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Karl I.

[557] Karl I., 1625–49 König von England, war ein Sohn Jakob IV., Königs von Schottland, welcher der Elisabeth als Jakob I. auf den engl. Thron folgte. Der Herzog von Buckingham, der ebenso ränkesüchtige als unbesonnene Günstling seines Vaters, wußte sich des jungen Prinzen Vertrauen in einem Grade zu erwerben, daß er ihn ebenso sehr und noch mehr als Jakob I. beherrschte. K. sollte sich mit einer span. Infantin vermählen, aber Buckingham hintertrieb durch sein unbesonnenes Benehmen diese Verbindung und schloß dann mit dem franz. Hofe den Vertrag zur Verheirathung K.'s mit der Prinzessin Henriette, einer Tochter Heinrich IV., ab. Nachdem K. den Thron bestiegen hatte, wurde die Vermählung vollzogen. Als das erste Parlament zusammengetreten war, verweigerte dasselbe aus Haß gegen Buckingham, welcher den König lenkte, die gefoderten Geldbewilligungen. Das Parlament wurde aufgelöst und im folgenden Jahre ein neues berufen, welches, da es Beschwerden gegen den Günstling aussprach, dasselbe Schicksal hatte. Fortwährend verleitete Buckingham den König zu unbesonnenen und willkürlichen Maßregeln und verwickelte ihn [557] endlich auch mit Frankreich in einen Krieg, der ebenso unglücklich als schimpflich geführt wurde. Ein 1628 zusammenberufenes Parlament ging darauf aus, den durch die Magna charta begründeten Grundvertrag zwischen König und Volk zu erneuern und Buckingham verleitete den König, dem Parlamente die Weisung zu geben, daß es sich nicht mit Staatsangelegenheiten, sondern mit den Geldbewilligungen zu beschäftigen habe. Hierauf ward Buckingham angeklagt und man bat den König, ihn von seiner Person zu entfernen, worauf die Vertagung des Parlaments erfolgte. Nicht lange darauf wurde Buckingham, der mit großem Eifer eine neue Kriegsrüstung betrieben hatte und selbst die Leitung derselben übernehmen sollte, von einem Fanatiker ermordet. Wegen gewisser Abgaben, der Pfund- und Tonnengelder, entspannen sich neue Zwistigkeiten des Parlaments mit der Regierung, welche bei der Vertagung des Parlaments zur Empörung ausarteten. Das Parlament wurde aufgelöst; die Empörer wurden bestraft und der König erklärte, daß er künftighin ohne Parlament regieren wolle. Nachdem nun 1629 mit Frankreich und 1630 mit Spanien Friede geschlossen worden war, regierte K. 11 Jahre eigenmächtig, aber zum Glücke und Wohlstande seiner Unterthanen. Da faßte er den Gedanken, die schot. Kirche mit der engl. zu vereinigen und Laud, der Bischof von London, betrieb diese Angelegenheit. Die gewaltsamen Schritte aber, welche zu Erreichung dieser Absicht gethan wurden, hatten einen Aufruhr zur Folge. Durch eine allgemeine Versammlung der presbyterianischen Kirche glaubte K. die Ruhe herstellen zu können, da aber dieselbe sogleich mit einer Anklage der Bischöfe anfing, so ließ ihr der König ihre Auflösung ankündigen, ohne daß sie jedoch Folge leistete. Es kam endlich zum Bürgerkriege. Graf von Strafford, Vicekönig von Irland, leistete dem Könige kräftige Hülfe und veranlaßte ihn, ein Parlament einzuberufen, welches auch zusammentrat, aber ebenso schnell wie die frühern Parlamente wieder aufgelöst wurde, indem der Staatssecretair Vane durch falsche Berichte Parlament und König hintergangen hatte. Ein Aufstand in London brachte das Leben des Erzbischofs Laud in Gefahr. Gegen den Rath Strafford's ging K., welchen die drohenden Bewegungen geschreckt hatten, auf Unterhandlungen mit den Empörern ein, schloß einen vorläufigen Frieden und eröffnete 1640 das in der Geschichte unter dem Beinamen des langen berüchtigte Parlament. Das Unterhaus desselben bestand größtentheils aus Puritanern, welche zunächst den Grafen von Strafford des Hochverraths anklagten. Derselbe wurde trotz des Widerstrebens des Königs zum Tode verurtheilt und 1641 hingerichtet. Ein gleiches Schicksal traf 1645 den Erzbischof Laud; bald sah sich der König nur von Puritanern umgeben, welchen er ebenso sehr mistraute, wie sie ihn haßten. Das Parlament maßte sich immer mehr von dem königlichen Ansehen an, es sprach laut seine Misbilligung über die bisherige Regierung K.'s aus, sprach ihm das Recht ab, das Parlament aufzulösen oder zu vertagen, errichtete für sich eine eigne Garde, griff die Ehre der Königin an und foderte dem Könige endlich sogar die Gewalt über die militairische Macht ab. Als sich derselbe weigerte, brach 1642 der offene Bürgerkrieg aus. Der König ging nach York und berief ein dem londoner entgegenwirkendes Parlament nach Oxford. Die Sache des Königs machte wieder entschiedene Fortschritte, als K. 1645 von Cromwell (s.d.) in der Schlacht bei Naseby geschlagen wurde. K. entfloh nach Schottland, wurde anfangs vom Heer und Parlament gut aufgenommen, aber nachher für 400,000 Pf. St. rückständige Subsidien vom schot. Parlamente an das engl. ausgeliefert. Nun bemächtigte sich das unter Cromwell's Leitung stehende Heer alles Einflusses, entriß dem Parlamente den gefangenen König, dem es zwar gelang, nach der Insel Wight zu entkommen, der aber vom Gouverneur derselben wieder ausgeliefert wurde. Cromwell bildete das Parlament nach seinem Gefallen um mm darauf wurde 1649 K. des Hochverraths angeklagt. Der König erkannte das niedergesetzte Gericht nicht an, wurde aber doch von demselben zum Tode verurtheilt und am 30. Jan. 1649 hingerichtet. Er starb würdevoll und ruhig, und sein Leichnam wurde zwei Tage öffentlich ausgestellt, dann aber in der Gruft Heinrich VIII. beigesetzt. – K.'s I. und der franz. Prinzessin Henriette Sohn, geboren 1630, befand sich, nachdem er schon früher England verlassen hatte, beim Tode seines Vaters zu Haag und nahm sogleich als Karl II. den Titel eines Königs von Großbritannien und Irland an. Die königl. Partei in Irland ergriff alsbald für ihn die Waffen, unterlag jedoch, und nicht besser ging es den Schotten, zu welchen sich K. 1650 begeben hatte. Nach der Schlacht bei Worcester mußte K. flüchtig werden und entkam nach Frankreich, von wo er auf Cromwell's Betrieb sich entfernen mußte und sich nach Köln begab. Nach Cromwell's Tode kehrte K. nach Paris zurück. Der Statthalter von Schottland, Monk, zog endlich 1660 mit seinen Truppen nach England und berief ein neues Parlament, durch welches K. in die königl. Rechte wieder eingesetzt wurde. Er zog im Mai in London ein, es wurde eine allgemeine Amnestie mit Ausnahme Derjenigen verkündigt, welche das Todesurtheil über K. I. ausgesprochen hatten, und es schien eine Versöhnung der Gemüther einzutreten, als die Finanzverlegenheiten, in welche K. durch seine Verschwendungssucht gerieth, dem Misvergnügen neue Anhaltpunkte gaben. K. nahm einen Jahrgehalt vom franz. Könige Ludwig XIV. an und es hieß daher in England, er sei der Vicekönig Ludwig XIV. Ein mit Holland 1672 angefangener Krieg nahm eine unglückliche Wendung und endete 1674 mit einem nicht ehrenvollen Frieden. K. stand unter der Leitung eines dem franz. Hofe ergebenen Ministeriums, welches er endlich, durch das Parlament genöthigt, entlassen mußte. Als K.'s Bruder Jakob, Herzog von York, der Thronerbe, zur katholischen Religion überging, fürchtete das Volk für die Freiheit der protestantischen Kirche, nahm es jedoch als ein beruhigendes Ereigniß auf, daß der König 1677 seine Nichte mit dem protestantischen Prinzen Wilhelm von Oranien vermählte. Schon im folgenden Jahre wurde aber eine Verschwörung entdeckt, nach welcher K. ermordet, sein Bruder Jakob auf den Thron erhoben und die katholische Kirche eingeführt werden sollte, worauf mehre Hinrichtungen erfolgten. Durch das Parlament wurde 1679 die berühmte Habeas-Corpus-Acte (s.d.) durchgesetzt. Eine neue angebliche Verschwörung hatte die Stiftung einer Partei des Hofes in der Nation zur Folge, welche der Volkspartei das Gegenge wicht halten sollte; aus diesen beiden Parteien, den Adressers und Abhorrents, sind die jetzt noch bestehenden Whigs und Tories entstanden. Der König zog indeß durch seine Willkür, durch die Gewaltmaßregeln, durch welche er alle [558] dem königl. Ansehen entgegenstehenden Freiheiten und Rechte aufhob, allgemeinen Unwillen auf sich und der Ausbruch einer Revolution wurde nur durch die Erinnerung an die seiner Regierung vorausgegangenen Schrecken zurückgehalten. Indeß wurde eine Verschwörung, welche gegen sein Leben gerichtet war, entdeckt, in welche Männer vom höchsten Ansehen verwickelt waren, welche den Tod auf dem Blutgerüst empfingen. K. regierte ohne Parlament, unterdrückte durch Grausamkeit den Widerstand der bischöflichen Kirche in Schottland und hatte so fast absolute Gewalt sich zu eigen gemacht, als er 1685 plötzlich starb. Er empfing auf dem Sterbebette die Sacramente der katholischen Kirche, der er also wahrscheinlich schon längere Zeit heimlich zugethan gewesen war. Sein Bruder Jakob II. wurde König von Großbritannien und Irland.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 557-559.
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