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Bleistifte

[49] Bleistifte (Bleifedern, Graphitstifte), aus einer Mischung von Graphit und Ton hergestellte Stäbchen zum Schreiben und Zeichnen. Graphit und Ton werden für sich in Wasser eingeweicht, geschlämmt, in Filterpressen zu Kuchen entwässert und getrocknet. Diese Substanzen werden in der gewünschten Härte der B. entsprechenden Verhältnissen abgewogen, in Wasser erweicht und zwischen Walzen oder auf Steinmühlen (Bleimühlen) verfeinert und gemischt. Die Masse gelangt dann in den Zylinder einer Schraubenpresse, dessen Boden mit einem Loch von der Form des Durchschnittes der Stifte (rund, viereckig etc.) versehen ist. Durch Eintreiben eines Kolbens tritt die Masse durch dieses Loch als Stäbchen aus, das auf Brettern aufgefangen, in der Länge der B. geschnitten, getrocknet und, bei völligem Luftabschluß gebrannt, die Minen, d. h. fertige Einlagen, bildet. Zur Fassung dieser Stäbchen dient das Holz der virginischen Zeder (Juniperus virginiana), selten das westindische Zedern- oder Zuckerkistenholz von Cedrela odorata und für die billigsten Pappel-, Erlen-, Ahorn- oder Weißbuchenholz. Aus diesen Hölzern schneidet man Brettchen in 4-, 5- oder 6facher Breite der B., entharzt sie durch Kochen und versieht sie mittels Fräsmaschinen mit 4,5 oder 6 Nuten zur Aufnahme der Minen, so daß die Nutensalze genau der halben Mine entsprechen. Nachdem in ein Brettchen die Minen eingeleimt sind, wird ein zweites Brettchen mit dem ersten zusammengeleimt, so daß Platten entstehen, die 4–6 B. bilden. Die Platten werden nun an den Stirnflächen glatt geschliffen und dann der Länge nach auf beiden Seiten auf besondern Hobelmaschinen in der Weise bearbeitet, daß sie in 4–6 Stäbe von gewünschtem Querschnitt (rund, sechseckig etc.) zerfallen. Schließlich erhalten die fertigen B. durch Schachteln mittels Glaspapier Glätte und durch Polieren mittels Politur (auf besondern Schachtel- und Poliermaschinen) Glanz und unter kleinen Stempelpressen den bekannten Ausdruck in Gold, Silber oder Aluminium. – Im 14. Jahrh. bediente man sich zum Zeichnen der aus Blei gegossenen Stäbe, die in Italien angefertigt wurden. Nach Entdeckung der englischen Graphitgruben (1540–60 in Borrowdale) kamen aus Graphitblöcken geschnittene B. auf und fanden großen Beifall. Wahrscheinlich wurden sie dann aus englischem Graphit bald in Italien und Ende des 16. oder Anfang des 17. Jahrh. in Nürnberg angefertigt; jedenfalls gab es hier 1662 Bleistiftmacher (Bleyweißstefftmacher). Da das englische Material immer schwieriger zu beschaffen war, verarbeitete man deutschen (böhmischen) Graphit, den man als feinstes Pulver mit Schwefel zusammenschmolz und zu Kuchen formte, aus denen Stäbchen mit Laubsägen geschnitten wurden. 1795 erfand Conté in Paris die Graphit-Tonmischung, die noch jetzt verarbeitet wird. Gleichzeitig mit Hardtmuth in Wien (1816) errichtete in Deutschland die bayrische Regierung in Obernzell bei Passau eine Bleistiftfabrik, in der das neue Verfahren eingeführt wurde. Diese Fabrik ging 1821 in die Hände der Gebrüder Rehbach über und ward 1836 nach Regensburg verlegt. In Nürnberg führte Lothar Faber in seiner 1760 von Kaspar Faber in Stein gegründeten Fabrik das neue Verfahren ein und erhob das Etablissement zu einer Musteranstalt, an die sich die gesamte Bleistiftfabrikation Bayerns und Deutschlands anlehnte. Seitdem behauptet in der Bleistiftfabrikation [49] Nürnberg den ersten Rang, da die Stadt mit der nächsten Umgebung 23 Bleistiftfabriken mit einer jährlichen Produktion von 225 Mill. Bleistiften besitzt. Nächst Deutschland liefern Frankreich, Österreich und die Vereinigten Staaten B., während die englische Industrie nicht mehr viel bedeutet.

Farbige Stifte (Buntstifte), Rot-, Blau-, Schwarz- und Pastellstifte, werden z. T. wie B. hergestellt, nur daß statt des Graphits Blutstein, Ruß, Zinnober, Berlinerblau, Ultramarin, Grünerde etc., und statt des Tones Leim, Gummiarabikum, Hausenblase etc. benutzt werden. Sortimente von Pastellstiften (s. Pastellfarben) sind als Creta polycolor (vielfarbige Kreide) im Handel. Deckfarbstifte geben einen Strich, auf den ein zweiter andersfarbiger, deckender, aufgetragen werden kann. Andre Farbstifte eignen sich zum Schreiben auf Glas, Porzellan, Metall, poliertem Holz, Wachstuch und menschlicher Haut (für Ärzte). Durch Zusatz von Anilinfarben zu einer Mischung von Graphit und Ton werden die sogen. Tintenstifte erzeugt, deren Schrift durch Anfeuchten mittels eines nassen Löschblattes wie Tinte in das Papier zieht, auch mit sehr stark gefeuchtetem Kopierpapier kopiert werden kann (Kopierstift). Schwarzstifte geben auf Geweben, Leder, Holz unverwischbare Schrift. Bei mechanischen Bleistiften wird ein loses Graphit- oder Buntstiftchen in einer Holz- oder Metallhülse festgeklemmt. Vgl. Raab, Die Schreibmaterialien (Hamb. 1888); Schwanhäußer, Die Nürnberger Bleistiftindustrie (Nürnb. 1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 49-50.
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