[384] Flugbahn (Kriegsw.), die Linie, welche ein Geschoß vom Beginne seiner Bahn bis zum Ziele beschreibt. Wenn lediglich die treibende Kraft wirksam wäre, so müßte die Bahn jedes Geschosses eine gerade Linie sein; doch es treten andere Kräfte noch hinzu. Zunächst die eigne Schwerkraft des Geschosses, welche es beständig der Erde zu nähern sucht, u. zwar in jedem folgenden Zeittheilchen mehr als in dem vorhergehenden; auf diese Weise würde die F. die Gestalt einer Parabel annehmen, wenn nicht der Luftwiderstand noch hinzukäme u. die Parabel in eine andere Curve verwandelte, welche man die Ballistische Linie nennt, deren Natur aber noch nicht vollständig hat dargestellt werden können. Der Luftwiderstand wirkt von verschiedenen Seiten: einmal von vorne aufhaltend, die Geschwindigkeit des Geschosses vermindernd, dann auch von oben, wenn das Geschoß steigt, od. von unten, wenn das Geschoß sich senkt. Mit der [384] Geschwindigkeit des Geschosses wächst auch der Luftwiderstand, derselbe vermindert sich, je größer bei gleicher äußerer Fläche die Schwere des Geschosses ist, u. er ist ferner abhängig von der Gestalt des Geschosses, indem ein kegelförmiges Geschoß die Luft mit geringerem Verlust an Geschwindigkeit durchdringt, als ein kugelförmiges. Hieraus nun folgt, daß die größte Schußweite nicht unbedingt durch größte Anfangsgeschwindigkeit erzielt werden kann, daß größere Geschosse in Bezug auf Schußweite vor den kleineren einen Vortheil haben u. daß längliche Geschosse vortheilhafter sind gls kugelförmige. Die F. eines Geschosses, welches mit einem Erhöhungswinkel abgeschossen wird, erhebt sich zunächst (aufsteigender Ast) bis zu einem gewissen Punkte (Scheitel), dann senkt sie sich wieder (absteigender Ast), u. zwar stets steiler, als sie gestiegen ist. Je geringer die Höhe der F. über der Ziellinie ist, desto rasirender ist die Bahn. Wenn das Geschoß den Boden erreicht, macht es einen Aufschlag; ist der Winkel, unter welchem es aufschlägt (Einfallwinkel) ein geringer, so prallt es wieder ab u. macht eine neue Bahn. Der Abprallwinkel ist stets größer als der Einfallwinkel. Eine F. mit Aufschlägen des Geschosses wird z.B. beim Roll- u. Ricochettschuß erzeugt. Die Seitenabweichungen eines Geschosses von der F. werden erzeugt entweder durch den Spielraum u. die, damit herbeigeführten Anschläge des Geschosses an die Wände des Rohrs od. durch die Bewegung der Luft, od. auch durch die Drehung des Geschosses um seinen Schwerpunkt od. um seine Achse. Man kann diese Fehler nicht beseitigen, aber wohl regeln u. vermindern. Bei den großen Hohlgeschossen erreicht man dies durch das Polen od. Centriren, bei den Geschossen der Handfeuerwaffen durch das Anbringen von Zügen in letzteren. Indem diese Züge gewunden geführt werden, erhält das Geschoß eine stetige Seitenabweichung (Derivation) nach der Seite der ihm mitgetheilten Rotation um seine Längenachse. Die F. der Raketen, wenn auch den selben Naturgesetzen unterthan, unterscheidet sich doch zum Theil von der der andern Geschosse, weil ihre Geschwindigkeit durch das Abbrennen des Treibsatzes bis zu dessen Erlöschen fortwährend wächst, u. weil durch das Verbrennen dieses Satzes der Schwerpunkt der Rakete noch während der F. eine veränderte Lage erhält.