[go: up one dir, main page]

Samoa [1]

[525] Samoa (Schifferinseln, Navigatorsinseln; hierzu Karte »Samoainseln«), polynes. Inselgruppe, nordöstlich von den Fidschiinseln, unter 13°5´-14°5´ südl. Br. und 168°9´-172°45´ westl. L., besteht aus vier größern und mehreren kleinern, den größern zugerechneten Inseln:

Tabelle

[525] Dazu kommen auf deutschem Gebiet 1970 Nichteingeborne, darunter 381 Weiße (192 Deutsche). Von den Eingebornen sind 6000 Katholiken, 600 Mormonen, der Rest Protestanten (Londoner Missionsgesellschaft, Australische Methodistenmission). Die kettenförmig von WNW. nach OSO. auf etwa 500 km angeordnete Inselreihe ist mit Ausnahme von Rosa, einem im äußersten Osten gelegenen Korallenatoll, vulkanischen Ursprungs, mit meist steilen, von Korallenriffen umgebenen Küsten, die nur zwei Häfen von Bedeutung haben: Pago-Pago auf Tutuila (s. d.) und Apia (s. d.) auf Upolu. Schöne, wohlbewässerte, fruchtbare Ebenen umgeben die im Innern (auf Savaii zu 1646 m) aufsteigenden Bergmassen, deren vulkanische Tätigkeit zeitlich von O. nach W. erloschen zu sein scheint. Dort sind die Berge schon überall mit üppigem Grün bekleidet, hier breiten sich noch weithin nackte Lavafelder aus. Noch 1866 fand bei Olosenga ein submariner und neuestens auf Savaii (s. d.) ein vulkanischer Ausbruch statt. Heiße Quellen sind selten, Erdbeben dagegen häufig, wenn auch nicht gefährlich. Das Klima ist sehr gleichmäßig. Man kennt zwei Jahreszeiten: die (häufig durch heiteres Wetter unterbrochene) Regenzeit von November bis April und die wenig ausgesprochene Trockenzeit von Mai bis November. Östliche Winde herrschen vor, da die Inseln im Gebiete des Südostpassats gelegen sind. Apia: Jahrestemperatur 25,3°, wärmster Monat (Februar) 26,5°, kältester (Juli) 23,8°; mittlere Jahresextreme 32,9° und 17,5°. Die Regenmenge (Apia 1903: 3178 mm, 1904: 2864 mm) ist großen Schwankungen unterworfen. Gegen Ende der Regenzeit treten häufig Orkane auf, die besonders 1875, 1889 (s. Apia) und 1905 Verheerungen anrichteten. Gesundheitlich ist das Klima der Ansiedelung Weißer zuträglich. Dichter Tropenwald, von Banianen (Ficus), Pandaneen und Palmen gebildet und von Lianen und Epiphyten erfüllt, gemischt mit Farnbäumen, bedeckt die Gruppe der Samoainseln. An Säugetieren zählt die Samoagruppe nur noch Mäuse und kleinere Fledermäuse. Die Reptilien sind durch die kosmopolitischen Geckos und Skinke vertreten. Die polynesischen Einwohner (s. Tafel »Ozeanische Völker II«, Fig. 14 u. 15) sind ein schöner Menschenschlag, von heller Farbe, schlank und gut gebaut. Ihr Kulturzustand ist ganz der andrer Polynesier (s. d.). Grammatik und Wörterbuch ihrer Sprache von Pratt (2. Aufl., Lond. 1878), Funk (Berl. 1895) und Neffgen (Wien 1903); samoanische Texte gesammelt u. übersetzt von O. Stübel (Berl. 1896); deutsch-samoanisches Konversationsbuch von Neffgen (Leipz. 1904).

Die Eingebornen sind gute Schiffer, treiben Fischerei, verfertigen Zeuge, Matten u.a. und wohnen in wohlgebauten Hütten und Dörfern, neben denen sie Kokosnußpalmen, Bananen, Taro, Yams, Bataten, Kawa und Tabak, in geringem Umfange Kakao und Kaffee kultivieren. Die ihnen auferlegte Kopfsteuer, die 1905/06 gegen 96,000 Mk. einbrachte, haben sie pünktlich bezahlt. Da sich die Eingebornen zur Eingehung eines dauernden Arbeitsverhältnisses nicht herbeilassen, ist in Deutsch-Samoa (1903) Mangel an Arbeitskräften, und man führte Melanesier und chinesische Kulis ein. Im Besitz europäischer Pflanzungen waren 1904: 15,548 Hektar, davon waren 4577 unter Kultur (Kakao 1035, Kokospalmen 3298, Kaffee 29, Vanille 2,3, Bananen, Taro 88); 46 weiße Beamte und 1008 farbige Arbeiter wurden beschäftigt. Im Pflanzungsbetrieb sind tätig die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft der Südsee-Inseln (Kopraernte 1904: 1965 Ton., Kakao), die Deutsche Samoagesellschaft (Kakao), Upolu-Kakaogesellschaft. Neuestens haben sich die Safata-Samoagesellschaft (Kopra, Kakao) und die Samoa-Kautschukkompanie gebildet. Hauptausfuhrartikel ist Kopra, die außer der Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft hauptsächlich die Eingebornen liefern; von dem Ausfall der Kopraernte hängt die Kaufkraft der Eingebornen ab. Neuerdings ist die Kakaokultur, die sich gut entwickelt und ein vorzügliches Produkt liefert, in Aufnahme gekommen. 1905 betrug die Kakaoausfuhr 32,000 kg. Neuestens wendet man sich auch der Anlage von Kautschukplantagen zu. Die Rindviehherden der Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft gedeihen gut. Es ist mit der Anlage eines Grundbuches und mit Vermessung der Inseln begonnen worden. Wegebau-, Schul- und Missionswesen wird gefördert. S. ist über Amerika (New York) in 30–40, über Australien (Sydney) in etwa 60 Tagen zu erreichen; Güter und Postpakete gehen nur über Sydney. Die Ausfuhr hatte 1905 einen Wert von 2,028,718 Mk. (Kopra 1,981,010, Kakao 30,250), die Einfuhr von 3,386,931 Mk. In S. bestehen eine Regierungsschule und zahlreiche Missionsschulen. Weiteres über die staatliche Neugestaltung seit 1889 s. unten (S. 527).

Geschichte. Die Gruppe wurde 1722 von Roggeveen entdeckt, der die östlichen Manuainseln Baumannsinseln nannte. Bougainville gab ihr 1768 den Namen Schifferinseln. Danach wurde S. 1787 von Lapérouse, 1791 von Edwards, 1824 von Kotzebue besucht. Doch erst, seitdem 1830 der Missionar Williams seine Tätigkeit auf den Inseln begonnen hatte, wurden sie genauer aufgenommen und wissenschaftlich erforscht. 1839 vermaß der Amerikaner Wilkes die Gruppe, später der Deutsche Grässe im Auftrag der Firma Godeffroy. Die politischen Zustände auf den Samoainseln ließen viel zu wünschen übrig. Jedes Dorf hatte ursprünglich seinen eignen Häuptling; doch waren zuweilen mehrere Dörfer zu einem Bezirk vereinigt unter einem »Tupu«, dem ein Beirat von Dorfvorstehern zur Seite stand. Die Könige, »Tui«, waren von dem Rate der Tupu abhängig. Vor mehr als 100 Jahren soll ein gemeinsamer König, der »Tui Samoa«, geherrscht haben. Seit Europäer und Amerikaner eingriffen, bildeten sich zwei Parteien: Taimuna und Puletua, die einen offenen Bürgerkrieg führten, bis 1874 eine Regierung der »Taimuna und Faipule« zur Herrschaft kam. Die Taimuna ist eine Versammlung von Häuptlingen, die Faipule von Leuten geringern Standes. 1879 warf sich der Häuptling Malietoa zum König der Inseln auf. Inzwischen war die Annektierung der Gruppe 1872 von Neuseeland befürwortet worden; die Amerikaner erlangten in demselben Jahr den Hafen Pago-Pago. Das Heißen der nordamerikanischen Flagge (1877) wurde jedoch von der Union nicht gebilligt. Doch schloß sie 1878 mit S. einen Freundschafts- und Handelsvertrag, worin ihnen der Hafen Pago-Pago auf Tutuila zur Niederlage für Kohlen etc. zur Verfügung gestellt wurde. Gleichlautende Verträge schlossen 1879 Deutschland, das den Hafen Saluafata auf Upolu zugewiesen bekam, und Großbritannien, dem gleichfalls die Anlage einer Marine- und Kohlenstation gestattet wurde. Nachdem der deutsche Reichstag 1880 die Errichtung einer deutschen Schutzherrschaft in S. abgelehnt hatte, gingen die drei Mächte eine Konvention mit dem König Malietoa Talavou ein, wonach Stadt und Distrikt von Apia unter eine Munizipalität mit den betreffenden Konsuln an der Spitze gestellt wurden. Nachdem 8. Nov. 1880 [526] Malietoa Laupepa König geworden war, begannen bald Zwistigkeiten, da eine feindliche Partei den Häuptling Tamasese zum König wählte. Nachdem Malietoa und seine Anhänger die Deutschen beleidigt und beraubt hatten, wurde er im August 1887 durch die Besatzung eines deutschen Kriegsschiffes nach den Marshallinseln gebracht. Doch blieb Tamasese nicht lange im unbestrittenen Besitz der königlichen Macht. Schon Mitte 1888 riefen die Anhänger Malietoas den Häuptling Mataafa (s. d.) zum König aus; Tamasese wurde geschlagen und hart bedrängt. Da Mataafas Anhänger deutsche Pflanzungen beraubten, wurden von zwei deutschen Kriegsschiffen Mannschaften gelandet, von denen 18. Dez. eine kleine Abteilung überfallen und fast vernichtet wurde, worauf stärkere deutsche Abteilungen die Rebellen vertrieben. Ein Orkan vernichtete 16. März 1889 im Hafen von Apia zwei deutsche und drei amerikanische Kriegsschiffe. Die drei Mächte schlossen 14. Juni 1889 einen Vertrag ab, wonach Malietoa wieder eingesetzt und die Inseln unter ihren gemeinschaftlichen Schutz gestellt wurden. Doch wurde dadurch die innere Ruhe nicht gesichert. S. war in den nächsten Jahren der Schauplatz von nebenbuhlerischen Kämpfen unter den Eingebornen und von Quertreibereien unter den beteiligten Mächten, Deutschland, England, Vereinigte Staaten, bis das deutsch-amerikanisch-englische Abkommen vom 2. Dez. 1899 die Inseln unter Deutschland und die Vereinigten Staaten in der Weise teilte, daß ersteres Upolu, Savaii und die andern westlich, die letztern Tutuila und die östlich vom 171.° gelegenen Inseln erhielt, während England einige Salomoninseln, die Tongainseln und Niue bekam. Das samoanische Königtum wurde abgeschafft und dafür eine Art Selbstverwaltung der Samoaner eingeführt. Die Entschädigung der bei den vorangegangenen Wirren betroffenen Eigentümer sollte ein Schiedsgericht unter dem Vorsitz des Königs von Schweden regeln, das für Deutschland entschieden hat. Die Auszahlung der auf 40,000 Doll. festgesetzten Entschädigungssumme erfolgte erst 1905. – Über Amerikanisch-Samoa s. Tutuila. Vgl. Turner, S. a hundred years ago (Lond. 1884); Phillips, S., past and present (das. 1890); B. v. Werner, Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee (3. Aufl., Leipz. 1890); O. Ehlers, S., die Perle der Südsee (Berl. 1895); Marquardt, Der Kampf um und auf S. (das. 1899); Kurze, S., das Land, die Leute und die Mission (das. 1899); R. Deeken, Manuia S. Samoanische Reiseskizzen und Beobachtungen (Oldenb. 1901); Reinecke, Samoa (Berl. 1902); Krämer, Die Samoainseln (Stuttg. 1902–03, 2 Bde.) und Hawaii, Ostmikronesien und S. Meine zweite Südseereise (das. 1906); Wohltmann, Pflanzung und Siedlung auf S. (Bericht an das Kolonialwirtschaftliche Komitee, Berl. 1904); Weule im 2. Band von Helmolts »Weltgeschichte« (Leipz. 1902); Langhans, Spezialkarte der Samoainseln (Gotha 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 525-527.
Lizenz:
Faksimiles:
525 | 526 | 527
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Grabbe, Christian Dietrich

Hannibal

Hannibal

Grabbe zeigt Hannibal nicht als großen Helden, der im sinnhaften Verlauf der Geschichte eine höhere Bestimmung erfüllt, sondern als einfachen Menschen, der Gegenstand der Geschehnisse ist und ihnen schließlich zum Opfer fällt. »Der Dichter ist vorzugsweise verpflichtet, den wahren Geist der Geschichte zu enträtseln. Solange er diesen nicht verletzt, kommt es bei ihm auf eine wörtliche historische Treue nicht an.« C.D.G.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon