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Congress

[459] Congress, ein lat. Ausdruck, bedeutet eine Zusammenkunft, wird aber vorzugsweise von solchen Versammlungen von Regenten oder ihrer Abgesandten gebraucht, welche zur Ausgleichung der Ansprüche kriegführender Mächte durch einen Frieden, zur Beilegung von zwischen zwei Staaten entstandenen Mishelligkeiten und überhaupt zur Vereinbarung über Gegenstände von allgemeinem Interesse veranstaltet werden. In einer Präliminarconferenz oder vorläufigen Zusammenkunft der zum Congresse Anwesenden wird der Anfang desselben, die Ordnung der Geschäfte, die Rangordnung der Theilnehmer, über die seit 1815 gewöhnlich das Alphabet entschied, und die Form der Verhandlungen, d.h. ob sie schriftlich durch Austausch von Noten oder durch mündliche Besprechungen geführt werden sollen, bestimmt. In früherer Zeit waren Congresse ziemlich selten und wurden gewöhnlich eines beabsichtigten Friedensschlusses wegen veranstaltet, wie denn auch der erste, an dem fast ganz Europa Theil nahm, der 1644 begonnene Congreß von Münster und Osnabrück, den Westfälischen Frieden (s.d.) zur Folge hatte. Von besonderer Wichtigkeit waren ferner: der Congreß zu Nimwegen von 1676 zwischen Ludwig XIV. von Frankreich und Spanien, den Niederlanden, dem deutschen Reiche, Schweden, Dänemark und andern Staaten, der 1678 zu dem Frieden von Nimwegen führte, welcher Frankreich auf längere Zeit ein großes Übergewicht sicherte; der Congreß, welcher zur Beendigung des span. Erbfolgekrieges 1712 zu Utrecht von den meisten europ. Mächten gehalten ward, und 1713 den utrechter Frieden, für England aber die wichtige Folge herbeiführte, daß es von nun an in den europ. Angelegenheiten ein entschiedenes Übergewicht erhielt; denkwürdig ist auch der vergebliche Congreß zu Rastadt (s.d.). Im 19. Jahrh. sind anzuführen: der von Napoleon 1808 veranlaßte, vom Kaiser Alexander von Rußland, von vielen deutschen Fürsten und den Abgesandten anderer besuchte Congreß zu Erfurt, wo unter Anderm auch über Erleichterung der Preußen von Frankreich aufgelegten Leistungen, über Aufnahme des Herzogs von Oldenburg in den Rheinbund und den Frieden zwischen Frankreich und England verhandelt ward, der aber nicht zu Stande kam, weil Napoleon die von England verlangte Theilnahme Spaniens an den Verhandlungen verweigerte. Während des Congresses zu Chatillon (s.d.) wurden die Feindseligkeiten zwischen Napoleon und den Verbündeten fortgesetzt, nach Napoleon's Besiegung aber versammelte sich 1814 der Wiener Congreß (s.d.), der wichtigste europ. neuester Zeit. Der Congreß zu Aachen im I. 1818 befreite Frankreich von den 150,000 M. Besatzungstruppen der Verbündeten, das sich nun dem h. Bunde anschloß. Für Deutschland insbesondere wichtig waren die Ministercongresse von 1819 zu Karlsbad, wo man über Ergänzung der innern Organisation Deutschlands und die politischen Verirrungen der Zeit berieth und Beschlüsse (s. Karlsbader Beschlüsse) dagegen [459] faßte, und zu Wien, wo Abgeordnete aller deutschen Bundesstaaten am 15. Mai 1820 die Schlußacte zufolge der über Entwickelung und Befestigung der Bundesverhältnisse gepflogenen Berathungen unterzeichneten. Der nur vom Oct. bis Dec. 1820 zu Troppau versammelte Congreß ward 1821 auf dem Congresse zu Laibach fortgesetzt, wo das Recht der Einmischung in die Angelegenheiten fremder Staaten als völkerrechtlicher Grundsatz von den Mächten des europ. Festlandes anerkannt ward, daher die wegen der in Italien auf revolutionnairem Wege im constitutionnellen Sinne stattgehabten Staatsveränderungen gefaßten Beschlüsse, da gütliche Mittel fruchtlos blieben, die Besetzung von Piemont, Neapel und Sicilien durch östr. Truppen zur Folge hatten, unter deren Schutz die Herstellung der alten unbeschränkten monarchischen Verfassungen vor sich ging. Dasselbe Ergebniß hatte der vom Oct. bis Dec. 1822 zu Verona gehaltene Congreß für Spanien, wo durch ein franz. Heer 1823 die Aufhebung der eingeführten Neuerungen erfolgte, obgleich hier Großbritannien, das seit dem Eintritt Canning's (s.d.) in das Ministerium mit den politischen Grundsätzen der Continentalmächte nicht mehr unbedingt übereinstimmte, von jeder bewaffneten Einmischung in die span. Angelegenheiten abrieth, so lange der König ungefährdet bleibe und die Verbreitung der span. Constitution außerhalb Landes nicht versucht werde. Seitdem haben keine solche Versammlungen mit dem bestimmt ausgesprochenen Charakter eines Congresses mehr stattgefunden, wol aber sogenannte Conferenzen bevollmächtigter Minister zur Lösung verwickelter politischer Fragen von europ. Interesse, unter denen die Londoner Conferenz besonders wichtig ist, und Zusammenkünfte von Regenten, wie 1833 zu Schwedt und Münchengrätz, und 1835 zu Kalisch und Teplitz, zu denen jedoch politische Verhandlungen nicht die Hauptveranlassung gewesen zu sein scheinen. Auch fanden 1834 Conferenzen der Minister aller deutschen Staaten über innere Angelegenheiten zu Wien statt. – Congreß heißt auch die mit der höchsten Gewalt bekleidete Versammlung der Repräsentanten der Vereinigten Staaten von Nordamerika (s.d.), nach deren Muster sich ein ähnlicher Congreß in den mexican. Vereinstaaten gebildet hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 459-460.
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