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Welfen

[509] Welfen, Name eines deutschen Fürstengeschlechts, das eine bedeutende Rolle spielte und in einer Linie noch besteht (s. unten). Die Familie reicht weit zurück. Schon unter Karl d. Gr. tritt ein Graf, Warin von Altorf, auf, dessen Sohn Isenbrand seinem Geschlechte den Namen W. (d. h. junge Hunde) gegeben haben soll. Sein Sohn Welf I. (gest. um 824) gilt als Stifter der ältern welsischen Linie und wurde durch seine Tochter Judith Schwiegervater Kaiser Ludwigs des Frommen, durch seinen Sohn Konrad Stammvater der Könige von Oberburgund; von seinem Sohne Elicho stammen die deutschen W. ab. Graf Welf II., der Erbauer von Ravensburg, verband sich mit dem Herzog Ernst von Schwaben gegen den Kaiser Konrad II., während letzterer in Italien abwesend war, und verlor, 1027 besiegt, einen Teil seiner Güter. Sein Sohn Welf III., 1047 mit dem Herzogtum Kärnten und der Mark Verona belehnt, starb 1055 und vermachte seine Erbgüter dem Kloster Weingarten. Welf IV. (als Herzog Welf I.) jedoch, der Sohn von Welfs III. Tochter Kunigunde und Azzos, des Gebieters über Mailand und Genua, stiftete die jüngere welfische Linie und erhielt nach Ottos von Northeim Absetzung von Kaiser Heinrich IV. 1070 das Herzogtum Bayern. Trotzdem kämpfte er gegen den Kaiser für den Papst und die Gegenkönige, versöhnte sich erst 1095 mit ihm und starb 1101 auf einem Kreuzzug auf Cypern. Sein Sohn Welf V. (II.) hatte 1089 mit der 25 Jahre ältern Mathilde (s. Mathilde 3) von Tuscien eine Scheinehe geschlossen, um sie zu beerben, trennte sich aber 1095 von ihr, als er erfuhr, daß sie ihre Güter dem Papst vermacht habe. Er folgte seinem Vater als bayrischer Herzog, hielt zu Heinrich V. und starb kinderlos 1119. Der gesamte welfische Besitz fiel nun an seinen Bruder Heinrich den Schwarzen (gest. 1126), der Wulfhild, die Tochter des Herzogs Magnus (s. d.) von Sachsen, heiratete und dadurch die Hälfte der Billungschen Erbgüter, darunter Lüneburg, erwarb. Sein Sohn Heinrich der Stolze (s. Heinrich 13) heiratete des Kaisers Lothar einzige Tochter, Gertrud (1127), und erwarb dadurch das Erbrecht an den ansehnlichen braunschweigischen, northeimischen und supplinburgischen Gütern, erhielt von seinem Schwiegervater zum Herzogtum Bayern noch das Herzogtum Sachsen und besaß eine dem Königtum gefährliche Macht, aus der ein starker Gegensatz zu den Hohenstaufen hervorging. Unter seinem Sohne Heinrich dem Löwen (s. Heinrich 14) wurde aus dem Gegensatz bereits offene Feindschaft, und der Name W. (ital. Guelfen) wurde Bezeichnung für die Gegner der Hohenstaufen, in Italien, wo er sich lange erhielt, Name der päpstlichen antikaiserlichen Partei (s. Ghibellinen). – Ein Bruder Heinrichs des Stolzen, Welf VI., kämpfte nach dessen Tod um das diesem entzogene Herzogtum Bayern mit Erfolg, bis er von Konrad III. in der Schlacht bei Weinsberg (s. d.) 1140 besiegt ward. Welf söhnte sich später mit Konard III. aus, begleitete ihn 1147 auf dem Kreuzzug und erhielt von seinem Schwestersohne Friedrich I. ansehnliches Reichslehen in Mittelitalien. Nach dem frühen Tode seines einzigen Sohnes, Welf VII. (gest. 1167 in Rom), trat er dem Kaiser seine italienischen Besitzungen ab und machte ihn auch zum Erben seiner Stammgüter in Schwaben. Er starb 15. Dez. 1191, und Heinrich VI. gab die welfischen Besitzungen in Schwaben samt diesem Herzogtum seinem dritten Bruder, Konrad. (Vgl. Adler, Herzog Welf VI. und sein Sohn, Hannov. 1881.) Heinrich der Löwe verwirkte durch seine Auflehnung gegen Kaiser Friedrich I. 1180 seine Herzogtümer Sachsen und Bayern. Den W. blieben bloß die von den Billungern und Kaiser Lothar ererbten Güter, die 1235 zum Herzogtum Braunschweig erhoben wurden. Otto IV. (1208–15; s. Otto 4), Heinrichs des Löwen Sohn, ist der einzige Weise, der deutscher König und 1209 auch Kaiser wurde. Dessen Neffe, Heinrichs des Löwen Enkel, Otto das Kind (gest. 1252), ist der Stammvater des Hauses Braunschweig (s. d., S. 357), das sich in viele Linien verzweigte, von denen schließlich nur die Linien Braunschweig-Wolfenbüttel und Braunschweig-Lüneburg übrigblieben. Erstere, aus der viele bedeutende Feldherren hervorgingen, erlosch mit dem Herzog Wilhelm von Braunschweig 18. Okt. 1884; letztere, die den Namen Hannover annahm, erlangte 19. Dez. 1692 die Kurwürde, bestieg mit Georg I. 31. Okt. 1714 den Thron von Großbritannien und Irland und hat ihn noch jetzt inne. Hannover, 12. Okt. 1814 zum Königreich erhoben und ansehnlich vergrößert, fiel 1837 bei der Thronbesteigung der Königin Viktoria in Großbritannien an deren Oheim, den Herzog von Cumberland, Ernst August, und 1866 an Preußen. Der entthronte König Georg V. (s. Georg 17) beförderte die Bildung einer welfischen Partei in Hannover (s. Deutschhannöversche Rechtspartei), die der Dynastie der W. das Königreich Hannover wiederzugewinnen strebt, und errichtete 1867 in Frankreich die sogen. Welfenlegion, wodurch er Preußen zur Stiftung des Welfenfonds (s. d.) herausforderte. Da nach Georgs V. Tode (12. Juni 1878) sein Sohn Ernst August, der den Titel eines Herzogs von Cumberland (s. d. 2) annahm, seine Ansprüche auf Hannover aufrecht erhielt, wurde er 1885 nicht zur Thronfolge in Braunschweig zugelassen, und auch bei der Wahl eines neuen braunschweigischen Regenten 1907 änderte sich daran nichts, obwohl sich die Töchter des Herzogs mit Gliedern deutscher Fürstenhäuser (Baden, Mecklenburg) vermählt haben. Vgl. Steinmann, Die Grabstätten der Fürsten des Welfenhauses (Braunschw. 1885); Krüger, Der Ursprung des Welfenhauses und seine Verzweigung in Süddeutschland (neue Ausg., Wolfenb. 1899); F. Schmidt, Die Anfänge des welfischen Geschlechts (Hann. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 509.
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