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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 28.1917

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4829#0234

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU







VERMISCHTES

Leipzig. Dasl Vermächtnis Eisner im Leipziger Städ-
tischen Kunstgewerbe-Museum. Die Leipziger Neuesten
Nachrichten melden, daß dem Städtischen Kunstgewerbe-
Museum eine wertvolle Plakettensammlung aus dem Nach-
lasse eines in Leipzig geborenen und seit langen Jahren
in Berlin ansässigen Kunstfreundes zugefallen sei. Diese
Sammlung ist seit der Wiedereröffnug des Museums nun-
mehr in übersichtlicher Weise ausgestellt und gibt eine
klare Vorstellung von dem künstlerischen Werte der alten
Plakettenkunst. Der Stifter der Sammlung, Herr Georg
Eisner, der am 5. Juni 1854 in Leipzig als Sohn eines aus
Schlesien stammenden Kaufmanns geboren wurde, hatte,
als das väterliche Geschäft Ende der 70er Jahre nach Berlin
verlegt wurde, Leipzig verlassen und schied 1891 aus der
Firma aus, um sich der Malerei widmen zu können. Ein
Schlaganfall, der ihn aus seinen Studien herausriß, zwang
ihn zu einem ständigen Rekonvaleszentenleben, das ihn
während der Wintermonate meist nach Italien führte. Dort
begann er, mit gutem Geschmack italienische Bronzen,
Medaillen und Plaketten zu sammeln. Bei einem gelegent-
lichen Besuche in Leipzig hatte er die kleinen Anfänge
einer Sammlung italienischer und deutscher Plaketten im
Kunstgewerbe-Museum kennen gelernt, und in treuer Er-
innerung an die Vaterstadt beschloß er, seine eigene Samm-
lung dem Museum letztwillig zu vermachen.

Die Sammlung umfaßt das ganze Gebiet der italienischen
Plaketten. Damit sind jene kleinen Kunstwerke gemeint,
die zumeist als Einsatzstücke in Kassetten, Geräten, Waffen
und anderen kostbaren Hausrat Verwendung gefunden haben.
Zuweilen sind Plaketten auch um ihres künstlerischen
Reizes willen als Einzelstücke geschaffen worden, in den
meisten Fällen aber stehen sie im Zuzammenhang mit
einem anderen Gegenstand. Die große Mehrzahl aller ita-
lienischen Plaketten ist in Norditalien entstanden, besonders
in Padua, Venedig, Vicenza, Mailand und Brescia. Sie sind
Zeugnisse der Begeisterung für die Antike und erscheinen
anfänglich meist als Abgüsse antiker Gemmen oder kost-
barer Reliefs, wie sie die Goldschmiede der Frührenaissance
schufen. Sie sind aber nicht immer treue Kopien, sondern
haben denselben persönlichen künstlerischen Wert wie etwa
Kupferstiche. So gibt es auch von vielen Plaketten ver-
schiedene Zustände, die in der Formengebung und dem
Formenreichtum voneinander abweichen. Plakettenkunst
ist vervielfältigende Kunst und hat die Formgedanken und
bildlichen Darstellungen der Antike und der dieser nach,
eifernden Renaissance weit verbreitet, ganz besonders auch
nach Deutschland, wo die Plaketten vielfache Anregungen
antikischer Art gegeben haben.

Die Reihe der Künstler, die sich in der Herstellung
von Plaketten ausgezeichnet haben, umfaßt stolze Namen
der italienischen Renaissance-Kunst und macht uns be-
kannt mit einer Menge kleiner Meister, die unter dem Ein-
flüsse eines Donatello z. B. tätig gewesen sind.

Mit sorgfältiger Beachtung guter Qualität im Guß hat
Eisner eine Sammlung zusammengebracht, die, mit den
älteren Beständen des Leipziger Kunstgewerbe-Museums
vereinigt, eine vorzügliche Einführung in die Renaissance-
Kleinplastik Italiens gewährt. Fast alle Meister sind mit

hervorragenden Arbeiten vertreten, und es fehlt nicht an
gesuchten Seltenheiten: viele gute Arbeiten besitzt die Samm-
lung von Andrea Briosco, gen. Riccio (Padua 1470—1532),
Moderno (Oberitalien um 1500), Giovanni da Pisa (Padua
um 1450), Bartol. Melioli (Mantua 1448—1514), Fra Antonio
de Brescia (um 1600), Valerio Belli (Vicenza 1465-1546).
Eisners Sammeleifer hat sich jedoch nicht nur auf
italienische Kunst beschränkt, sie hat sich auch der deutschen,
niederländischen und französischen Kunst zugewendet, und
so finden sich unter den Hunderten von Plaketten eine
ganze Anzahl von vorzüglichen französischen, niederlän-
dischen und besonders deutschen Arbeiten, unter denen
namentlich diejenigen von Peter Flötner gut vertreten sind.

München. Bayerischer Kiinstgewerbeverein München.
In der ordentlichen Generalversammlung gab der erste
Vorsitzende K. Direktor und Professor Dr. Halm einen
Überblick über die Tätigkeit des Vereins, der bei seiner
Mitarbeit am Opfertag allein einen Betrag von 25000 M.
für die Zwecke der Caritas abliefern konnte. Dagegen ent-
täuschte der materielle Erfolg der Eisenausstellung, die bei
einer Besucherzahl von 2200 einen Fehlbetrag von 1100M.
zu verzeichnen hatte. Professor Dr. Halm machte dann
auf die Kunstausstellung im Glaspalast aufmerksam, bei
der auch dem Kunstgewerbe drei Räume zur Verfügung
gestellt werden. Ein gewisser Prozentsatz aus dem Ver-
kaufe ist dem Zwecke der Ausstellung, der Nationalstiftung
für Hinterbliebene der im Kriege Gefallenen, zuzuführen.
An Mitgliedern zählt der Kunstgewerbeverein 1216 ordent-
liche und 92 außerordentliche. Die Vereinsbibliothek, deren
Wert sich auf 20000 M. beläuft, umfaßt 1365 Werke mit
etwa 3000 Bänden. Die Ausstellungshalle zeigte ein außer-
ordentlich erfreuliches Ergebnis. Der Gesamtumsatz be-
trägt rund 100800 M., das Doppelte mehr als im Wirtschafts-
plan angenommen worden war. Es wurden 4098 kunst-
gewerbliche Gegenstände verkauft, von denen 96,4 Prozent
Erzeugnisse des Münchener Kunstgewerbes waren. Die
Jahresrechnung für 1916 schließt nach dem Bericht des
Direktors Luber mit einem Fehlbetrag von 9059 M. ab.
Die Bilanz zeigt auf beiden Seiten 122 699 M. Der Wirt-
schaftsplan für 1917 sieht einen Fehlbetrag von 12200 M.
vor. Die Rechnungsablegung wurde genehmigt und dem
Vorstand Entlastung erteilt. Der frühere erste Vorsitzende
Honig, der im vergangenen Jahre von seinem Posten zurück-
trat, wurde einstimmig zum Ehrenmitglied ernannt.

Berlin. In der neuen Bücherstube Unter den Linden
ist eine Ausstellung der Arbeiten von F. H. Ehmcke, Pro-
fessor an der Kunstgewerbeschule in München, eröffnet
worden, die das gesamte Schaffensgebiet des Künstlers
umfaßt. Außer den buchgewerblichen Arbeiten sind Plakate,
Reklamepackungen, Photographien nach kunstgewerblichen
Gegenständen und Architekturen sowie Studienblätter aus-
gestellt. Der reichillustrierte Katalog enthält eine Einführung
von Professor Jos. Popp und bringt zum ersten Male eine
Aufzählung der Gesamtarbeit Ehmckes. Aktuelles Interesse
haben die Arbeiten des Künstlers, die im Auftrage des
Studentendienstes von 1914 für das Liebesgabenwerk dieser
Vereinigung und für die Kriegsgefangenenlager geschaffen
sind.

Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hellwao, Berlin-Zehlendorf-Mitte
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., in Leipzig
 
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