[335] Karpfen, 1) (Cyprinoldes), nach Cuvier eine Familie der weichstrahligen Bauchflosser, Fettflosse fehlt, Mund klein, Kinnladen schwach, oft zahnlos, Oberkiefer ganz vom Zwischenkiefer gebildet, Kiefern u. Gaumen meist ohne Zähne, dagegen der Schlundknochen meist mit Zähnen, viel Schuppen, wenig Kiemenstrahlen: lieben weniger thierische Nahrung (einige jedoch Würmer, Fischbrut etc.), mehr Thon, fette Erde, Kräuter, Brod etc. Einige unter ihnen sind Zugfische, die meisten sind schmackhaft u. Süßwasserfische, laichen im April u. Mai. Nach Cuvier getheilt in die Gattungen: Karpfen (Cyprinus), Grundel (Cobitis), Hochschauer (Anableps), Poecilia, Labeo, Cyprinodon, Fundulus, Molinesia, s.d. a. Der größte Theil derselben steht bei Linné unter der Gattung Cyprinus. 2) (Cyprinus L.), Gattung aus voriger Familie, Kinnladen, Zunge u. Gaumen zahnlos, Mund klein, drei Kiemenstrahlen platt, am Schlundbeine aber dicke Zähne (Karpfensteine), zwischen welchen u. einem gegenüberliegenden knorpeligen Wulste (gewöhnlich Karpfenzunge genannt) die Nahrungsmittel zerrieben od. zerquetscht werden; auf dem Rücken ist nur Eine Flosse, auf dem Leibe sind meist große Schuppen; die längliche Schwimmblase ist getheilt; Arten zahlreich, meist schmackhaft u. leben in süßem Wasser. Man unterscheidet im gemeinen Leben Grundkarpfen, welche mehr die Tiefe des Wassers lieben (gemeiner K., Karausche u. m.), von denen, die mehr die Höhe lieben; jene sind die größeren; ferner Breit- u. Schmalkarpfen, nach der Körperbildung. Im Systeme unterscheidet man folgende Untergattungen: A) Eigentliche K. (Cyprinus Cuv.), Rückenflosse länger als die Afterflosse, am Anfange mit 12 starken Knochenstrahlen, am Mundwinkel 4 Bartfäden; Art: Gemeiner K. (Cyprinus carpio), hat 4 Bartfäden, 9 Strahlen in der Afterflosse, Kopf groß, Lippen dick; oben schmutzig blau- od. dunkelgrün, seitlich olivengrün, unten weiß; meist ist der K. 36 Pfund schwer, der größte, der bisher bekannt geworden ist, hatte die Größe von 21 (nach And. 9 Fuß) Ellen in der Länge, 1 (11/2) Elle in der Höhe u. 70 Pfund Schwere erlangt; alt wird er über 200 Jahre. Eintheilung nach ihrem Aufenthalte: in Teich- (Wilde) K., See- u. Fluß- (Zahme) K., von denen die letzteren die schmackhaftesten sind. Abarten des K-s, auch als eigene Arten betrachtet, sind: a) Spiegelkarpfen (Cyp. rex cyprinorum, od. als eigene Art betrachtet Cyp. macro-lepidotus, C. specularis), nackt mit drei Reihen großer Schuppen, in der Donau, dem Bodensee, auch zur Zucht in Teichen gehalten; b) Lederkarpfen (C. coriaceus, C. nudus), braun, ohne alle Schuppen, vorzüglich häufig in Schlesien; c) Sattelkarpfen, mit großen Schuppen über den Rücken; d) Anna-Karolinenkarpfen (C. Anna Carolina), Rückenflosse sehr lang, dreieckig, 2 Bartfäden, kurze Afterflosse, große gabelige Schwanzflosse, goldig u. silberig, mit grünlichen u. schwarzen Flecken, aus Thina, vielleicht nur künstlich erzogener Bastard; Fraß: kleineres Gewürm, doch mehr Pflanzentheile (sehr gern gekochte grüne Erbsen), allerhand Unrath, bes. Schafmist. Laichzeit im Juni, der Rogen zählt bis 700,000 Eier. Den Winter legen sich die K. in Schlamm neben einander od. graben sich etwas in denselben ein u. ruhen. Die K. sind schlau, entgehen leicht dem Netze u. Hamen, weniger der Angel, lassen sich leicht kirren, hören auf den Klang einer Glocke u. lernen selbst aus der Hand fressen. Sie sind aus Süddeutschland ins nördliche gekommen u. seit 1512 in England, seit 1560 in Dänemark u. seit 1585 in Preußen heimisch. Mit Karauschen u. Gibel können sie Bastarde (Karauschenkarpfen, kleiner, mit großem Kopf, kleinen Schuppen, höchstens 3 Pfund schwer) erzeugen, die auch fruchtbar sind, zuletzt aber in einen od. den anderen Stamm übergehen. Auch gibt es wirkliche Zwitter (Zwitterkarpfen, mit Milch u. Rogen). Wegen ihres Fleisches sind sie Gegenstand der Karpfenzucht u. Karpfenfischerei. Zur Zucht der zahmen K. hat man drei Teiche nöthig, welche nicht zu schattig liegen, hinlänglichen Wasserzugang haben u. abgelassen werden können. Haben die Karpfenteiche Zufluß von Wasser aus Ortschaften, von Feldern, Wiesen, Weiden, so ist dies sehr vortheilhaft. Der eine Teich (Streichteich) dient zum bequemen Ablegen des Rogens u. ersten Wuchs der jungen K.; er muß klares Wasser haben, warm liegen, frei von Raubfischen, Fröschen, Gänsen u. Enten, von moorigem u. kiesigem Boden, nicht zu tief sein u. keinen Zufluß von nahrhaftem, fettem Wasser haben; Quellen im Teiche selbst sind schätzbar. In einem Streichteiche werden auf je einen Magdeburger Morgen Fläche zwei männliche u. ein weiblicher, auch wohl zwölfjähriger K. (Laich- od. Streichkarpfen) im Mai od. Juni gesetzt. Aus dem Streichteiche wird die Brut in die Streckteiche gesetzt, um aus ihr einsammerigen u. mit diesem zweisommerigen Satz zu erziehen. Die kleinen, noch nicht über 1 Jahr alten K. heißen nämlich Brut; im zweiten Jahr ihres Alters heißen sie einjähriger, im dritten Jahr zweisommeriger Satz. Die Streckteiche müssen sehr nahrhaft sein u. sowohl von Raubthieren als zahmem Geflügel frei gehalten werden. Die besten Streckteiche sind die von mittler Größe. Die Besetzung der Streckteiche geschieht in der Regel aus den Winterhaltungen im Frühjahr, wenn es nicht mehr stark friert; Streckteiche von schlechter Nahrung dürfen entweder nur schwach besetzt od. müssen mit Träbern, Schafmist, Kleie, Brod, geschrotenem Malz u. dergl. gefüttert werden. Man läßt die K. in der Regel 2 Jahre in diesem Teiche u. versetzt sie dann in die Haupt- od. Besetzteiche, um aus ihnen Verkaufswaare zu erziehen. Man wählt dazu die größten u. tiefsten Teiche. Werden die Hauptteiche jedes Jahr gefischt, so besetzt man sie mit zweisommerigem, werden sie jedes zweite Jahr gefischt, mit einsommerigem Satz im Herbst od. zeitig im Frühjahr. In den Hauptteichen kann man auch noch Hechte, Börsche u. Schleien (auf 20 Schock Karpfensatz 1 Schock 4 Zoll lange Hechte, Schleien mehr) ziehen. Obgleich die K. gegen üble Witterung empfindlich sind, so ist doch ihr Leben ziemlich zähe, denn mit einem in Wein od. Branntwein getauchten Stück Brod im Maule u. in Schnee gepackt, kann man K. im Winter viele Meilen weit verschicken. Der Transport in Menge geschieht in großen Fässern mit Wasser, deren Spundloch zu Zeiten geöffnet wird. Der Fang der Flußkarpfen[335] geschieht mit Angeln, Reußen, Netzen (welchen sie aber oft durch Sprünge von 34 Fuß od. durch Verbergen im Schlamme entgehen), der Fang der Teichkarpfen aber nach dem Ablassen der Teiche mit Stangen- u. Bügelhamen od. Wathe. Von Krankheiten trifft sie der Moosausschlag, welcher durch häufiges Zulassen von reinem Wasser vertrieben wird, u. die Pocken. Feinde: der Kiemenwurm u. die Schwimmkäfer (s. b.). Aufbewahrung: für den Wirthschaftsbedarf in Fischkästen u. in eigenen Karpfenhältern, gewöhnlich Fischhältern od. Winterhaltungen. Sonst wurde von K. in der Medicin Anwendung von den Karpfensteinen, von Karpfengalle u.a. gemacht; jetzt wird die Galle noch zur Malerei (zu grüner Farbe), die Schwimmblase u. Schuppen zu einer Art schlechter Hausenblase, bes. aber das Fleisch, als leicht verdaulich, zum Verspeisen gebraucht. Am schmackhaftesten sind sie vom Oct. bis April. Die Milch ist leicht verdaulich, der Rogen aber nicht, welcher aber als rother Caviar (s.d.) eingemacht u. genossen werden kann. Die gemeinste Zubereitung ist, ihn gerissen u. in Stücken zerschnitten, mit Salz bestreut (gewöhnlich auch mit heißem Essig übergossen) in Wasser zu sieden. Außerdem bereitet man K. auch mit gewürzhaften Saucen, wie den Polnischen K. in einer Sauce von dem Blut der K., rothem Wein, Bier, mit Lebkuchen, Gewürz u. Wurzeln, od. den Schüsselkarpfen, den man in einer zinnernen Schüssel in einer Sauce von Butter mit Sardellen, Citronen u. dergl. bereitet; od. bäckt od. bratet ihn, wodurch er aber unverdaulicher wird. Seltener werden K. ausgenommen, gehackt u. mit Zuthat in der eigenen Haut gefüllt, od. als Hachis genossen, od. in Pasteten gebacken, od. marinirt, od. Karpfensülze daraus bereitet. Die sogenannte Karpfenzunge war zu Zeiten der Römer u. ist noch jetzt in Frankreich ein Luxusartikel. B) Karausche (Carassius Cuv.), eben so, aber ohne Bartfäden; Gemeine Karausche (Cypr. carassius), mit hohem, stark gekrümmtem Rücken, Schwanzflosse abgestutzt, Seitenlinie gerade, Farbe dunkelolivengrün, mit Goldschimmer; 1/21 Fuß lang, 1/211/2 Pfd. schwer; in Deutschland u. im nördlichen Europa überhaupt; wohlschmeckend; Gibel od. Steinkarausche (Cypr. gibelio), oben blau, unten röthlich, mit weniger gekrümmtem Rücken u. halbmondförmiger Schwanzflosse, Seitenlinie nach hinten gebogen; Länge 68 Zoll, 1/4 1 Pfund schwer; soll nur Varietät der Vorigen sein u. durch Mittelform in diese übergehen; Goldfischchen (C. auratus), in der Jugend schwärzlich, später orangeroth mit Goldschimmer od. silberweiß; 5 Zoll bis 1 Fuß lang; aus China u. Japan stammend, u. wegen seiner Schönheit in Europa häufig in Bassins u. Glasvasen gehalten, in letzteren nur sehr langsam wachsend; am besten füttert man sie mit Ameiseneiern; Bitterfisch (C. amarus L.), ist grüngelb, unten silberig u. wird nur 2 Zoll lang; in Nord- u. Ostdeutschland; wegen seiner Kleinheit wenig gesucht. C) Barbe (Barbus Cuv.), Rücken- u. Afterflosse gleich lang, 4 Bartfäden am Oberkiefer; Gemeine Barbe (C. Barbus), s.d.; Südliche Barbe (C. s. B. meridionalis); Hundsbarbe (C. s. B. caninus Bon.), Ritterbarbe (C. s. B. eques Cuv.) u. Gemeine Seebarbe (C. s. B. plebejus), letztere vier in Südeuropa; bei allen folgenden hat die Rückenflosse am Anfange keinen einfachen Knochenstrahl. D) Schleihe (Tinca Cuv.), 2 Bartfäden am Mundwinkel, Schuppen sehr klein; Gemeine Schleihe (C. Tinca s. T. vulgaris et chrysitis), s.d.; Goldschleihe (C. auratus), s.u. Schleihe. E) Gründling (Gobio Cuv.), eben so, aber mit großen Schuppen; Gemeiner Gründling (Großling, C. gobio s. G. fluviatilis), s.u. Gründling. F) Brassen (Abramis Cuv.), keine Bartfäden, Rückenflosse kürzer als die lange Afterflosse; Gemeiner Brassen (Blei, C. s. A. Brama), s.d.; Güster (Plötze, Weißfisch, A. Blicca), s.d.; Zope (Schwuppe, Dünneke, A. ballerus), schwarzbraun, nach unten weiß, 15 bis 16 Zoll lang; in salzigen Wassern in der Ostsee, in Pommern bis zum Kurischen Hall. G) Weißfisch (Leuciscus Klein.), keine Bartfäden, Rücken- u. Afterflosse kurz, fast gleich lang; Döbel (Häßling, C. s. L. dobula), s.d.; Kühling (Keuling, C. Idus), s.d.; Aland (Jese, C. Jeses); Plötze (Rothauge, Rotte, C. erythrophthalmus); Rothflosser (Rothauge, C. rutilus); Nase (Schwarzbauch, Schnäper, C. nasus); Uklei (Lauben, Nestling, C. alburnus) u. Ellerütze (Ellerling, Bitterfisch, Butzli, C. phoxinus s. Phoxinus laevis.Ag.); außerdem noch viele andere europäische u. außereuropäische Arten.
Buchempfehlung
Die beiden betuchten Wiener Studenten Theodor und Fritz hegen klare Absichten, als sie mit Mizi und Christine einen Abend bei Kerzenlicht und Klaviermusik inszenieren. »Der Augenblich ist die einzige Ewigkeit, die wir verstehen können, die einzige, die uns gehört.« Das 1895 uraufgeführte Schauspiel ist Schnitzlers erster und größter Bühnenerfolg.
50 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro