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Blume

[269] Blume oder Blüte heißen diejenigen Theile der Gewächse, welche die Werkzeuge zur Erzeugung und Ausbildung der Früchte und der Samen enthalten. Im gemeinen Leben versteht man jedoch unter Blume vorzugsweise die durch Farbenpracht oder Wohlgeruch ausgezeichneten Blüten von Gewächsen und sagt Blüte nur von den Obstbäumen und verschiedenen Feldfrüchten Untersucht man die verschiedenen Theile der Blumen, z.B. an unsern Obstbäumen, so findet man äußerlich zuerst den grünen Kelch, der mit seinem fünftheiligen Rande das Ganze umfaßt. Auf ihn folgen nach innen zu fünf weiße Blättchen, die Blumenkrone, dann ein Kreis von Staubfäden, welche auf ihren Spitzen die den Blumenstaub enthaltenden Staubbeutel tragen und in deren Mitte sich der Stempel, das Pistill oder der Staubweg befindet, dessen oberer Theil die Narbe heißt und aus einer Menge einsaugender Wärzchen besteht. Diese sind bestimmt, den durch Zerplatzen der Staubbeutel sich verbreitenden Blumenstaub aufzunehmen und die demselben eigne befruchtende Feuchtigkeit dem untersten Theile des Stempels, dem Fruchtknoten, zuzuführen, wodurch die Bildung der Samenkerne und der Früchte vermittelt wird. Hierzu sind also Staubfäden und Pistille unentbehrlich und können einer wahren Blume nie fehlen. Man findet zwar die beschriebenen Theile meist in ein und derselben Blume beisammen, welche daher Zwitterblüten heißen, allem sie kommen auch in verschiedenen Blumen einer Gattung getrennt vor, wo dann die, welche nur Staubfäden besitzen, männliche, die mit den Stempeln aber weibliche Blütchen genannt werden. Manche Pflanze trägt solche verschiedene Blüten auf ein und demselben Stengel, bei manchen aber findet man an der einen nur weibliche, an der andern nur männliche Blüten u.s.w. Von den übrigen Blütetheilen fehlen zuweilen der Kelch, die Blumenkrone oder beide zugleich, und in diesem Falle werden die Blüten unscheinbar und deshalb oft übersehen, wie an unsern Waldbäumen. Die gefüllten Blumen, welche zum Theil höher geschätzt werden als die einfachen, sind eigentlich Misgeburten, entstehen zuweilen durch Überfluß an Nahrung von selbst, meist aber durch Kunst, indem sich ihre Staubfäden in Blumenblätter verwandeln. Sie tragen deshalb auch in den meisten Fällen keinen Samen, wenn nicht die unveränderten Pistille durch den Blütenstaub von in der Nähe befindlichen ungefüllten Blumen zufällig, oder künstlich, wie bei den Bastardpflanzen (s.d.), befruchtet werden.

Viele Blumen werden ihrer nutzbaren Eigenschaften wegen zu Arzneien, bei der Färberei und zu andern Zwecken benutzt und geben deshalb wichtige Handelsartikel ab. Frische, sehr stark riechende Blumen im Zimmer zu haben, muß man vermeiden, weil dies schon oft Schlagflüsse und andere tödtliche Zufälle für die darin Verweilenden zur Folge hatte; allein doppelt gefährlich ist es, starkduftende Gewächse im Schlafgemache zu dulden. Schönblühende Gewächse sind schon längst zu Handelsartikeln geworden und der Blumenhandel im Großen war früher vorzüglich in den Händen der Holländer. Einen unerhörten Umfang erreichte derselbe in den Jahren 1636 und 1637, wo seltene Blumenzwiebeln mit 6000 Thalern das Stück bezahlt wurden und man in Blumen grade wie jetzt in Staatspapieren speculirte. Durch Eingreifen der Regierung ward damals diesem Scheinhandel gesteuert und die Preise fielen nun außerordentlich, indessen werden noch jetzt von holländ. Blumenhändlern Preise von 15–75 Thlr. für einzelne seltene Tulpenzwiebeln angesetzt. Seit dem Anfange des vorigen Jahrh. sind die Hyacinthen vorzugsweise in Aufnahme gekommen und von Harlem (s.d.) aus mit vielen andern Blumengewächsen in alle europ. Länder versandt worden. Neuerdings hat man aber auch in Deutschland an mehren Orten mit Vortheil angefangen, Blumenzwiebeln zum Verkauf im Großen zu ziehen und England hat sich einen wichtigen Theil des Handels mit Sämereien und Treibhausgewächsen angeeignet.

Schon von den alten Römern wurden künstliche Blumen verfertigt und in spätern Zeiten erwarben sich zuerst die Italiener große Fertigkeit darin, daher man lange Zeit alle künstlichen Blumen im Handel italienische nannte. Später wurden sie jedoch von den Franzosen in dieser Kunst übertroffen und gegenwärtig werden auch zu Wien, Triest, Berlin, Nürnberg, Leipzig, Dresden und an vielen andern Orten künstliche Blumen fabricirt. Im Allgemeinen bestehen sie aus Federn, Papier, Seidenzeuch, Coconshäuten der Seidenwürmer, Leinwand, Batist, Stroh, seinen Holz-, Horn- und Fischbeinspähnen, Mark von Hollunderbäumen, seinen Metallplättchen u.s.w., aus welchen die einzelnen Theile meist durch Ausschlagen mittels eiserner Formen hergestellt, nach weiterer Bearbeitung zusammengesetzt und an mit Seide oder Band umwundenen Drahtstielen befestigt werden. Sie dienen zum Putze der Frauen, zur Verzierung von Zimmern, Heiligenbildern, Altären, Leichen u.s.w. und zuweilen sucht man ihnen sogar durch ätherische Öle ihren natürlichen Geruch zu geben. Die Brasilier besitzen eine ganz besondere Fertigkeit, die prächtigen Blumen ihres Landes durch Federn nachzuahmen. – Blumenspiele heißen Liederfeste, die sich seit dem 14. Jahrh., der Zeit der Troubadours (s.d.), zu Toulouse in Frankreich erhalten haben und bei welchen versammelte Dichter ihre Lieder vortragen, von denen die ausgezeichnetsten mit Ehrenpreisen, welche in goldenen und silbernen Blumen bestehen, belohnt werden. – Die Blumensprache verdankt ihre Entstehung den Morgenländern, deren Neigung, in Bildern und Gleichnissen zu reden, zu schreiben und sich Mittheilungen durch Übersendung von Gegenständen zu machen, denen sie eine sinnbildliche Bedeutung beilegen, seit den ältesten Zeiten bekannt ist. Insbesondere pflegen sich derselben die morgenländ. Frauen [269] zu geheimen Boten in Herzensangelegenheiten zu bedienen. Sie binden zu dem Ende aus natürlichen, nach ihren geheimen Bedeutungen gewählten und geordneten Blumen einen Strauß, welcher Selam heißt und Dem in die Hände gespielt wird, der dadurch von etwas benachrichtigt werden soll. Eine allgemeine Bedeutung der Blumen ergibt sich übrigens aus ihren Eigenschaften und Niemand wird leicht zum Sinnbilde einer übeln Nachricht eine schöne Rose wählen. Es gibt aber auch eine Blumensprache, bei der jede Blume ihre bestimmte aufgezeichnete Bedeutung hat, und diese entziffert sich demnach leicht, wenn man die Regeln derselben im Gedächtniß oder schriftlich hat. Anleitung dazu geben z.B. »Die Blumensprache, oder die Bedeutung der Blumen nach oriental. Art« (13. Ausg., Berl. 1832) und »Selam, oder die Sprache der Blumen« (2. Aufl. Berl. 1821). – Blumenreiche Sprache nennt man eine Ausdrucksweise, die reich an Allegorien und Bildern ist, und »durch die Blume« oder verblümt sprechen bedeutet im gemeinen Leben so viel wie geheimnißvoll reden, nicht offenherzig seine Meinung sagen. – Blumenstücke werden Gemälde genannt, deren künstlerischer Werth in der Darstellung von Blumen liegt. Feiner Sinn und Geschmack vermögen durch Auswahl und Anordnung auch in dieser Gattung der Malerei mehr zu leisten, als blos täuschende Nachahmung der Wirklichkeit. – Die Beobachtung, daß viele Blumen sich nur des Morgens, des Abends und zu andern bestimmten Tageszeiten öffnen und schließen, führte auf den Gedanken, durch Auswahl von Gewächsen, welche von Sonnenaufgang an stundenweise nacheinander ihre Blumen öffnen und schließen, einen Zeitmesser oder eine Blumenuhr herzustellen. Es hält indessen sehr schwer, so viel gleichzeitig blühende und mit jenen Eigenschaften begabte Pflanzen zusammenzubringen, auch stört die kurze Blütezeit einzelner sehr bald die Reihenfolge. – In der Jägersprache wird der Schwanz des Rothwilds und der Hafen Blume genannt. – Die Chemie versteht unter Blumen die von selbst oder durch Kunst entstandenen feinsten Theile der Körper in trockener Gestalt und es gibt z.B. Zinkblumen, Schwefelblumen u.s.w.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 269-270.
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