nach seiner Rückkehr von der Malaria-Expedition widmete sich K. der Erforschung der Verbreitungsweise des Typhus und zeigte, daß man den Typhus nach denselben Prinzipien bekämpfen muß wie die Cholera, die Pest, die Tuberkulose und die Malaria, durch Aufsuchen und Unschädlichmachen der die Typhusbazillen beherbergenden Kranken. 1903 wurde K. von der englischen Regierung zum zweitenmal nach Afrika gerufen und stellte in Buluwajo fest, daß das sogen. Küstenfieber der Rinder, das enorme Verheerungen anrichtete, ebenso wie das Texasfieber durch seine, in den Blutkörperchen parasitierende, aber von denen des Texasfiebers verschiedene Parasiten hervorgerufen wird. Er fand auch hier eine Methode, die Tiere künstlich immun zu machen. Zugleich studierte er die für Afrika so wichtige Pferdesterbe und gab auch für diese ein Immunisierungsverfahren an, und endlich gewann er noch weitere wichtige Aufschlüsse über die durch Trypanosomen bedingte Krankheiten. Nach seiner Rückkehr aus Afrika wurde K. zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin ernannt. Zugleich wurde er auf seinen Antrag von der Direktion des Instituts für Infektionskrankheiten entbunden, so daß er nunmehr, vollständig frei von jeder administrativen Tätigkeit, sich ganz seinen Forschungen zu widmen vermag. Er schrieb: »Untersuchungen über die Ätiologie der Wundinfektionskrankheiten« (Leipz. 1878); »Über die Milzbrandimpfung« (Berl. 1882); »Heilmittel gegen die Tuberkulose« (Leipz. 1891); »Ärztliche Beobachtungen in den Tropen« (Berl. 1897); »Reiseberichte über Rinderpest, Bubonenpest in Indien und Afrika, Tsetse- oder Surrakrankheit, Texasfieber, tropische Malaria, Schwarzwasserfieber« (das. 1898); »Über neue Tuberkulinpräparate« (Leipz. 1897); »Über die Verbreitung der Bubonenpest« (das. 1898); »Ergebnisse der vom Deutschen Reich ausgesandten Malaria-Expedition« (Berl. 1900); »Die Bekämpfung des Typhus« (das. 1902). Mit Flügge gibt er die »Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten« (Leipz., seit 1886) heraus. Vgl. Becher, Robert K. (Berl. 1891, mit Verzeichnis seiner Schriften) und Loeffler, Robert K. Zum 60. Geburtstage (in der »Deutschen medizinischen Wochenschrift«, 1903, Nr. 50).

10) Max, Literarhistoriker, geb. 22. Dez. 1855 in München, studierte daselbst und in Berlin, habilitierte sich 1880 zu Marburg, wurde 1890 als außerordentlicher Professor nach Breslau berufen und hier zum ordentlichen Professor ernannt. Er schrieb: »Helferich Peter Sturz und die Schleswigschen Literaturbriefe« (Münch. 1879); »Das Quellenverhältnis von WielandsOberon‹« (Marb. 1880); »Über die Beziehungen der englischen Literatur zur deutschen im 18. Jahrhundert« (Leipz. 1883); »Shakespeare« (Stuttg. 1885); für die Sammlung Göschen einen Abriß der »Geschichte der deutschen Literatur« (das. 1893; 5. Aufl., Leipz. 1903) und in der mit F. Vogt verfaßten illustrierten »Geschichte der deutschen Literatur von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart« den 2. Band über die Literatur vom 17. Jahrh. an (Leipz. 1897, 2. Aufl. 1904). Für die 2. Auflage von Goedekes »Grundriß« bearbeitete er die Goethe- und Schillerliteratur; ferner besorgte er die Ausgabe von Shakespeares und Chamissos Werken für die Cottasche Bibliothek der Weltliteratur sowie von Arnim, Brentano, Eichendorff, Fouqué, Hoffmann, Schulze, Immermann und Lenau für Kürschners »Deutsche Nationalliteratur« und von Theob. Hocks »Schönem Blumenfeld« (Halle 1899) für Braunes Neudrucke. Endlich begründete er die »Zeitschrift für vergleichende Literaturgeschichte« (Berl. 1886, Bd. 1; neue Folge, das. [später Weimar] 1887–95, 8 Bde.; Bd. 1–4 u. d. T. »Zeitschrift für vergleichende Literaturgeschichte und Renaissance-Literatur«, mit L. Geiger) und die Fortsetzung davon: »Studien zur vergleichenden Literaturgeschichte« (bis jetzt 4 Bde., Berl. 1901 ff.).

11) Georg, Maler, geb. 27. Febr. 1857 in Berlin, bildete sich bei Steffeck und Paul Meyerheim zum Tier-, besonders Pferdemaler aus und vervollkommte sich dann in der Maltechnik bei Gussow. Nach längerm Aufenthalt in Paris und nach Reisen durch Italien und Nordamerika nahm er seinen Wohnsitz in Berlin, wo er als Militär-, Jagd- und Sportmaler tätig ist. Von seinen größern Kompositionen militärischen Inhalts sind die bedeutendsten: Das 52. Infanterieregiment bei Vionville (1886), versprengte französische Kürassiere in der Schlacht bei Sedan (1888, im Museum zu Leipzig), letzte Heerschau Kaiser Friedrichs zu Charlottenburg 29. Mai 1888 (1889, im königlichen Schlosse zu Berlin), Kaisermanöver zu Müncheberg (1891), auf dem Marsche nach Paris (Bismarck und Moltke, 1893), Moltke und die fremden Offiziere (1896, Aquarell), der Bundeskanzler unterwegs (1899). Von seinen durch große Lebendigkeit und Naturwahrheit ausgezeichneten Jagd- und Sportbildern in Öl und Aquarell sind zu nennen: falscher Start, Trakehner Herde bei Gewitter, im Harzburger Gestüt, Gestüthof in Trakehnen, Remontemarkt, Parforcejagd der Reitschule in Hannover, von den Hunden gestellt, Kaiser Wilhelm I. auf der Jagd bei Königswusterhausen, am Jagdschloß Grunewald, die Jagd auf den Wiesent, Sattelplatz in Karlshorst und Jagdfanfare. K., der auch eine rege Tätigkeit als Illustrator entfaltet hat, ist königlicher Professor und seit 1896 Mitglied der königlichen Akademie der Künste in Berlin.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 210-213.
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