[870] Rheinweine, im weitern Sinn alle Weine von beiden Ufern des Rheins von Basel bis zum Siebengebirge, die der Seitenlande und der einmündenden Flußtäler, also die Weine Badens, des Elsaß, des Rheingaues, der Mosel, Nahe und Saar, der Ahr und des Unterrheins, Rheinhessens mit der Bergstraße und der Pfalz; im engern Sinne nur die Weine des Rheingaues. Diese Weine sind mit wenigen Ausnahmen weiß, goldhell, von trocknem, pikantem Geschmack und köstlichem Bukett, das kein andrer Wein in solcher Fülle und Kraft besitzt. Die R. machen leicht das Gefühl von Säure auf der Zunge; aber selbst bei den leichtesten vereinigt sich diese Säure mit so viel Aroma, Lieblichkeit und Feinheit, daß sie ein vortreffliches Tafelgetränk bilden. Im allgemeinen sind die edlen R. schwer, mäßig getrunken übertrifft ihre diätetische Wirkung, namentlich bei alten Leuten, diejenige aller bekannten Weine. Die R. lassen sich bei richtiger Behandlung jahrhundertelang aufbewahren. Die besten Rheingauer Weine, die sogen. Hochgewächse, sind mehrfach als die ersten der Welt gerühmt worden. Als R. ersten Ranges betrachtet man die von Johannisberg, Steinberg, Markobrunn, Rauenthal, Rüdesheim, Geisenheim, Hochheim, Gräfenberg, Aßmannshausen (rot); zweiten Ranges sind die von Hattenheim, Dorf-Johannisberg, Winkel, Östrich, Hallgarten, Vollrathsberg; dritten Ranges die von Erbach, Eltville, Eibingen, Kiedrich, Mittelheim, Schierstein, Walluf, Lorch (auch rot). Hauptplätze für den Handel sind: Rüdesheim, Eltville, Bingen, Mainz, Frankfurt und Köln. Der Schloß-Johannisberger wird auf 16 Hektar gebaut, und man produziert im Durchschnitt jährlich 30 Stück Wein; die Kabinettsweine werden nur in Flaschen verkauft und besitzen höchst angenehmen Geruch und Geschmack, gewürzhafte Süße, Konsistenz und Stärke. Auch unter dem Dorf-Johannisberger finden sich sehr edle Sorten. Der Steinberger, einer der feinsten, bukettreichsten und stärksten Weine, übertrifft in guten Jahrgängen den Johannisberger an Feuer,[870] wenn er ihm auch an Bukett nachsteht. Der Rauenthaler heißt seit dem Fürstenkongreß von 1863 Fürstenwein, weil damals die Stadt Frankfurt ihre Gäste mit diesem Wein bewirtete. Der Markobrunner ist sehr duftig und besonders im Alter kräftig; er wächst in den Gemarkungen Erbach und Hattenheim. Der Gräfenberger wächst bei Kiedrich und ist dem Johannisberger sehr ähnlich. Rüdesheim liefert in seiner großen Gemarkung kräftige, bukettreiche Weine ersten Ranges, ebenso Geisenheim. Der rote Aßmannshäuser, der beste Rotwein Deutschlands, zeichnet sich durch Mandelgeschmack und geistigen Gehalt aus. Der Hochheimer wächst auf den südlichen Abhängen des Taunusgebirges in dem Winkel, den die Vereinigung des Mains mit dem Rhein bildet, und ist von alters her so berühmt, daß in einem großen Teil der Welt unter seinem Namen (Hock der Engländer) alle deutschen Weine gehen. Der edle Hachheimer übertrifft beinahe alle übrigen Weine durch seinen ausgesprochenen höchst aromatischen Wohlgeruch und seine vorzügliche Zartheit; er besitzt viel Körper, Milde und Feuer, ist ungemein haltbar und gewinnt ausnehmend durch Lagern. Der moussierende Hochheimer, der sehr starken Absatz nach England findet, gehört zu den gelungensten Nachahmungen des Champagners. Der Wein von Kostheim, im Mündungswinkel von Rhein und Main, kommt ebenfalls als Hochheimer in den Handel. Ein ausgezeichnetes Produkt liefert der Neroberg bei Wiesbaden, und auch Wickert erzeugt treffliche, gehaltvolle Weine. Vgl. Roth, Der Rheingauer Weinbau (2. Aufl., Frankf. a. M. 1878); Dahlen, Karte und Statistik des Weinbaus im Rheingau (Mainz 1886); Schmitt, Die Weine des herzoglich nassauischen Kabinettskellers (Berl. 1893); Ammann, Der Rheingau und seine Weine (Köln 1899).