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Mähren

[22] Mähren Die Markgrafschaft M. hat auf 3981/2 ! M 1,660,000 Einw., wird von Niederöstreich, Böhmen, der preuß. Grafschaft Glatz und östr. Schlesien umgeben, und bildet mit letzterm (831/2 ! M. mit 405,000 Einw.) eine der zum deutschen Bunde gehörenden Provinzen des Kaiserthums Ostreich. Der h. Florian ist Schutzpatron des Landes, das seinem Hauptflusse, der Morawa oder March, seinen Namen verdankt und in den ältesten Zeiten von Bojern, Quaden, Markomannen, später von Scyren, Rugiern, Herulern, um die Mitte des 6. Jahrh. von Longobarden in Besitz genommen wurde. Auch diese wanderten bald weiter und endlich nahmen slawische Stämme hier ihre bleibenden Wohnsitze, ja stifteten sogar im 7. Jahrh. ein Königreich Großmähren, zu dem ansehnliche Gebiete der das jetzige M. begrenzenden Länder gehörten, und dessen König Samoslaw von Karl dem Großen im I. 791 zur Annahme des Christenthums gezwungen wurde. Die eigentliche Bekehrung des Landes, das 846 Ludwig des Deutschen Oberherrlichkeit anerkennen mußte, wurde jedoch erst im 9. Jahrh. durch Cyrillus (s.d.) von Thessalonich bewirkt, der daher auch als eigentlicher Apostel der Morawer oder Mährer betrachtet wird. Der deutsche König Arnulf vertraute dem Mährenfürsten Zwentibold sogar Böhmen mit an, sodaß dieser von der Elbe bis an den Gran in Ungarn gebot und nun darnach trachtete, die verlorene Unabhängigkeit wieder zu gewinnen. Allein Arnulf demüthigte 894 den Treulosen, und unter dessen Nachfolgern wurde zu Anfang des 10 Jahrh. das mähr. Reich die Beute der Nachbarn. Der dem heutigen M. etwa gleichkommende Theil kam unter böhm. Botmäßigkeit, wurde 1085 eine eigne Markgrafschaft und von den böhm. Königen mehrmals Söhnen und Verwandten zu Lehn gegeben; es blieb jedoch bei Böhmen und fiel mit demselben 1527 an das Haus Östreich.

M. wird gegen Ungarn von den kleinen Karpaten, welche sich aber nicht über 2000 F. erheben, von den Beskiden, wo die Weichselquellen liegen, gegen östr. Schlesien, von den mähr. Sudeten, wo die Oder entspringt, gegen die Grafschaft Glatz, gegen Böhmen vom mähr. Gebirge begrenzt, dessen höchste Gipfel der grulicher Altvater (2500 F.), der Plöckenstein (4176 F.), der Hohenstein (4020 F.) und der Steinberg (3294 F.) sind und das sich, wie nach Böhmen, als ein waldiges, rauhes und vielgestaltetes Bergland mit sehr geringer Senkung auch weit nach M. hinein verbreitet. Die andern Grenzgebirge senden ebenfalls Zweige aus, sodaß nur im südl. Theile des Landes ansehnliche Ebenen vorkommen. Der Hauptfluß, die schiffbare Morawa oder March, entspringt am südl. Abhange des glatzer Schneeberges, fließt in südöstl. Richtung durch M., nimmt dessen meisten Gewässer, darunter die 37 M. lange, vom mähr Gebirge kommende Thaya auf, in welche vorher die Schwarza mit der Iglawa fällt, und mündet nach einem 47 M. langen Lauf in die Donau. Das Klima ist in den mittlern und südl. Gegenden, wo viel Obst und auch leidlicher Wein gebaut wird, ziemlich mild, und an Fruchtbarkeit kommt M. dem benachbarten Böhmen (s.d.) fast gleich; es werden alle gewöhnlichen Getreidearten, auch Mais, viel Hanf und Flachs erbaut und die Viehzucht wird in mehren Gegenden [22] sehr umfänglich betrieben. Der Bergbau liefert vorzüglich Eisen, Steinkohlen und Alaun, auch sind Mineralquellen vorhanden, die sich aber noch keinen Ruf erworben haben; das Fabrikwesen ist höchst ansehnlich und die Leinweberei, nach ihr die Tuchfabrikation am wichtigsten, die im ganzen Kaiserstaate nirgend stärker betrieben wird. Die meist katholische Bevölkerung (Lutheraner und Reformirte gibt es in M. ungefähr 20,000) besteht kaum zum dritten Theil aus Deutschen, übrigens aus Slawen, welche sich in Hannaken an den Flüssen Hana, Blata und dem linken Marchuser, in Slowaken, Horaken und Podzulaken theilen und die fruchtbarsten Gegenden inne haben. Die Regierungsform ist fast unumschränkt, doch gibt es, wie in den andern östr. deutschen Provinzen, Landstände, welche aus Prälaten (den Bischöfen, Äbten, Pröpsten und Domherren), aus Herren (Fürsten, Grafen, Freiherren), Rittern oder adeligen Gutsbesitzern und den Abgeordneten von sieben Städten bestehen, auf Postulatlandtagen ihre Zustimmung zu den gefoderten Staatsbedürfnissen geben und die Aufbringung derselben vermitteln.

M. wird in sechs Kreise getheilt. Im brünner Kreise liegt die gut gebaute Hauptstadt Brünn sehr anmuthig am Zusammenflusse der Schwarzawa und Zwittawa auf einer sanften Anhöhe und wird von dem hoch auf Felsen stehenden Dome zu St.-Peter überragt. Mit 10 Vorstädten und einem dazu gehörigen Markte zählt sie 35,700 Einw., hat drei große und mehre kleine Plätze, ein Theater, große Wohlthätigkeitsanstalten, ist der Sitz des mährischschles. Guberniums und der andern hohen Landesbehörden, eines Bischofs und mehrer guter Bildungsanstalten. Die Stadt hat vier große, starkbesuchte Jahrmärkte, ist überhaupt der Mittelpunkt des mähr. Handels und einer der gewerbreichsten Orte in ganz Östreich. Das Glacis, der Augarten und der frühere Calvari-, jetzt Franzensberg gewähren angenehme Spaziergänge; auf letzterm steht ein im J. 1818 dem Kaiser Franz I., seinen Bundesgenossen und Heeren errichteter Obelisk. In der Nähe von Brünn befinden sich sehenswerthe Tropfsteinhöhlen und westl. neben der Stadt liegt der 800 F. hohe Spielberg, eine Bergfeste, die als Staatsgefängniß und Zuchthaus benutzt wird, Nikolsburg mit 8000 Einw., ist der Hauptort einer fürstl. Dietrichstein'schen Herrschaft. Das Schloß Eisgrub, die Sommerresidenz der Fürsten von Liechtenstein, ist durch seinen großartigen Park, eine der größten Orangerien in Deutschland und andere Anlagen ausgezeichnet. Zwischen Brünn und Wischau liegt das berühmte Schlachtfeld von Austerlitz (s.d.), seitwärts der Straße nach dem stark befestigten Olmütz mit 19,000 Einw., an der March und im danach benannten olmützer Kreise, wo der Sitz der Kreisbehörden, eines Erzbisthums und einer Universität ist und sich eine Witwen- und Waisenversorgungsanstalt für alle k. k. Erblande befindet. Zu den ansehnlichern Orten gehören noch Prosznitz mit 8700 Einw. und die Städte Müglitz an der March, Mährisch-Neustadt, Mährisch-Trübau, Schönberg, welche alle zwischen 3–4000 Einw. zählen. Im iglauer Kreise liegt in einer rauhen Berggegend an der böhm. Grenze die Stadt Iglau an der Iglawa mit 13,500 Einw., welche viel Tuchmacherei, Getreide- und Hopfenhandel treiben, sich aber auch gefallen lassen müssen, daß, wie von Schilda und Scheppenstedt, allerlei kurzweilige Geschichten auf ihre Kosten erzählt werden. Der znaymer Kreis hat seinen Namen von der Stadt Znaym an der Thaya mit 6000 Einw., wo die alten mähr. Fürsten eine Zeit lang residirten, und der hradischer Kreis von der Stadt Hradisch mit 1400 Einw., welche auf einer Insel in der March liegt; an Umfang bedeutender sind hier die Städte Wisowitz mit 2800, Bisenz mit 2600, Holoschau mit 3800, Strasznitz mit 4000 Einw., in dessen Nähe eine 90 F. lange Kettenbrücke über einen Arm der March führt; Wellehrad, ein Gut des Religionsfonds, liegt an der Stelle, wo die älteste Hauptstadt M.'s stand. Im prerauer Kreise sind unter andern zu bemerken: Prerau mit 3300 Einw., an der Betschwa; Kremsier mit 4000 Einw., der schön gebaute Hauptort einer erzbischöflichen Herrschaft und die gewöhnliche Residenz des Erzbischofs von Olmütz, mit einem schönen Schlosse und einer 1826 erbauten Kettenbrücke über die March; Neutitschein mit 7000, Weißkirchen mit 4000, Leipnik mit 3900, Frankstadt mit 3900, Fulneck mit 3000 Einw., wo die Lehren des Joh.Huß (s.d.) viel Anhänger fanden, aus denen später die Mährischen Brüder (s.d.) entstanden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 22-23.
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