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Silikāte

[470] Silikāte (neulat.), Kieselsäuresalze, besonders die im Mineralreich vorkommenden Verbindungen dieser Art, die etwa ein Drittel aller bekannten Mineralspezies ausmachen. Unter den nahezu 40 Mineralspezies aber, die sich hauptsächlich an der Bildung der Gesteine beteiligen, befinden sich 25 S. und darunter die Gruppen der Feldspate, Augite und Hornblenden, mit denen hinsichtlich der Wichtigkeit und Häufigkeit nur noch das Kieselsäureanhydrid und die kohlensauren Salze konkurrieren. Die S. sind ausgezeichnet durch steinartigen Habitus, Durchsichtigkeit und größere Härte. Die Mannigfaltigkeit der natürlichen S. entsteht nicht nur durch qualitative Verschiedenheit der neben Silicium und Sauerstoff in die Verbindung eintretenden Elemente, sondern namentlich auch durch quantitative Unterschiede in den Verhältniszahlen ein und desselben Elements zum Silicium. So zeigen beispielsweise die natürlich vorkommenden Magnesiumsilikate folgende Verhältnisse zwischen Magnesium und Silicium:


Mg:Si = 1:1 Enstatit,

Mg:Si = 2:1 Olivin,

Mg:Si = 3:2 Serpentin,

Mg:Si = 3:4 Talk und Speckstein,

Mg:Si = 2:3 Meerschaum


Die Deutung der chemischen Konstitution der S. ist oft sehr schwierig. Aus der Orthokieselsäure H4SiO4 entsteht durch Austritt von H2O Metakieselsäure H2SiO3, und diesen beiden Säuren gehören die meisten S. als basische, neutrale und saure Salze an. Andre S. leiten sich von Polykieselsäuren ab. besonders der Diorthokieselsäure H6Si2O7, der Dimetakieselsäure H2Si2O5 und der Trikieselsäure H4Si3O8. Nach ihrer prozentischen Zusammensetzung kann man viele S. als saure, bez. basische Salze verschiedener Säuren deuten, ohne daß sich entscheiden läßt, welche Deutung die richtige ist. Dazu kommt, daß das Aluminium in den Alumosilikaten bald als Al2O3, bald als AlO erscheint, bald für einen basischen Bestandteil, bald für Kieselsäure eintritt. Ebenso ist oft die Rolle des Wassers in den Silikaten zweifelhaft. Alles Wasser, das vor der Rotglut entweicht, betrachtet man als Kristallwasser, während man von dem fester gebundenen Wasserstoff annimmt, daß er zu den Basen zu zählen sei. Zweifelhaft ist auch die Natur der fluor- und borhaltigen S. Viele S. zeigen wechselnde Zusammensetzung, weil sie aus isomorphen Mischungen bestehen, und es ist eigentümlich, daß verschieden konstituierte S., z. B. die Plagioklase, sich in allen Verhältnissen isomorph mischen können. Früher bezeichnete man die S. je nach dem Verhältnis der Anzahl der Sauerstoffatome der Basen zu der der Säure als Singulosilikate (Olivin 2 MgO.SiO2 1:1), Bisilikate (Enstatit MgO.SiO2 1:2), Trisilikate (Orthoklas K2O.Al2O3.6SiO2 4:12), Tetrasilikate (Petalit Li2O.Al2O3.8SiO2 4:16). Bei dem besprochenen Verhalten von Al und H, für das sich nur selten eine sichere Deutung geben läßt, erscheint diese Bezeichnung nur zulässig für S., die weder Al noch H enthalten. S. entstehen auf verschiedene Weise. Im allgemeinen unterscheidet man eruptive, kontaktmetamorphische und Verwitterungssilikate, doch gehen manche Spezies aus mehr als einem derartigen Prozesse hervor. Das Studium der Verwitterungserscheinungen dürfte in der Folge über die Konstitution der S. weiteres Licht verbreiten, da die einzelnen Verwitterungsstadien den Substitutionsprodukten der organischen Verbindungen vergleichbar sind.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 470.
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