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Peruanische Religion

[883] Peruanische Religion. Statt des Polytheismus der alten Peruaner, welche als die höchste Gottheit die Mamacocha (d.i. unsere Mutter) angebetet u. ihren Göttern Thiere, Pflanzen u. Menschen geopfert hatten, führte Manco Capac u. sein Nachfolger einen neuen Glauben ein; sie verehrten nun ein ewiges, unsichtbares Wesen, Pachacamac; die Sonne war sein sichtbarer Stellvertreter, die Offenbarung seiner Herrlichkeit u. seiner Wohlthaten. Pachacamac war über die Verehrung der Menschen erhaben, daher wurde nur der Sonne als männlichem Gotte ein öffentlicher Dienst gewidmet. Seine Schwester war der Mond; von den Gestirnen galt der Morgenstern (Chasca) als Leibdiener der Sonne, die andern waren Diener des Mondes; der Regenbogen war der Friedensbote der Sonne an die Menschen, Donner u. Blitz seine rächenden Diener. Die Peruaner glaubten an ein künftiges Leben, wo die Seele, welcher sie das Vermögen auch ohne Körper zu denken u. zu empfinden beilegten, fortleben würde; die Guten lebten im Himmel, Hanau-Pascha, in einem ruhigen, von allen irdischen Beschwerden befreiten Leben; den Bösen ging es bei dem bösen Wesen Cupay in der Unterwelt, Meu-Pascha, schlimmer als auf der Erde. Außerdem glaubten sie an eine künftige Auferstehung, wo sich die Seele wieder mit dem Körper verbinden würde. Die Opfer der Sonne bestanden in Thieren u. Pflanzen. Der Oberpriester in Cuzco (Villac-Umu) war allemal ein Bruder od. Onkel des Königs, die übrigen Priester daselbst aus dem Geschlechte der Inkas, in den Provinzen aber Verwandte des über dieselben regierenden Curaca. Der Sonnentempel in Cuzco war ein Viereck von Backsteinen, mit einem Dache von kostbarem Holze, die inneren Wände ganz mit Goldblech überzogen. An der Ostseite stand der Altar u. auf der goldenen Platte desselben das Bild der Sonne von Gold, ein mit Flammen u. Strahlen umgebenes männliches Gesicht vorstellend. An den Wänden herum standen auf goldenen Platten goldene Throne, auf denen die balsamirten Körper der verstorbenen Könige saßen. Um den Tempel war ein großer freier, von einer Mauer umschlossener Platz. Innerhalb dieses Platzes waren fünf viereckige Pavillons mit pyramidenförmigen Dächern. Der vornehmste davon war dem Monde gewidmet, in ihm Alles, sowie auch das weibliche Mondbild, von Silber, u. im Innern sah man die balsamirten Körper der Königinnen. Der zweite Pavillon war dem Morgenstern gewidmet; auch hier war Alles von Silber u. das Dach stellte den Sternenhimmel vor. Der dritte Pavillon war dem Donner u. Blitz geheiligt u. auch mit Gold geschmückt, sowie der vierte, dem Regenbogen gewidmet, dessen Bild mit allen seinen Farben eine Seitenwand einnahm. Der fünfte Pavillon, ebenfalls ganz mit Gold überzogen, war zu den Versammlungen der Priester bestimmt. Außerdem standen innerhalb der Ringmauer noch Wohnungen für die Priester u. ihre Diener. Zum Reinigen der Opfer waren fünf Brunnen, deren Röhren von Gold, die Becken von Stein, Gold od. Silber waren. Bei dem Sonnentempel befanden sich Gärten mit goldenen Pflanzen, Bäumen u. Thieren. Die Tempel in den Provinzen waren dem Haupttempel in Cuzco nachgebildet; der berühmteste war auf einer Insel im See Titicaca, wo Manco Capac u. seine Frau zuerst auf die Erde herabgestiegen waren. In der Nähe des Sonnentempels waren die Wohnungen der Sonnenjungfrauen; diese waren etwa 1500 auserwählte Jungfrauen, die Gemahlinnen der Sonne, welche das Gelübde der Keuschheit abgelegt hatten; sie waren alle rechtmäßige Töchter der Inkas. Kein Mann durfte sich dieser Gegend nahen, selbst der König nicht. Sie verfertigten die Kleider für den König, die Königin u. die andern Inkas, auch die der Sonne zum Opfer gebrachten heiligen Kleider u. buken das Opferbrod (Cancus). Hatte eine von ihnen die Keuschheit verletzt, so sollte sie lebendig begraben, der Liebhaber gehängt, seine ganze Familie, ja alle Einwohner seiner Stadt hingerichtet u. diese selbst zerstört werden. Zu ihrem Dienste waren 500 Jungfrauen im Hause der Sterne bestimmt, welche von den Inkas abstammen mußten. Ähnliche Sonnenjungfrauen gab es auch in den Provinzen, sie wurden aber aus allen Ständen gewählt. Aus ihnen nahm der König seine Kebsweiber. Das vornehmste Sonnenfest, Intip-Raymi, wurde zur Sonnenwende im Juni gefeiert u. dauerte neun Tage. Aus ganz Peru kamen dazu die angesehensten Einwohner nach Cuzco. Drei Tage vorher wurde gefastet, dann versammelten sich. Alle vor Aufgang der Sonne u. mit dem ersten Strahle derselben warfen sie sich auf die Knie u. beteten die Sonne an, brachten dann ein Trankopfer dar u. gingen barfuß nach dem Tempel, wo die Opfer von Lämmern, Schöpfen u. Schafen vollzogen wurden, indem man zugleich aus der Beschaffenheit der Eingeweide das Glück od. Unglück des Jahres weissagte. Die Opferstücke wurden verbrannt u. das Feuer dazu mittelst eines Hohlspiegels angezündet. Die übrigen acht Tage wurden mit Schmaußen u. Vergnügungen begangen. Weniger feierlich war das zweite Fest an der Sonnenwende im December. Das dritte Fest, Cuseny-Raymi, fiel, wenn die Säezeit vorbei war u. der Mais aus der Erde zu keimen degann; man bat um fruchtbare Witterung. Das vierte Fest, Citua,[883] war ein Reinigungs- u. Versöhnungsfest am Neumonde nach der Nachtgleiche im September; zur Vorbereitung wurde 24 Stunden gefastet, dann gebadet u. der Badende mit einem besonderen Teige abgerieben. Auch bestrich man mit diesem Teige die Thürpfosten, welches der Sonnenpriester auch im Tempel that. Der Inka heiligte an diesem Tage vier Diener der Sonne, welche dadurch Heilkräfte erhielten. Das Neujahrsfest wurde auch zu Ehren der Sonne gefeiert.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 883-884.
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