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Lausitz

[705] Lausitz (die) gehört jetzt theils zum Königreich Sachsen, theils zum Königreich Preußen und wurde schon in den ältesten Zeiten in die Ober- und Niederlausitz getheilt. Dieselben waren zwei Markgrafenthümer und wurden von Böhmen, Meißen, dem sächs. Kurkreise, Brandenburg und Schlesien begrenzt, hatten einen Flächenraum von 200 ! M. und [705] ungefähr eine halbe Million Einwohner. Seit der Völkerwanderung siedelten sich in diesen Gegenden slawische Sorben, deren Überreste noch jetzt in den Wenden als ein eigenthümlicher Volksstamm bestehen, an. Diese Sorben hatten freie Häuptlinge, welche erst 928 vom deutschen Könige Heinrich I. zinsbar gemacht und von Otto I. 968 zur Annahme des Christenthums genöthigt wurden. Polen, Böhmen, Meißen und Brandenburg machten sich in der Folge die Lausitz streitig und brachten dieselbe ganz oder theilweise unter ihre Herrschaft. Während der Hussitenkriege blieb die Lausitz bei den Königen von Böhmen und wurde dafür von den Hussiten furchtbar verheert. Im Jahre 1467 erkannte sie den König Matthias von Ungarn als ihren Herrn an und unter der Herrschaft dieses Fürsten kam die Eintheilung in die Ober- und Niederlausitz auf. Die sechs Städte der Oberlausitz, Bautzen, Görlitz, Zittau, Lauban, Kamenz und Löbau, hielten schon früher zusammen, vereinigten sich noch enger in den Jahren 1476 und 1490 und wußten nach und nach von den Kaisern und den böhm. Königen solche Privilegien zu erlangen, daß sie fast den Reichsstädten gleichstanden. Nachdem Matthias 1490 gestorben war, blieb die Lausitz bei Böhmen und kam mit diesem Königreiche 1526 an Ferdinand I. von Östreich. Derselbe bedrückte das Land und insonderheit die sechs Städte, weil der Protestantismus eingeführt worden war. Als der Kurfürst Friedrich von der Pfalz zum Könige von Böhmen erwählt worden war, erkannte ihn die Lausitz nicht an, aber dieselbe wurde darauf während der Wirren des dreißigjährigen Krieges stark mitgenommen. Der sächs. Kurfürst Johann Georg I. besetzte dieselbe 1620 im Namen des Kaisers und behielt sie darauf bis 1635 als Pfand für verschiedene Foderungen an den Kaiser. In diesem Jahre wurde sie förmlich an Sachsen abgetreten, jedoch als Lehn von der Krone Böhmen. Der kottbuser Kreis kam erst 1807 an Sachsen, nachdem er bis dahin zu Brandenburg gehört hatte. Die Lausitz blieb als ein besonderes, zu keinem Reichskreise gehöriges Land bis 1815 bei Sachsen. Durch die Beschlüsse des wiener Congresses kam hierauf die ganze Niederlausitz und der größere Theil der Oberlausitz an Preußen, während nur der südl. Theil der Oberlausitz bei Sachsen verblieb.

Die Oberlausitz ist größtentheils gebirgig, die Niederlausitz dagegen eben, sandig und reich an Waldungen, Flüssen und Teichen. Was namentlich die sächs. Oberlausitz betrifft, so zählt dieselbe auf 38 ! M. 210,000 Einw., von denen ungefähr der fünfte Theil Wenden sind. Die Neiße, die Spree und die schwarze Elster sind die ansehnlichsten Flüsse. Die wichtigsten Naturproducte sind: Getreide, jedoch nicht in hinreichender Menge, Flachs, Hirse, Taback, Holz, Rindvieh, Schafe, Bienen, Eisen, Braunkohlen und Torf. Sehr bedeutend ist die Industrie, namentlich die Fabrikation von Tuch, Leinen-und Damastwaaren. In dem südl. gebirgigen Theile findet man Dörfer von 3–5000 gewerbthätigen Einwohnern. Die Wenden, welche noch an ihrer alten Sprache und ihren veralteten Sitten festhalten, nehmen an diesem Gewerbfleiße nicht Theil, sondern beschäftigen sich größtentheils mit Ackerbau und Viehzucht. Wichtig sind besonders die alterthümlichen Vierstädte: Budissin oder Bautzen (s.d.) an der Spree; Kamenz an der schwarzen Elster, der Geburtsort Lessing's (s.d.) mit 3500 Einw.; Löbau mit 3500 Einw., bedeutendem Leinwandhandel, auch Strumpfwaarenfabriken und Gerbereien; Zittau an der Mandau unsern der Neiße mit 8000 Einw., der Haptsitz des lausitzer Garn- und Leinwandhandels. Die Stadt selbst hat sehr bedeutende Fabriken in Leinwand, Tuch u.s.w. und sehr ansehnliche Einkünfte. Das Gymnasium und die andern Schulanstalten sind reich ausgestattet. Unter den Gebäuden der ziemlich geschmackvoll gebauten Stadt zeichnet sich namentlich die Hauptkirche zu St.-Johannis aus. In der Umgegend von Zittau sind zahlreiche Fabrikdörfer. Großschönau, ein Dorf mit 4000 Einw., behauptet den Ruf. die ausgezeichnetsten Damastfabriken zu besitzen; nicht minder ansehnlich sind Seifhennersdorf mit 4300 Einw. und andere Ortschaften. Herrnhut am Fuße des Hutberges mit 1200 Einw. ist als Hauptsitz der herrnhuter Brüdergemeine (s.d.) bekannt und erzeugt Kattun, Kreas und bunte Leinwand, auch sind seine Seifensiederwaaren bekannt. Über die politische Verfassung der sächs. Oberlausitz s. Sachsen (das Königreich). – Die preuß. Oberlausitz mit 63 ! M. und 162,000 Einw. umfaßt die Kreise Görlitz, Rothenburg, Hoyerswerda und Lauban und wird jetzt zum Regierungsbezirk Liegnitz der preuß. Provinz Schlesien (s.d.) gerechnet.

Die Niederlausitz, reich an Holz, Wild, Fischen, Bienen, Obst, Flachs, Haidekorn, Gerste, Hafer, Gemüse, Taback, steht an Gewerbthätigkeit und Wohlhabenheit der Oberlausitz sehr nach. Sie zählt auf 134 ! M. 254,000 Einw. und gehört jetzt zum Regierungsbezirk Frankfurt der preuß. Provinz Brandenburg (s.d.). Zu ihr gehören die Kreise der Städte Luckau, Sorau, Guben, Lübben, Kalau, Spremberg und Kottbus.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 705-706.
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