[go: up one dir, main page]

Elektromagnetische Aufbereitung

[677] Elektromagnetische Aufbereitung (magnetische Aufbereitung), ein Zweig der Aufbereitung (s. d.), der mittels der anziehenden Wirkung starker, durch einen elektrischen Strom erregter Magnete die mechanische Trennung gemischter, feinzerkleinerter Mineralien ausführt, wertvolle Gemische durch Aussonderung schädlicher oder wertloser anreichert. Früher vermochte man nur die sehr wenigen stark magnetischen Mineralien, Magneteisenerz und Magnetkies, sowie durch Röstung in künstliches Magneteisenerz übergeführten Spateisenstein, und durch schwaches Anrösten auf die Schwefelungsstufe des Magnetkieses herabgesetzten Eisen- und Kupferkies mit Hilfe von Magneten auszuscheiden. Gegenwärtig sondert man jedoch, auf Grund der Erfindungen von Wetherill (1896) u.a., auch viele Mineralien von bedeutend schwächerm paramagnetischen Verhalten (s. Magnetismus) durch e. A., und zwar sowohl von diamagnetischen (unmagnetischen) Mineralien als auch voneinander, sofern, was meist der Fall, ihr Paramagnetismus ein verschiedener ist.

Magnetisch scheidbar sind sämtliche Eisenerze sowie alle sonstigen Erze mit einem gewissen Gehalt an Eisen oder an Nickel, Kobalt, Titan, Wolfram, Mangan, wie z. B. Malachit, Kupferlasur, Buntkupfererz, Kupferkies, Fahlerz, manche Zinkblenden, Monazit, Apatit; von Gang- und Lagerorten alle mangan-eisenhaltigen Silikate, Phosphate und Karbonate, ferner eisenschüssige Gesteine, wie Schiefer, Serpentin, Dolomit etc. Unmagnetisch sind: Blei- und Silbererze, Zinnsteine, Wismuterze, eisenfreie Zinkblenden, Quarz, Schwerspat, Diamant. Die e. A. ist vor allem am Platze, wo die übliche nasse Aufbereitung versagt, unzureichend oder überhaupt nicht ausführbar ist, also namentlich bei den nicht seltenen Mineralgemengen von gleichem oder nur wenig verschiedenem spezifischen Gewicht, ferner bei andauerndem Wassermangel, zu hohen Kosten der Wasserbeschaffung, großer Kälte oder ähnlichen Schwierigkeiten. Bedingung für vorteilhafte Anwendung sind eine weitgehende, am besten trocken ausgeführte Zerkleinerung nebst sorgfältiger Klassierung (nach der Korngröße), unter Umständen auch Trocknung und Entstaubung des[677] Mineralgemenges, sowie (für schwachmagnetisches Material) die Erzeugung von Magnetfeldern hoher Krastlinienkonzentration, ferner hohe Scheideleistung der Apparate, geringer mechanischer und elektrischer Kraftverbrauch, geringer Verschleiß und einfache Wartung.

Diesen Anforderungen entsprechen die neuesten Separatoren der Metallurgischen Gesellschaft, Frankfurt a. M., die das Wetherill-Verfahren weiter entwickelt hat, sowie die Erzscheider der Elektromagnetischen Gesellschaft ebendort, die nach dem auf den Mechernicher Aufbereitungsanstalten selbständig ausgebildeten System gebaut sind, in hohem Grade.

Fig. 1. Elektromagnetischer Erzscheider, Wetherill-Type VI.
Fig. 1. Elektromagnetischer Erzscheider, Wetherill-Type VI.

In Fig. 1 ist die namentlich zur Trennung von Spateisenstein und Blende häufiger angewendete Wetherill-Type VI schematisch dargestellt. Das aus weichem Eisen bestehende Magnetsystem M, dessen Mittel- und beide Seitenschenkel in die schneidenförmigen Pole N (Nordpol) und S S´ (Südpole) auslaufen, wird durch einen die Kupferdrahtwickelungen D (Fig. 2) durchfließenden elektrischen Strom dermaßen erregt, daß in der Nähe und unterhalb der Polspitzen ein ausgebauchtes Magnetfeld von hoher Kraftlinienkonzentration gebildet wird, wie Fig. 2 zeigt. Das Erzgemisch, aus dem Aufgabetrichter T mittels der Speisenwalze W beständig ausgetragen und gleichmäßig auf das Band B ausgebreitet, wird von diesem den Polen zugeführt und im Bereich des ersten Magnetfeldes, wo das Band um die Rolle r herumläuft, abgeworfen.

Fig. 2. Darstellung der magnetischen Felder.
Fig. 2. Darstellung der magnetischen Felder.

Während nun die unmagnetischen Bestandteile in Abteilung 1 des Scheidetroges unbeeinflußt niederfallen, werden die magnetischen Körnchen nach den Polspitzen hingezogen, bleiben an dem darunter vorbeistreichenden Abzugsbande B1 haften und werden von diesem mitgenommen, bis sie, zunächst die schwächsten, dann die stärker magnetischen Teilchen, infolge Verm inderung der verschieden starken magnetischen Zugkraft abfallen, um sich in den Abteilungen 2 und 3 gesondert anzuhäufen. Besteht Sorte 2 vorwiegend aus verwachsenen Mineralkörnern, so kann dieses Zwischenprodukt durch Zerkleinerung weiter aufgeschlossen und der elektromagnetischen Aufbereitung von neuem unterworfen werden.

Andre neue Separatorkonstruktionen der Metallurgischen Gesellschaft sind: die Kreuzbandtype, vorzugsweise bestimmt für die e. A. sehr wertvoller Mineralgemenge, z. B. jener der Diamantwäschen in Kimberley, wobei es hauptsächlich auf möglichst reine, völlig diamantenfreie Absonderung der eisenhaltigen Begleitmineralien ankommt; ferner die Walzentype für sehr schwachmagnetisches Material von geringem Wert, die Ringtype u.a. Allen diesen verschiedenen Ausführungen ist gemeinsam die Verwendung feststehender Magnete.

Die Separatoren des Mechernicher Scheideverfahrens haben dagegen entweder zwei gegeneinander rotierende Magnete oder einen rotierenden und einen festen Magneten. Fig. 3 stellt die erstere (ältere), Fig. 4 die letztere (neuere) Bauart und Anordnung der Pole im Querschnitt schematisch dar. In beiden Fallen sind die walzenförmigen Elektromagnete parallel schräg übereinander verlagert, im mittlern Teil ihrer Länge ausgeschnitten und mit Drahtwickelungen umhüllt, durch welche der den Magnetismus erregende elektrische Strom geleitet wird. Infolgedessen befindet sich an den beiden Enden der Walzenmagnete zwischen den einander gegenüberliegenden geriffelten Polflächen entgegengesetzter Polarität je ein magnetisches Arbeitsfeld, dessen Stärke in allen Punkten verschieden ist. Das Scheidegut gelangt nun selbsttätig über einen geneigten verstellbaren Schieber dicht unter die obere Walze an der Stelle des stärksten Magnetismus.

Fig. 3. Ältere Bauart.
Fig. 3. Ältere Bauart.

Das Unmagnetische fällt hier gleich hinab in den Behälter I, alle magnetisierbaren Teilchen werden dagegen am obern Pole festgehalten, der sie dann, weiter kreisend, mit fortnimmt in Zonen von immer geringerer Magnetisierung, bis früher oder später Schwere und Fliehkraft überwiegen und die Teilchen abfallen, wobei sie, wie Fig. 4 zeigt, nach Bedarf durch verstellbare Rutschen in mehreren Sorten (II, III ...) getrennt aufgefangen werden können. Diese Separatoren sind auch für verwickeltere Mineralgemenge, wie z. B. das eigenartige Erzvorkommen von Broken Hill in Australien (Bleiglanz mit Zinkblende, Granat, Rhodonit, Flußspat und Quarz), recht geeignet. Ihr besonderer Vorzug ist: keine beweglichen Teile außer der rotierenden Walze, sehr geringer Verschleiß und Energieverbrauch, selbst bei bedeutenden Durchsatzmengen (bis etwa 90 Ton. in 24 Stunden), leichte Anpassung an verschiedene Verhältnisse.

Fig. 4. Neuere Bauart und Anordnung der Pole Fig. 3 u. 4. Mechernicher Erzscheider.
Fig. 4. Neuere Bauart und Anordnung der Pole Fig. 3 u. 4. Mechernicher Erzscheider.

Für nasse e. A. eignen sich die Erzscheider für schwach magnetische Mineralien zumeist noch wenig. Dagegen bietet die nasse Verarbeitung stark magnetischer Eisenerze keine Schwierigkeiten; sie wird seit Jahren[678] in Pitkäranta, Finnland, durch Separatoren von Gustaf Gröndal mit gutem Erfolge betriebsmäßig ausgeführt. Vgl. Wedding, Die magnetische Aufbereitung von Erzen (Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes, Berl. 1898); Derselbe, La séparation magnétique des minérais de fer (St. Etienne 1900); Gröndal, Die magnetische Erzanreicherung zu Pitkäranta in Finnland (im »Glückauf«, Essen 1901); »Über Zweck und Nutzen der magnetischen Aufbereitung« (Mitteilungen aus der Mechernicher Versuchsstation der Elektromagnetischen Gesellschaft m. b. H., Frankf. a. M. 1902); Schnelle, Die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete der magnetischen Aufbereitung (Berl. 1902); Langguth, Elektromagnetische Aufbereitung (Halle 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 677-679.
Lizenz:
Faksimiles:
677 | 678 | 679
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Titan

Titan

Bereits 1792 beginnt Jean Paul die Arbeit an dem von ihm selbst als seinen »Kardinalroman« gesehenen »Titan« bis dieser schließlich 1800-1803 in vier Bänden erscheint und in strenger Anordnung den Werdegang des jungen Helden Albano de Cesara erzählt. Dabei prangert Jean Paul die Zuchtlosigkeit seiner Zeit an, wendet sich gegen Idealismus, Ästhetizismus und Pietismus gleichermaßen und fordert mit seinen Helden die Ausbildung »vielkräftiger«, statt »einkräftiger« Individuen.

546 Seiten, 18.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon