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Wein

Wein

[681] Wein heißt eine Pflanzengattung, von deren Arten der gemeine edle Weinstock die einzige ist, welche ihrer Früchte, der Trauben, und des daraus zubereiteten, ebenfalls Wein genannten Getränks wegen, den Anbau verdient.

Die Heimat des Weinstocks war das gemäßigtere Asien, von wo er nach und nach in alle Erdtheile verpflanzt worden ist. Dabei sind aber durch Klima und Boden, durch Zucht aus Samen und Pflege so zahlreiche Abarten entstanden, daß über die ursprüngliche Art selbst Ungewißheit herrscht. Um edle Früchte zu tragen, bedarf er nothwendig der Pflege und wilde oder verwilderte Weinstöcke bringen immer nur geringe Trauben hervor. Weinbau und die Bereitung des Weins aus Trauben war in sehr früher Zeit bekannt und bei den Hebräern galt Noah für den Erfinder; andere Völker ließen ihren Göttern diese Ehre und von den Ägyptern wurde Osiris (s.d.), von den Griechen Bacchus (s.d.), in Italien Saturn als Geber des Weins betrachtet. Vermuthlich brachten ihn die Phönizier nach einzelnen Inseln und europ. Küstenländern des mittelländ. Meers, von wo aus der Weinbau sich dann über Griechenland, Italien, das südl. Gallien und andere Provinzen des röm. Reichs ausbreitete. Ja, er scheint so überhand genommen zu haben, daß man die Beeinträchtigung des Ackerbaus davon befürchtete und der Kaiser Domitian nicht blos den erweiterten Anbau verbot, sondern auch einen Theil der Weinpflanzungen in den Provinzen eingehen zu lassen befahl. Man kam jedoch bald von diesen Maßregeln zurück; der Weinbau wurde später wieder nachdrücklich befördert, und Kaiser Probus ließ um 280 am Rheine und an der Mosel zahlreiche Weinpflanzungen anlegen. Der Weinbau [681] in Franken datirt aus dem 6. Jahrh. und auch Karl der Große begünstigte denselben sehr; im 12. Jahrh. wurde durch in der Altmark angesiedelte Rheinländer der Weinstock hierher verpflanzt und 1285 um Stendal so viel Wein gewonnen, daß man damit handeln konnte; in Pommern pflanzte 1128 Bischof Otto Reben aus Bamberg an. Im Allgemeinen gedeiht der Wein am besten in den gemäßigten Ländern und namentlich zwischen dem 32.–50.° nördl. Br., daher ganz Südeuropa vielen und zum Theil köstliche Sorten Wein erzeugt und in den europ. Weinländern Portugal, Spanien, Frankreich, Italien, Griechenland, Ungarn, in Oberöstreich, Tirol, einigen Theilen der Schweiz, in Schwaben, Franken, am Oberrhein, meist gleich viele Menschen mit Weinbau wie mit Ackerbau beschäftigt sind. Vielen und trefflichen Wein liefern die Cana rischen Inseln (s.d.) und die Azoren (s. Made ira); vom Cap (s.d.) kommt ebenfalls Wein auf die europ. Märkte und man hat jetzt den Weinstock auch nach Nordamerika (s. Vereinigte Staaten von Nordamerika) sowie nach Australien verpflanzt.

In Deutschland werden zu Weinpflanzungen im Großen die gegen N. u. O. Winde geschützten südl. Abhänge von Bergen und Hügeln oder gleich günstig gelegene Ebenen gewählt; außerdem findet man den Weinstock in Gärten, am Spalier und an der Sonnenseite der Häuser überall, wie andere edle Obstarten. Den Winter über muß er aber in den meisten Gegenden von Deutschland in Stroh oder Matten eingebunden oder niedergelegt und mit Laub oder Erde bedeckt werden, wenn er bei strenger Witterung nicht vom Froste leiden soll. In der Benennung der verschiedenen Arten des Weinstocks herrscht viel Verwirrung, sodaß in verschiedenen Gegenden derselbe Name mitunter ganz verschiedenen Sorten beigelegt wird. Weiße oder blanke Weine bereitet man z.B. aus weißem Rießling, weißem Wälschrießling, weißem und rothem Traminer (denn nur der auf den Trestern gährende Most wird durch diese gefärbt), blauem und rothem Clävner, blauem Arbst, gelben Orleans, weißem, rothem und Krachgutedel, gelbem, rothem und weißem Elber, weißem Burgunder, weißem Fürterer, weißem Kleinedel. Rothe Weine geben der blaue Clävner, blaue Arbst, rothe und blaue Sylvaner, der blaue Räuschling, die blaue Hartwegsträube, der rothstielige Dulcedo, die Müllerrebe u.a.m. Zum Bekleiden großer Flächen an Mauern oder Gebäuden durch einen Weinstock eignet sich der Gänsfüßler am besten, welchen auch ungewöhnliche Tragbarkeit auszeichnet, und von dem einzelne Stöcke schon über vier rhein. Ohm Wein geliefert haben. Außerdem paßt auch der Trollinzer und die gelbe Seidentraube für solche Zwecke. Am Weinstocke unterscheidet man: die Wurzeln; den Kopf oder den zunächst auf der Wurzel sitzenden und an jungen Stöcken durch wiederholtes Beschneiden erst zu bildenden Theil, von welchem die Schenkel oder eigentlichen Stämme ausgehen, die je nach Art und nachdem sie gezogen sind stammartig und 8–10 F. hoch oder kürzer, mitunter nur 1/2 F. lang sind und von denen die sogenannten Zugäste ausgehen. Auch diese bestehen aus altem Holze und durch sie erhält ein Weinstock seine weiteste Ausdehnung, daher sie auch nur bei den am Spalier und zu Lauben und Bogengängen gezogenen Weinstöcken vorkommen. Von den Zugästen aus verbreiten sich die Zapfen und Bogreben. Alle im Frühjahre neuhervorschießende Triebe heißen Ruthen und Lotten und nachdem sie im Spätherbste zu Holz gereist sind, Rebholz. Die an den Lotten zwischen den Blattwinkeln hervortreibenden Zweige werden Geizen genannt. Die Blüte des Weinstocks besitzt einen sehr angenehmen, dem der Reseda zu vergleichenden Geruch, dauert 8–14 Tage, weil die einzelnen Blüten sich ungleich entwickeln, und findet im südl. Deutschland meist im Juni statt. Das Reisen der Trauben erfolgt vom Sept. bis Nov. und das Einsammeln derselben in den Gegenden, wo Weinbau im Großen getrieben wird, heißt Weinlese, auch Herbsten, und die Zeit dazu wird an vielen Orten obrigkeitlich angeordnet. Ein warmer, mehr trockener, lockerer und kräftiger Boden ist dem Weinstocke am zuträglichsten, der jedoch in jedem fortkommt, wo andere Pflanzen wachsen; nur leidet bei zu ungünstigen Verhältnissen seine Dauer und jedenfalls die Güte seiner Früchte. Hügel und Berge tragen in der Regel weit bessern Wein, als Ebenen; aber auch auf Bergen gibt wieder die mittlere Lage bessern als der Fuß, welchen die Sonne weniger trifft und wo leicht Fröste Schaden thun, und als der Gipfel, wo der Boden geringer zu sein pflegt und der mehr den kalten Winden ausgesetzt ist. Allein nicht blos die obere Bodenschicht ist bei Anpflanzung von Wein zu beachten, sondern auch die tiefere muß berücksichtigt werden und von Allem frei sein, was dem Weine einen unangenehmen Geruch oder Geschmack geben kann. Übrigens können viele Ländereien zum Weinbau benutzt werden, die zum Feldbau untauglich sind, und selbst bis an die Oberfläche felsiger Boden eignet sich dazu bei günstiger Lage, wenn [682] man die Arbeit richt scheut, Löcher für die Weinstöcke in den Felsen zu bohren oder zu sprengen und mit guter Erde auszufüllen. Aber auch die allgemeine Abwartung der Weinberge und Gärten verlangt viel Sorgfalt und Arbeit. Sie müssen von Unkraut rein und verhältnißmäßig gut mit geeignetem Dünger versehen werden. Nachdem der Winter vorüber ist, müssen die Reben aufgezogen, d.h. von ihrer Bedeckung befreit und aufgerichtet werden, was nebst dem Beschneiden des Weinstocks im Febr. und März geschieht, wenn das letztere nicht schon im Herbste vorgenommen worden ist. Es bezweckt die Entfernung der beschädigten und nutzlosen Reben und überhaupt eine solche Leitung des Wachsthums, bei welcher die Pflanze an Kraft gewinnt und die vollkommensten und meisten Früchte trägt. Sodann folgt das Aufräumen, wobei die Erde um die Stöcke bis an die Wurzel gelockert, auf der abhängigen Seite des Bodens ein kleiner Damm gemacht, damit die Feuchtigkeit nicht zu schnell abfließt, und für Vertilgung von Unkraut, sowie von schädlichen Insekten möglichst gesorgt wird. Hierauf werden die Weinpfähle aufgestellt, die Reben daran festgebunden, durch das Verbrechen oder Zwicken alle überflüssigen Schosse zum Vortheile der nutzbaren Triebe entfernt und die letztern angebunden, was Heften heißt; endlich wird das erste Felgen oder Auflockern des Bodens und Beseitigen des Unkrauts mit den vorgenannten Arbeiten noch vor der Blüte besorgt. Das Felgen wird im Jul. und Sept. wiederholt und dazwischen noch das Verhauen vorgenommen, wie das Abschneiden der über die Pfähle hinausgewachsenen Reben heißt, was die Zeitigung der Trauben begünstigt. Nach gehaltener Ernte, der Weinlese, werden die Weinstöcke vorläufig von den vorhandenen schadhaften Theilen befreit und wo es nöthig oder üblich ist, niedergelegt und mit einigen Zollen Erde bedeckt, was man Beziehen, Decken und Trechen nennt. Da jedoch der Weinstock im Freien eine Kälte von 18° R. ohne Schaden erträgt und wenn er nicht gedeckt wird, viel reichlicher trägt, so wird dasselbe nur in solchen Lagen für zweckmäßig gehalten, wo sehr strenge Winter häufig eintreten und am Rhein, in der Pfalz oder am Haardtgebirge, an der Bergstraße, an der Mosel, Nahe und Aar bleiben die Reben frei stehen. Fortgepflanzt wird der Weinstock gewöhnlich durch Absenker oder Fechser, aber auch durch unbewurzelte Schnittlinge oder sogenannte Blindreben, durch bewurzelte Schnittlinge, durch Augen, Pfropfen und durch Zucht aus Samen. Zum vollen Ertrage gelangt ein Weinberg erst nach dem sechsten Jahre. Eine sehr empfehlenswerthe Schrift ist Kecht's »Versuch einer durch Erfahrung geprüften Methode, den Weinbau in Gärten und Weinbergen zu verbessern« (6. Aufl., Berl. 1838). Ausschließlich vom Weinbau handeln die seit 1836 in zwanglosen Heften in Würzburg herauskommenden »Jahrbücher des fränk. Weinbauvereins«.

Die bei der Weinlese eingesammelten Früchte des Weinstocks, die Trauben, bestehen aus den Beeren, welche Fleisch, Saft und Kerne enthalten, und aus den Stielen oder Kämmen. Sie werden frisch genossen und lassen sich, in Sägespähne, Hirse oder Kleien verpackt, am weitesten von allem saftreichen Obst versenden. Als Heilmittel wird die sogenannte Traubencur gegen Stockungen im Unterleibe, Herzkrankheiten, angehende Schwindsucht, Hämorrhoidalleiden, Hypochondrie empfohlen, wobei die Kranken für einige Zeit beinahe ausschließlich von Trauben und etwas Weißbrot leben und sich viel Bewegung im Freien machen müssen. Der frisch ausgepreßte Saft der Weintrauben heißt Most, Traubenmost. Um denselben zu erhalten, werden die Trauben ganz oder theilweise abgebeert, mittels einer Traubenmühle genannten Vorrichtung oder auch durch Treten mit den Füßen oder durch hölzerne Stampfen zerquetscht (gemostelt), wobei natürlich der freiwillig abfließende Saft aufgefangen wird, und dann dem Drucke einer Presse, der Kelter, unterworfen, deren es von sehr verschiedener Einrichtung gibt. Was nach dem Ablaufen des Mostes durch die im Preßkasten befindlichen Öffnungen zurückbleibt, heißt zusammen Trebern oder Trestern. Diese können zum Viehfutter, zur Essigbereitung und wenn man sie vorher gähren läßt, auf Branntwein benutzt werden, aus den Traubenkernen allein wird aber ein sehr fettes Öl, Traubenkernöl, gepreßt, das bei fehlerfreier Bereitung ein ausgezeichnetes Speiseöl gibt, außerdem als Brennöl und zur Seifenbereitung dient (»Das Traubenkernöl und dessen Bereitung«, Stuttg. 1836).

Gewöhnlich muß der Inhalt des Preßkastens einer Kelter zwei und drei Mal gepreßt werden, um allen Most daraus zu erhalten, der nun auf Fässer gefüllt, in den Keller gebracht und der eintretenden geistigen Gährung (s.d.) überlassen wird, auf welche jedoch mancher günstige Einfluß ausgeübt und die erwünschte Ausbildung des jungen Weins dadurch befördert werden kann. Die Dauer der Gährung ist nach den gegebenen Bedingungen sehr verschieden und beträgt zwei, 12 und mehr Tage. Das Ruhigwerden der Flüssigkeit, ihr Abkühlen und Abklären zeigt die Beendigung derselben an und daß der süß schmeckende Most in den geistig schmeckenden Wein verwandelt worden ist. Dieser fährt jedoch nach dieser ersten oder Hauptgährung, welche von Brausen und Sieden begleitet ist, in der stillen oder Nachgährung fort sich zu verändern, setzt nach wie vor Hefen (auch Drusen, Trub, Geläger genannt, ein zäher Bodensatz, welcher alle im Wein unaufgelöst vorhandene. Theile enthält) und Weinstein (s.d.), einen steinharten Niederschlag an der innern Seite der gefüllten Fässer ab, und der noch rückständig gewesene Antheil Zucker zersetzt sich dabei in Weingeist und Kohlensäure. Ja im nächsten Sommer pflegt beim Eintritt der heißen Tage diese stille Gährung wieder auffallender zu werden. Mittels dieser Nachgährung veredelt sich der Wein immer mehr bis zu der von seinem Gehalte abhängigen Grenze und in davon ebenfalls bedingter kürzerer oder längerer Zeit. Ist dieser Punkt der höchsten Reise erreicht, so verliert er wieder an seiner Güte und verdirbt endlich ganz. Geringe und kraftlose, dazu schlecht abgewartete Weine gelangen oft schon im ersten Jahre zur Vollkommenheit und überhaupt viel rascher als gehaltreiche und gutgepflegte, die mehr als 100 Jahre dauern. Denn auch auf dem Fasse verlangt der Wein fort und fort eine sorgfältige Behandlung, wenn er nicht auf eine oder die andere Art Schaden leiden oder verderben soll. Die zu solchem Zwecke erfoderlichen Arbeiten sind das Abziehen des Weines von den Hefen auf andere Fässer und das regelmäßige Auffüllen der Lagerfässer, da beständig Wein durch das Holz verdunstet und die Luft, welche den im Fasse entstehenden [683] weinleeren Raum einnimmt, den Wein bald säuern und kahnig machen würde. Hat man keinen Wein zum Auffüllen, so wirst man reingewaschene Kiesel, Granit oder Sand ins Faß, bis der Wein wieder ziemlich den Spund erreicht hat. Keller, wo viel Most gährt, darf man nur mit großer Vorsicht betreten, weil das dabei in Menge gebildete kohlensaure Gas zum Athmen ebenso untauglich wie zum Verbrennen ist und in geringerer Menge Athmungsbeschwerden, in größerer plötzliche Ohnmacht und wirkliche Erstickung herbeiführt. Für Kinder ist noch mehr Gefahr dabei als für Erwachsene, weil sich die schwerere kohlensaure Luft zuerst in Schichten am Boden sammelt. In den Weinländern kommen jährlich Menschen dadurch um, daß sie unvorsichtig in damit angefüllte Keller gehen, während man doch die Gefahr leicht erkennen kann, wenn ein Licht an einer langen Stange oder auf eine ähnliche Art in den Keller gebracht wird und dieses nur trübe fortbrennt oder ganz verlöscht. Durch Zugluft und in den Keller gespritzte oder in flachen Gefäßen hinuntergelassene Kalkmilch wird die (davon angezogene) Kohlensäure fortgeschafft. Auch die Anschaffung und gut in Standhaltung der Fässer fodert große Aufmerksamkeit und ist ein wichtiger Gegenstand bei der Weinpflege; denn ist ein Faß im mindesten verunreinigt, schimmlich, übelriechend, so nimmt der Wein diesen Fehler unausbleiblich an und wird ungenießbar. Das beste und gewöhnlich dazu verwendete Holz ist Eichenholz. Auf dem Lager müssen die Fässer selbst äußerlich von allem sich etwa ansetzenden Schimmel, sogenanntem Reif, und andern Unsauberkeiten regelmäßig gereinigt werden.

Der eigenthümlich angenehme, an seinen Weinsorten vorzüglich auffallende Geruch derselben heißt Blume oder Bouquet, Göhr und Gähre aber wird der im Munde nachbleibende, weinig gewürzhafte Geschmack des Weins genannt. Man sagt, ein Wein habe Körper, wenn er stark und geistreich ist; moussirende Weine, wie der Champagner, enthalten Kohlensäure, welche das Moussiren bewirkt. Das Schwefeln junger Weine und der Weinfässer ist nur dann bedenklich, wenn es bei Fässern geschieht, aus denen Wein geschenkt wird und dann oft täglich vorgenommen wird, damit er nicht kahnig werde (Kahn bekomme). Liegt dagegen der Wein noch einige Wochen nach dem Schwefeln, so entweicht die schwefelige Säure wieder oder schlägt sich mit schleimigen Stoffen nieder. Unter Kahn, Kahm des Weins versteht man übrigens eine Art Schimmel, welcher ein Vorzeichen vom Sauerwerden ist und als ein filziger grauer Stoff gewöhnlich zuerst am feuchten Spunde und auf der Oberfläche des Weines in nicht vollgefüllten Fässern zum Vorschein kommt und rasch die ganze Flüssigkeit mit einer dicken Haut überzieht. Von Weinen, welche an dieser oder einer andern der zahlreichen Weinkrankheiten leiden, wohin das Abstehen, wenn ein Wein sich von selbst zersetzt, Veränderung der Farbe, das Zähe- und Sauerwerden und andere Zufälle mehr gehören, sagt man, sie seien umgeschlagen. Alle diese Übel lassen sich aber heben, wenn besonders bei Zeiten dazu gethan wird. Unfehlbar verbessert wird ein geringer Wein, wenn man ihn einer Kälte von 8–12° R. aussetzt, wobei die wässerigen Theile zu Eis werden, als solches aber auch entfernt werden müssen, weil der Wein einen widrigen Geschmack bekäme, thauten sie darinnen auf. An der Menge erleidet man beim Gefrieren des Weines freilich großen Verlust. Verfälschung und Verunreinigung des Weines geschieht, um die Güte desselben scheinbar zu verbessern oder ihm ansprechendere Farbe, Geruch und Geschmack zu geben. So färbt man Rothweine mit Heidelbeeren und Hollunder. Herzkirschen, Saft rother Rüben, süße blanke Weine mit gebranntem Zucker. Um den sauren Geschmack zu dämpfen, wurde früher oft der blanke Wein mit Bleizucker und Bleiglätte vermischt, was die gefährlichste Weinverfälschung ist. Sie wird leicht entdeckt, wenn man ein erbsengroßes blankes Stückchen Zinn in den Wein hängt, aus dem sich daran das Blei, auch wenn es in sehr geringer Menge vorhanden ist, in Form kleiner, blaugrauer Blättchen niederschlägt. Auch die Hahnemann'sche Weinprobe (s.d.) weist das Blei sogleich nach. Weingeist und Branntwein sollen den Wein entweder stärker oder haltbarer machen, weshalb auch alle zur Ausfuhr bestimmte portugies., span. und sicilische Weine damit verschnitten werden. Durch Überschwefeln des Weins wird er mit Schwefel und schwefeliger Säure verunreinigt, was beim Genusse Kopfschmerz, Wallung, selbst Hautausschläge veranlaßt. Wenn dem Moste schon durch Zusatz von Traubensyrup, Zucker oder Weingeist in den ihm abgehenden guten Eigenschaften nachgeholfen wird, so ist das, wenn es im rechten Maße geschieht, nicht als Verfälschung oder Verunreinigung zu betrachten. Dieser Zusatz geht während der Gährung so gänzlich in den Wein über, daß er sich hinterher ganz verhält, als wäre er von Natur im Most gewesen. Verunreinigte Weine werden auch geschmierte genannt. Gute Schriften über diese Gegenstände sind Leuchs' »Weinkunde« (Nürnb. 1829), von Babo's »Kurze Belehrung über zweckmäßige Behandlungsart der eingekellerten Weine« (Heidelb. 1837).

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 681-684.
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