[129] Fasten, 1) die gänzliche Enthaltung vom Genuß von Nahrungsmitteln, ist in leichten Unpäßlichkeiten, bes. solchen mit Störung der Verdauung, oft ein Hauptmittel, um diese zu beseitigen. Ein längeres F. verträgt der Körper nicht, sondern geräth allmählich in. einen Krankheitszustand, der meist schon vor dem 7. Tage zum Tode führt. 2) Enthaltung von kräftigen Nahrungsmitteln, bes. Fleischspeisen, u. Beschränkung auf die Nothdurft zur Ernährung, ist nicht nur in Krankheiten gewöhnlich von der Natur durch Abneigung gegen Speisen geboten, sondern auch ein kräftiges Förderungsmittel für geistige Thätigkeit, bes. für anstrengende Geistesarbeiten, auch um das Gemüth zu sammeln, wo es auf Erhebung dessen ankommt; daher ist auch F. eine gewöhnliche Religionsübung. Bei den Indern gilt das F. als. eine gottgefällige Handlung u. macht seit den ältesten Zeiten eine der Kasteiungen[129] der Fakirs aus. Die Juden kannten in den älteren Zeiten nur das sogenannte große Fasten, jetzt der Lange Tag genannt, an dem großen Versöhnungsfeste; doch später wurde es gewöhnlicher, u. im A. T. finden sich mehrere Beispiele öffentlicher u. freiwilliger F. Zu Jesu Zeiten schien dasselbe den Pharisäern verdienstlich. Die heutigen Juden haben 5 Hauptfasttage (Thanith, Zibbur), darunter den Versöhnungstag, den Tag vor dem Feste Purim u. 2 Tage zum Gedächtniß der Einnahme von Jerusalem durch Nebukadnezar u. durch Titus, auch viele kleine zum Gedächtniß des Todes von Propheten u. Anderen. Fromme Juden beobachten sie sämmtlich mit Ceremonien, minder orthodoxe weniger genau. Die Gemeinde kommt zur Vesperzeit zusammen, bekleidet mit den Tallith u. legt die Tephillim an, betet u. hört aus dem Gesetz vorlesen. Bei den Ägyptiern war ein langes F. derer gewöhnlich, welche sich zum Dienste der Isis weihen ließen od. dieser Göttin auch nur opfern wollten. Bei den Griechen war, bes. bei der Einweihung in die Eleusinien, dem F. ein besonderer Tag gewidmet. Bei den Römern erwähnt Livius ein alle 5 Jahre zu Ehren der Ceres angeordnetes F. Bei den Christen kamen die F., d.h. die Enthaltung von Fleisch, Butter u. anderen thierischen Nahrungsmitteln, bald auf. Die griechischen u. katholischen Christen glauben, daß die vierzigtägige Fastenzeit, welchesie, u. auch gewissermaßen die Protestanten, vor Ostern begehen, durch Tradition von den Aposteln herkommt, denen schon Jesus verkündete, daß sie nach seinem Tode fasten würden, wahrscheinlicher war es eine Nachahmung des vierzigtägigen F-s Jesu in der Wüste, u. von einzelnen Schwärmern wurde der Versuch gemacht, das vierzigtägige Fasten Jesu ganz eigentlich nachzuahmen. In der Griechich-katholischen Kirche wird großer Werth auf das F. gelegt; weil es geschickt zum Gebet u. Gott zur Vergebung geneigt mache u. die Lüste des Fleisches ertödte. Die Fastenzeiten, die jeder orthodoxe Christ nach kirchlicher Vorschrift beobachten soll, sind folgende: a) die vier großen Fasten: das Weihnachtsfasten vom 15. November an; das Quadragesimale vor Ostern; das Apostelfasten vom Montag nach Pfingsten an bis zum Peter Paulstage (29. Juni); u. das Marienfasten, vom 1. bis 15. August (Mariä Himmelfahrt); b) die wöchentlichen Fasten am Mittwoch u. Freitag; c) die jährlichen Fasten: am Tage Kreuzeserhöhung 14. September; Johannis Enthauptung 29. August; von Weihnacht bis zum Epiphaniasfest; in der Osterwoche; in der Pfingstwoche; in der Woche vor Septuagesima; in der Woche nach Sexagesima. Außerdem ist ein F. vor dem jedesmaligen Genuß des Sacraments angeordnet, u. Bischöfe sind befugt, bei außerordentlichen Angelegenheiten besondere F. anzuordnen. In der Praxis aber werden diese zahlreichen F. nicht gleich streng gehalten, u. Dispensation aus Gesundheitsrücksichten ist leicht zu erlangen; nur die Mönche halten mitgroßer Strenge u. Gewissenhaftigkeit an den vorgeschriebenen Fastenzeiten. Die Römifch-katholische Kir che hält die F., weil sie in der Schrift zwar nicht geboten, aber doch gebilligt u. empfohlen sind (Matth. 4, 1 ff. 6, 16 ff. 9, 14 ff. Apostelg. 13, 2 ff.) u. sie zur ältesten Kirchendisciplin gehören. Sie werden nicht als ein an sich selbst verdienstliches Werk, sondern blos als asketisches Mittel zur Erleichterung der Herrschaft des Geistes über den Körper, als Übung der Selbstbeherrschung u. Selbstverläugnung etc. betrachtet. Sie hatte ehedem 3 längere vorgeschriebene Fastenzeiten: eine vor Ostern vom Papst Telesphorus angeordnete (die oben erwähnten 40 Tage), die andere von Martini bis Weihnachten u. die 3 von Pfingsten bis zu Johanni. Beide letzteren sind nur noch in Klöstern üblich. Außerdem gibt es noch andere gebotene Fasttage, nämlich alle Vierteljahre (Quatember-F.), an den Vorabenden großer Feste (Vigilien), dann alle Freitage u., jedoch nicht überall, alle Sonnabende des Jahres. In allen diesen F. ist geboten, sich alles Fleisches (jedoch mit Ausnahme der Fische u. Wasserthiere, z.B. der Fischottern) zu enthalten; sonst war dies auch mit den Eiern, der Milch u. Butter der Fall, der Papst gestattete diese jedoch, in besonderen Butterbriefen, gegen eine Abgabe zu essen. Die zu genießen erlaubte Speise heißt Fastenspeise. Jetzt ist die Disciplin der Kirche in diesem Stücke weit milder als ehedem. Junge Leute unter 21 Jahren, Schwangere, Säugende, Kranke, mit schwerer Körperarbeit sich beschäftigende, Soldaten im Felde sind zu einem Abbruch von Speisen nicht verpflichtet; auch in Betreff des Fleischgenusses kann der Bischof, in vielen Fällen auch der Pfarrer, aus erheblichen Gründen Einzelne dispensiren (Fastendispensen). Die bischöfliche Verordnung, wie jedes Jahr die vierzigtägigen F. gehalten werden soll, heißt Fastenmandat. Die Protestanten nahmen die F. zur Zeit der Reformation aus der Katholischen Kirche um der Schwachen willen mit herüber; doch sind dieselben in späterer Zeit selbst unter dem Volke fast ganz abgekommen. Nur an manchen Orten ist es noch Gebrauch, zu gewissen Zeiten, z.B. an Buß- u. Communiontagen, sich der Speise u. des Trankes ganz od. zum Theil zu enthalten. Die Reformatoren selbst sahen (Augsburger Confession Artikel 26) das F. für keine Religionshandlung, sondern blos, wenn es aus wahrhaft frommer Gesinnung geschieht, für eine äußere Zucht an. In den Adiaphoristischen Streitigkeiten wurde über die Nothwendigkeit u. Zuläßlichkeit des F-s viel gestritten. Die neuere christliche Moral verwirft das F. als Gottesverehrung, ebenso die Fasttage, die in Folge eines Gelübdes gehalten werden u. gestattet es nur als Beförderungsmittel der Andacht, jedoch ganz nach subjectivem Ermessen. Bei den Muhammedanern ist das F. eine verdienstliche Handlung u. entweder zu Abbüßung von Verbrechen od. zu Erfüllung von Gelübden ein freiwilliges od. ein gebotenes. Letzteres findet im Monat Ramasan (s.d.) Statt. 3) (Fastenzeit), die dem Andenken an das Leiden u. Sterben Jesu heiligen 40 Tage vor dem Charfreitage, in welchen Kanzel u. Altar schwarz bekleidet, an manchen Orten das Orgelspiel gedämpft od. ganz ausgesetzt ist, überall aber öffentliche Lustbarkeiten, Musik, Tanz etc. eingestellt sind, auch Trauungen werden in den F. nicht verrichtet. In sie fallen die Fastensonntage (Invocavit, Reminiscere, Oculi, Laetare, Judica u. Palmarum) u. in dieser Zeit wird an Wochentagen (Dienstag od. Freitag) über die Leidensgeschichte gepredigt (Fastenpredigt). 4) So v.w. Fasti.