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Montmorency [2]

[433] Montmorency (spr. Mongmorangßi), alte französische Familie. Der jüngere, aber erste herzogliche Zweig der Barone von M. erlosch 1632 mit Heinrich II. von M., u. die Familie setzte sich in dem älteren Zweige u. dem Zweige von Laval fort. I. Der ältere Zweig theilte sich in folgende Häuser: A) Das Haus von M. Nivelle, erlosch 1570 u. vererbte seine Titel u. Besitze auf B) das Haus M. Fosseux, welches noch jetzt besteht; Chef ist Anne Louis Victor Raoul, Herzog von M. Fosseux, geb. 1790, jedoch kinderlos. Dieses Haus hat die Herzogswürde seit 1551; sie wurde erneuert 1688. C) Das Haus von M. Wastines, gestiftet 1490 von Ogier, Baron von M., erlosch 1813 mit Anne Louis Alexander de M., Prinzen von Robecque u. Morbecque. D) Das ältere Haus von M. Bouteville (daraus der Marschall Luxembourg) erlosch 1761 u. vererbte Titel u. Besitze auf E) das Haus M. Chatillon-Bouteville d'Olonne od. M. Pinei-Luxembourg, gestiftet 1696 von Paul Sigismund de M., drittem Sohn des Marschalls Luxembourg, besteht noch jetzt; Chef ist Charles Emanuel Sigismund de M., Herzog von M. Luxembourg, Generallieutenant u. Pair von Frankreich (vor 1830), geb. 1774. F) Das Haus von M. Tingri besteht noch jetzt; Chef ist Anne Edouard Louis Josephe de M., Herzog von M. Beaumont u. Prinz von Tingri, geb. 1802; beide sind jedoch ohne Nachkommen.

II. Der Zweig von Laval schied sich von dem jüngeren Zweige des Hauses M. 1230, wo Gui II. de M. Emma, die Erbtochter des Grafen von Laval, heirathete u. sich seitdem Graf u. Baron von M. Laval nannte. Dieser Zweig theilte sich in: A) das ältere Haus Laval, welches 1822 herzoglich wurde u. mit Eugen Alexander M., Herzog von M. Laval, Generallieutenant u. Pair (vor 1830), geb. 1773, den 7. Juni 1851 ausstarb. B) Das Haus M. Laval-Lesai, gestiftet 1783, welches mit 1) Anne Pierre Adriende M., Herzog von M. Laval, Herzog von San Fernando Luys, Pair von Frankreich, Grand von Spanien erster Klasse, Bruder des Vorigen, geb. 1768, Gesandter 1814 in Spanien, 1822 in Rom, 1828 in Wien, 1829 in London, 1829 Minister des Auswärtigen (zog sich seit 1830 zurück), den 8. Juni 1837 ausstarb. C) Das jüngere Haus Lavalod. M. Laval-Bois-Dauphin, gestiftet 1433, erlosch schon 1672. Sämmtliche M-s heißen seit 1327 Les premiers Barons chrétiens de France. Es stammen aus dieser Familie 6 Connetables, 11 Marschälle u. 4 Admirale von Frankreich. 1814 haben auch III. die irischen Lords Morres (od. Marisco) ihre directe Abstammung vom Hause M. nachgewiesen, u. der erstgenannte katholische Zweig der irischen M-s ist nach dem Erscheinen des Genealogical memoir of the family of M. of Morres, welches der Chef dieses Zweiges in Paris herausgab, von den französischen M-s u. dem Könige von Frankreich anerkannt worden. 1816 verlangte auch der jüngere protestantische Zweig Morres-Francfort Anerkennung u. Erlaubniß, den Namen M. zu führen. Das Haus M.-Morres hatseit 1763 die deutsche Reichsgrafenwürde u. ist in Österreich ansässig. Chef der Familie ist 2) Graf Hervé v. M. – Morres, geb. 1804, k. k. Kämmerer. Sicher kommen die M-s erst im 10. Jahrh. vor, wo 3) Bouchard Sire de M. um 950 sich im französischen Heere hervorthat. 4) Alberich, um 1060, war Connetable u. der Erste, welcher diese Stelle von einer Hofcharge zur höchsten Staats- u. Militärwürde erhob. 5) Thibaut, Neffe des Vor., gleichfalls Connetable, glänzte am Hofe Philipps I. u. wurde den Prinzen von Geblüt gleich behandelt. 6) Matthieu I., Großneffe des Vor., erhielt um 1130 die Stelle eines Connetable. Sein Stammvermögen, seine Heirath mit Aline, natürlicher Tochter des Königs Heinrich I. von England, u. seine zweite mit Alice von Savoyen, Wittwe Ludwigs VI. u. Mutter Ludwigs VII., machten ihn zu einem der mächtigsten Fürsten seiner Zeit. Er führte in der Abwesenheit seines Stiefsohnes, Ludwigs VII., welcher nach Palästina gezogen war, 1147 die Regentschaft mit Suger u. dem Grafen von Vermandois u. st. 1160. 7) Matthieu II. der große Connetable, Enkel des Vor., kämpfte in den Kriegen Philipp Augusts gegen England wegen der Normandie, entschied die Schlacht von Bovines 1214 gegen die Kaiserlichen, wohnte 1215 dem Kreuzzuge gegen die Albigenser bei, wurde 1218 Connetable u. verband die Einkünfte des Seneschalls u. das Commando der königlichen Heere mit dieser Würde. Von Neuem siegte er über die Engländer, nahm Niort, St. Jean d'Angely, das Gebiet von Limoges, Perigord u. la Rochelle u. schlug 1226 die Albigenser. Nach Ludwigs VIII. Tode nahm er sich dessen Wittwe u. Sohnes, Ludwigs IX., kräftig an, schlug die empörten Vasallen 1228 u. zwang sie zur Unterwerfung; er st. 1230. 8) Anne de M., geb. 1493 in Chantilly, zweiter Sohn Wilhelms von M., wurde mit Franz I. erzogen u. erhielt dessen Vertrauen. M. begann seine kriegerische Laufbahn in Italien, wohnte den Schlachten von Ravenna u. 1515 von Marignano bei, vertheidigte 1521 unter Bayard Mezières u. bestand hier, da der Graf von Egmond den Bravsten der dortigen Garnison zum Zweikampf forderte, siegreich den Ehrenkampf mit Jenem. 1522 zum Marschall von Frankreich ernannt, ging er als Gesandter nach England, wurde als Generaloberst der Schweizer im Sturm auf Bicoque verwundet, vertrieb den Connetable von Bourbon aus der Provence u. wurde 1525 bei Pavia mit gefangen. Er kaufte sich los, erhielt das Gouvernement von Languedoc u. wurde Grand maître de France. Als Karl V. 1536 wieder in die Provence eingefallen war, ging ihm M. entgegen, wich aber jeder Schlacht aus, bis Karl V. sich zurückzog. Er eilte hierauf nach der Picardie u. dann nach Savoyen, wo er bei Suza siegte. 1538 wurde M. Connetable. Durch sein rauhes u. stolzes Betragen beleidigte er Viele, u. seinen Feinden, vorzüglich der Maitresse des Königs, Marquise d'Estampes, gelang es, ihn einer zu großen Anhänglichkeit an den Thronfolger, Heinrich II., zu beschuldigen u. ihn so 1541 in Ungnade zu bringen. M. blieb nun bis 1547, wo Franz I. starb, in Chantilly u. Ecouen, kehrte dann an den Hof zurück u. bekam seine Stellen sämmtlich wieder. Die 1548 in Guyenne u. Bordeaux ausgebrochenen Unruhen[433] stillte er, eroberte 1550 Boulonnais u. 1552 Metz, Toul u. Verdun. 1557 wurde er bei einem Versuch, St. Quentin zu entsetzen, geschlagen u. gefangen; mit diesem Unfall verließ ihn sein Glücksstern. Nach seiner Befreiung schloß er 1559 den Frieden von Chateau Cambresis. Unter Franz II. verlor er allen Einfluß u. gewann ihn nur theilweise unter Karl IX. wieder, indem sich die verschiedenen Parteien seiner nur bedienten, um ein Gewicht in ihre Wagschale zu legen. Nachdem er mit Guise u. dem Marschall St. André das berüchtigte Triumvirat gebildet hatte, trat er auf die Partei Conde's u. des Königs von Navarra gegen die Guisen, verband sich aber wieder mit diesen, um gegen den Calvinismus anzustreiten. 1562 gewann er über den Prinzen Condé den Sieg von Dreux; doch gerieth er in Gefangenschaft. 1563 befreit, vertrieb er die Engländer von Havre, besiegte 1567 den Prinzen Condé bei St. Denis u. st. den 11. Nov. 1567 an den in dieser Schlacht erhaltenen Wunden in Paris. 9) Francois, Herzog von M., Sohn des Vor., geb. 1530, eröffnete seine kriegerische Laufbahn in Deutschland 1552, wohnte der Vertheidigung von Metz u. Terouane bei, wurde aber hier gefangen u. nach seiner Befreiuung 1556 Gouverneur von Paris. Er heirathete darauf Diana, Tochter des Königs Heinrich II. u. folgte 1567 seinem Vater im Herzogthum; unter Franz II. wurde er Marschall u. unter Karl IX. ging er 1579 als französischer Gesandter nach England; nach seiner Rückkehr wurde er, der Theilnahme an der Verschwörung von St. Germain-en-Laye beschuldigt, in die Bastille gesetzt, aber von Katharina von Medici, obgleich sie ihn haßte, 1576 freigelassen, um dem Hofe den Herzog von Alencon zu gewinnen; er st. 5. Mai 1579. 10) Dianade France, natürliche Tochter Heinrichs II. u. der Philippine Dne, einer Piemonteserin, geb. 1538; sie vermählte sich 1553 mit dem Herzog von Castro u. nach dessen kurz darauf erfolgtem Tode 1557 mit dem Vor. In den damaligen Bürgerkriegen bewirkte sie die Aussöhnung zwischen Heinrich III. u. IV. Heinrich III. hatte ihr die Herzogthümer Angoulème u. Chatellerault, die Grafschaft Ponthieu u. das Gouvernement Limousin gegeben; sie st. 1619. 11) Henri I., Bruder von M. 9), geb. 1534, hieß vorher Herr von Damville, vertheidigte 1552 Metz mit, wurde 1557 mit bei St. Quentin gefangen, machte die Schlacht bei Dreux 1562 mit u. wurde 1563 Gouverneur von Languedoc. 1567 erhielt er den Marschallstab u. wohnte der Schlacht von St. Denis bei. Unter Heinrich III. 1574 stellte er sich an die Spitze der Politiker (s.d.) u. führte sich in Languedoc als König. Nach seines Bruders Tode folgte er diesem 1579 als Herzog von M. Nach Heinrichs III. Tode proclamirte er Heinrich IV. als König u. empfing dafür das Schwert als Connetable 1593; er starb 1614. 12) Henri II., Sohn des Vor., geb. 1595 in Chantilly; Ludwig XIII. ernannte ihn 1612 zum Admiral, u. 1614 folgte er seinem Vater als Herzog. Er machte den Religionskrieg 1620–22 mit, nahm 1625 die Inseln Rhé u. Oleron, wohnte 1628 der Belagerung von Rochelle bei, befehligte 1629 u. 30 im Mantuanischen Erbfolgekriege als Generallieutenant in Piemont, schlug u. nahm den General Doria gefangen u. wurde deshalb Marschall von Frankreich. 1632 ließ er sich verleiten, sich gegen Ludwig XIII. zu erheben; von Richelieu durch die Versagung der Connetablewürde beleidigt, schloß er sich an die Königin Mutter u. den Herzog von Orleans an u. erregte für diese einen Aufstand in seinem Gouvernement Languedoc. Vergebens suchte ihn Richelieu durch seine Freunde zur Ruhe zu überreden u. ließ ihn u. dann den Herzog von Orleans durch den Marschall von Schomberg angreifen. Bei Castelnaudary erlitt M. 1. Sept. 1632 eine gänzliche Niederlage u. wurde mehrmals verwundet, gefangen u. als Hochverräther am 30. Oct. 1632 in Toulouse enthauptet. Da er keine Kinder hinterließ, so fielen die Güter der M. an: 13) Charlotte Margarethe, Schwester des Vor., geb. 1594, welche seit 1609 mit Heinrich II. von Bourbon, Prinzen von Condé, vermählt war u. 1650 starb; mit ihr kam das Herzogthum M. an das Haus Conde. 14) Marie Felice Orsini, Herzogin von M., geb. 1600 in Rom, aus dem Geschlecht Orsini, Verwandte der Marie von Medici, welche ihre Heirath mit M. 12) veranlaßt hatte, nahm an seiner Felonie keinen Theil, wurde jedoch verhaftet u. nach dem Schloß Moulins geschafft, nach Jahresfrist aber wieder freigelassen. Sie brachte nun ihre Zeit in beständiger Trauer zu u. zog sich dann in ein Kloster zu Moulins zurück. 1652 ließ sie ihrem Gatten ein Mausoleum in Toulouse errichten u. nahm 1657 den Schleier; sie starb 1666. 15) François de M., Graf von Bouteville, Statthalter von Senlis, Sohn Ludwigs von M., forderte gegen die Verbote Heinrichs IV. u. Ludwigs XII. jeden zum Zweikampf, von dessen Tapferkeit er gehört hatte, u. tödtete in kurzer Zeit mehre der angesehensten Franzosen. 1627 mußte er deshalb nach Brüssel fliehen, wo ihn der Marquis von Beuvron, Verwandter des Grafen von Thorigny, des Letzten, welchen M. getödtet hatte, aufsuchte, um diesen zu rächen. Die Erzherzogin Statthalterin versöhnte sie; da aber Beuvron hierbei von Neuem beleidigende Worte fallen ließ, u. der König M. die Begnadigung verweigerte, schwur dieser, sich selbst auf dem Place royale in Paris zu schlagen; er kehrte mit seinem Freund, dem Grafen von Chappelles, heimlich dahin zurück u. schlug sich nebst diesem u. noch einem Freunde auf offenem Platze mit Beuvron u. mit zwei seiner Freunde. Chappelles erlegte seinen Gegner, u. die Duellanten entflohen nun, M. u. Chappelles wurden aber eingeholt u. hingerichtet. 16) Franc. Henri, Herzog von M. Luxembourg, Sohn des Vor., s. Luxemburg 4). 17) Magdalene Angelica von Neufville-Villeroi, Herzogin von M.-Luxembourg, geb. 1707, verheirathete sich 1721 mit dem Herzog von Boufflers, welcher 1747 starb. Sie war schön u. geistreich, wurde 1734 Palastdame, führte ein ziemlich regelloses Leben, verband sich 1750 mit dem Marschall Karl Franz Friedrich von M., Neffen des Marschalls von Luxembourg (geb. 1720, st. 1764), zeigte mit ihrem Gemahl Freundschaft für Rousseau, welchem sie einen Zufluchtsort im Thal von M. gestattete, wo Jener seine neue Héloise schrieb; sie beförderte den Druck des Emile, u. als das Parlament die Werke Rousseaus verdammt hatte, begünstigte sie dessen Entweichung. Nach dem Tode ihres Gemahls 1764 war ihr Haus in Paris der Sammelplatz der ausgezeichnetsten Personen des Hofes u. der Stadt, u. ob man sie gleich mehr fürchtete gis liebte, so machte ihr doch, weil ihr Urtheil entscheidend war, die ganze schöne Welt den Hof. Sie st. 1787 u. hinterließ ihrer Stieftochter, [434] Amalie von Bouffleurs, Herzogin von Lauzun, ihr Vermögen. 18) Matthieu Jean Félicité, Herzog von M.-Laval, geb. 1767 in Laval, machte den Amerikanischen Krieg mit, avancirte zum General, wurde 1789 Mitglied der Assemblée constituante u. schloß sich Anfangs der Revolution an, später flüchtete er u. lebte. zu Coppet in der Schweiz bei Frau von Staël u. kehrte erst 1814 zurück. Er wurde Adjutant beim Grafen Artois, ging 1815 nach Gent zu Ludwig XVIII., wurde Pair von Frankreich, 1821 Conseilpräsident mit dem Portefeuille des Auswärtigen u. 1822 Gesandter auf dem Congreß zu Verona; mit Villèle zerfallen trat er aus dem Ministerium, wurde 1824 Erzieher des Herzogs von Bordeaux u. st. 24. März 1826. Vgl. Les Montmorency de France et les Montmorency d'Irlande, Par. 1828.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 433-435.
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