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Flandern

[51] Flandern (die Grafschaft) ist ein ganz flaches, wohlbewässertes, fruchtbares, trefflich angebautes, fabrikenreiches Land an den Ufern der Nordsee und reicht vom Flüßchen Aa, das sich bei Gravelines in die See mündet, bis zu der untern Schelde. Im S. reicht es bis zu den Städten Douay, Doornick und Grammont. Die Größe beläuft sich auf 227 ! M., auf denen (eine ausgezeichnet starke Bevölkerung) 2 Mill. Menschen leben. Als eines besondern Landes wird es zuerst im 9. Jahrh. erwähnt, wo Kaiser Karl der Kahle seinem Schwiegersohne Balduin 858 die Grafschaften Flandern und Artois schenkte. Im 12. Jahrh. kam die Grafschaft Hennegau noch hinzu und eine lange Reihe von Grafen aus dem Hause jenes Balduin's besaß diese drei Grafschaften, bis der Mannsstamm dieses Hauses 1383 erlosch. Die Erbtochter Margarethe vermählte sich mit dem Herzog Philipp dem Kühnen von Burgund und brachte dadurch dieses mächtige Haus auch in den Besitz von F. Als dasselbe 1477 in der männlichen Linie mit Karl dem Kühnen erlosch, kam das Land durch die Vermählung der burgund. Erbtochter Maria mit Maximilian von Östreich an dieses Haus und blieb bei demselben bis zur Kronniederlegung Kaiser Karl V. 1556, worauf F. mit den übrigen östr. Niederlanden an Spanien überging. In den nun folgenden Kriegen zwischen Spanien und den Niederlanden und zwischen Spanien und Frankreich kamen einzelne Stücke an Frankreich und an die Niederlande, sodaß man nun das franz., das span. und das holl. F. unterschied. Jenes gehört noch zu Frankreich und zwar jetzt zum Departement du Nord; das holl. F. ist zu der Provinz Seeland geschlagen; das span. nahm den größten Theil ein und ist jetzt ein Theil des Königreichs Belgien. Es wird in West- und Ostflandern getheilt. Westflandern, 59 ! M. groß mit 610,000 Einw., ist, bis auf einige Moor- und Haidegegenden, sehr fruchtbar, reich an Getreide, Obst, Hopfen, Flachs und Rindvieh, vor Allem aber reich an Fabriken in Leinwand und Spitzen. Die Hauptstadt ist Brügge; außer ihr sind Ostende und Furnes durch Seehandel, Ypern und Kortryk (Courtray) durch Fabriken wichtig. Ostflandern hat bei einer Größe von 54 ! M. und einer Einwohnerzahl von 745,000 einen noch fruchtbarern Boden und ist durch die Schelde, die hier die Lys links und die Dender rechts aufnimmt, nicht nur für den Landbau und Wiesenwachs gut bewässert, sondern auch für den Handel sehr wohl gelegen. Der Fabrikfleiß ist hier noch größer als in Westflandern, und Leinwand, Baumwollenzeuche, Papier, Spitzen, Tapeten, Lederwaaren werden hier in Menge und von vorzüglicher Güte gefertigt. Die Hauptstadt ist Gent. Auch sind die Städte Oudenarde, Dendermonde, Alost und Lokeren wegen ihrer Fabriken wichtig.

Die Einwohner, der Mehrzahl nach Wallonen, sind dem katholischen Glauben zugethan und sprechen einen Dialekt, das Flämische, das vom Deutschen sehr abweicht, dagegen dem Holländischen näher steht. Es sind fleißige Leute und daher im Ganzen wohlhabend. Das ganze F. ist wie ein großer, wohlangebauter Garten. Es ist mit einer Menge blühender Städte und wohlgebauter Häuser übersäet und bietet eine angenehme Abwechselung von reichen Getreidefeldern, üppigen Wiesen und freundlichen Gärten dar. Der Handel ist bedeutend und wird theils durch die Lage am Meere, theils durch schiffbare Flüsse, theils durch mehre Kanäle sehr gefördert. Der Hauptsitz des Handels ist das reiche Gent, das durch die selbst für Seeschiffe zu befahrende Schelde und durch mehre Kanäle mit der See in Verbindung steht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 51.
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