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Gebhardt

[406] Gebhardt, 1) Eduard von, Maler, geb. 13. Juni 1838 im Pastorat zu St. Johannes in Esthland, besuchte seit seinem 16. Jahre drei Jahre lang die Akademie von St. Petersburg und brachte dann zwei Jahre teils auf Reisen, teils in Karsruhe zu, wo er die Kunstschule besuchte. 1860 kam er nach Düsseldorf, wurde daselbst Schüler Wilhelm Sohns und fand bei diesem solche Förderung, daß er in Düsseldorf zu bleiben beschloß. Seine Neigung war schon durch seine Erziehung von Anfang an auf das religiöse Gebiet gerichtet; doch wollte er der religiösen Malerei, im Zusammenhang mit der realistischen Kunstanschauung der Gegenwart, einen nationalen Inhalt geben und behandelte daher die biblischen Szenen vom Standpunkt der niederländischen und deutschen Meister des 15. und 16. Jahrh., indem er den Figuren nicht nur die Tracht und die äußere Erscheinung der Menschen jener Epoche gab, sondern sie auch nach den künstlerischen Mustern der Zeit charakterisierte. Was er dadurch an Tiefe, Schlichtheit und Wahrheit der Empfindung gewann, gab er an Schönheit und Idealität der Darstellung auf, weshalb seine Schöpfungen ebenso heftige Gegner wie eifrige Bewunderer gefunden haben. Doch haben sich in neuerer Zeit diese Gegensätze durch den Umschwung der Kunstanschauung zum Realismus ausgeglichen, und der Ernst Gebhardtscher Darstellung findet allgemeine Anerkennung. Seine Werke teilen sich in religiöse Gemälde und in Darstellungen aus der Reformationszeit. Die wichtigsten Bilder der ersten Gruppe sind: Christi Einzug in Jerusalem (1863), die Auferweckung der Tochter des Jairus (1864), der reiche Mann und der arme Lazarus (1865), Christus am Kreuz (1866, Dom zu Reval, 1884 wiederholt), das Abendmahl (1870, Berliner [406] Nationalgalerie; Hauptwerk, in dem die realistischen Neigungen des Malers mit der Würde des religiösen Motivs am glücklichsten vereinigt sind), die Kreuzigung (1873, Kunsthalle in Hamburg), Christus und die Jünger von Emmaus (1876), die Himmelfahrt Christi (1881, Berliner Nationalgalerie, Hauptwerk), die Pflege des Leichnams Christi (1883, in der Dresdener Galerie), Christus vor Pilatus, der ungläubige Thomas (1889), der reiche Jüngling (1892), die Bergpredigt und Nikodemus bei Christus (alle fünf in der städtischen Galerie zu Düsseldorf), Christus in Bethanien (1891, in der Galerie zu Barmen), der zwölfjährige Jesus im Tempel (1893), die Auferweckung des Lazarus (1896) und Christus auf dem Meere (1902). Von seinen Bildern aus der Reformationszeit sind zu nennen: Religionsgespräch, der Reformator bei der Arbeit (1877, im städtischen Museum zu Leipzig), deutsche Hausfrau, Klosterschüler. Auf dem Gebiet der monumentalen Malerei hat sich G. in sechs Wandgemälden aus der Geschichte Christi im Kollegiensaal des Klosters Lokkum (jetzt evangelisches Predigerseminar), die unter dem Einfluß einer Reise nach Italien entstanden sind und sich vielfach an die Italiener des 15. Jahrh. anlehnen, und in der 1897 begonnenen Ausmalung des Chors und der beiden sich anschließenden Wände der Friedenskirche in Düsseldorf (die Verklärung Christi, die Taufe Johannes des Täufers, die Bergpredigt, die Heilung des Besessenen) bewährt. Er hat auch zahlreiche, eindringlich charakterisierte Bildnisse gemalt. G. wurde 1873 Professor an der Düsseldorfer Akademie und hat als solcher zahlreiche Schüler herangebildet. Er besitzt die große goldene Medaille der Berliner Kunstausstellung. Vgl. Rosenberg, Eduard v. G. (Bielefeld 1899).

2) Oskar von, protest. Gelehrter, Vetter des vorigen, geb. 22. Juni 1844 in Wesenberg (Esthland), studierte Theologie, widmete sich, nachdem er wissenschaftliche Reisen in Italien und Rußland gemacht, seit 1875 dem Bibliothekfach in Straßburg, Leipzig, Halle, seit 1880 in Göttingen, seit 1884 in Berlin, von wo er 1893 als Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek nach Leipzig berufen und zum ordentlichen Honorarprofessor für Buch- und Schriftwesen ernannt wurde. Er gab heraus: »Graecus Venetus« (Leipz. 1875); »Patrum apostolicorum opera« (mit Adolf Harnack und Zahn, das. 1875–78, 3 Bde.); »Evangeliorum Codex graecus purpureus Rossanensis, seine Entdeckung etc« (mit Harnack, das. 1880); »Texte u. Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur« (mit Harnack u. a., das., seit 1883) und in diesen: »Die Psalmen Salomos« (1895), »Der sogenannte Sophronius« (1896), »Passio S. Theclae virginis« (1902). Auch besorgte er seit 1881 neue Ausgaben des Tischendorfschen Textes des Neuen Testaments.

3) Bruno, deutscher Historiker, geb. 9. Okt. 1858 in Krotoschin, studierte in Breslau Geschichte und Germanistik, unterrichtete in Breslau, seit 1888 an einer Realschule in Berlin und erhielt 1899 den Professortitel. Er schrieb: »Die Gravamina der deutschen Nation gegen den römischen Hof« (2. Aufl., Bresl. 1895); »Adrian von Corneto« (das. 1886); »Deutscher Kaisersaal. Geschichte der deutschen Kaiser in Biographien« (Stuttg. 1894, illustriert); »Die Einführung der Pestalozzischen Methode in Preußen« (Berl. 1896); »Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert« (das. 1897–99, 2 Bde.); »Wilhelm v. Humboldt als Staatsmann« (Stuttg. 1896–99, 2 Bde.). In Verbindung mit andern gab er ein »Handbuch der deutschen Geschichte« heraus (2. Aufl., das. 1901, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 406-407.
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