[60] Irland, 1) (a. Geogr., Hibernia od. Jerne), s.u. Britannia; 2) (n. Geogr., von den Engländern Ireland [spr. Eierländ], von den Eingeborenen Erin genannt), Insel u. Königreich, zu Großbritannien gehörig; liegt im Atlantischen Ocean, von England durch das Irische Meer getrennt; Flächenraum: 1531, et QM. J. ist außer einigen, aus Syenit, Granit, Quarz bestehenden, nicht über 3000 Fuß hohen Gebirgszügen (Longfields-, Donegal-, Mayo-, Kerrygebirge) eben; Flüsse: Shannon, Bandon, Lee, Blackwater, Sury, Lissy, Slany, Barrow, Boyne, Bann, Colmore (alle schiffbar); viele Seen (Loughs): Neagh, Earn Ree, Derreverragh, Corrib, Strangford, Deirgeart, Killarney, Mucroß etc. u. zahlreiche große Moore (Bogs), u. zwar Grasmoore, die im Sommer theilweis beweidet werden, Torfmoore, unzugängliche Sumpfmoore u. seichte mit Rohr u. Schilf bewachsene Seen (Hassocky Bogs). Die Küsten auf der Ostseite niedrig, nördlich felsig (Basaltgebilde), sonst sehr zerrissen, mit vielen (66) Häfen, Busen (Dingle-, Shannon-, Gallwai-, Clew-, Donegal-, Swilly-, Foyle-, Carriksergus-, Dundalk-, Dublinbai u. v. a.) u. Vorgebirgen (Mizen, Loop, Achill, Rathlin, Bloody Farland, Nordcape, Malin, Fair, Looly, Wicklow, Carnsore u.a.). J. ist fruchtbar, das ganze Jahr durch grün, hat mildes, doch feuchtes Klima; Frost u. Schnee selten anhaltend; die früher bedeutenden Waldungen sind seit der englischen Herrschaft fast überall verschwunden; man treibt Ackerbau (Überschuß an Getreide), baut bes. Kartoffeln, Flachs, Hanf; Viehzucht, zieht Pferde, bes. zu Jagdpferden (Hunters) sehr gesucht; Rindvieh (dessen Fleisch, eingesalzen, zum Bedarf für die Flotten häufig gekauft wird, u. dessen Felle, Zungen, Hörner u. Butter bedeutende Ausfuhrartikel sind), Schweine (Fleisch zur Ausfuhr), Schafe (mit geringerer Wolle als die englischen), Geflügel etc. J. hat viel Kaninchen, aber wenig od. kein Jagd- u. Raubwild; Überfluß an Fischen (Lachse, Hechte, Aale, Forellen), Austern, Muscheln, es soll keine Schlangen u. Kröten geben, dafür Frösche in Menge; das Mineralreich ist vertreten durch Steinkohlen (nicht ausreichend für den Bedarf; die bedeutendsten Lager bei Castle-Coomer in Leinster), Kupfer, Eisen, Blei, Silber[60] (sämmtlich nur in geringer Menge), Gold (in einem Bergstrom der Grafschaft Wicklow), Torf, Kalk, schwarzen Marmor u. einige Edelsteine. Die Bevölkerung von J. ist bedeutend im Abnehmen, während es 1841 noch 8, 175, 124 Ew. (5436 Ew. auf 1 QM.) hatte, war dieselbe 1851 auf 6, 515, 794 Ew. (4332 auf 1 QM.) gesunken; von denselben gehören nahe an 5 Millionen der Römisch-Katholischen Kirche u. nur ungefähr 500,000 der Anglikanischen Kirche an; von den übrigen Bekenntnissen sind die Presbyterianer die zahlreichsten. Trotz dieser Minderzahl u. ungeachtet der Gleichstellung der Religionen 1793 u. 1829 (s. unten [Gesch.]) ist aber die Anglikanische Kirche eigentlich die herrschende, indem ihre Geistlichen einzig vom Staate besoldet werden. Die katholischen Geistlichen beziehen ihren Unterhalt von den Tauf- u. Trauungsgebühren u. von freiwilligen Beiträgen. Die Anglikanische Kirche hat 4 Erzbischöfe, 14 Suffraganbischöfe, im Ganzen ungefähr 1700 Geistliche (mit einem Gesammteinkommen von 11/2 Mill. Pfund Sterl.), die Katholische Kirche 1 Erzbischof, mehrere Bischöfe, im Ganzen ungefähr 2000 Geistliche, die Presbyterianer u. die übrigen Secten ungefähr 400 Geistliche. Die eigentlichen Iren (Irländer, scherzweise Paddy genannt), mit den Bergschotten gleiches Stammes, Nachkommen der Gaelen, reden die Gaelische Sprache im Irischen Dialekt, sind schwarz behaart, stämmig, nicht sehr groß, stolz auf ihre Abkunft u. ihre Geschichte, lieben Musik u. Dichtkunst, leben meist sehr elend, wohnen zum Theil in elenden Hütten u. ihre Nahrung besteht fast nur aus Kartoffeln; ihre einzige Erquickung ist Branntwein (Whisky). Die Feuerung ist fast durchgängig Torf, das auf dem Herde im Inneren der Wohnung fortwährend glimmt. Ihr Charakter, von dem englischen ganz verschieden, hat sich trotz des Druckes der Engländer erhalten: Tapferkeit, Gutmüthigkeit, Gastfreiheit, Liebe zum Herkommen, aber auch List u. heftige Rachsucht, leicht zu Mord u. Brand geneigt, sind die Haupteigenschaften desselben. Die großen, meist britischen Grundbesitzer, welche die Iren, die eigentlichen Herren des Landes, bis jetzt als Pächter ein elendes Dasein führen ließen, verwandeln immer mehr Ackerland in Weide u. Wiesen u. stoßen dadurch Tausende von Iren aus; daher trifft die Rache der Iren bes. die Grundherren u. die verhaßte anglikanische Geistlichkeit. Die wegen dieses Druckes jährlich Auswandernden gehen entweder nach Amerika, um dort einen festen Wohnsitz u. Eigenthum zu erwerben, od. sie suchen sonst irgendwo im Auslande Unterkommen als Handarbeiter, Soldaten etc. Mehrere eigenthümliche Sitten haben die Iren behalten, so die Todtenwachen, wo Verwandte u. Bekannte unter Whiskytrinken, Gespräch u. dem Klagen der Weiber vom Tode bis zu dem Begräbniß bei der Leiche des Verstorbenen verweilen. Sie lieben den Tanz leidenschaftlich, bes. den Jig, den drei bis vier Personen zugleich tanzen, wobei sie die Füße u. Zehen unglaublich schnell auf- u. abwärtsziehen, dabei aber kaum von der Stelle kommen. Auch Spiel, bes. Nationalspiele, lieben sie sehr. An der katholischen Religion halten die Iren hartnäckig fest, doch hat sich noch viel Aberglaube, zum Theil aus der Heidenzeit, erhalten. Sie bevölkern die Wälder, Höhlen u. Felder mit Feen, Elfen u. Hexen, der Glaube an den bösen Blick herrscht noch durchweg etc. Für Unterricht wird jetzt mehr gesorgt, es gibt eine Universität (Dublin), eine vom Staat unterhaltene katholische höhere Lehranstalt in Maynooth, mehrere königliche Schulen (in Armagh, Banagher, Caryssort. Enniskillen u.a. O.), eine Irländische Gesellschaft, königliche Akademie u. mehrere gemeinnützige Gesellschaften. In J. leben auch viele Eingewanderte, Engländer, Spanier (in Limerick, Kerry, Cork) u. Nachkommen der Angeln (bei Dublin). Hauptbeschäftigung nach der Landwirthschaft ist Leinweberei (seit 1806 sehr gehoben), u. J. versorgt England, so wie einen großen Theil Amerikas mit Leinen. Über diesen Erwerbszweig steht eine eigene Inspection (Board of trustees of the linen and hempen manufactures) in Dublin, welche aus Deputirten der Provinzen besteht, in jeder Provinz einen Generalinspector, in jeder Grafschaft einen Inspector hat. In neuerer Zeit ist auch die Baumwollenmanufactur von Bedeutung geworden; ihr Hauptsitz ist Belfast. Außerdem fertigt man irdene Gefäße, Bier (Porter u. Ale), Branntwein, grobe wollene Zeuge. Der Handel hat sich in neuerer Zeit, namentlich seit dem Beginn der Dampfschifffahrt, sehr gehoben; die Hauptausfuhr besteht nach Großbritannien in: Getreide, Mehl, Schlachtvieh, Speck, gesalzenem Fleisch u. Butter (letztere drei Artikel vorzugsweise Irish Provisions genannt), nach Frankreich u. Nordamerika in Leinenwaaren; Haupteinfuhr aus Großbritannien in: Eisen, Eisenwaaren, Steinkohlen, Colonialwaaren u. Fabrikaten. 1851 hatte J. außer den Küstenfahrern 2055 einregistrirte Segelschiffe, mit einem Gesammtgehalt von 233, 753 Tonnen u. 114 Dampfschiffe mit 27, 679 Tonnen. Der Binnenverkehr wird außer den Flüssen durch Kanäle u. Eisenbahnen gefördert, von den ersteren sind der Grand- od. Große Kanal (von Dublin bis zum Shannon, mit einer 85 Fuß hohen Leitung über den Rye) u. der Royal- od. Königskanal (von Dublin bis Tarmonbury) die bedeutendsten; die Gesammtlänge der Kanäle beträgt 65 Meilen. Der Knotenpunkt des Eisenbahnnetzes ist Dublin, die bedeutendste Bahn die Great-Southern and Western Railway (von Dublin nach den verschiedenen Küstenstädten der Provinz Munster); die Gesammtlänge der Irischen Eisenbahnen beträgt etwas über 900 englische (ungefähr 206 deutsche) Meilen. Eintheilung in die vier Provinzen Leinster, Connaught, Munster, Ulster (s.d. a.), jede in mehrere (zusammen 32) Grafschaften mit einem Gouverneur. An der Spitze der Executivgewalt steht ein Lordgeneralstatthalter (Lord-Lieutenant General and General-Governor), dessen erster Secretär (Chief-Secretary and Keeper of Privy Seal) die Verwaltung leitet. Er steht unter dem britischen Ministerium, welchem auch ein Lordkanzler (Lord-Chancellor) beigegeben ist. Seit der Union mit Großbritannien wird J. im Parlament vertreten im Oberhaus durch 4 Bischöfe u. 28 Peers, im Unterhaus durch 105 Mitglieder (u. zwar 64 Abgeordnete für die 32 Grafschaften u. 41 Abgeordnete für 34 Städte u. Flecken). Das Nähere über das Verhältniß zu Großbritannien s.u. Großbritannien. Wappen: eine goldene Harfe mit silbernen Saiten im blauen Felde; es nimmt das dritte Feld im großbritannischen Wappen ein. Münzen, Maße u. Gewicht wie in England, s.u. Großbritannien. Hauptstadt: Dublin. Vgl. R. Twiß Reise durch J., aus dem Englischen, Lpz. 1775 [61] Arth. Youngs Reise durch J., aus dem Englischen von Engelbrecht, ebd. 1780, 2 Thle.; Küttner, Briefe über J., ebd. 1784; De Latocnaye, Wanderungen eines Franzosen durch J., Erf. 1800, 2 Bde.; G. Cooper, Briefe über den neuesten Zustand von J., herausgegeben von Paulus, Jena 1801; Th. More, Memoiren des Hauptmanns Rock über die Verhältnisse des Staates etc. in J., aus dem Engl. von S. E., Bresl. 1824; Beaumont, L'I. sociale, politique et religieuse, Par. 1839, 2 Bde.; Venedey, Irland, Lpz. 1844, 2 Bde.; Helfferich, Skizzen u. Erzählungen aus J., Berl. 1858.
Buchempfehlung
Schon der Titel, der auch damals kein geläufiges Synonym für »Autobiografie« war, zeigt den skurril humorvollen Stil des Autors Jean Paul, der in den letzten Jahren vor seiner Erblindung seine Jugenderinnerungen aufgeschrieben und in drei »Vorlesungen« angeordnet hat. »Ich bin ein Ich« stellt er dabei selbstbewußt fest.
56 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro