[535] Criminalrecht (Jus criminale, Peinliches Recht, Strafrecht), 1) der Theil des öffentlichen Rechtes, welcher die Rechtsnormen über Verbrechen, deren Untersuchung u. öffentliche Bestrafung begreift, auch 2) die sich mit der Entwickelung[535] u. Darstellung dieses Rechtstheiles beschäftigende Wissenschaft. Das C. ist hiernach eben so sehr von dem Theile des Privatrechts, welcher sich mit den privatrechtlichen Folgen der Delicte in Bezug auf Schadensersatz, Privatstrafen, Pflicht zur Rückgabe der entwendeten Gegenstände etc. beschäftigt, als von dem Polizeirecht unterschieden, welches nur die geringeren Übertretungen der im öffentlichen Interesse getroffenen Sicherheits- od. Wohlfahrtsanstalten betrifft. Wie jedes Recht, läßt auch das C. eine doppelte Behandlung zu, eine philosophische, welche die Grundwahrheiten des C-s, insbesondere die Berechtigung des Staates zur Strafe u. deren innere Natur feststellt (philosophisches, natüraliches C.); u. die positive, welche das C. in seiner reellen Erscheinung im Staatsleben entwickelt. Andere Eintheilungen sind nach dem Umfang in gemeines C., welches die Grundsätze der in ganz Deutschland geltenden Strafbestimmungen umfaßt, u. besonderes, particuläres C., d. i. dasjenige, welches nur in den einzelnen Ländern als diesen Staaten eigenthümliches Recht Geltung hat; auch in materielles C. (C. im engeren Sinne), welches nur die verbrecherischen Handlungen, deren Begriff u. die darauf gesetzten Strafen angibt, u. das formelle C. (Criminalproceß, s.d.), welches die Art der Untersuchungsführung bei entdeckten Verbrechen u. die Execution der Strafen betrifft. Die Geschichte des C-s hängt bei jedem Volke auf das Innigste mit dem Entwickelungsgang des Volkslebens überhaupt zusammen. Meist zeigen sich die ersten Spuren einer geordneteren Verfolgung der öffentlichen Rechtsverletzungen zunächst neben einer beschränkten hausherrlichen Strafgewalt über die nächsten Familienglieder in einem System der Blut- u. Familienrache, wonach der Verletzte od. seine Familie selbst die Verfolgung des Beleidigers als vererbliche u. selbst religiöse Pflicht zu üben hat, deren Vollziehung von dem Missethäter u. seiner Familie nur durch Privatbußen an den Verletzten od. dessen Familie gehoben u. gewissermaßen abgekauft werden kann. Erst allmählig tritt die über den Familien stehende Obrigkeit insofern vermittelnd dazwischen, als sie einestheils die zur Loskaufung der Familienrache gewöhnlicher gewordenen Sühnegelder (Bußen-, Wehrgelder, Compositionen) nach gewissen Sätzen für jede Art der Rechtsverletzung näher bestimmt u. anderntheils dem Verletzten od. seiner Familie die Annahme der Buße zur Pflicht macht. Noch später tritt als ein Fortschritt hervor, daß die bürgerliche Gesellschaft von dem Verbrecher wegen des durch seine Verletzung gestörten Friedens selbst Bußen fordert od. im Namen der Gesammtheit die Strafe als eine veredelte Rache vollzieht, bis endlich die Nothwendigkeit der Strafe als Forderung der Gerechtigkeit u. als Mittel der allgemeinen Sicherheit u. Ordnung immer mehr u. mehr in den Vordergrund tritt. In dieser Weise zeigt sich die Ausbildung des C-s A) bei allen orientalischen Völkern, namentlich auch bei den Juden (wo das Strafrecht nur wegen des theokratischen Staatssystems zugleich eine religiöse Beimischung erhielt); eben so auch im Ganzen B) bei den Griechen, nur daß dabei in den späteren Perioden sich immer auch noch Erinnerungen an die früheren Ansichten vorfinden. Auch C) bei den Römern bildete die Privatrache (Vindicta privata) den Anfang u. längere Zeit das leitende Princip des C-s; doch treten hier zeitig die Strafgewalt des Pater familias über seine Hauskinder u. alle zur Familie gehörenden Personen, so wie das Institut der Censur (s.d.) u. die Idee mildernd ein, nach welcher da, wo eine Gottheit verletzt schien, eine Sacratio capitis mit Achtung des wider die Gottheit Sündigenden zur Versöhnung derselben als nothwendig erachtet wurde. Ausgebildeter wurde das C. in den Zeiten der späteren Republik, wo zahlreiche Leges judiciorum publicorum in der Regel ein vollständiges System für das materielle u. Proceßrecht in Bezug auf jedes einzelne Verbrechen feststellten. Indessen machten diese Gesetze, da sie meist aus politischen Veranlassungen entstanden u. die Verfolgung mittelst öffentlicher Anklage manchen Beschränkungen unterlag, das C. ziemlich willkürlich. Dies führte seit der Kaiserregierung, welche zugleich die früheren Volksgerichte vernichtete, zu neuen Strafgesetzen, die zwar das Verdienst haben, die Begriffe der Verbrechen meist genauer bestimmt zu haben, indessen, weil die Handhabung meist in den Händen abhängiger Richter war, ebenfalls nicht dazu dienen konnten, dem Strafrecht einen besseren Charakter aufzuprägen Erst später, bes. unter dem Einfluß christlicher Ansichten, nahm das Römische Recht einen gerechteren Charakter an, so daß es in den Justinianeischen Rechtssammlungen in einer ziemlich geläuterten Weise erscheint, in welcher es mit dem gesammten Römischen Recht auch in die Rechte der modernen Staaten übergegangen ist Sehr einflußreich wurde außerdem für die Ausbil dung aller späteren Strafsysteme auch D) das Cantnische Recht. Nicht blos daß dasselbe von Anfang an die Privatrache verbannte u. die Strafe als ein Versöhnungsmittel auffaßte, welches den Thäter als Übertreter des Gesetzes treffen müsse, diente dasselbe bes. dazu, auch richtigere Ansichten über manche allgemeine Lehren, z.B. Zurechnung, Theilnahme etc. zu verbreiten, sondern auch die Strafen selbst zu mildern u. ihnen den Buß- u. Besserungszweck beizulegen. Für die Geschichte E) des deutschen C-s pflegt man gewöhnlich vier Perioden zu unterscheiden. Die erste derselben, die der sogenannten Volksrechte bis zum 10. Jahrh., weist durchweg die Selbsthülfe als Regel auf, nur gemildert durch das System der Bußen (Wehrgelder, Compositiones, Satisfactiones, Restitutiones, Emendae), nach denen der Verletzte die Wahl hat, statt der zu erhebenden Fehde od. Privatgenugthuung auch bei dem Volksgericht klagend aufzutreten u. eine Privatbuße zu beanspruchen. Eigentliche, öffentliche Criminalstrafen fanden nur bei den Verbrechen, welche an dem ganzen Volksstamme begangen wurden, wie z.B. Verrätherei an der Gemeinde, u. in gewisser Beziehung durch die Auferlegung von Geldstrafen (Wette, Gewedde, Fredum), welche bei schwereren Verbrechen neben der Privatbuße noch an den König od. Richter bezahlt werden mußten, statt. In der zweiten Periode, vom 10. Jahrh. bis zum Jahre 1532, drangen die fremden Rechte, das Römische u. Canonische, in Deutschland ein. So wohlthätig nun auch diese Rechte dem alten Compositionensystem gegenüber, zumal dasselbe durch willkürliche Erhöhung der an die Richter zu zahlenden Bußen immer mehr in Verfall gekommen war, hätte wirken können, bewirkte die Reception derselben doch eher einen Rückschritt, indem durch den Mangel eines[536] leitenden Princips, welcher bezüglich der Verbindung der fremden Rechte mit den einheimischen herrschte, eine außerordentliche Unsicherheit u. Verwirrung der Rechtsbegriffe entstand. Diese Verwirrung wurde noch bes. durch den geheimen u. schriftlichen Inquisitionsproceß vermehrt, welcher sich gleichzeitig an Stelle des früheren öffentlichen u. mündlichen Anklageverfahrens ausbildete. Die unstudirten Schöffen vermochten die fremden Rechte nicht zu begreifen, wogegen die in den höheren Gerichten Platz nehmenden studirten sich mehr u. mehr den deutschen Rechtsgewohnheiten abwendeten. Hierdurch entstanden laute Klagen, namentlich aus dem nach Aufrichtung des allgemeinen Landfriedens 1498 errichteten Reichskammergerichte, welche endlich im Jahre 1532 auf dem Reichstag zu Regensburg zum Erlaß eines umfassenden Reichsgesetzes über das C. der Peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. (Constitutio criminalis Carolina, s. Halsgerichtsordnung) führten, mit welcher die dritte Periode des deutschen C-s anhebt. Diese Gerichtsordnung, nach dem Muster der Bambergischen Halsgerichtsordnung vom Jahre 1507 (daher Mater Carolinae genannt) u. der Markgräflich Brandenburgischen vom Jahre 1516 (daher Soror Carolinae) verfaßt, wollte zwar kein allgemeines Gesetzbuch, sondern zunächst seiner eigenen Ankündigung nach nur eine faßliche Instruction für die ungelehrten Richter u. Schöffen sein; auch wurde sie für die einzelnen Reichsstände nur mit der salvatorischen Clausel (s.d.) publicirt, nach welcher damit den alten wohlhergebrachten Gebräuchen der einzelnen Territorien nichts benommen sein sollte; indessen äußerte dieselbe dennoch auf die Umgestaltung des Strafrechts den entschiedensten Einfluß. Sie stellte nicht blos das Verhältniß zu den fremden Rechten, sondern auch die Begriffe der einzelnen Verbrechen genauer fest, ließ dabei dem Urtheil der Richter einen verständigen Spielraum u. ordnete auch das processualische Verfahren in einer, für ihre Zeit zweckmäßigen Weise. Nur in dem Strafsystem, der Anwendung der Tortur etc. verfolgt dieselbe oft eine große Härte, die freilich mehr od. minder allen damaligen Strafgesetzen zu Grunde liegt. Dennoch dauerte die Anfangs wohlthätige Wirkung der Carolina nicht lange. Der Grund hiervon lag auch jetzt hauptsächlich wieder in der falschen Behandlung, welche man bezüglich des Römischen Rechtes im Verhältniß zur Carolina anwendete. Bei dem Überwiegen des Studiums des römischen Rechts in den anderen Disciplinen wurde das deutsche Gesetz selbst nur wenig beachtet u. das C. fortwährend weit mehr nach den Vorschriften der Justinianeischen Rechtssammlungen tractirt. Damals entstanden eine Menge Controversen, in der Praxis aber schließlich ein Haschen nach Namensautoritäten, über denen der eigenthümliche Geist der Carolina selbst allmählig ganz aus den Gerichten verschwand. Vorzüglich war es Benedict Carpzov (s.d.), welcher, nicht zum Vortheil der Wissenschaft, durch seine Practica nova imperialis rerum criminali um lange Zeit ein fast gesetzliches Ansehn genoß. Religiöser Aberglaube beförderte überdies die unseligen Hexenprocesse (s.d.), u. starre Buchstabeninterpretation ließ die an sich harten Strafen der Carolina noch härter werden. Eine Wendung zum Bessern trat erst wieder ein, als im 18. Jahrh. die erwachten philosophischen Studien bessere Ideen über die Natur u. den Zweck des Strafrechts verbreiteten u. in criminalpolitischen Schriften die bisherigen Mißbräuche in der Strafrechtspflege blosgelegt wurden. Die Schriften von Christian Thomasius, Montesquieu, Beccaria, Filangieri, Voltaire führten zunächst in der Praxis, die dabei freilich in ein bedenkliches Schwanken gerieth, dann aber auch in der Gesetzgebung einen völligen Umschwung herbei. Die häufigen Todes- u. verstümmelnden Strafen, die Hexenprocesse, die Tortur wurden abgeschafft, die Gefängnißhäuser verbessert u. überall ein, zuweilen übertrieben humaner Eifer bethätigt. Gegen Ende des Jahrh. trat das Streben hinzu, das ganze C. in vollständige Gesetzbücher zu bringen. Da die Reichsgewalt nicht mehr die Kraft hatte, dies Streben durch ein allgemeines deutsches Gesetzbuch zu befriedigen, so brach sich dasselbe in Codificationen der einzelnen Länder Bahn, die freilich bei ihrer, namentlich in neuerer Zeit außerordentlichen Vermehrung zugleich zur gänzlichen Auflösung des gemeinen deutschen C-s zu führen drohen. In dieser vierten Periode steht das deutsche C. noch heute. Die Quellen des jetzt geltenden C-s sind dadurch für den Augenblick von einer großen Mannigfaltigkeit geworden: a) in Österreich erschien schon im Jahre 1768 die Constitutio crimin. Theresiana (s.d.), welche noch die älteren Grundsätze enthält; im Jahre 1787 wurde dieselbe durch das viel humanere Strafgesetzbuch Josephs II. verdrängt, welches aber wieder 1804 dem Strafgesetzbuch über Verbrechen u. schwere Polizeiübertretungen weichen mußte; eine neue Revision des letzteren wurde durch Patent vom 27. Mai 1852 verkündet. Das frühere Gesetzbuch von 1804 wurde 1817 auch in Lichtenstein angenommen. b) Für Preußen begann die neue Strafgesetz gebung mit dem Allgemeinen Landrecht vom Jahre 1794, welches in Th. II. Tit. 20 das C. enthält. Daneben behielt für die neuerworbenen Landestheile am Rhein der französische Code pénal (s. u. Code) u. für mehrere andere, z.B. für das frühere Schwedisch-Pommern etc., das Gemeine Recht Gültigkeit. Ein neues, für alle Landestheile gültiges Strafgesetzbuch wurde schon 1847 von dem Ausschusse des Vereinigten Landtages berathen u. trat, nach nochmaliger Revision, als Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten mit dem 1. Juli 1851 in das Leben. c) Das Königreich Baiern erhielt 1844 ein neues, von Feuerbach entworfenes Strafgesetzbuch. Zu strenge Verfolgung der Abschreckungstheorie u. eine zu ausgedehnte Casuistik haben indessen den Werth des Gesetzbuches vermindert. Ein neues Gesetzbuch wird schon seit längerer Zeit vorbereitet. Im Jahre 1814 wurde das Gesetzbuch mit mehreren Abänderungen auch in Oldenburg eingeführt. d) Für das Königreich Sachsen erschien ein neues Criminalgesetzbuch unter dem 30. März 1838, welches darauf auch, mit nur unwesentlichen Modificationen, im Großherzogthum Sachsen-Weimar (1839), Herzogthum Sachsen-Altenburg (1841), Sachsen-Meiningen (1844) u. im Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen (1845) eingeführt wurde. So viel Beifall dasselbe aber auch wegen seiner Milde, Einfachheit u. der darin mehrfach erfolgten Gestattung richterlichen Ermessens fand, so hat dasselbe schon jetzt nur noch im Herzogthum Sachsen-Altenburg Gültigkeit. Die übrigen Thüringischen Regierungen[537] vereinigten sich schon im Jahre 1849, zugleich mit Rücksicht auf eine neu einzuführende Strafproceßordnung (s. u. Criminalproceß), zu einer umfassenden Revision, welche als sogenanntes Thüringisches Strafgesetzbuch in Sachsen-Weimar durch Patent vom 20. März 1850, in Schwarzburg-Rudolstadt unter dem 25. März, in Schwarzburg-Sondershausen unter dem 26. April, in Sachsen-Meiningen unter dem 21. Juni, in Anhalt-Dessau u. Köthen unter dem 28. Mai (Abänderungen durch Gesetz vom 10. Septr. 1853), in Sachsen-Koburg unter dem 29. Nov. 1850, in Sachsen-Gotha unter dem 28. Decbr. 1851 u. im Fürstenthum Reuß Jüngere Linie unter dem 14. April 1852 eingeführt wurde. Im Königreich Sachsen aber trat an Stelle des älteren Criminalgesetzbuches, ebenfalls in Verbindung mit einer neuen Strafproceßordnung, ein neues Strafgesetzbuch unter dem 13. Aug. 1855. e) Hannover setzte, nachdem schon 1816 die Stände das dringende Bedürfniß eines neuen Criminalgesetzbuches vorgestellt hatten, 1823 eine Commission ein, deren Entwürfe meist das Baiersche Gesetzbuch zu Grunde gelegt u. 1830 den Ständen unterbreitet wurde. Nach nochmaliger Revision u. Berathung erschien das Gesetzbuch 1840 (8. Aug.). f) In Württemberg wurden schon 1823, 1832 u. 1835 Entwürfe bearbeitet u. den Ständen vorgelegt, welche ebenfalls vielfach noch die baierschen Entwürfe u. Gesetze zum Muster hatten. Nach einem neuen Entwurfe erschien das Strafgesetzbuch vom 1. März 1839; als Anhang ist das Polizeistrafgesetzbuch vom 2. Oct. dess. I. zu betrachten. Es ist vielfach dem älteren sächsischen Criminalgesetzbuche verwandt. Mehrere Änderungen daran wurden durch Gesetz vom 13. Aug. 1849 eingeführt. g) Das Großherzogthum Baden erhielt ein neues Strafgesetzbuch unter dem 6. März 1845; in Wirksamkeit wurde dasselbe jedoch erst seit dem 1. März 1851 gesetzt. h) Im Großherzogthum Hessen, in dessen überrheinischem Theile früher das Französische Recht galt, wurde schon 1836 ein neuer Entwurf bekannt gemacht; ein 2. Entwurf kam 1839 zur Berathung der Kammern u. wurde unter dem 17. Sept. 1841 mit Gültigkeit vom 1. April 1842 als Gesetzbuch verkündet. In nur wenig geänderter Gestalt wurde dasselbe unter dem 17. Mai 1849 auch in Nassau eingeführt. i) Braunschweig erhielt ein neues, durch Kürze u. Präcision der Bestimmungen, wie durch Milde ausgezeichnetes Strafgesetzbuch unter dem 1. Oct. 1840. Laut Verordnung vom 18. Juli 1843 wurde dasselbe auch in dem Fürstenthum Lippe-Detmold eingeführt. k) Das Gemeine Recht, mit der Grundlage der Carolina u. nur einzelnen particularrechtlichen Abänderungen, gilt endlich noch heute in Kurhessen, Holstein u. Lauenburg, in Mecklenburg, in den Fürstenthümern Waldeck, Hessen-Homburg, Reuß Älterer Linie, Schaumburg-Lippe u. in den 4 Freien Städten. F) Von außerdeutschen Criminallegislationen ist für Deutschland die wichtigste a) das C. von Frankreich, insofern seine Herrschaft während der französischen Occupation u. noch später (auch jetzt gilt es noch im Baierschen Rheinkreise u. im Amte Homburg-Meisenheim) sich auch auf deutsche Länder erstreckt hat u. bei den neueren deutschen Gesetzbüchern, z.B. dem königlich preußischen, vielfach benutzt worden ist. Dasselbe beruht auch in seiner heutigen Geltung wesentlich auf dem Code pénal vom Jahre 1810 (s. u. Code). Eine Nachbildung des Code pénal enthalten die meisten neueren b) italienischen Strafgesetzbücher, wie das Gesetzbuch für das Königreich Neapel vom Jahre 1819, für das Herzogthum Parma von 1820, den Kirchenstaat von 1822 u. für Sardinien vom 26. Oct. 1839. c) In den Cantonen der Schweiz hat sich die neuere Strafgesetzgebung zum Theil an das Französische Recht, zum Theil an deutsche Vorbilder angeschlossen. So erhielt St. Gallen 1819 ein neues Strafgesetzbuch, bei welchem vielfach das baiersche Strafgesetzbuch benutzt wurde. In Basel wurde 1821 ein neues Strafgesetzbuch (revidirt 1835) erlassen, welches mehr den französischen Code berücksichtigt hat. Zürich erhielt ein neues Strafgesetzbuch 1835, Luzern 1836, Thurgau 1841, Waadtland 1843. d) In Holland u. Belgien beruht die Strafgesetzgebung wesentlich auf dem französischen Code. e) Das Königreich Griechenland erhielt ein Strafgesetzbuch vom 30. Dec. 1833, welches ebenfalls, wiewohl auch unter Rücksichtnahme auf die baierschen Entwürfe, dem Code nachgebildet ist. f) Norwegen hat ein neues Strafgesetzbuch am 20. Aug. 1842 erhalten. g) Die Strafgesetze Englands beruhen noch heutzutage größtentheils auf alten Statuten der einzelnen Grafschaften u. Bezirke, zu welchen nur sehr einzeln neuere Gesetze gekommen sind. Dennoch hat man sich auch hier in neuester Zeit dem Verlangen einer umfassenderen Codification zugeneigt. Schon 1839 wurde von einer eigens zur Verbesserung des Criminalwesens niedergesetzten Commission ein Entwurf vorgelegt, ebenso 1844, allein ohne wesentlichen Erfolg. Die englischen Strafbestimmungen bilden auch die Quelle g) des C-s der Nordamerikanischen Freistaaten. Doch hat dort vielfach auch eine Revision u. Sammlung derselben stattgefunden. Ein Entwurf, welcher 1829 für Louisiana ausgearbeitet wurde, ist dabei in mehreren Staaten als Muster benutzt worden. Umfassendere Gesetzbücher haben danach die Staaten von New-Jersey 1829, Illinois 1833, Georgien 1834, Connecticut 1835, New-York u. Massachusetts 1836, Rhode-Island 1838, Mississippi 1839 erhalten. Endlich ist auch h) für Rußland ein neues, umfassendes Gesetzbuch der Criminal- u. Correctionsstrafen vom 15. Aug. 1845 zu erwähnen. Vgl. Kappler, Handbuch der Literatur des C-s, Stuttg. 1838. Hand- u. Lehrbücher lieferten namentlich: Meister, Klein, v. Grolmann, Tittmann, Feuerbach (13. Ausgabe 1840 von Mittermaier), Salchow, Henke, Martin, Roßhirt, Abegg, Wächter, Bauer, Köstlin, Marezoll, Luden. Außerdem gibt es zahlreiche Zeitschriften, von denen bes. Kleins Annalen (17881809), das ältere u. neuere Archiv des C-s, Hitzigs Zeitschrift der Criminalrechtspflege in den preußischen Staaten (182535) u. dessen Annalen der deutschen u. ausländischen Criminalrechtspflege (182837, fortgesetzt von Demme u. Klunge), in neuester Zeit der Gerichtssaal von Jagemann u. A. (1851 ff.) zu nennen sind.
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