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Krapp

[769] Krapp (Krappwurzel), 1) innerer Kern der Färberröthe; 2) Färberröthe selbst (Rubia tinctorum). Man baut den K. in den Niederlanden, in Schlesien u. Thüringen, in kräftigem, humosem, tiefem, feuchtem, gut gedüngtem, Boden; Mais- u. Weinklima ist für den K. das beste. Der Boden muß oft gepflügt u, geeggt, innig mit dem Mist vermengt u. in einen vollkommen reinen u. gepulverten Zustand versetzt werden. Spatencultur ist noch besser. Der beste Dünger ist Pferdemist, Ölkuchen, Knochenmehl. Die Fortpflanzung geschieht durch Samen u. Pflanzen; guter Same ist ziemlich schwarz, rund u. von mittler Größe. Die Aussaat an den bleibenden Standort geschieht vom März bis Mai in etwas breiten, zolltiefen, 10 Zoll von einander entfernten Furchen, jedes Korn 11/2 Zoll von einander, Krapppflanzen zieht man auf besonderen Samenbeeten, die Pflanzen versetzt man sehr zeitig. Hat man altere Krappfelder, so kann man auch zur Pflanzung Wurzelschößlinge von den Pflanzen der älteren Anlage im Mai nahe an den Mutterpflanzen abstechen u. mit der anhängenden Erde verpflanzen. Die Pflanzen setzt man in 14–18 Zoll entfernte Reihen, 2–3 Zoll von einander, u. legt sie vorher in einen dünnen Brei von Erde n. Wasser. Im ersten Sommer behackt man den K. u. im Herbst haust man ihn so mit Erde an, daß er fast ganz davon bedeckt wird. Diese Bedeckung muß wenigstens 3 Zoll, will man Schößlinge gewinnen, wenigstens 6 Zoll hoch sein. Im zweiten u. dritten Jahr wird das Behacken wiederholt. Im August u. September des zweiten Jahres erntet man den Samen, wenn er dunkelschwarz ist, indem man die Körner nach u. nach, so wie sie reisen, einsammelt Braucht man keinen Samen, so schneidet[769] man die Pflanzen im zweiten Jahre vom Juni an zu Viehfutter ab. Die Ernte der Wurzeln geschieht bei der Saat auf dem Felde im dritten, bei Pflanzlingen gewöhnlich schon im zweiten Jahre. Erntet man die Wurzeln schon im ersten Jahre. so gewinnt man die Röthe. Die Ernte muß vollendet sein, ehe Frost eintritt; die ausgegrabenen Wurzeln werden auf Häufchen geschüttet u. von der anhängenden Erde befreit. Die Krappwurzel wird nun in Krappfabriken, in einem Gebäude, welches auf einer Seite offen ist u. statt der verschiedenen Boden hölzerne Horden hat, dünn ausgebreitet (gewelkt). Nach 4–5 Tagen wird der K. herausgenommen u. in die kalte Stube (Thurm) gebracht, welche 4–5 Boden von hölzernen Latten hat, worauf der K. ausgebreitet u. öfters gewendet wird; im unteren Raume ist ein gewölbter Ofen, aus welchem die Hitze durch Röhren in alle Theile des Thurmes geleitet wird. Die gedörrten Wurzeln werden nun auf einer Tenne gedroschen, wodurch die äußere braune Schale abgeht, welche, gestoßen als Mull (Staubroth), eine schlechte, wenig dauerhafte rothe Farbe gibt. Nun kommen die Wurzeln auf die Krappdarre, welche gewölbt u. in der Decke mit Zuglöchern versehen ist; auf diese Decke werden hölzerne Latten, auf diese eine härene Decke u. auf diese die Wurzeln gelegt. Der Ofen, welcher die Darre heizt, heißt die Sau. Werden die Wurzeln zu schnell gedörrt, so geben sie keine feurige Farbe. Die gedörrten Wurzeln werden in der Krappmühle u. Krappstampfe, einem von einer Roßmühle getriebenen Stampfwerke, gestampft, u. hierbei der K. fleißig mit der genau in die Höhlung des hölzernen Stampftroges passenden Krappschaufel umgerührt, dann durchgesiebt (der beste), der Rückstand nochmals gestampft u. durchgesiebt (dieser ist aber nicht so gut). In Holland, bes. in Seeland hat man obrigkeitliche Verordnungen u. Aufseher für die Bereitung des Krapps. Daher ist der Seeländische K. der beste. Der in einigen Gegenden von Frankreich, Italien, der Schweiz u. um Aleppo wild wachsende K. weicht etwas von dem ab, welchen man in Seeland u. Deutschland baut. In neuerer Zeit hat man auch K. aus Smyrna erhalten, wo er auf den Feldern wächst u. das echte Türkische Roth von Adrianopel gibt. Er wird daselbst Chioc baja, Eckme od. Hazala u. von den Griechen Lizari genannt. Der K. war schon den Alten bekannt u. hieß Erythrodanon, Cinnabaris, Sandyx. Im Mittelalter hieß er Varantia (Vera aurentia).

Der K. enthält vier isolirt darstellbare Farbstoffe: einen gelben, das Xauthin (Krappgelb) einen orangegelben, das Rubiacin (Krapporange) u. zwei rothe Farbstoffe, das Alizarin (Krapproth) u. Purpurin (Krapppurpur). Außerdem enthält die getrocknete Wurzel noch Citronensäure, Ruberythrinsäure u. Rubichlorsäure. In frischem Zustande enthält die Krappwurzel nur das Xanthin; dasselbe geht durch längeres Aufbewahren der Wurzel allmälig in Rubiacin u. letzteres in Alizarin über. Der K. des Handels enthält gewöhnlich alle vier Farbstoffe. Das Alizarin erscheint in glänzenden orangegelben Krystallen, welche auf einem Platinblech erhitzt schmelzen u. sich unverändert sublimiren lassen; es löst sich in siedendem Wasser wenig u. zwar mit gelber Farbe auf; wird die Lösung abfiltrirt, so wird sie durch die in dem Filtrirpapier gewöhnlich enthaltenen Alkalien u. Erden roth gefärbt. Das Rubiacin ist in siedendem Wasser nur wenig mit gelblich rother Farbe löslich, läßt sich ebenfalls unverändert sublimiren u. soll ohne Färbevermögen sein, in Verbindung mit Alizarin aber den Färbeproceß unterstützen. Das Xanthin ist in dem wässerigen Auszuge des Krapps enthalten, aus welchem die anderen Farbstoffe ausgeschieden worden sind; man erhält es aus demselben durch Fällen mittelst Bleioxyd, Zersetzen des Bleiniederschlages durch Schwefelwasserstoff u. Abdampfen des Filtrates bis zur Trockne. Das Xanthin erscheint als gummiartige, dunkelbraune Masse, welche sich in Wasser mit gelber, in Alkalien mit purpurrother Farbe löst. Wenn man die wässerige Xanthinlösung mit etwas Salzsäure erhitzt, so fällt ein grünes Pulver zu Boden; an dieser Eigenschaft ist das Xanthin zu erkennen. Das Xanthin geht in das Rubiacin u. Alizarin nicht durch Oxydation, sondern durch Vermittelung einer eigenthümlichen, in dem K. enthaltenen stickstoffhaltigen Substanz über. Das Purpurin unterscheidet sich vom Alizarin durch seine Löslichkeit in Alaunlösung u. durch rothe Farbe seiner alkalischen Lösungen. Man erhält es durch Auskochen der Krappwurzel mit Alaunlösung, Fällen mit verdünnter Schwefelsäure u. Auflösen des Niederschlags in Alkohol, aus welchem sich das Purpurin in krystallinischen pommeranzenrothen Körnern ausscheidet. Aus Krappwurzel macht man auch die Krappkohle od. das Garancin (s.d. u. vgl. Garanceux). Die Krappwurzel enthält auch eine nicht unbedeutende Menge Zucker, welchen man neuerdings in Folge der hohen Branntweinpreise auf Alkohol zu benutzen versucht hat, namentlich im südlichen Frankreich. Der gemahlene K. wird mit der drei- bis vierfachen Menge Wasser digerirt, ausgepreßt u. die Flüssigkeit, nachdem sie sich geklärt hat, durch Zusatz von etwas Hefe in Gährung versetzt u. destillirt. Man gewinnt bei vorsichtiger Arbeit 15 Procent Alkohol von 0,85 specifischem Gewicht, welcher aber wegen seines starken Krappgeruchs nur zu technischen Zwecken benutzt werden kann; auch durch zwei- bis dreimalige Rectisication läßt sich dieser Geruch nicht beseitigen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 769-770.
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