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Dalberg

[649] Dalberg (ursprünglich Dalburg, nach einer Burg gleiches Namens im jetzigen Rheinpreußen benannt), alte, aus dem Wormsgau stammende Familie, kommt seit 969 vor u. ihre Glieder waren Kämmerer des Bisthums Worms; im 14. Jahrh. starb der Mannsstamm aus, u. die Erbtochter Greta heirathete Gerhard, Kämmerer von Worms, der nun das Geschlecht u. den Namen erneuerte. Von alten, dem Kaiser Friedrich I. in Rom gegen die Italiener geleisteten Diensten stammt die Sitte, daß nach jeder deutschen Kaiserkrönung der Herold: Ist kein Dalberg da? rief, u. wenn einer da war, dieser vortrat u. von dem Kaiser den ersten Ritterschlag empfing. Der urkundlich erste so zum Ritter geschlagene D. war Wolf von D., welcher 1446 vom Kaiser Friedrich III. so den ersten Ritterschlag in Rom erhielt. Das Geschlecht theilte sich in die Hernsheimer u. die Dalberg-Dalbergische Linie, die wieder in mehrere andere zerfiel u. 1848 ausstarb, s. unten 6). Bekannt unter den früheren D-s sind besonders: 1) Johann, geb. 1445, wurde Bischof von Worms u. war Geheimerrath des Pfalzgrafen am Rhein; er begünstigte die Wissenschaften u. stiftete auf Celtes Veranlassung die Societas Celtica in Heidelberg; er st. 1503. Vgl. Zapf, Über I. v. D-s Leben u. Verdienste, Augsb. 1789 u. 1796, Nachtrag, Zür. 1798. 2) Wolf, 1582–1601 Erzbischof von Mainz, s.d. Der gemeinschaftliche Stammvater der neueren Linien der D-e war: 3) Phil. Franz Eberhard, Kämmerer von Worms u. Freiherr von D., kaiserlicher Geheimerrath u. Reichskammerrichter in Speier, wurde 1657 in den Reichsfreiherrnstand erhoben u. st. 1696; zwei seiner 4 Söhne gründeten die beiden Hauptlinien: A) die ältere Dalbergsche Hauptlinie, gründete 4) Franz Eckbrecht, geb. 1674, kurmainzischer Oberamtmann in Kirweiler u. Ritterhauptmann am Oberrhein; von seinen Söhnen stammten folgende 2 Speciallinien: a) Dalbergsche Speciallinie, gegründet von 5) Hugo Phil. Eckbrecht, geb. 1702, war fürstlicher Fuldascher Geheimerrath u. Oberamtmann in Hammelburg u. st. 1754; sein Enkel durch seinen älteren Sohn Gottl. Amand Leopold (st. 1800) war 6) Philipp Karl, geb. 1782, Badenscher Kämmerer u. Oberst; er st. 1848, u. mit ihm starb die Dalbergsche Hauptlinie im Mannsstamm aus, da er blos eine Tochter hinterließ, u. sowohl sein Bruder Emich Karl, als auch sein Cousin Karl Alex. Heribert (1836) gestorben waren; b) Heßlocher Speciallinie, gegründet von 7) Friedr. Ant. Christoph, geb. 1709, war kaiserlicher u. kurmainzischer Geheimerrath, Oberamtmann in Veldenz u. Ritterhauptmann am Oberrhein; er st. 1777; sein Sohn: 8) Friedr. Franz Karl, geb. 1751, war kurmainzischer Geheimerrath u. Oberamtmann in Miltenberg; er empfing, der letzte seines Hauses, 1792 bei der Krönung des Kaisers Franz II. den ersten Ritterschlag u. st. 1811; sein älterer Sohn 9) Fr. Karl Anton, geb. 1787, erbte des Grafen Johann von Ostein Besitzungen in Böhmen u. Mähren u. nahm den Namen Ost ein-D. an; bei seinem Tode 1807 erbte diese Güter sein Bruder 10) Karl Anton Max, geb. 1792, nachdem er schon 1801 das böhmische Incolat empfangen hatte; er ist seit 1817 vermählt mit Karoline, geb. Freiin Sturmfeder v. Oppenweiler; sein Sohn Friedrich Ferdinand Franz Eckbrecht ist geb. 1822. B) Die jüngere Hernsheimer Hauptlinie, gegründet von Phil. Karl Eberhards jüngstem Sohne, 11) Wolf [649] Eberhard, kurpfälzischem Geheimerrath u. Kammerpräsidenten u. Oberamtmann in Oppenheim, welcher 1737 starb. Sein Enkel durch seinen Sohn Franz Heinrich, kurmainzischer Geheimmerrath, Statthalter von Worms u. Burggraf von Friedberg war 12) Karl Theodor Anton Maria, Freiherr von D., geb. 8. Febr. 1744 in Hernsheim bei Worms; studirte in Göttingen u. Heidelberg, wurde sehr früh Capitular in Mainz u. Domherr in Worms u. Würzburg, 1772 Statthalter in Erfurt, wo durch seine Unterstützung Ackerbau, Handel u. Gewerbe emporkamen, 1787 Coadjutor des Kurfürsten von Mainz u. des Bischofs von Worms, 1788 Bischof von Constanz u. bald darauf Erzbischof von Tarsus; 1802 starb der letzte Kurfürst von Mainz; da zu Folge des Lüneviller Friedens das Kurfürstenthum Mainz jenseit des Rheines verloren gegangen war u. diesseit des Rheines säcularisirt wurde, so wurde D. Reichserzkanzler u. bekam dafür, daß er auf Worms u. Constanz Verzicht leistete, Aschaffenburg, Regensburg u. Wetzlar. Auch hier erwarb er sich die Liebe seiner Unterthanen; aber durch Aufhebung der Klöster zog er sich den Haß des Clerus, durch Hinneigung zu Frankreich den der Großen Deutschlands zu; 1804 war er in Paris zur Kaiserkrönung gegenwärtig. Bei der Errichtung des Rheinbundes mußte er sein Amt als Reichserzkanzler niederlegen, wurde aber dafür Fürst Primas dieses Bundes u. Napoleons Rathgeber in kirchlichen u. geistlichen Angelegenheiten. Später trat er Regensburg an Baiern ab, bekam aber dafür Frankfurt, Fulda u. Hanau, mit dem Titel als Großherzog von Frankfurt u. ernannte Eugen Beanharnois zu seinem Nachfolger. 1813 entsagte er dem Großherzogthum, zog sich erst nach Constanz, wo er den Generalvicar von Wessenberg gegen die Anfeindungen des römischen Hofes schützte, u. später nach Regensburg zurück, wo er eine Pension von 100,000 Gulden genoß, als Privatmann lebte u. am 10. Febr. 1817 starb. Er schr.: Betrachtungen über das Universum, Frkf. 1777, 6. Aufl. 1819; Verhältniß zwischen Moral u. Staatskunst, ebd. 1786; Anemomètre proposée aux amateurs de météorologie, Erf. 1782; Grundsätze der Ästhetik, ebd. 1791; Von dem Bewußtsein als allgemeinem Grunde der Weltweisheit, ebd. 1793; Von Erhaltung der Staatsverfassungen, ebd. 1795; Von der Brauchbarkeit des Steatits zu Kunstwerken der Steinschneiderei, ebd. 1800; Betrachtungen über den Charakter Karls d. Gr., ebd. 1806; Perikles, Rom 1811. Sein Leben beschrieb Krämer, Regensb. 1817, 2. A. 1817. 13) Wolfgang Heribert, Bruder des Vor., geb. 1750; Staatsminister des Großherzogthums Baden, Freund u. Beförderer der Künste u. Wissenschaften, stand der Bühne in Manheim bis 1803 vor u. st. 1806 in Manheim; er schr.: Kora (Drama), Manh. 1780; Der weibliche Ehescheue, Augsb. 1785; Montesquieu od. die unbekannte Wohlthat, Manh. 1787; Der Mönch vom Karmel, Berl. 1787. 14) Joh. Friedr. Hugo, Bruder des Vor., geb. 1760; Domcapitular in Trier, Worms u. Speier u. st. 1812. Er übersetzte Gita-Govinda (aus dem Sanscrit), Erf. 1802; u. schr.: Betrachtung über die leidende Kraft des Menschen, Manh. 1786, 2. Aufl. 1830; Blicke eines Tonkünstlers in die Musik der Geister, ebd. 1787; Die Äolsharfe (allegorischer Traum), Erf. 1801; Phantasien aus dem Reich der Töne, ebd. 1806 u.a.m. 14) Emmerich Joseph Herzog v. D., Sohn von D. 13), geb. in Mainz 1773; früher in mainzischen, dann in baierischen Diensten u. 1803 großherzoglich badischer Gesandter in Paris; wurde 1810, da er die Heirath Napoleons mit Maria Luise zuerst durch den Fürsten Schwarzenberg einleitete, von Napoleon zum Herzog ernannt u. erhielt eine Dotation von 400,000 Frcs. Als Tasteyraud, bei dem er in großer Gunst stand, in Ungnade fiel, zog er sich auch zurück. Nach dem Einrücken der Alliirten in Paris 1814, bei welcher Gelegenheit er mit Talleyrand sehr zu Gunsten der Bourbons gewirkt hatte, wurde er Mitglied der provisorischen Regierung, erschien beim Wiener Congreß als zweiter französischer Gesandter, unterzeichnete dort Napoleons Achtung, wurde 1816 französischer Gesandter in Turin u. st. 27. April 1833 im Schloß Hernsheim bei Worms, u. mit ihm starb diese Linie aus.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 649-650.
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