[go: up one dir, main page]

Horn [1]

[415] Horn nennt man vorzugsweise die Substanz, aus welcher die knochigen Auswüchse, welche viele Thiere an der Stirn tragen, bestehen, doch allgemeiner auch die ähnliche Substanz der Nägel, Hufe, Klauen bei vielen Thieren. Schildpatt, Haare und Federn bestehen gleichfalls aus einer Hornsubstanz. Die Hörner, welche verschiedene (gehörnte) Thiere an der Stirn tragen und die gewöhnlich paarweise vorkommen, dienen zur Schutz- und Angriffswaffe. Bei den meisten Thieren treten sie erst zur Zeit der Mannbarkeit heraus und bei einigen Gattungen haben nur die Männchen Hörner, oder doch stärkere und ausgebildetere als die Weibchen. Man bedient sich des Horns zur Verfertigung von allerlei Gegenständen und Geräthschaften, als Kämmen, Knöpfen, Dosen, Pfeifenspitzen, Pfeifenröhren, Pulverhörnern u. dgl. Ehemals benutzte man die Hörner vorzüglich zu Trinkgeschirren, gab auch wohl solchen Geräthschaften, welche aus andern Stoffen bereitet wurden, die Gestalt von Hörnern und nannte sie Trinkhörner. Die Anwendung des Horns ist größer geworden, seit man gelernt hat, es auf mannichfaltige Weise zu verarbeiten. Man zerschneidet, drechselt, preßt, löthet und biegt es. Sogar aus den Abgängen, Hornspänen, macht man jetzt kunstvolle Geräthschaften, indem man sie mit heißem Wasserdampfe erweicht, in Formen preßt und wieder verhärten läßt. Die Hornspäne geben angefeuchtet auch einen ausgezeichneten Dünger. Der Handel mit Hörnern ist bedeutend. Am geschätztesten zu Hornarbeiten sind die Hörner der engl. Ochsen, welche sich durch Größe, Festigkeit, Weiße und Durchsichtigkeit auszeichnen. Die aus ihnen gedrehten und polirten Gegenstände kommen an Durchsichtigkeit dem Glase nahe. Sehr groß und fest sind die brasil. Hörner, aber, wie alles amerik. Horn, schwarz. Die ungar. Ochsenhörner sind nach den engl. die besten; auch das franz. Horn ist gut; aber das deutsche sehr ungleich und das poln. schlecht. Die Hörner nehmen mit dem Alter nicht nur an Größe, sondern auch an Dichtigkeit und Festigkeit zu. Man erkennt ihr Alter an den Jahrringen, welche sie auf ähnliche Weise wie das Holz zeigen. [415] Die Alten sahen in den Hörnern ein Zeichen der Kraft und Majestät und bildeten mehre ihrer Götter mit Hörnern ab. Ja neuerer Zeit haben die Hörner eine weniger ehrenhafte symbolische Bedeutung erhalten, indem man sie bekanntlich zum Abzeichen der Hahnreie gemacht hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 415-416.
Lizenz:
Faksimiles:
415 | 416
Kategorien: