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Sikhs

[84] Sikhs (d.i. Schüler), eigentlich religiöse Secte, welche sich aus Dschats, Radschputten, Afghanen, Mongolen, Hindus, Arabern etc. als eigenes Volk an der nordwestlichen Spitze Vorderindiens ausbildete u. als ein staatliches Gemeinwesen im heutigen Pendschab (s.d.) auftrat. Ihre Religion ist ein Gemisch von Brahmaismus u. Islam. Der Stifter derselben, Nanek (Nanik, Nanakas) Schah, Sohn des Kalo, war 1469 zu Telwendei (j. Radschapur) in Lahore geboren, neigte sich von Jugend an zu religiösen Grübeleien u. schwärmerischen Ideen, zog in. Indien umher, lehrte die Einheit u. Allgegenwart Gottes u. Gleichheit aller Menschen, verwarf also Götzendienst u. Kastenwesen, erwarb viele Anhänger u. starb 1559. Einer seiner Nachfolger, Guru (d.h. Meister) Gowinda, um 1670, bildete sein System weiter aus u. gilt nebst Nanek den S. als ein Erlöser u. hoher Prophet. Die Grundlagen dieser Religion sind die des Deismus; sie erkennen die Vedas der Hindu an, behaupten aber, die Indische Religion sei durch den Polytheismus verdorben. Sie. legen auf Abwaschungen großen Werth u. glauben an Seelenwanderung; gute Menschen kommen geradezu ins Paradies, sündhafte werden einer neuen Prüfungswanderung unterworfen, schlechte wandern namentlich durch Hunde u. Katzen. Sie tödten keine Kuh. Die Lehre des Sündenfalls, der Belohnungen u. Strafen nach dem Tode haben sie mit den Hindu u. Moslemin gemein Ihr Religionsbuch ist der Adi-Granth, welcher in Versen mit Gurumuk Charakteren, einer Art der Nagarischrift, geschrieben ist u. auch zum Theil die Sprüche des Nanek enthält. Ein anderes heiliges Buch ist von Gurn Gowinda u. heißt Dasonna Padschahka Granth. Ihre Aempel sind einfach u. ohne alle Bilder. Der Gottesdienst besteht aus Lesen von Stücken aus dem Adi-Granth. Die Waffenweihe, wobei der S. Flinte, Schwert, Bogen, Pfeil u. Speer erhält, ist zugleich die Religionsweihe der S. (Pahal), welche Gowinda einführte. Man sagt dem Neophyten, daß er sich Bart u. Haare wachsen lassen, die Feinde der S. mit den Waffen vertilgen a. sich blau kleiden muß. Dabei muß der Jünger einen Becher mit Sorbet trinken; hierauf werden ihm einige Tropfen davon auf das Haupt gegossen, es werden einige Stellen aus den heiligen Büchern vorgelesen u. er vor fünf ketzerschen Secten gewarnt; fünf S. müssen bei dieser Weihe zugegen sein. Neubekehrte nehmen sie ohne Schwierigkeit auf, doch verlangen sie von Muhammedanern u. Juden den Genuß des Schweinefleisches; die Hindu behalten ihre Sitten bei. Kasten erkennen die S. nicht an. Eine eigene Klasse der S. bilden die von Guru Gowinda in Amretsir, der Hauptstadt der S., gestifteten Akalts (d.h. Unsterbliche), denen die Leitung aller Religionsfeier dort anvertraut ist. Amretsir ist auch zugleich die heilige Stadt der S., nach welcher jeder einmal in seinem Leben wallfahrten muß. Tabak raucht nur ein einziger Stamm, alle leben mäßig u. enthaltsam, Genuß des Opiums ist allgemein. Das Heirathen außer der Secte ist verboten; Wittwen können sich wieder verheirathen. Die Todten werden verbrannt. Unter den S. herrscht Gleichheit, obschon sie sich in Secten theilen, welche zum Theil durch Rohheit u. Unduldsamkeit, alle Secten aber durch fanatischen Patriotismns sich auszeichnen. Die beiden Hauptsecten sind die Khawalsa, welche blos die Lehre Naneks u. seiner neun Nachfolger, u. die Khalassa, welche auch die des Gowinda annehmen. Ihre weltlich-geistlichen Führer waren die Guru, ihre Häuptlinge die Sirdars; sie herrschten unumschränkt im Namen der Religion, welche sie alle verbindet; das gemeinschaftliche Oberhaupt, welches aber wenig galt, wurde vom Volksrath (Guru Maca), welcher bei wichtigen Angelegenheiten zu Amretsir zusammenberufen wurde, gewählt; wenn ein Oberhaupt den Unterthanen mißfiel, so stand es diesen frei dasselbe zu verlassen, daher die Regierung der Sirdars meistmilde war. Zu Anfang dieses Jahrhunderts gelang es dem Sirdar Rundschit Singh über die anderen Sirdare im Pendschab, bes. durch ein von französischen Offizieren eingeübtes Heer, als Maharadscha die Obergewalt zu erringen u. so einen eigenen größeren Staat zu gründen. Nach Runtschit Singhs Tode (1839) folgte aber eine wilde Soldatenherrschaft; die S. kamen mit den Briten in Verwickelung u. griffen diese mit Heeresmacht an, wurden aber geschlagen u. mußten das Land zwischen Setledsch u. Bias an die Briten abtreten u. ihr Heer entwaffnen; bald kam es zu neuen Kämpfen, die S. wurden abermals besiegt (s. Pendschab u. Indien) u. ihr Gebiet wurde 1849 dem britischen Besitz einverleibt. Bei Unterdrückung der Meuterei im indischen Heere von 1857 haben sich die Sikhstruppen als zuverlässig für die Engländer bewährt. 1859 wurde ihr Gebiet zu einem eigenen Gouvernement (direct dem Generalgovernor [Vicekönig] untergeordnet) erhoben. Vgl. M'Gregor, The history of the S., London 1846; Cunningham, A history of the S. etc., ebd. 1849.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 84.
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