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Seife

[297] Seife, das Produkt der Einwirkung von ätzenden Alkalien und Wasser auf Fette. Letztere bestehen aus Glyzeriden der Stearinsäure, Palmitinsäure und Ölsäure (Stearin, Palmitin und Olein), und diese Fettsäureglyzerylester werden durch Lösungen von Ätzkali oder Ätznatron (Laugen) zersetzt (verseift, Saponifikation), indem sich stearin-, palmitin- und ölsaures Alkali bilden und Glyzerin abgespaltet wird. Das Gemisch der genannten Alkalisalze ist die S. Je reicher das Fett an Stearin und Palmitin ist, um so härter wird die S., während die oleinreichen Öle weichere S. liefern. Von größerm Einfluß auf die Konsistenz der Seifen ist aber die Natur des Alkalis. Mit Ätzkali bereitete Kaliseifen sind stets weich, schmierig, hygroskopisch (Schmierseifen), während die Natronseifen (Sodaseifen) hart, fest, luftbeständig sind. Wenn man die wässerige Lösung einer Kaliseife mit Kochsalz (Chlornatrium) behandelt, so entstehen Natronseife und Chlorkalium. Doch enthält die S. stets noch etwas Kaliseife. Man erhält auch S., wenn man fette Säuren, wie die Oleinsäure, die im Handel als Olein vorkommt, mit ätzenden oder kohlensauren Alkalien neutralisiert. Man benutzt zur Seifenbereitung Talg, Palmöl, Palmkernöl, Kokosöl, Baumöl, Sesamöl, Erdnußöl, Baumwollsamenöl, Tran, Leinöl, Hanföl, seltener Rüböl, Schmalz, Pferdefett etc. Ferner wird die in Stearinfabriken abfallende Ölsäure auf S. verarbeitet und zur Darstellung der Harzseifen das Fichtenharz, stets aber nur in Verbindung mit Fetten, da die Seifen aus reinem Harz niemals fest werden und auch als Schmierseifen nicht verwendbar sind. Die Lösungen von Ätzkali oder Ätznatron bilden die Laugen des Seifensieders. Früher bereitete der Seifensieder diese selbst aus Holzasche, aus Pottasche (kohlensaures Kali) oder Soda (kohlensaures Natron), mit Hilfe von Ätzkalk, der dem Alkalisalz die Kohlensäure entzieht, so daß aus kohlensaurem Kali, resp. Natron Ätzkali, bez. Ätznatron wird. Bequemer ist die Benutzung von fertigem Ätznatron aus den Sodafabriken. Da nun mit 40 Teilen Ätznatron dasselbe erreicht wird wie mit 56 Teilen Ätzkali, und da überdies die Natronverbindungen erheblich billiger sind als die entsprechenden Kaliverbindungen, so werden letztere fast nur noch zu Schmierseifen benutzt, während man früher, solange Pottasche billiger war als Soda, Kaliseifen darstellte und diese durch Kochsalz (Chlornatrium) in Natronseife verwandelte. Die Konzentration der Laugen richtet sich teils nach dem einzuschlagenden Verfahren bei der Seifenbereitung, teils nach der Natur des zu verarbeitenden Fettes. Talg erfordert z. B. schwache, Kokosöl sehr starke Laugen. Die zur Verseifung der Fette erforderliche Menge Alkali schwankt nach der Zusammensetzung der Fette. Man braucht zur Verseifung von

Tabelle

Bei der Fabrikation billiger Seifen wird auch Wasserglas in großer Menge angewendet, und in Nordamerika benutzt man zur Verseifung aus Kryolith erhaltenes Natronaluminat.

Beim Zusammentreffen der Fette mit Ätzkali bildet sich zuerst eine emulsionsähnliche Mischung des Fettes mit der Lange, dann entstehen saure fettsaure Salze, die noch unzersetztes Fett suspendiert enthalten, und schließlich wird letzteres allmählich auch verseift, wobei die sauren Salze in neutrale, in S., übergeführt werden. Zur Ausführung der Arbeit benutzt man große, schmiedeeiserne Kessel und heizt diese mit direkter Feuerung oder Dampf. Zur Darstellung von Kernseife kocht man das Fett unter allmählichem Zusatz von starker Lauge, bis eine Probe des entstandenen Seifenleims auf Glas vollkommen klar erscheint. Dann fügt man 10–12 Proz. Kochsalz zu und erreicht dadurch bei der Unlöslichkeit der S. in Kochsalzlösung eine vollständige Gerinnung des Seifenleims zu weißlichen Flocken, zwischen denen klare Salzlösung steht. Bei weiterm Sieden (Klarsieden) zieht sich die S. mehr und mehr zu rundlichen Körnern zusammen und erreicht endlich die erforderliche Beschaffenheit, um in Formen geschöpft werden zu können, in denen sie erstarrt. Durchzieht man sie in den Formen mit einem Rührstab der Breite, dann der Länge nach in geraden Linien, so zeigen sie nach dem Erstarren Mandeln oder Blumen, nämlich Reihen von dunklern mandelförmigen Stellen in hellerm Grunde. Häufig wird die Kernseife geschliffen, und zwar von oben, indem man nach dem Klarsieden ganz schwache Lauge oder Wasser hinzufügt, oder bei sehr unreinen Materialien von unten. indem man die Unterlauge (eine Lösung von Kochsalz, überschüssigem Alkali, allerlei Verunreinigung und[297] als wichtigsten Bestandteil Glyzerin) abzieht und frische Lauge mit etwas Salz zusetzt. Bei starkem Kochen wird die S. dann wasserhaltiger. Nicht geschliffene S. erstarrt zu einer gleichmäßigen weißlichen oder grauweißen Masse, in der etwas wasserhaltigen aber scheidet sich bei langsamem Erkalten die Stearin- und Palmitinseife kristallinisch von der Oleinseife, die alle färbenden Verunreinigungen (Eisenseife, Schwefeleisen) einschließt. So entsteht die Kern- und Flußbildung der marmorierten S., die noch verstärkt wird, wenn man Eisenvitriol, Bolus oder Frankfurterschwarz bei der Verseifung zusetzt. Läst man möglichst dünn geschliffene S. längere Zeit ruhig stehen und schöpft sie dann vom Bodensatz ab, so er hält man glatte, abgesetzte weiße Kernseife, die aber mehr Wasser enthält als die marmorierte. Die Marmorierung bietet also Garantie, daß der Wassergehalt eine gewisse Grenze nicht überschreitet. 100 Teile Tal g geben 155 Teile Kernseife und etwa 5 Proz. mehr geschliffene marmorierte S. Marseiller S. wird aus 6 dz Baumwollsamen- und 6 dz Erdnußöl mit Natronlauge dargestellt. Man salzt aus, zieht die Lauge ab, versiedet den Kern mit 4 dz Palmkernöl und 4 dz Kokosöl und Natronlauge, salzt aus, zieht die Lauge ab, siedet den Kern dreimal mit frischer Lauge, wäscht ihn dann mit Salzwasser und fügt etwas Wasser hinzu, um ihn anzuschleifen. Nach dem Ablassen der Lauge schleift man die S. noch mit etwas Wasser und bringt sie in Formen. Die sogen. Wachsseife (Bleichseife) wird aus einem Gemisch von Talg, Kokosöl und Palmöl dargestellt, ist sehr rein und vollkommen neutral, schäumt besser als Talgseife und eignet sich auch für Färbereien. Sie wird häufig mit dem wie Bittermandelöl riechenden Nitrobenzol parfümiert (Mandelseife). Kernseife wird auch mit Harz dargestellt, indem man fertige Kernseife mit fertiger Harzseife mischt, oder eine Mischung von Fetten mit Harz verseift, dann die S. aussalzt, klar siedet, in Formen füllt und so stark mit heißem Wasser schleift, daß ein flüssiger Leim entsteht. Ölsäure neutralisiert man mit einem Gemisch von kohlensaurem und ätzendem Alkali. Man setzt die Ölsäure zu der siedenden Lauge, kocht unter weiterm Zusatz von Lauge, bis die S. fertig ist, salzt dann aus etc. Diese S. ist weicher und leichter löslich als Talgkernseife, wird aber härter, wenn man mit der Ölsäure etwas Talg verarbeitet.

Die Leimseifen werden stets mit Kokosöl dargestellt, das sich zwar sehr leicht, aber nur mit starken Laugen verseifen läßt und eine S. liefert, die unbeschadet ihrer Härte 50–60, selbst 75 Proz. Wasser, auch schwache Lauge bindet, niemals marmoriert, sondern stets weiß, alabasterartig durchscheinend ist, sehr stark schäumt und sich nur mit sehr viel Kochsalz aussalzen läßt. Rührt man flüssiges Kokosöl mit starker Lauge zusammen, so wird es sehr schnell verseift, und die S. kann alsbald in Formen gefüllt werden (kalt gerührte S.). Meist wird reine Kokosseife und besonders Toilettenseife auf kaltem Wege dargestellt, indem man das geschmolzene Fett in die Form bringt, die Lauge unter beständigem Rühren zusetzt und, wenn die Masse hinreichend verdickt ist, Farbstoffe und Parfüme beimischt. Gemische von Kokosöl mit andern Fetten werden wie gewöhnlich gekocht, aber auch diese Seifen binden sehr viel Wasser und Salzlösung, erscheinen dabei vollkommen hart, schrumpfen aber beim Aufbewahren stark ein und überziehen sich, wenn sie freies Alkali enthalten, mit seinen weißen Kristallen. Diese Seifen werden vielfach mit Stärke, Leim, Kreide, Ton etc. verfälscht, auch mit Wasserglas gefüllt. Die nach ihrem Ursprungsort benannten Eschweger Seifen (künstliche Kernseifen, Halbkernseifen) zeigen gute Marmorierung, sind fest und trocken, enthalten aber ziemlich viel Wasser. Zu ihrer Darstellung verseift man Talg oder Palmöl oder eine Mischung von beiden mit Sodalauge, salzt aus, schöpft den Kern in eine Kühlbütte, mischt ihn mit einer mit Kali- und Natronlauge bereiteten Kokosseife und kocht unter Zusatz von Lauge und etwas Salzwasser, um größere Ausbeute zu erzielen. Die S. wird dann in Formen gefüllt und die Flußbildung durch gutes Zudecken befördert. 100 Teile Fett liefern 200 Teile S. und mehr. Harzseifen werden aus Kokosöl, Palmöl, Talg und 30–100 Proz. Harz dargestellt. Diese Seifen pflegen stark mit Salzwasser gefüllt zu sein, enthalten freies Alkali, lösen sich leicht in Wasser und schäumen sehr gut. Man erhält 300 Proz. und mehr Ausbeute. Aus ungebleichtem Palmöl und wenig Harz erhält man gelbe, bei sehr hohem Harzgehalt braune Seifen. Die in den hölzernen oder eisernen Formen erstarrte S. wird mittels eines aus Draht gefertigten Seifenschneiders in Riegel zerschnitten.

Schmierseife wird aus Leinöl, Hanföl, Tran, Rüböl, Ölsäure und Kalilauge dargestellt. Man setzt indes stets etwas Natronlauge zu, weil sie billiger ist und natronhaltige S. mehr Wasser bindet, ohne zu weich zu werden. Das Fett wird zuerst mit schwacher Lauge, dann unter Zusatz von stärkerer Lauge gekocht und schließlich die S. mit sehr starker Lauge abgerichtet. 100 Teile Fett liefern 240–250 Teile Schmierseife, doch werden häufig bis 400 Teile dargestellt, indem man Harzseife zusetzt oder die S. mit Stärkemehl, Ton, Speckstein, Wasserglas verfälscht. Man unterscheidet im Handel Ölseife (Kronseife, braune, schwarze, grüne S.), eine dicke, durchscheinende, braune bis schwarze, auch grüne, penetrant riechende Masse mit 50 Proz. Wassergehalt, die aus Hanföl, Leinöl, Rüböl, Tran, Ölsäure dargestellt und mit Indigo grün, mit Galläpfelabkochung und Eisenvitriol schwarz gefärbt wird, und glatte Elain-, Schäl- oder Silberseife, die gewöhnlich aus Palmöl und Ölsäure oder aus Ölen unter Zusatz von Sodalauge dargestellt wird und gelblichweiß mit silberartigem Schein ist. Eine klare Schmierseife mit gröbern, körnig kristallinischen Ausscheidungen von stearin- und palmitinsaurem Kali erhält man aus Öl mit Palmöl oder Talg und möglichst sodafreier Lauge, wenn man die S. bei 9–12° langsam erkalten läßt. Solches Korn wird auch durch Beimischung von Stärke-, Ton- und Kalkkörnchen nachgeahmt. Toilettenseifen, wie Mandelseife etc., werden sorgfältig aus sehr reinen Materialien dargestellt, gefärbt und parfümiert. Man verwandelt die S. in Späne, setzt die Riech- und Farbstoffe zu, mischt die Masse auf der Piliermaschine oder Broyeuse zwischen Walzen und formt sie durch Pressen auf der Ballmaschine oder Peloteuse. Transparente S. erhält man durch Auflösen trockener Talgseife in Spiritus und Eingießen der klaren, gefärbten und parfümierten S. in Blechformen, in denen sie in einigen Wochen erstarrt; auch mit Soda- und Zuckerlösung wird transparente S. dargestellt. Glyzerinseife erhält man durch Lösen von Glyzerin in S. Bimssteinseife wird durch Einrühren von Bimssteinpulver in geschmolzene S. dargestellt und von Handarbeitern benutzt. Seifenmehl (Seifenpulver, Waschpulver, Fettlaugenmehl, Seifenextrakt), ein[298] als Wasch- und Reinigungsmittel vielgebrauchtes Fabrikat, wird durch Verseifen von Olein mit Ätznatronlauge, Zusatz von mehr oder weniger kalzinierter Soda und Wasser, Verdampfen, Trocknen und Mahlen hergestellt. Die zum Mahlen benutzte Mühle von Dick in Haaren bei Aachen besitzt ein Brechwerk, Mahlwalzen und ein Siebwerk.

Alkalische Erden, Erden und Metalloxyde bilden mit den Säuren der Fette unlösliche Seifen. Kalkseife entsteht beim Waschen mit hartem Wasser; daher bildet letzteres mit S. keinen Schaum und eignet sich überhaupt nicht zum Waschen. Kalkseife entsteht auch in Dampfkesseln, wenn mit kalkhaltigem Speisewasser Schmieröl hineingelangt. Auch spielt sie eine Rolle bei der Darstellung von Stearinsäure. Tonerdeseife kommt beim Wasserdichtmachen der Gewebe, beim Avivieren mit Tonerdesalzen gebeizter Gewebe und beim Leimen des Papiers zur Anwendung; Manganseife dient als Sikkatif; Bleiseife ist Bleipflaster; ein Gemenge von Kupfer- und Eisenseife dient zum Bronzieren von Gipsabgüssen; Arsenikseife ist ein Gemisch von S., Arseniger Säure, Pottasche, Kalk und Kampfer und wird zum Konservieren von Tierbälgen benutzt. Zu medizinischen Zwecken bereitet man eine Kaliseife (Sapo kalinus) aus 20 Teilen Leinöl, 27 Teilen Kalilauge und 2 Teilen Weingeist im Dampfbad und eine Natronseife (medizinische S, Sapo medicatus) aus 120 Teilen Natronlauge, 50 Schmalz, 50 Olivenöl, 12 Weingeist und 200 Teilen Wasser im Dampfbade; letztere wird mit einer Lösung von 25 Teilen Kochsalz und 3 Teilen Soda in 80 Teilen Wasser ausgesalzen. dann abgewaschen, stark ausgepreßt, getrocknet und gepulvert. Auch Jalappenseife aus gleichen Teilen Natronseife und Jalappenharz, Schwefelseife mit 510 Proz. Schwefel oder Schwefelcalcium, Teerseife, Sublimatseife werden arzneilich benutzt. Durch Zentrifugieren des Seifenleims hat man neutrale Seifen für medizinische Zwecke hergestellt. Überfettete S. ist neutrale S., aus 3 Teilen Talg und 1 Teil Olivenöl mit Natronlauge bereitet, enthält 2 Proz. Lanolin und 3 Proz. Olivenöl. Man benutzt S. in der Medizin als desinfizierendes Mittel bei verschiedenen Hautkrankheiten, äußerlich auch bei Skrofulose, Tuberkulose und sehr allgemein (besonders die überfettete S.) als Vehikel für Arzneimittel (Sublimat, Jod, Jodoform, Salizylsäure, Menthol etc.). Solche Arzneimittel werden auch in Mischung mit Seifenpulver angewandt. Schließlich dient S. zu Zahnseifen (Odontine, Kalodont), Suppositorien, Klistieren.

Gewöhnliche S. löst sich in Alkohol und in wenig Wasser. Mit viel Wasser zersetzt sich die S. unter Abscheidung von unlöslichem sauren, stearin- und palmitinsauren Alkali, während basisches Salz gelost bleibt. Dies wirkt lösend auf den Schmutz, welcher der Haut oder den Geweben meist durch Vermittelung von Fett anhaftet, das Fett wird von der alkalischen Lösung aufgenommen, und so wird der Staub etc. beweglich und haftet an den Flocken des unlöslichen sauren Salzes, das also für die Reinigung nicht bedeutungslos ist. Bei der Wirkung der S. kommt auch die große Benetzbarkeit aller Körper durch Seifenlösung und die alkalische Beschaffenheit der letztern in Betracht.

Bei der Untersuchung von S. wird der Wassergehalt durch anhaltendes Trocknen bei 110° und sofortiges Wägen bestimmt. Zur Bestimmung des Fettsäuregehalts übergießt man 6–10 g S. mit der 20–30 sachen Menge zwölffach verdünnter Schwefelsäure, erwärmt bis zur völlig klaren Abscheidung der fetten Säuren, schmelzt diese mit einer gewogenen Menge gut getrockneten weißen Wachses oder Stearinsäure zusammen, wäscht den erstarrten Kuchen auf einem Filter mit destilliertem Wasser, bis dieses frei von Schwefelsäure ist, und trocknet ihn unter einer Glocke über konzentrierter Schwefelsäure. Von dem Gewicht des Kuchens zieht man dasjenige des Wachses ab, der Rest repräsentiert die fetten Säuren der S. Verfälschungen von S. mit Kieselsäure, Kreide, Stärkemehl bleiben ungelöst zurück, wenn man die S. in Alkohol löst; enthält die S. Wasserglas, so scheidet Säure aus der wässerigen Lösung gallertartige Kieselsäure ab. Zusammensetzung einiger Scisen:

Tabelle

Im Homerischen Zeitalter war die S. nicht bekannt, und noch lange Zeit benutzte man zum Waschen Holzasche, natürliche Soda, Pflanzenabkochungen, vor allem aber gefaulten Urin. Vielleicht haben die Phöniker die S. erfunden, nach Plinius bereiteten die Gallier feste und flüssige S. aus Ziegentalg und Buchenasche und benutzten sie als äußerliches Arzneimittel und als Haarverschönerungsmittel; Galenos spricht von der deutschen S., die als Reinigungsmittel benutzt werde. Vielleicht aber war diese S. nur eine Mischung von Fett mit Asche, später mit Aschenlauge, wie dergleichen die Kabylen noch heute auf den Markt von Inneralgérien bringen. Durch die Benutzung von gebranntem Kalk bei der Herstellung der Lauge wurden dann bessere Seifen erzielt. Nachdem die Seifensiederei aus einem Haushaltungsgeschäft in den gewerblichen Betrieb übergegangen war, scheint sie sich jahrhundertelang durch das Mittelalter hindurch ohne besondere Entwickelung erhalten zu haben. Schon im 9. Jahrh. hatte Marseille einen bedeutenden Seifenhandel, im 15. Jahrh. lag der Handel besonders in den Händen Venedigs, und im 17. Jahrh. hatten Savona, Genua und Marseille die Führung. Marseille hat sich seitdem zum wichtigsten Fabrikplatz der Welt erhoben. Mächtige Förderung erhielt die Seifenindustrie, seitdem Chevreul die Natur der Fette und mithin das Wesen des Verseifungsprozesses kennen gelehrt, anderseits die Entwickelung der Sodaindustrie einen mächtigen Anstoß gegeben hatte. Gegenwärtig wird aus Liverpool allein mehr S. jährlich ausgeführt als vor Begründung der Sodaindustrie aus sämtlichen Häfen Großbritanniens zusammengenommen. Weiterhin wurde die Seifenindustrie durch die Einführung von Palmöl, Kokosöl, südamerikanischem und australischem Talg und nordamerikanischem Fichtenharz begünstigt. Das Kokosöl gestattete die Herstellung der Leimseifen, es kam um 1830 nach Deutschland, und Douglas bereitete zuerst Kokosnußöl-Sodaseife auf kaltem Wege für medizinische Zwecke. Deutschland führte 1905 an S. 14,539 dz ein und 98,906 dz aus. Vgl. die Handbücher[299] der Seifenfabrikation von Wiltner (6. Aufl., Wien 1906), Fischer (8. Aufl., Leipz. 1904), Engelhardt (2. Aufl., Wien 1896, 2 Bde.; »Toiletteseifen«, das. 1888), Deite (3. Aufl. mit andern Fachmännern, Berl. 1903–06, 2 Bde.); Brannt, Treatise on the manufacture of soap (Lond. 1888); Watt, Art of soap making (6. Aufl., das. 1901); Moride, Traité pratique de savonnerie (2. Aufl., Par. 1895, 2 Bde.); Lamborn, Modern soaps etc. (das. 1906); Eger, Seifenindustrie (Hannov. 1907); Stiepel, Grundzüge der allgemeinen Chemie und die Technik der Untersuchung etc. in der Seifenindustrie (Augsb. 1907); Unna, Über medizinische Seifen (Leipz. 1885); Jessner, Die kosmetische und therapeutische Bedeutung der S. (2. Aufl., Würzb. 1906). Zeitschriften: »Der Seifenfabrikant« (Berl., seit 1881); »Seifensieder-Zeitung« (Augsb., seit 1873); »Öl- und Fettzeitung« (Berlin, seit 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 297-300.
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