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Korvei

[519] Korvei (Corvey), ehedem gefürstete Benediktinerabtei in Westfalen, eine Kolonie des Klosters Corbie (s. d.) in der Picardie, wurde durch Abt Adalhard den Ältern 822 auf dem von Ludwig dem Frommen geschenkten Königshof Huxori als Neukorvei (Corbeja nova) begründet. Kaiser Ludwig verlieh dem Kloster bedeutende Rechte und beschenkte es reichlich mit Ländereien. Besonders wertvoll wurde für K. die Erwerbung der Gebeine des heil. Vitus, eines Märtyrers der Diokletianischen Verfolgung, 836 von St.-Denis her. Er ward Schutzpatron der Sachsen, K. das erste Kloster des Stammes. Kaiser Heinrich III. verlieh den Mönchen das Recht der freien Abtswahl, dem Abt Fürstenrang (1039). Anderseits ward die Abtei von jeder bischöflichen Gewalt eximiert und direkt dem päpstlichen Stuhl unterstellt (zugleich abbatia regalis und libera). Aus der Schule von K. gingen viele angesehene Gelehrte hervor, so der Geschichtschreiber Widukind (s. d.). In der Bibliothek von K. fand man unter Franz v. Ketteler 1517 die fünf ersten Bücher der Annalen des Tacitus, die nach Rom gesandt wurden. Die Stiftsbibliothek sowie viele Besitztümer gingen nach und nach verloren. 1783 wurde der Abt Theodor vom Papst Pius VI. zum Bischof erhoben. Das Gebiet der Abtei betrug damals 275 qkm mit etwa 10,000 Einw. 1803 säkularisiert, kam K. an das Haus Oranien, 1807 an Westfalen und durch den Wiener Kongreß 1815 an Preußen. Das Domkapitel wurde 1821 mit dem zu Paderborn vereinigt. Die Besitzungen der Abtei, mit Ausnahme der Stadt Höxter, wurden 1822 von Preußen als Mediatfürstentum dem letzten Landgrafen von Hessen-Rotenburg, Viktor Amadeus, verliehen und gingen 1834 durch Erbschaft auf dessen Neffen, den Prinzen Viktor von Hohenlohe-Schillingsfürst, Herzog von Ratibor, über. Das jetzige Mediatfürstentum K. umfaßt etwa 50 qkm eignen Besitz.

Der Ort K. liegt nordöstlich bei der Stadt Höxter, an der Einmündung der Schelpe in die Weser. Die[519] noch vorhandenen Klostergebäude dienen dem jetzigen Besitzer vorübergehend als Residenzschloß. Die Bibliothek, die seit 1860 Hoffmann von Fallersleben verwaltete, dem 1903 hier ein Denkmal errichtet wurde, umfaßt ca. 150,000 Bände. Die gotische Klosterkirche enthält die Grabmäler vieler Dynasten der benachbarten Gegenden. Das von Pastor Falcke angeblich im Klosterarchiv gefundene »Chronicon Corbejense« (768–1187), das Wedekind herausgab (»Noten zu einigen Geschichtschreibern des Mittelalters«, Hamb. 1823), wurde von S. Hirsch und WaitzKritische Prüfung etc.«, Berl. 1839) als Fälschung entlarvt. Ob Falcke oder schon Paullini, der in seinem »Syntagma rerum et antiquitatum germanicarum« (Frankf. a. M. 1698) auch unechte »Annales Corbejenses« (von 815–1471 reichend) herausgegeben hat, der Fälscher gewesen ist, läßt sich nicht mehr entscheiden. Auch die »Annales oder Fasti Corbejenses von 1144–1159« (bei Harenberg, »Monumenta historica adhuc inedita I«, Braunschw. 1758) sind eine Fälschung. Dagegen sind die allerdings dürftigen »Annales Corbejenses von 648–1148« (in den »Monumenta Germaniae historica, Scriptores III«) echt. Vgl. Wigand, Geschichte der gefürsteten Reichsabtei K. (Höxter 1819), Die Dienste mit Rücksicht auf die Geschichtsquellen der ehemaligen Abtei K. (Hamm 1828), Der Korveische Güterbesitz (Lemgo 1831) und Die Korveischen Geschichtsquellen (Leipz. 1841); M. Meyer, Zur ältern Geschichte Corveys und Höxters (Paderb. 1893); Graf Bocholtz-Asseburg, Beiträge zur Geschichte der Ortschaften und Sitze des Corveyer Landes (Münster 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 519-520.
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