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Militärheilkunde

[264] Militärheilkunde (Medicina militaris) hat die ärztliche u. wundärztliche Besorgung der Soldaten zum Zwecke. Die Griechen vor Troja hatten an Machaon u. Podalirios Ärzte. Die Römer übergaben zuerst unter den Kaisern die Heilung der Krieger eignen Ärzten (Medici vulnerarii). Bei den Deutschen versahen die dem Heer nachziehenden Weiber das Geschäft der Wundärzte. Wegen der durch die Anwendung des Schießpulvers vermehrten Verletzungen wurden im 16. Jahrh. allen Heeren Ärzte zugetheilt, u. machte später Frankreich durch Porre die Ausbildung der Militärheilkunde wesentliche Fortschritte, denen alle civilisirten Staaten u. bes. Preußen folgten. Dennoch blieben bis zum 18. Jahrh. die Feldärzte (Militärärzte, Feldscherer) wenig mehr als gewöhnliche Chirurgen: zur Bildung guter Militärärzte wurden in Preußen das Friedrich-Wilhelmsinstitut u. die Medicinisch-Chirurgische Militärakademie in Berlin, in Österreich die Josephsakademie in Wien, in Sachsen die Medicinisch-Chirurgische Akademie in Dresden, in Württemberg die Karlsakademie in Stuttgart u.a. errichtet. Das Militärmedicinalwesen bildet eine besondere [264] Abtheilung des Verwaltungsdepartements der Kriegsministerien. Die Militärärzte stehen im Solde des Staats u. haben eigne Uniformen u. Rangordnung. Die Einrichtung u. Eintheilung des Militärmedizinalwesens der einzelnen Staaten ist unter Geographie bei diesen zu finden. Die Thätigkeit der M. wird im Kriege, auf Märschen, in Bivouacs, Lagern, in Festungen, bei Belagerungen, auf Schlachtfeldern, bei den Ambulancen u. in Lazarethen etc. in Anspruch genommen, im Frieden fällt ihr die Untersuchung der zu Recruten auszuhebenden Mannschaften, die Ausrangirung der untauglich Gewordenen (Invaliden), die Bekleidung, Beköstigung u. Wohnung der Mannschaften, die Gesundheitspflege beim Exerciren od. Manoeuvres, die Organisation u. Beaufsichtigung der Bildungsinstitute für Militärärzte, die Einrichtung u. Leitung der Lazarethe u. der Militärapotheken zu. Die Versorgung der Kranken mit Medicamenten u. dem nöthigen Verbandapparate war früher in den meisten Staaten gegen eine bestimmte Summe (Medicingelder) den Militärärzten überlassen, wird aber jetzt durch besondere, durch den Staat besorgte Lazareth- od. Feldapotheken, welche am besten aus einer Centralapotheke versehen werden, bewirkt. Das Dispensiren besorgen meist nach Anleitung einer besonderen Pharmakopöe (Militärpharmakopöe) besondere Chirurgen, in manchen Heeren vorzüglich zur Zeit des Krieges auch Apotheker (Feldapotheker).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 264-265.
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