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Ring [1]

[173] Ring, 1) ein nach einer geschlossenen krummen Linie gebogener, in sich selbst zurücklaufender Körper von geringem Querschnitte, vgl. Reif 1); bes. 2) ein dergl. Körper von Metall, an den Fingern, Armen, in Ohren, bei den Südseeinsulanern in der Nase, bei den Morgenländern um die Fußknöchel, auch wohl an den Fußzehen getragen. Am gewöhnlichsten sind die Fingerringe von Gold; sie bestehen entweder aus einem gleich starken, glatten od. gerieften Reif (so z.B. meist die Trauringe), od. es ist auf der oberen Seite des Ringes eine Platte angebracht, in welche ein od. mehre Edelsteine, kleine Bilder von Mosaik, kleine Gemälde u. dgl. gefaßt od. auf welche selbst od. auf einen in dieselben gefaßten Stein Buchstaben od. Figuren geschnitten sind, welche als Siegelringe gebraucht werden. Ein R., dessen Reif so gearbeitet ist, daß ein Geflecht von Menschenhaaren darein angebracht werden kann, heißt ein Haarring. Allianceringe sind Ringe von Gold u. Silberdraht gewunden, od. aus zwei in einander geschobenen Ringen gebildet, welche man so drehen kann, daß sie beide Einen bilden. Die Sitte Ringe zu tragen ist ursprünglich morgenländisch; bei Assyriern u. Babyloniern war es ganz gewöhnlich; bei den Persern gehörte eine besondere Erlaubniß des Königs dazu, einen goldnen R. zu tragen. Bei den Hebräern geschieht der Ringe häufig Erwähnung; sie hatten Fingerringe, u. nach Zahl u. Material derselben unterschied man den Stand u. Reichthum der Leute. Gewöhnlich war das Tragen eines Siegelringes (Chotham), in welchem der Name des [173] Eigenthümers nebst einem Spruch aus dem A. T. eingegraben war, u. zwar trug man denselben nicht blos an dem Finger, sondern zuweilen auch an einem Bande vorn an der Brust. Außerdem trugen Frauen Fußringe aus Metall, Horn, Elfenbein etc. um die Knöchel, u. Ohrringe (Agil), welche zum Theil noch durch andere daran befestigte Gegenstände verschönert wurden. Ob auch die Männer im Alterthum Ohrringe getragen, ist ungewiß; die jetzigen Araber tragen dergleichen, u. Plinius behauptet es von allen Orientalen. Bei den Juden war nach Einigen das Tragen von Ohrringen Zeichen der Leibeigenschaft. Nasenringe aus denselben Stoffen wie die Fußringe, in der durchbohrten Scheidewand der Nase, welche bis über den Mund herabhingen, trugen nur Frauen. Jetzt findet man nur noch bei den Südseeinsulanern Nasenringe. Nasenringe legt man oft wilden Thieren, bes. Büffeln u. Bären, in die Nase, um dieselben zu bändigen. Auch Zauberringe (s.d.) nennt das hebräische Alterthum, welche gegen Unglück verwahrten, od. Bürgen eines zu erlangenden Glücks waren. In Ägypten trugen die Männer aus der Kriegerkaste R-e, in deren Stein ein Käfer geschnitten war, ferner Opferpriester, welche damit die opferbaren Thiere kennzeichneten; endlich bestellte der König seinen ersten Minister durch Übergabe seines Siegelringes. In Athen trug einen Siegelring (Daktylios, Sphragis) jeder Freie, welcher nicht zu den Armen gehörte, u. zwar gewöhnlich am vierten Finger. Später wurden Ringe auch zum Schmuck getragen, u. Manche steckten deren mehr als einen an einen Finger. Die R. waren in Griechenland sehr theuer, was seinen Grund sowohl in der kunstvollen Arbeit des geschnittenen Steines (Sphragis, Psephos), als auch des Ringkastens (Sphendone) hatte; doch trug man auch einfache goldene Reisen. Bei den Römern wurden Ringe (Annuli) aus Eisen von Rittern u. Senatoren an dem Ringfinger getragen; goldene bekamen Anfangs nur Gesandte, welche der Senat außer Landes schickte; doch trugen solche auch bald Ritter, Senatoren u. Legionartribunen statt der eisernen, welche nun die Plebejer annahmen; in der spätern Zeit wurden Soldaten wegen Tapferkeit od. andrer Verdienste mit goldenen Ringen beschenkt; Augustus verlieh seinem Leibarzt Musa einen R., womit wahrscheinlich die Erhebung in den Ritterstand verbunden war; nachher erlaubte er auch andern Ärzten R-e zu tragen. Unter den Kaisern wurde es immer mehr Sitte, daß Jeder sie tragen durfte; ja Manche hatten sogar mehre u. oft an einem Finger zwei bis drei. Siegelringe (Annuli signatorii) brauchten die Römer gleichfalls, auch sonst Ringe mit geschnittenen Steinen (s. Gemmen); der Ringkasten heißt lat. Pala. Auch gab der Bräutigam der Braut einen R. als Unterpfand. Die carthagischen Soldaten trugen Ringe nach der Zahl der Feldzüge, welche sie mitgemacht hatten; Hannibal verwahrte das Gift, mit welchem er sich tödtete, im Ringkasten. Im nordischen Alterthume werden auch Ringe erwähnt, theils als Schmuck, theils als Sachen von Werth. Auf den Tempelring wurden Eide abgelegt. Bei den Germanen finden sich Ringe als Unterpfand einer zu schließenden Ehe von Mann u. Frau sich gegenseitig gegeben. Bei den Katten war die Sitte einen eisernen R. zu tragen, welchen man erst nach einer ersten Heldenthat, Besiegung u. Tödtung eines Feindes, ablegte. Im Mittelalter trugen die Ritter Ringe, welche sie in die Wachsflegel der Urkunden als Namensunterschrift drückten; sonst auch um Arm, Hals od. Beine zum Zeichen, daß sie ein Gelübde gethan hatten. Ost trugen sie an Arm u. Beinen zugleich Ringe, welche durch Ketten verbunden waren. Die Annahme des Ringes geschah unter großer Ceremonie nach einem bestandenen Kampfe. Eine deutsche Sitte war es auch, daß Gläubiger ihren Schuldnern, um dieselben an ihre Verbindlichkeiten zu erinnern, einen eisernen Ring um den Arm legten. Neben der Bedeutung einer Verbindlichkeit kommt die einer Verbindung durch einen R. noch in folgenden Sitten vor: die Übergabe des Ringes nebst Hirtenstab vom Papst an die Bischöfe (s. Investitur), wodurch die Vereinigung des Bischofs mit der Kirche angedeutet werden soll; der Doge von Venedig warf alle Jahre am Himmelfahrtstage einen R. in das Adriatische Meer, wodurch er dasselbe mit der Republik aufs Neue vermählte. Als Zeichen der Übergabe einer Gewalt od. eines Amtes findet sich noch der R. bei der Ernennung eines Cardinals, diesem nämlich wird vom Papst ein R. mit einem Saphir angesteckt. Der R., welchen der Papst trägt, heißt der Fischerring (s.d.). Bei Schließung von Ehen pflegen sich sowohl die Brautleute Ringe bei der Verlobung (Verlobungsringe), als auch bei der Trauung (Trauringe) zu geben. 3) Dergleichen Körper von Metall kommen auch zu technologischen Zwecken mehrfach vor, so messingene od. eiserne R-e an den Gewehren (s.u. Garnitur 3), am Wagen der Achsen-, Naben- od. Deichselring; der Stahlring, welcher beim Ringprägen an Münzen die Stahlstempel umgibt u. die Randprägung hervorbringt (s. Münze G); Ringe von Blei, welche bei Schnarrwerken der Orgel in die Öffnungen des Fußes gelegt werden, damit die Pfeife nicht zu tief in den Fuß sinke; breite eiserne Ringe, durch welche zwei Röhren verbunden werden; kleine Ringe von Glas od. Metall an den Litzen, durch welche die Kettenfäden gezogen werden; ein großer eiserner R., an welchem eine Menge Seile herabhängen, bei Erbauung eines Hohofens als Richtschnur benutzt; 4) auf Schiffen ein mathematisches Werkzeug die Sonnenhöhe zu messen; es besteht aus einem Reif von Kupferblech, ungefähr 3 Zoll breit u. 5–10 Zoll im Durchmesser, in der einen Seite des Ringes ist ein Loch, durch welches man einen Sonnenstrahl fallen läßt, auf der entgegengesetzten innern Seite sind die Grade eines Quadranten verzeichnet. Oben hat der R. ein Ohr, woran er aufgehängt werden kann; 5) in Ringform zusammengewundener Draht; im Handel hat man einfache von 5, u. doppelte Ringe von 10 Pfund; 6) das Ende des Dochtes, welches eine Schleife bildet; 7) so v.w. Kringel 3); 8) (Her.), s.u. Ehrenstücke C) a); 9) (Uhrm.), der Umkreis eines Rades; 10) das Rändchen an dem Deckel eines Taschenuhrgehäuses; 11) der mehr od. wenig ringförmige Griff des Schlüssels; 12) (Forstw.), so v.w. Jahrring; 13) ringförmig gestalteter knöcherner od. weicher Körpertheil; 14) helle Kreise um den Mond, die Sonne, auch wohl um helle Sterne, wie um den Saturn (s.d.); sie rühren von einer Schicht Dünste her, welche in einer solchen Höhe schwebt, daß eine Strahlenbrechung in diesen Dünsten entstehen kann; diese Ringe sind bisweilen so groß, daß sie 1/4 des Horizonts einnehmen; 15) eine kreisförmige Einfriedigung eines Ortes, auch dieser eingeschlossene Raum selbst; daher 16) so v.w. Markt, s.d.; daher Ringbürger, in Schlesien[174] die Bürger einer Stadt, welche am Markt wohnen u. gewisse Vorrechte haben; 17) eine feierliche Versammlung, ein Kränzchen; 18) im Handel, bes. mit Stabholz, so v.w. 240 Stück; in Hamburg 5 Ringe = 1 großes Tausend; in manchen Gegenden ist nach der Größe des Stabholzes auch die Zahl des Ringes verschieden, z.B. 248, 372, 496 Stück; 19) eine Menge Holzkohlen, wozu 10 Klaftern Holz verbrannt worden sind; 26) eine Menge Torf von 8–9000 Stück; 21) ein Stück Land, welches so viel Torf gibt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 173-175.
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