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Bonaparte [1]

Bonaparte [1]
Bonaparte [1]

[285] Bonaparte. Diese durch ihren großen Sprößling Napoleon B. weltberühmt und unsterblich gewordene Familie stammt aus Italien, wo sie schon im 12. Jahrh. zu Treviso in hohem Ansehen stand und wichtige Staatsämter bekleidete.

In ähnlichen Verhältnissen treten später zu verschiedenen Zeiten bis Ende des 16. Jahrh. Mitglieder derselben zu Parma, Rom, Florenz, San-Miniato auf, auch gab es in Bologna einen Kapuziner Bonaventura B., der seines ausnehmend frommen Wandels wegen selig gesprochen wurde und dessen Aufnahme unter die Heiligen der röm. Kirche nur unterblieben ist, weil die Familie die großen Kosten, welche mit dieser kirchlichen Feierlichkeit verknüpft sind, nicht bezahlte. Ein Zweig der Familie B. hatte sich in Sarzana auf genues. Gebiete niedergelassen und ein Abkömmling desselben, Ludw. Marie Fortunat B., wählte 1612 Ajaccio (s.d.) auf Corsica zu seinem Wohnorte und wurde der Ahnherr von Karl B., geb. 1743, welcher sich 1767 mit Lätitia Ramolino vermählte und acht Kinder, Joseph, Napoleon, Lucian, Ludwig, Elisa, Pauline, Karoline und Hieronymus mit ihr zeugte. Die Familie B. war eine der angesehensten von Ajaccio, obgleich ihr die Corsen ihre genues. Abkunft zum Vorwurfe machten. Karl B. kämpfte tapfer gegen Genua für die Unabhängigkeit Corsicas (s.d.), wurde nach dessen Abtretung an Frankreich Beisitzer des kön. Gerichtshofes und gehörte zu den drei adeligen Deputirten, welche Corsica 1776 nach Paris schickte, um die Huldigung [285] der längst unterworfenen Insel zu überbringen. Seiner schwächlichen Gesundheit wegen begab er sich später nach dem durch wohlthätige Luft und geschickte Arzte berühmten Montpellier, wo er 1783 starb. Seine Witwe, Marie Lätitia, geb. 1750 zu Ajaccio, aus dem ursprünglich ital. Hause Ramolini, das seine Abkunft von den Grafen Colalto herleitet, galt vor ihrer Vermählung für eine vollendete Schönheit. Obgleich sie kein Vermögen besaß, sorgte sie doch, unterstützt von ihrem Stiefbruder Jos. Fesch, geb. 1763, der zum Geistlichen erzogen, dann Kriegscommissair, 1801 Erzbischof von Lyon, später Cardinal und Großalmosenier von Frankreich wurde, seit 1815 aber in Rom als Cardinalpriester lebt, für ihre häuslichen Angelegenheiten und die Erziehung ihrer Kinder auf eine Weise, welche ihr allgemeine Achtung erwarb. Auch der franz. Gouverneur, Graf Marboeuf, dessen Gunst sie ihrer Familie zuwendete, unterstützte sie darin, indem er die B. in das Verzeichniß der abgabenfreien adeligen Familien von Corsica aufnahm, den achtjährigen Napoleon in der Kriegsschule von Brienne und in der adeligen Erziehungsanstalt Saint-Cyr seine Schwester Marie Anna Elise, geb. 1777, unterbrachte. Letztere wurde 1797 von ihrer Mutter mit Felix Pasquale Bacciochi, einem armen Corsen von edler Geburt, vermählt, erhielt 1805 von Napoleon das Fürstenthum Lucca und Piombino und 1809 das Großherzogthum Toskana, welche Länder sie nach ihres Bruders Sturze aber wieder verlor und seitdem mit ihrer Familie in Ostreich lebte, wo sie 1820 auf ihrem Landgute bei Triest starb. Sie hinterließ eine Tochter, Napoleone Elisa, vermählt mit dem Grafen Camerata, und einen Sohn, Friedr. Napoleon, der 1833 an den Folgen eines Sturzes mit dem Pferde starb. Ihr Gemahl hat von Östreich den Fürstentitel erhalten und lebt abwechselnd in Bologna und auf seinen Gütern im lombard.-venetian. Königreiche.

Als 1793 die Engländer sich Corsicas bemächtigten, wurde die zur franz. Partei gehörende Familie B. verbannt und Lätitia begab sich mit ihren Töchtern nach Marseille, wo sie in sehr bedrängten Verhältnissen blieb, bis seit 1796, wo Napoleon Obergeneral der ital. Armee wurde, die Umstände seiner ganzen Familie sich schnell verbesserten. Nach dem 18. Brumaire (9. Nov.) 1799 lebte sie in Paris, fortwährend thätig zur Erhaltung der Eintracht unter ihren Kindern und ohne sich von ihrem Glück zu Prunk und Aufwand verleiten zu lassen. Als aber Napoleon 1804 Kaiser wurde, erhielt sie mit dem Titel Kaiserin Mutter einen Hofstaat und richtete ihr Haus nach den Befehlen ihres Sohnes ein. Zugleich erweiterte sie aber auch den Kreis ihrer Wohlthätigkeit, wurde zur Beschützerin aller milden Anstalten des franz. Reichs ernannt und erwarb auch dadurch die Achtung der Franzosen, daß sie sich von allem Glanze des Kaiserhofes nicht verblenden ließ. Sie beobachtete stets eine gewisse Sparsamkeit, indem sie beständig für Napoleon fürchtete und lebte nach dessen Sturze seit 1814 des Winters zu Rom und im Sommer im benachbarten Albano. Seit des Kaisers Tode hat sie die Trauerkleider nicht abgelegt; auch kann sie schon seit Jahren wegen unheilbarer Verletzung des einen Fußes ihr Ruhebett nicht verlassen. Ihre Tochter, Marie Pauline B., geb. 1781, gest. 1825, Napoleon's schönste und ihm ergebenste Schwester, heirathete 1795 den General Leclerc und begleitete ihn 1801 nach Domingo, wo er 1802 starb. Die junge Witwe wurde nun mit Camillo Borghese, gest. 1832, einem der reichsten ital. Fürsten, vermählt und erhielt das Herzogthum Guastalla von Napoleon. Sie folgte demselben 1814 nach Elba und schickte ihm vor der Schlacht bei Waterloo ihre werthvollen Diamanten, welche den Siegern in die Hände fielen. Seit 1815 lebte die Fürstin von ihrem Gemahl getrennt in Rom, wollte sich nach St.-Helena begeben, als sie Napoleon's Erkrankung vernahm, erhielt aber die Erlaubniß dazu gleichzeitig mit der Nachricht von seinem Tode. Lätitia's dritte Tochter, Marie Annonciade Karoline B., geb. 1782, wurde 1802 mit dem General und nachmaligem König von Neapel, Joachim Murat (s.d.) vermählt. Schon durch den am 20. Nov. 1816 zu Paris von den verbündeten Mächten abgeschlossenen Vertrag wurde die ganze Familie B. aus Frankreich verbannt, [286] sie wurde ferner im Jan. 1816 von der durch Ludwig XVIII erlassenen Amnestie ausgeschlossen, sollte nichts mehr in Frankreich besitzen und ihre Güter binnen sechs Monaten verkaufen. Die Güter derjenigen ihrer Mitglieder, welche nach Napoleon's Rückkehr von Elba Frankreich betreten hatten, wurden eingezogen und zum Besten verdienter Militairpersonen und Derjenigen verwendet, die Schenkungen im auslande erhalten, allein wieder verloren hatten, welche Anordnungen auch die Revolution von 1830 fortbestehen ließ.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 285-287.
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