nie eine Behörde oder ein Künstlerrat auch nur für einen
begrenzten Kreis bestimmen können: das ist hier der ge-
eignete Typus. Wenn aber die Denkweise, die dem
typischen Arbeiten zugrunde liegt, allgemeinere Verbreitung
fände, so wäre es wohl denkbar, daß jeder Architekt, jeder
kunstgewerbliche Zeichner, jeder Möbelfabrikant Umschau
hält, welche Haustypen, welche Möbelformen, welche Be-
leuchtungskörper usw. usw. dem allgemeinen Bedürfnis,
dem Geist der Zeit und den künstlerischen Anforderungen
am besten entsprechen, daß sie, anstatt in jedem neuen
Jahr zu anderen Formen überzugehen, die bewährtesten
Muster langsam weiterentwickeln. So könnte das ziel-
bewußte Arbeiten des ganzen Volkes zum typischen Aus-
druck seines Kunstwollens führen.
Ein letzter und scheinbar entscheidender Einwand
gegen ein solches Hinarbeiten auf typische Formen ist der,
daß der Typus nur das ungesuchte Ergebnis des Volks-
willens, nicht der Gegenstand bewußten Strebens sein
könne. — Es ist zunächst fraglich, wie weit die geschicht-
lichen Typen so unbewußt, sozusagen »von selbst« ent-
standen sind, wie meistens angenommen wird; liest man
die alten Zunftordnungen nach, verfolgt man das Eingreifen
der Fürsten im 17. und 18. Jahrhundert, so wird doch der
Glaube an das zufällige Werden des schönen Alten in
mancher Hinsicht erschüttert. Aber auch abgesehen davon:
Wir können die Tatsache nicht aus der Welt schaffen, daß
die hinter uns liegende Zeit, welche die »persönliche
Freiheit« über alle sonstigen Kulturwerte stellte, alle Über-
lieferungen zerstört hat, und daß sie in dem jetzt lebenden
Geschlecht noch einen Rückstand hinterlassen hat, der die
unbewußte, natürliche Einordnung des Einzelnen in das
Kulturganze hindert. Dieser Widerstand kann nur durch
klares Voranstellen der allgemeinen Kulturwerte, durch
Aufzeigen der zu ihnen führenden Wege, kurz durch be-
wußte, zielstrebige Arbeit überwunden werden. Auf wirt-
schaftlichem und allgemein sozialem Gebiet hat der Krieg
hier unendliche Fortschritte in der Erkenntnis gebracht.
Auf künstlerischem Gebiet herrscht die Legende, als könne
oder dürfe der Einzelne selbst in der Massenarbeit sich
von der Kultur des Volksganzen trennen, unbestritten weiter.
Unsere Generation muß den Weg von der eigensinnigen
Absonderung des Einzelnen zur willigen Einordnung in
das Ganze bewußt zurückgehen. Unsere Kinder und
Kindeskinder werden sich dann wieder unbewußt und
kampflos in die Arme der Überlieferung schmiegen dürfen
und an ihrer Hand neuen Fortschritten entgegengehen.
KUNSTGEWERBLICHE SYMBOLIK
VON HUGO HILLIG
V.
SYMBOLISCHE GERÄTE UND ABZEICHEN
WIE sich rein geometrische Figuren schließlich zu
Körpern gestalten lassen und trotzdem ihre sym-
bolische Bedeutung behalten können, — man
denke an das Winkelmaß und an seine Verwendung in
Bauemblemen, Freimaurerzeichen usw. und an seine un-
zweifelhafte Verwandtschaft mit dem symbolischen Drei-
eck, — so können auch Körper, Dinge, Gegenstände, Hand-
werkszeuge zu symbolischer Bedeutung kommen. Der
Thorshammer z. B. ist unzweifelhaft zuerst ein Werkzeug
gewesen, ehe er Symbol ward: in der griechischen Mytho-
logie ist der Hammer das Abzeichen des Hephästos, und
der ist ein Schmied, dessen Essen die Vulkane sind und
der mit seinen Gesellen, in Sizilien den Paliken, in Griechen-
land den Kyklopen, die Blitze des Zeus schmiedet, das
unterirdische Getöse der vulkanischen Gegenden rührt von
seinen Hammerschlägen her. Auch in der nordischen
Mythologie ist der Hammer Donars oder Thors zuerst als
Werkzeug und Wurfwaffe gedacht, ehe er zu der sym-
bolischen Gestalt des Miölnirs (Zermalmers) wird: nach
altem deutschen Recht bestimmte der Wurf des Hammers
die Grenzen des Besitztums, und die drei Hammerschläge
bei Grundsteinlegungen und Zwangsverkäufen sind noch
heute ein Rest aus jener frühen Zeit. Man will sogar die
Entstehung der Kreuzform aus dem Hammer erklären;
wahrscheinlicher ist jedoch, daß das Kreuz aus dem
einstigen Sonnensymbol, dem vierspeichigen Rade, ent-
standen ist. Als Miölner wird der Thorshammer ein wesent-
licher Teil des Gottes selber, und nicht nur eine Sage des
nordischen Altertums geht davon aus, daß andere Götter
diesen Hammer, der töten, aber auch beleben kann, —
stehlen wollen. In diesem Sinne wird der Hammer auch
heute noch als bildliches Symbol der zerstörenden, aber
auch der aufbauenden Kraft angewendet, außerdem bildet
er, für sich oder mit anderen Werkzeugen, eine formal
sehr glückliche Ergänzung des Malerwappens in seiner
Abwandlung zum kunstgewerblichen Abzeichen. Die Zange
ist sehr oft die Begleiterin des Hammers, schon beim
Hephästos, und auch in nordischen Volksliedern wird der
Schild des Witegi, der ein Sohn des sagenhaften, als halb-
göttlicher Abstammung gepriesenen Schmiedes Wieland
war, beschrieben und gesagt, daß Hammer und Zange
mit schwarzen und roten Farben darauf gemalt gewesen
seien. Das Beil kommt auch oft im Sinne des Hammers
als Donnerbeil, es war aber in der griechischen Mythologie
auch ein Abzeichen des Zeus Labrandeus, der in der klein-
asiatischen Stadt Labrandus verehrt wurde und ein Doppel-
beil führte. Die Doppelaxt war aber schon vorher das
Symbol einer kretisch-griechischen Gottheit gewesen.
In den Faszes oder Faszienbündeln der Etrusker und
Römer treffen wir das Beil wieder, und zwar hier in-
mitten eines mit roten Lederriemen umwundenen Bündels
von Faszien, Stäben oder Ruten aus Ulmen- oder Birken-
holz, nach anderen Meinungen auch aus Eschenholz, die
ursprünglich, in der Zeit des Licht- und Feuerkults, Feuer-
bohrer gewesen sein sollen. Die Faszienbündel waren
schon bei den Etruskern als symbolische Zeichen der Amts-
— 127 —
begrenzten Kreis bestimmen können: das ist hier der ge-
eignete Typus. Wenn aber die Denkweise, die dem
typischen Arbeiten zugrunde liegt, allgemeinere Verbreitung
fände, so wäre es wohl denkbar, daß jeder Architekt, jeder
kunstgewerbliche Zeichner, jeder Möbelfabrikant Umschau
hält, welche Haustypen, welche Möbelformen, welche Be-
leuchtungskörper usw. usw. dem allgemeinen Bedürfnis,
dem Geist der Zeit und den künstlerischen Anforderungen
am besten entsprechen, daß sie, anstatt in jedem neuen
Jahr zu anderen Formen überzugehen, die bewährtesten
Muster langsam weiterentwickeln. So könnte das ziel-
bewußte Arbeiten des ganzen Volkes zum typischen Aus-
druck seines Kunstwollens führen.
Ein letzter und scheinbar entscheidender Einwand
gegen ein solches Hinarbeiten auf typische Formen ist der,
daß der Typus nur das ungesuchte Ergebnis des Volks-
willens, nicht der Gegenstand bewußten Strebens sein
könne. — Es ist zunächst fraglich, wie weit die geschicht-
lichen Typen so unbewußt, sozusagen »von selbst« ent-
standen sind, wie meistens angenommen wird; liest man
die alten Zunftordnungen nach, verfolgt man das Eingreifen
der Fürsten im 17. und 18. Jahrhundert, so wird doch der
Glaube an das zufällige Werden des schönen Alten in
mancher Hinsicht erschüttert. Aber auch abgesehen davon:
Wir können die Tatsache nicht aus der Welt schaffen, daß
die hinter uns liegende Zeit, welche die »persönliche
Freiheit« über alle sonstigen Kulturwerte stellte, alle Über-
lieferungen zerstört hat, und daß sie in dem jetzt lebenden
Geschlecht noch einen Rückstand hinterlassen hat, der die
unbewußte, natürliche Einordnung des Einzelnen in das
Kulturganze hindert. Dieser Widerstand kann nur durch
klares Voranstellen der allgemeinen Kulturwerte, durch
Aufzeigen der zu ihnen führenden Wege, kurz durch be-
wußte, zielstrebige Arbeit überwunden werden. Auf wirt-
schaftlichem und allgemein sozialem Gebiet hat der Krieg
hier unendliche Fortschritte in der Erkenntnis gebracht.
Auf künstlerischem Gebiet herrscht die Legende, als könne
oder dürfe der Einzelne selbst in der Massenarbeit sich
von der Kultur des Volksganzen trennen, unbestritten weiter.
Unsere Generation muß den Weg von der eigensinnigen
Absonderung des Einzelnen zur willigen Einordnung in
das Ganze bewußt zurückgehen. Unsere Kinder und
Kindeskinder werden sich dann wieder unbewußt und
kampflos in die Arme der Überlieferung schmiegen dürfen
und an ihrer Hand neuen Fortschritten entgegengehen.
KUNSTGEWERBLICHE SYMBOLIK
VON HUGO HILLIG
V.
SYMBOLISCHE GERÄTE UND ABZEICHEN
WIE sich rein geometrische Figuren schließlich zu
Körpern gestalten lassen und trotzdem ihre sym-
bolische Bedeutung behalten können, — man
denke an das Winkelmaß und an seine Verwendung in
Bauemblemen, Freimaurerzeichen usw. und an seine un-
zweifelhafte Verwandtschaft mit dem symbolischen Drei-
eck, — so können auch Körper, Dinge, Gegenstände, Hand-
werkszeuge zu symbolischer Bedeutung kommen. Der
Thorshammer z. B. ist unzweifelhaft zuerst ein Werkzeug
gewesen, ehe er Symbol ward: in der griechischen Mytho-
logie ist der Hammer das Abzeichen des Hephästos, und
der ist ein Schmied, dessen Essen die Vulkane sind und
der mit seinen Gesellen, in Sizilien den Paliken, in Griechen-
land den Kyklopen, die Blitze des Zeus schmiedet, das
unterirdische Getöse der vulkanischen Gegenden rührt von
seinen Hammerschlägen her. Auch in der nordischen
Mythologie ist der Hammer Donars oder Thors zuerst als
Werkzeug und Wurfwaffe gedacht, ehe er zu der sym-
bolischen Gestalt des Miölnirs (Zermalmers) wird: nach
altem deutschen Recht bestimmte der Wurf des Hammers
die Grenzen des Besitztums, und die drei Hammerschläge
bei Grundsteinlegungen und Zwangsverkäufen sind noch
heute ein Rest aus jener frühen Zeit. Man will sogar die
Entstehung der Kreuzform aus dem Hammer erklären;
wahrscheinlicher ist jedoch, daß das Kreuz aus dem
einstigen Sonnensymbol, dem vierspeichigen Rade, ent-
standen ist. Als Miölner wird der Thorshammer ein wesent-
licher Teil des Gottes selber, und nicht nur eine Sage des
nordischen Altertums geht davon aus, daß andere Götter
diesen Hammer, der töten, aber auch beleben kann, —
stehlen wollen. In diesem Sinne wird der Hammer auch
heute noch als bildliches Symbol der zerstörenden, aber
auch der aufbauenden Kraft angewendet, außerdem bildet
er, für sich oder mit anderen Werkzeugen, eine formal
sehr glückliche Ergänzung des Malerwappens in seiner
Abwandlung zum kunstgewerblichen Abzeichen. Die Zange
ist sehr oft die Begleiterin des Hammers, schon beim
Hephästos, und auch in nordischen Volksliedern wird der
Schild des Witegi, der ein Sohn des sagenhaften, als halb-
göttlicher Abstammung gepriesenen Schmiedes Wieland
war, beschrieben und gesagt, daß Hammer und Zange
mit schwarzen und roten Farben darauf gemalt gewesen
seien. Das Beil kommt auch oft im Sinne des Hammers
als Donnerbeil, es war aber in der griechischen Mythologie
auch ein Abzeichen des Zeus Labrandeus, der in der klein-
asiatischen Stadt Labrandus verehrt wurde und ein Doppel-
beil führte. Die Doppelaxt war aber schon vorher das
Symbol einer kretisch-griechischen Gottheit gewesen.
In den Faszes oder Faszienbündeln der Etrusker und
Römer treffen wir das Beil wieder, und zwar hier in-
mitten eines mit roten Lederriemen umwundenen Bündels
von Faszien, Stäben oder Ruten aus Ulmen- oder Birken-
holz, nach anderen Meinungen auch aus Eschenholz, die
ursprünglich, in der Zeit des Licht- und Feuerkults, Feuer-
bohrer gewesen sein sollen. Die Faszienbündel waren
schon bei den Etruskern als symbolische Zeichen der Amts-
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