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Benediktiner [1]

[627] Benediktiner, im allgemeinen alle diejenigen Mönche, welche die Regel des heil. Benedikt von Nursia (s. Benedikt 1) beobachten. Die Ordensregel Benedikts ward die Grundlage einer durchgreifenden Reformation des abendländischen Mönchslebens. Ihr Grundgedanke ist, daß nur im Kloster das rechte asketische[627] Leben zu führen sei, und daß notwendige und nützliche Arbeiten mit asketischen Übungen abwechseln müssen. Das nach einem Probejahr abgelegte Gelübde ist unwiderruflich und umfaßt die Gelübde der Stabilitas (Verbleiben im Kloster), Conversio morum (Armut und Keuschheit) und Oboedientia (unbedingter Gehorsam). Die Leitung des Klosters hat der Abt, dem der Prior und die Dekane zur Seite stehen; an wissenschaftliche Beschäftigung dachte Benedikt noch nicht. Seine Erlaubnis, Knaben aufzunehmen, wurde später die Veranlassung zur Anlegung von Klosterschulen. Benedikts Regel verbreitete sich bald im Abendland; in Frankreich und in Deutschland durch die Wirksamkeit des Bonifatius. In dieser Periode seiner Blüte erwarb sich der Orden große Verdienste um die Christianisierung und Zivilisierung Deutschlands; eine große Anzahl berühmter Klöster und Abteien wurden die Ausgangspunkte der Bodenkultur wieder Wissenschaft. Der zunehmende Reichtum und große Grundbesitz der Klöster lockerte aber die Zucht und Sittenstrenge und führte schon die Karolinger zu der verderblichen Gewohnheit, die Abteien als bloße Kommenden an Laienäbte zu vergeben, daher die Folgezeit zahlreiche Versuche zur Läuterung des Ordens von eingeschlichenen Mißbräuchen brachte. Der erste Reformversuch war der des Benedikt von Aniane (s. Benedikt 2).

Wappen des Benediktinerordens.
Wappen des Benediktinerordens.

Einen neuen Aufschwung des Ordens aber brachte die Kongregation von Cluny (s. d.). Dagegen trieb das Erwachen des alten Asketengeistes zu neuen Bildungen, die, wenn sie sich auch an die Regel Benedikts anschlossen, zu besondern Gemeinschaften unter eignen Obern erwuchsen. So entstanden die Kamaldulenser, die Orden von Fonte Avellana (s. d.), Fontevrault (s. d.) und Grammont (s. d.), die Kartäuser, die Cistercienser, die Trappisten, die Feuillanten, die Humiliaten, die Cölestiner, die Olivetaner und der in Schweden errichtete Birgittenorden etc.

Die Ausbreitung der neuen Orden, vornehmlich der Cistercienser, und die Entstehung der Bettelorden im 13. Jahrh. taten dem Einfluß des Ordens noch größern Abbruch, während er bei wachsendem Reichtum immer mehr verweltlichte. Vergebens waren synodale und päpstliche Verordnungen. Eine wirkliche Reform brachte in Deutschland erst die Stiftung der Bursfelder Kongregation (s. d.). Auch in Italien, Spanien, Portugal etc. bildeten sich solche Kongregationen. Endlich gebot das Tridentiner Konzil die Vereinigung aller noch vereinzelten Klöster. In Deutschland und Frankreich wirkte die Reformation wohltätig auf den Orden ein, indem sie ihn zu einer erneuten Tätigkeit auf dem Gebiete der Wissenschaft aufrief. Einen unsterblichen Ruhm hat nach dieser Seite hin sich die 1618 gestiftete Kongregation von St. Maurus erworben. Von Gregor XV. (1621) bestätigt, breitete sich die Kongregation schnell aus und zählte schon zu Ende des 17. Jahrh. 180 Klöster in sechs Provinzen. Ernste Studien wurden jedem Konventualen zur Pflicht gemacht und durch mildere Klosterzucht erleichtert und begünstigt; in den mit den Klöstern verbundenen Lehranstalten erhielten die Novizen eine gelehrte Vorbildung, und die Arbeiten der Einzelnen wurden nach einem auf das Ganze gerichteten Plan geleitet. Der Reichtum des Ordens gewährte alle Hilfsmittel der Forschung; die Klöster besaßen kostbare Bibliotheken, und Reisen der hervorragendsten Ordensglieder und ausgedehnte Verbindungen eröffneten immer neue Quellen wissenschaftlicher Forschung. Die Mauriner zählen zu den Ihren Männer wie Mabillon, Montfaucon, Martène, d'Achery etc., denen wir Sammlungen von Urkunden und Quellen zur allgemeinen und lokalen Kirchengeschichte, die zur Geschichtsforschung unentbehrlichen Anweisungen zum Gebrauch der UrkundenL'art de vérifier les dates«, die »Acta sanctorum Ordinis S. Benedicti«, die »Annales Ordinis S. Benedicti«. das »Glossarium mediae et infimae latinitatis« von Du Cange) und zahllose andre theologische und historische Schriften, wie treffliche Ausgaben von Kirchenvätern, verdanken. Die französische Revolution hat auch diese Kongregation zerstreut, manche ihrer unvollendet gebliebenen Arbeiten hat die Académie des inscriptions wieder aufgenommen.

Im J. 1901 gab es 4565 B. in 14 Kongregationen in 128 Klöstern. Die bedeutendsten Kongregationen sind die von Monte Cassino und von Subiaco, die französische (Hauptkloster Solesmes an der Sarthe), die von Beuron (bei Sigmaringen; Hauptkloster Maredsous in Belgien) und die bayrische (Metten, Scheyern, St. Bonifaz in München, St. Stephan in Augsburg und einige Prioreien). Nach Feßlers Berechnung zählten die B. während der 13 Jahrhunderte ihrer Dauer 15,700 Schriftsteller, 4000 Bischöfe, 1600 Erzbischöfe, 200 Kardinäle, 24 Päpste, 1560 kanonisierte und 5000 der Kanonisation würdig erklärte Heilige sowie 43 kaiserliche und 44 königliche Personen. Endlich muß dem ganzen Orden das Zeugnis gegeben werden, daß er sich der Welt nur durch Gelehrsamkeit und Seelsorge genähert, nie aber seine Hand bei politischen Händeln im Spiel gehabt, auch nie sich an die Höfe gedrängt hat. Das Wappen des Ordens (zugleich auch des Abtprimas in Rom) zeigt die nebenstehende Abbildung. Die Devise des Ordens ist »Ut in omnibus glorificetur Deus«. Vgl. Mabillon, Annales Ordinis S. Benedicti (Par. 1703–39, 6 Bde.); Ziegelbauer, Historia rei literariae Ordinis S. Benedicti (Augsb. 1754, 4 Bde.); Krätzinger, Der Benediktinerorden und die Kultur (Heidelb. 1876); S. Brunner, Ein Benediktinerbuch; Geschichte und Beschreibung der Benediktinerstifte in Österreich, Ungarn, Deutschland und der Schweiz (Wien 1880); Rickenbach, Monte Cassino (Einsied. 1884); Mangenot, Les travaux des Bénédictins de St.-Maur (Amiens 1889). Über die Angelegenheiten des Ordens unterrichtet die seit 1884 zu Maredsous erscheinende »Revue Bénédictine«. Eine kritische Handausgabe der Benediktinerregel veröffentlichte Wölfflin (Leipz. 1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 627-628.
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