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Flachs

[50] Flachs oder Lein. Das Vaterland dieses nützlichen Gewächses ist wahrscheinlich der Orient. Man unterscheidet hauptsächlich zwei Arten, nämlich den Dresch- oder Schließlein, dessen Samenkapseln nur schwer aufspringen und deren Same deshalb ausgedroschen werden muß, und den Klang- oder Springlein, dessen Samenkapseln leicht und mit Knistern, wenn sie sehr trocken sind, oft schon auf den Feldern aufspringen. Die erstere Art hat einen hohen, wenig ästigen Stengel, dunkelblaue Blüten und etwas krumme, elliptische, zusammengedrückte, dunkelbraune Samen; die zweite dagegen hat niedrigere, ästige Stengel, hellere himmelblaue Blüten, größere, länger gestielte Kapseln und regelmäßige, leberbraune Samen. Der Leinbau wird in vielen Gegenden im Großen und mit vielem Fleiße und großer Aufmerksamkeit betrieben, weil von der richtigen und zweckmäßigen Behandlung des Bodens und des Gewächses die größere Güte und Feinheit des nützlichen Bastes abhängt. Mannichfaltig sind die Arbeiten, um aus den geernteten Pflanzen den Flachs zu bereiten. Zuerst befreit man dieselben von den Samenkapseln, indem man sie über Kämme zieht, wodurch jene abgerissen werden; man nennt diese Vorarbeit das Riffeln. Hierauf folgt das Rösten oder Rotten, welches zum Zweck hat, den Pflanzenleimstoff, der die Bastfasern unter sich, mit dem innern Theile des Stengels und mit der Oberhaut desselben verbindet, aufzulösen und dadurch die Trennung der Fasern unter sich und von andern Theilen hervorzubringen. Dazu dient vornehmlich Feuchtigkeit; man legt deshalb den Flachs entweder eine Zeit lang in stehende Wasser, Teiche oder Gruben oder breitet ihn auf dem Boden der Felder aus und läßt Thau und Regen auf ihn einwirken. Hierauf wird der Flachs getrocknet oder gedarrt, um ihn leichter brechen zu können. Dies geschieht zum Theil mittels einer einfachen Maschine, zum Theil durch Schlagen mit einem walzenrunden Holzstücke oder durch Pochmühlen, und zwar deshalb, um die Holztheile der Stengel leichter hinwegbringen zu können, welches endlich durch das Schwingen, das man mit einer Maschine, die Schwinge genannt, verrichtet, ziemlich vollkommen bewirkt wird. So ist der Flachs für den Handel gewöhnlich zubereitet, doch pflegt man ihn zuweilen noch zu hecheln, wodurch alle gröbern Theile und verwirrten Fasern unter dem Namen Werg abgesondert werden. Insgemein aber ist das Hecheln erst eine Vorarbeit zum Spinnen. Der Leinsamen enthält viel fettes Öl, das man durch Auspressen gewinnt und das sowol als ein gelindes Purgirmittel, als auch zu vielen technischen Zwecken angewendet wird. Die ausgepreßten Samenschalen werden in gewisse Formen gebracht und sind unter dem Namen Leinkuchen ein gutes Viehfutter. Die Leinsamenabkochungen sind sehr schleimig und werden häufig als einhüllende Mittel, und die gepulverten Samen zu erweichenden und schmerzstillenden Breiumschlägen angewendet. Zum Samen wird besonders der aus Rußland kommende rigaer Lein benutzt, der sich durch Reise auszeichnet. – Über die weitere Anwendung des Flachses s. Leinwand und Zwirn.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 50.
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