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Honig

[531] Honig (lat. Mel), der von den Bienen, besonders der Honigbiene (Apis mellifica, s. Bienen), aus den Nektarien der Blüten gesammelte, in ihrem Körper verarbeitete und in besondere Zellen des Bienenstockes entleerte süße Saft. Die aus dem Stocke genommenen Waben kommen ohne weitere Zubereitung in den Handel (Scheibenhonig), oder man zerschneidet sie und läßt den H. frei ausfließen (Jungfernhonig). Werden die Waben schließlich ausgepreßt (Preßhonig) und ausgekocht, so erhält man den Seimhonig. Tafelhonig ist reiner guter H Vorteilhafter wird der H. mit der Zentrifugalmaschine (s. Tafel »Bienenzucht«, Fig. 13) unter Erhaltung der Waben gewonnen (Schleuderhonig). Der von den Bienen im Frühjahr angesetzte Maihonig übertrifft den Herbsthonig an Wohlgeschmack, ebenso der Kraut- oder Landhonig, den die Bienen aus vielen verschiedenen Blumen sammeln, den Heidehonig, der nur von dem Heidekraut (Calluna) und Buchweizen stammt. Als bester H. gilt der von Lindenblüten stammende Lindenhonig. H. ist eine gelbliche oder bräunliche, mehr als sirupdicke, anfangs fast durchsichtige Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,415–1,440, die nach längerm Aufbewahren blumenkohlartige Kristallisationen von Zucker absetzt, auch wohl ganz zu einer kristallinischen Masse erstarrt; er schmeckt süß, oft ein wenig scharf, riecht angenehm balsamisch; doch richten sich Geruch und Geschmack, auch die Farbe, bemerkbar nach den Pflanzen, von denen der H. stammt. Die Gewinnung beeinflußt ebenfalls die Farbe, Schleuderhonig ist heller als Preßhonig. Giftige Pflanzen können giftigen Honig geben (vgl. Delibal). Der H. enthält etwa 75–80 Proz. Trockensubstanz, davon 70 Proz. Zucker und zwar Fruchtzucker (Levulose)[531] und Traubenzucker (Dextrose), welch letzterer allmählich kristallisiert; er enthält ferner, solange er frisch ist, etwas Rohrzucker, außerdem Protemkörper (1–1,2 Proz.), Ameisensäure, Farbstoff, Schleim (0,1 Proz.), Mineralstoffe etc. H. reagiert schwach sauer (Gehalt an Ameisensäure), polarisiert nach links (wegen des vorwiegenden Gehalts an Fruchtzucker), doch kommen auch reine Naturhonige vor, die schwach nach rechts polarisieren. Rußland, Polen, Ungarn, Griechenland, Spanien, Frankreich, Deutschland und Amerika liefern bedeutende Mengen H. Unter den Handelssorten ragen hervor: der Havanna- und der Illinoishonig (weißlichgelb, kristallinisch, wenig aromatisch), der H. von Valparaiso und Santo Domingo, der italienische (besonders der römische, der sehr häufig verfälscht wird), der französische, besonders der von Narbonne, der polnische, und von den deutschen Sorten der holsteinische gelbe. Der ungarische H. ist gering. H. geht leicht in Gärung über und muß an einem kühlen Ort aufbewahrt werden. Kristallinisch gewordener H. wird wieder klar beim Erwärmen. Für medizinische Zwecke reinigt man H., indem man ihn mit 2 Teilen Wasser eine Stunde bis nahe auf 100° erhitzt, dann auf 50° abkühlen läßt, filtriert und im Dampfbad zur Sirupskonsistenz verdampft. Auch setzt man vor dem Filtrieren von seinem Pulver befreite, grob zerstoßene Holzkohle oder in Wasser gerührtes Filtrierpapier und, wenn er sauer reagiert, etwas Schlämmkreide zu. Verfälschungen von H. sind recht häufig. Wichtiger aber ist die Herstellung von Kunsthonig (in Preußen jährlich ca. 56,000 Ztr.) aus Stärkezuckersirup und Fruchtzucker (invertiertem Rübenzucker). Wird künstlich hergestellter Invertzucker auf richtige Konzentration gebracht und mit einigen Bestandteilen des Honigs, wie Mineralstoffe, organische Säuren, Wachs, Farbstoff etc., selbst Blütenstaub, versetzt, so ist das Fabrikat chemisch von echtem H. nicht sicher zu unterscheiden. Deutschland produziert jährlich etwa 200,000 dz H., führte aber 1903: 30,321 dz (auch künstlichen H.) im Werte von 1,4 Mill. Mk. ein, davon etwa die Hälfte aus Chile, doch ist dieser chilenische H. gar kein H., sondern Palmensaft, der von Lebkuchen- und Bonbonfabrikanten gern verarbeitet wird. Man benutzt den H. als Genußmittel, zu Backwaren (Honigkuchen, Lebkuchen, Pfefferkuchen) und Konfitüren, zur Konservierung von Früchten und andern Nahrungsmitteln, zu Getränken (Honigwein, Honigbier, Honigobstwein, Met etc.), in den Apotheken zur Darstellung einiger Präparate (Rosenhonig, Sauerhonig etc.). H. ist ein gesundes Nahrungsmittel, ein Eßlöffel voll H. enthält 75 Wärmeeinheiten, also mehr als ein Ei und ist nahrhafter als Malzextrakt. In der Schweiz, in Frankreich etc. wird H. vorzugsweise zum Frühstück genommen. – H. war eins der ersten Nahrungsmittel der Menschen. Milch und H. oder der Extrakt der feinsten Teile daraus war die Kost der Götter (Ambrosia); Zeus, als Zögling der Honignymphe Melissa, ist auch Mischkünstler dieses Honigtrankes. Als er seinen Vater Kronos überfallen wollte, schläferte er ihn durch H. ein. Die Alten glaubten, daß der H. als Tau vom Himmel falle; in der nordischen Götterlehre träufelt von der heiligen Esche der Tau (Hunangsfall, Honigfall) auf die Erde, und von ihm nähren sich die Bienen. Der griechische Mythus läßt die Nährerinnen des Zeus, die Bienen, endlich von diesem mit der Kunst belohnt werden, den H in Wachstafeln, als Kost für den Winter, zu bewahren. Bei Moses und in den Psalmen, im Hohenlied Salomos und an andern Orten der Bibel wird des Honigs rühmend gedacht; Johannes der Täufer lebte in der Wüste zum Teil von H. Bei den Hebräern durfte H. nicht zu Speiseopfern benutzt werden; nur Erstlinge vom H. wurden dargebracht, gehörten aber den Priestern. Homer, Euripides, Ovid, Vergil besingen den H. wegen seiner trefflichen Eigenschaften. Nach Diodor von Sizilien bildete H. die Hauptnahrung vieler Völker Italiens. Nach Platon opferte man in den ältesten Zeiten den Göttern nichts als mit H. bestrichene Früchte. Allgemein hielt man H. für ein treffliches Nahrungs- und Heilmittel. Doch kannte man auch die giftigen Eigenschaften manchen Honigs (Sprichwörter), und der pontische H. war durch Xenophons Rückzug berüchtigt genug. Der H. von Hyble in Sizilien und vom Hymettos in Attika war wegen seines Aromas berühmt, der von Korsika stand in üblem Ruf wegen seines Taxusgeschmacks. Auch der Koran erwähnt den H., und arabische Ärzte haben mehrfach davon gehandelt. Nach Strabon legten die alten Assyrer Leichen in H., um sie zu konservieren; auch Agesipolis, König von Sparta, Agesilaos und Alexander d. Gr. wurden nach ihrem Tod in H. gelegt. Auch Skythen und Perser, später auch andre Völker, wie die Römer, benutzten H. zum Einbalsamieren der Leichen. Der Kaiser Iustinianus wurde mit H. und Wachs einbalsamiert. Ebenso benutzte man H. zur Konservierung von Früchten und andern Nahrungsmitteln. Durch die Einführung des Zuckers und die Verminderung des Wachsverbrauchs zu Kerzen sank die Bedeutung des Honigs sehr erheblich. Vgl. Arnold, Der H., dessen Bedeutung, Wert und Verwendung (Ansbach 1886); Lahn, Lehre der Honigverwertung (2. Aufl., Oranienburg 1888); Pauly, Der H. und seine praktische Verwertung (2. Aufl., Graz 1890); Eckhoff, Der reine Bienenhonig (Vegesack 1893); »Denkschrift über den Verkehr mit H.«, ausgearbeitet im kaiserlichen Gesundheitsamt (Berl. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 531-532.
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