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Wacholder

[282] Wacholder (Juniperus L), Gattung der Koniferen, harzreiche Bäume und Sträucher, letztere bisweilen auf den Boden hingestreckt, mit meist unregelmäßig gestellten Ästen, abstehenden, nadelförmigen oder schuppenförmig den Zweigen angewachsenen, nur an der Spitze freien Blättern, diözischen, bisweilen auch monözischen Blüten, von denen die männlichen meist am Ende sehr kurzer Zweige, die weiblichen Zapfen im Winkel der Blätter oder an kurzen Zweigen endständig sich finden. An den Zapfen sind meist nur die drei obersten Deckblätter fruchtbar und[282] verwachsen zu einer fleischig werdenden, nicht ausspringenden und erst im nächsten Jahre reisenden Beere. Etwa 30 Arten in den gemäßigten und kältern Gebieten der nördlichen Halbkugel. I. Untergattung, Oxycedrus Endl., mit dreizähligen Blattquirlen und nadelförmigen Blättern ohne Harzdrüse. Gemeiner W. (Knirk, Weckholder, Kranalbaum, Kranwet, Kranawitt-, Kronawettbaum, Kaddig-, Feuer-, Machandelbaum, Sachandelbaum,.1. communis L., s. Abbildung), ein 1–10 m hoher Strauch von pyramidalem Wuchs, als Baum bis 15 m hoch mit häufig bis fast zur Erde herabreichender pyramidaler Krone, schmal linien-lanzettförmigen, zugespitzten, oberseits seichtrinnigen, hellgrünen Nadeln mit breitem, bläulich-weißem Mittelstreifen und rundlichen, schwarzbraunen, blau bereisten Beeren von 6–8 mm Durchmesser und drei harten, oben scharf dreikantigen Samen.

Wacholder (Juniperus communis). A Weiblicher Zweig mit Blüten und Früchten, B weibliche Blüte, C Frucht im Querschnitt, D männlicher Zweig, E männliche Blüte.
Wacholder (Juniperus communis). A Weiblicher Zweig mit Blüten und Früchten, B weibliche Blüte, C Frucht im Querschnitt, D männlicher Zweig, E männliche Blüte.

Über eigentümliche Gallenbildungen am W., die Kiekbeeren, s. Gallen, S. 281. Er wächst in ganz Europa, Mittel- und Nordasien, steigt in den mittel- und süddeutschen Gebirgen bis in die subalpine Region, gedeiht auf ärmlichstem Boden und erreicht ein Alter von 600–800 Jahren. Man benutzt das weiche, aber dichte, feste und zähe, schwer spaltbare und dem Wurmfraß nicht unterworfene Holz zu Drechslerwaren, Spazierstöcken, Weinpfählen und Peitschenstielen. Die Beeren (Quackelbeeren, Krammetsbeeren) riechen aromatisch, schmecken gewürzhaft süßlich-bitterlich, enthalten ätherisches Öl und Zucker und dienen als Küchengewürz, zur Darstellung des Wacholderbranntweins (Genever, in Tirol Kranawitter), in Finnland und Ingermanland zur Darstellung eines bierartigen Getränkes, als diuretisches Mittel (auch in Form eines Saftes [Wacholdersaft, Succus Juniperi] oder Muses) und, wie die trockenen Zweige, zum Räuchern. Auch wird aus den Beeren wie aus dem Holz ätherisches Öl gewonnen. Ein aus dem Holze gewonnener Teer (Radiöl, Kaddigöl) ist als Volksheilmittel berühmt. Man pflanzt den W. in mehreren Varietäten als Zierstrauch und benutzt ihn auch zu Hecken. W. wird seit dem Altertum arzneilich benutzt. Wacholderreisig gebrauchten die alten Germanen zu ihren Opfern und beim Verbrennen der Toten. Der Rauch verbrannter Zweige schützt nach dem Volksglauben vor Ansteckung und vertreibt Schlangen und böse Geister. Über den Wacholderstrauch der Bibel s. Genista. Der Zwergwacholder (J. nana Willd.), ein auf dem Boden liegender Strauch mit kurzen, lineal-lanzettlichen, sich fast dachziegelig deckenden Nadeln, wächst in den alpinen und subalpinen Regionen Europas, Asiens, angeblich auch Nordamerikas. Der spanische W. (spanische, griechische Zeder, Zedernwacholder, J. oxycedrus L.), ein bis 4 m hoher Strauch vom Habitus des erstern, aber mit kantig scharfen Ästen, unterseits mit scharfem Mittelnerv versehenen Blättern und rotbraunen Beeren, wächst im Mittelmeergebiet bis Kaukasien; aus dem widerstandsfähigen Holz schnitzten die Alten Götterbilder, jetzt ist es als weißes Zedernholz im Handel. Zweige und Beeren werden wie die des gemeinen Wacholders benutzt. Der Bermudawacholder (Bermudazeder, J. bermudiana L.). bis 18 m hoher Baum mit länglicher Krone, wächst in Florida, auf den Bahama- und Bermudainseln und liefert das rote Zedernholz des Handels.

II. Untergattung, Sabina Endl., mit meist zweizähligen Blattquirlen und schuppenförmigen Blättern. Der gemeine Sadebaum (Sagebaum, Seven-, Sabinerbaum, J. Sabina L.), ein mehr oder weniger liegender Strauch von sehr gedrängtem Wuchs, mit aufrechten Nebenästen, in der Kultur zuweilen baumartig, mit schwarzen, bläulich bereisten Beeren von 6–8 mm Durchmesser, wächst in der obern Berg- und subalpinen Region der Gebirge Zentral- und Südeuropas, im Kaukasus, in Nordasien und Nordamerika, an trockenen, felsigen, sonnigen Orten, manchmal reine Bestände bildend oder als Unterholz lichter Nadelwälder, wird auch als Zierstrauch kultiviert. Die Zweigspitzen liefern bei Destillation mit Wasser ein widrig betäubend riechendes, bitter, stechend, kampferartig schmeckendes, farbloses ätherisches Öl, das im wesentlichen aus Sabinol C10H16O, Sabinolacetat und Terpenen besteht. Es wirkt auf die Haut stark reizend und wird zu Einreibungen bei Rheumatismus etc., auch in der Kosmetik benutzt. Innerlich wirkt es stark giftig, bei Schwangern führt es Abortus herbei und daher wird das Kraut vielfach als Abortivmittel benutzt. Um Mißbrauch zu vermeiden, wird der Strauch hier und da im Freien nicht geduldet. J. phoenicea L., ein Baum mit breitlänglichen, meist sechsreihig stehenden Blättern und rostroten, zuletzt dunklern Beeren, wächst in Südeuropa, dem Orient und im wärmern Nordasien. Die Beeren werden im Haushalt und arzneilich benutzt, das Holz wurde vielleicht in Palästina zu Särgen verarbeitet. J. excelsa Bieb., ein zypressenähnlicher Baum mit rundlich rautenförmigen Blättern und zuletzt blauschwarzen Beeren, in Griechenland und dem Orient, lieferte den Alten das Zedernholz zu seinen Arbeiten und Särgen. J. religiosa L., ein sehr hoher Baum mit an alten Bäumen rautenförmigen, an jüngern länglich-lanzettförmigen Blättern und ziemlich großen, blauschwarzen Beeren, wächst auf dem Himalaja und wird als heiliger Baum bei den Tempeln angepflanzt, in denen man Äste und Zweige als Räucherwerk verbrennt. Die virginische, rote Zeder (J. virginiana L.), ein 15 m hoher Baum mit pyramidaler, tief hinabreichender [283] Krone, an den primären Asten und Zweigen in dreigliederigen Wirteln, nur im obern Teil freien, zugespitzten, an den sekundären Zweigen schuppenförmig angedrückten, fast stachelspitzigen Blättern und kleinen, meist unregelmäßigen, dunkelpurpurnen, blaubereiften Beeren, wächst besonders im östlichen Nordamerika südlich bis Florida und New Mexico, wird bei uns (seit 1664) in mehreren Varietäten als Zierstrauch kultiviert, liefert das rote Zedernholz (s. Tafel »Nutzhölzer II«, Fig. 3), das zu Schiffsplanken, Zigarrenkisten und namentlich zu Bleistiften benutzt wird. Die Zweigspitzen werden in Amerika wie bei uns die des genannten Sadebaums benutzt. Eine Varietät ist die Barbados- oder Bermudazeder.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 282-284.
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