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Palais royal

Palais royal

[383] Palais royal (das), der berühmte und glänzende Mittelpunkt des reichsten und bevölkertsten Theils von Paris, wo man fast alles zum Leben und Vergnügen Erfoderliche beisammen findet und wo sich deshalb täglich viele Tausende bis spät in die Nacht herumtreiben, liegt etwas nördl. vom Louvre und bildet ein längliches Viereck.

Auf der nach S. gewandten schmalen Seite befindet sich der Haupteingang und der eigentliche, jetzt vom franz. Thronerben, Herzog von Orleans, bewohnte Palast. Dieser umgibt drei Seiten des ersten Hofes, welcher nach der Straße durch Bogen mit Eisengittern zwischen Säulen begrenzt wird und in den drei hochgewölbte Thore führen. Zu den Seiten des Gitters bilden die Giebel der Seitenflügel des Palastes zwei Pavillons mit Säulen und jeder ist mit einem Fronton und mit Bildsäulen verziert. Drei große Thore eröffnen den Weg in den zweiten Hof und hohe Säulengänge mit Eisengittern führen auf beiden Seiten in die umstehend abgebildete, 1829 eröffnete Galerie d'Orleans, einen aus Stein und Eisen aufgeführten, mit einem Glasgewölbe gedeckten Raum, welcher zu beiden Seiten die elegantesten Kaufmannsladen enthält. Alle Thüren und Fensterrahmen sind hier von Messing, die Pfeiler von oben bis unten mit Spiegeln bekleidet, der Fußboden mit Marmor belegt; eine durchbrochene Galerie läuft innerhalb unter dem Glasdache rings herum, von außen aber geht eine Reihe Säulen um die Galerie, welche eine Terrasse unterstützen, die mit kleinen Säulen, welche vergoldete Kugeln tragen und mit einer doppelten Reihe Blumenvasen geziert ist. Aus der Galerie kommt man in den 700 F. langen und 300 F. breiten öffentlichen Garten, auf allen drei Seiten von einem gleich hohen, unten mit Bogengängen versehenen Gebäude umgeben, welche die Läden und Werkstätten aller erdenklichen Handelsleute, Künstler, Handwerker und Gewerbe, vom reichen Juwelier, Kunst- und Modehändler bis zur Obsthändlerin und zum artiste décrotteur, d.i. Schuhputzer, hinab enthalten, dessen Cabinet aber mit Spiegeln elegant ausgeschmückt ist und wo man auch die neuesten Zeitungen findet. Hier gibt es Buchhandlungen, Lesecabinete, Kaffee- und Speisewirthschaften und Conditoreien zwischen reichen Waarenmagazinen, im ersten Stockwerk, zu ebener Erde und in den Kellern darunter. Auch zwei Theater, das Théâtre français und das kleine Theater des Palais royal, sowie noch ein Kindertheater befinden sich hier. Das erste Geschoß über dem Bogengange hat hohe palastmäßige Fenster, das zweite aber niedrigere; über diesem befinden sich Mansarden (s.d.), vor deren Fenstern ringsherum ein von canellirten Pilastern unterstütztes Geländer mit Vasen läuft. Diese obern Räume sind zum Theil von Familien Derjenigen bewohnt, welche unten ihre Gewerbslocale haben. Des Abends ist Alles glänzend mit Gas beleuchtet und die Galerien sind bis Mitternacht offen, der Garten aber wird früher geschlossen. Erbauer des Palais royal war 1629 der Cardinal und Herzog von Richelieu, welcher den Platz kaufen, einige alte Gebäude niederreißen, neue Straßen öffnen und der ganzen Umgebung ein anderes Ansehen geben ließ. Der neue Palast hieß damals Palais Cardinal und die darin herrschende Verschwendung drohte dem Cardinal die Ungnade Ludwig XIII. zuzuziehen, den er aber durch das Vermächtniß des Palastes bei Lebzeiten versöhnte. Nach des Königs Tode bewohnte ihn die Königin Anna von Östreich mit dem unmündigen Ludwig XIV. und nun erhielt er den Namen Palais royal. Im J. 1692 erhielt Ludwig XIV. Bruder, Herzog von Orleans, dasselbe eingeräumt und die Familie Orleans bewohnte es bis 1791. Das Hauptgebäude erlitt 1763 durch eine Feuersbrunst einige Veränderungen, der Vater des regierenden Königs Ludwig Philipp aber ließ seit 1781 die den Garten umgebenden Gebäude aufführen und für die von ihnen noch erfüllte Bestimmung einrichten, wovon er großen Gewinn hatte. Während der Revolution wurden Blätter von den Bäumen im Garten des Palais royal das erste patriotische Abzeichen der Pariser (s. Desmoulins) und vom Vater König Ludwig Philipp's erhielt es den Namen Palais Egalité. Seit 1802 Sitz des Tribunats, ward es kurze Zeit danach benannt, 1814 aber vom damaligen Herzog von Orleans wieder in Besitz genommen. Dieser ließ den Palast und eine Seite des Vierecks, von dem aber blos ein Theil noch Eigenthum der Familie Orlleans ist, welche unvollendet geblieben waren, vervollständigen. Im Palais royal erhielt er vom franz. Volke die Königswürde und seitdem er die Tuilerien bezogen, hat er es dem Thronerben abgetreten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 383-385.
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