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Neptūnus

[788] Neptūnus, 1) (etrusk. Myth.), See- u. Wassergott, welcher in etruskischen Sagen als Stammvater vejentischer Herren u. Könige genannt wird; 2) (röm. Myth.), Wassergott, Beherrscher der Meere, über ihn u. seine Feste, Neptunalĭa, s. Poseidon; 3) der von der Sonne entfernteste erst 1846 entdeckte Planet; mit dem Zeichen ♆. In Folge der bemerkten großen Verschiedenheiten in dem Stand des Uranus in den Uranustafeln (s.u. Planeten) stellte 1844 die mathematische Klasse der königl. Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen die Bearbeitung neuer Uranustafeln als Preisaufgabe. Le Verrier beschäftigte sich mit dieser Arbeit u. konnte schon im Juni 1846 das Dasein eines Planeten jenseits des Uranus behaupten u. bereits am 31. Aug. 1846 machte er bekannt, daß er aus sämmtlichen Uranusbeobachtungen für den neuen Planeten die Elemente gefunden habe: halbe große Achse der Bahn = 7471/2 Mill. geographische Meilen od. 36, 1539 der mittleren Erdentfernung, Excentricität der Bahn = 21/5 Mill. geographische Meilen od. 0,10761; Länge des Perihels = 2843/4°, Umlaufszeit 2174 Jahre, mittlere Länge am 1. Januar 1847 = 318°47', Masse = 1/9300 der Sonnenmasse; Zeit der Opposition 1846 am 19. August. So konnte Le Verrier jetzt auf den Ort schließen, welchen der neue Planet zu irgend einer gewissen Zeit am Himmel einnimmt. Ohne sich weiter um die Lösung der Göttinger Aufgabe zu bekümmern, meldete er seine Entdeckung an Schumacher in Altona u. forderte den Berliner Astronomen Galle auf, sich am Himmel nach dem theoretisch gefundenen Gestirn umzuschauen. Noch am Abende des 23. Sept. 1846, wo Le Verriers Brief an Galle gelangte, begann derselbe Bremikers eben fertig gewordene Karte (Hora XXI der Berliner akademischen Sternkarten) mit dem gestirnten Himmel tu vergleichen u. fand sehr nahe an dem Ort:, welchen Le Verrier für die Stelle des neuen Planeten bezeichnet hatte, wirklich einen Stern achter G röße, welcher nicht in der Bremikerschen Karte stand. Der Planet war also entdeckt, u. um ganz sicher zu gehen, wurden die Beobachtungen, am 24. Septbr. wiederholt, u. es ergab sich hieraus, daß sich das Gestirn binnen 24 Stunden um 1' 23'' in Länge rückläufig bewegt habe, folglich ganz so, wie Le Verriers Theorie es erheischte. Am 25. Sept. sahen Encke u. Galle durch den großen Refractor mit 320maliger Vergrößerung den neuen Stern auch deutlich als eine Scheibe von 24 Secunden scheinbarem Durchmesser; die von Le Verrier im Voraus gemachte Bestimmung, unter der Annahme einer mit Uranus gleichen Dichtigkeit, gab 3. (, Secunden. So war es denn entschieden, daß das nach der Berechnung Le Verriers im Voraus am Himmel bestimmte, durch Galle aufgefundene Sternchen wirklich ein neuer u. zwar ein jenseits des Uranus in fast doppelter Entfernung befindlicher Planet sei. Er enthielt den Namen N. Durch die Entdeckung dieses neuen Planeten mit den oben angegebenen Elementen sind die früheren Abweichungen der Uranustafeln vom Himmel nunmehr bis auf wenige Secunden verkleinert; aber daß ein entfernterer Planet an den Unregelmäßigkeiten der Uranusbewegungen schuld sein möge, haben mehre Jahre vor Le Verrier schon andere Astronomen geglaubt, wie z.B. Hussey u. Alexis Bouvard. Andere Astronomen dagegen suchten die Ursache solcher Unregelmäßigkeiten in dem Widerstande des Äthers od. in einem großen Uranusmonde, od. auch in einem Kometen, Voraussetzungen, deren Unmöglichkeit Le Verrier nachgewiesen hat. Bessel glaubte ebenfalls an die Existenz eines transuranischen Planeten u. äußerte in einem Brief an Herschel von 1842 die bestimmte Absicht, nach Beseitigung anderer Arbeiten seinen Ort u. Elemente aus den Uranusstörungen zu berechnen. Noch näher als Bessel war der englische Mathematiker Adams in Cambridge dem Ziele gekommen. Dieser hatte sich schon seit dem Jahre 1843 mit der Berechnung des neuen Sternes beschäftigt u. im Sept. 1845 an Challis u. Airy die Elemente desselben übersendet, auch bereits im Juli die Aufsuchung desselben begonnen, ohne ihn jedoch zu sinden. In England erklärte man allgemein, das Verdienst ihres Landmannes wahren zu wollen, u. gewiß ist es, daß bereits am 30. Juli 1846 der neue Planet zu Cambridge, bei Aufnahme der Sterne in der muthmaßlichen Gegend desselben, ungekannt verzeichnet u. am 4. u. 12. Aug. auch noch unerkannt beobachtet worden ist. Auch weiß man jetzt, daß Adams fast gleichzeitig mit Le Verrier dasselbe Ziel verfolgt u. noch etwas früher das nämliche Ergebniß dem Wesentlichen nach gefunden hat, wenn auch Le Verrier nicht nur gründlicher u. systematischer zu Werke gegangen, sondern auch, seiner Sache viel sicherer, zuerst damit öffentlich aufgetreten ist. N. bewegt sich um die Sonne in einer nur wenig vom Kreise abweichenden elliptischen Bahn, deren neueste Elemente (nach dem Berliner astronomischen Jahrbuch für 1854) folgende sind: mittlere Länge des Planeten für den 3. Septbr. 1852 Berliner mittlerer Mittag 341° 1' 55'' .0, mittlere Anomalie 293°45'19''.3, Länge des Perihels 47°16' 35''.7, Länge des aufsteigenden Knotens 130° 8' 50''.0, Neigung der Bahn 1° 46' 59''.0, (Excentricitätswinkel 0° 29' 58''.5, mittlere tägliche siderische Bewegung 21''.55488, halbe große Achse 30,0363 od. 621 Mill. Meilen, Umlaufszeit 104 Jahre 225; Tage (das Jahr zu 3651/4 mittleren Sonnentagen gerechnet). Der Durchmesser N-s beträgt[788] 7830 geographische Meilen, mithin ist N. im Volumen 94mal größer als die Erde u. kleiner als Saturn, aber größer als Uranus. Seine Rotationszeit kennt man deshalb nicht, weil wegen der gar zu großen Entfernung es unmöglich ist, Flecken auf ihm wahrzunehmen. Challis will einen Ring des N. entdeckt haben, doch ist bis jetzt nichts weiter bekannt geworden, als daß der Durchmesser desselben sich zu dem des N. wie 3 zu 2 verhalten soll. N. hat zwei Monde, beide wurden von Lassall in Liverpool, der erste am 3. Oct. 1846, der andere am 13. August 1850 entdeckt, obgleich Bond diesen schon Ende Oct. 1846 aufgefunden haben will. Der erstere hat bei einer Entfernung von 98,000 Meilen von N. eine Umlaufszeit von 5 Tagen 21 Stunden, woraus die Masse des N. = 1/14500 der Sonne u. seiner Dichtigkeit etwa 1/4 der Dichtigkeit der Erde folgt; 4) (Alchem.), Salmiack.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 788-789.
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