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Hieronymus [1]

[319] Hieronymus, der Heilige, eigentlich Eusebius Hieronymus Sophronius, einer der hervorragendsten lateinischen Kirchenväter, in Stridon (an der heutigen Grenze zwischen Steiermark und Ungarn) zwischen 340 und 350 als Sohn christlicher Eltern geboren, gest. 30. Sept. 420. Er erhielt Bildung und Taufe in Rom, verweilte eine Zeitlang zu Trier und 372 zu Aquileja. Von hier bereiste er Kleinasien, bis er in Antiochia, von einer heftigen Krankheit befallen, der vielen Sünden seiner Jugend mit Tränen gedachte und den profanen Studien auf die Dauer entsagte. Zunächst begab er sich 374 nach seiner Genesung in die Wüste von Chalkis, wo er sich den härtesten Kasteiungen unterzog. 379 siedelte er[319] wieder nach Antiochia über, wo er von seinem Freund Paulinus zum Presbyter geweiht wurde. Von hier begab er sich 381 nach Konstantinopel, um daselbst den Unterricht des Gregor von Nazianz zu genießen und die Chronik des Eusebios von Cäsarea in lateinischer Sprache zu bearbeiten und zu erweitern. 382 begleitete er Paulinus nach Rom und begann dort auf den Wunsch des Bischofs Damasus die Revision und teilweise Neubearbeitung der altlateinischen Bibelübersetzung, die unter dem Namen »Vulgata« allmählich kirchliche Alleinberechtigung gewann. Neben dieser literarischen Tätigkeit trat H. in Rom als bigotter Asket auf und suchte im Verein mit drei gleichgestimmten vornehmen Frauen, Marcella, Melania und Paula, den weltlich gesinnten römischen Klerus ebenfalls zum kontemplativen Leben zu bekehren, was ihm viel Neider und Gegner zuzog. Mißgestimmt verließ er 385 Rom, durchstreifte in Begleitung der Paula und ihrer Tochter Eustochion Palästina und Ägypten und ließ sich 386 auf die Dauer in Bethlehem nieder, wo er ein Mönchs- und ein Nonnenkloster gründete. Hier gab H. das erste Beispiel eines Mönchtums, das sich die Pflege der Wissenschaft und Literatur zur Hauptaufgabe macht. Er schrieb eine ganze Reihe von alt- und neutestamentlichen Kommentaren, wertvolle Schriften archäologischen Inhalts, Legenden von Heiligen und Mönchen. So hat er in seinen Lebensbeschreibungen des Paulus von Theben, des Hilarion (s. d.) und des Malchus recht eigentlich den frommen Roman begründet. Daneben verfaßte er theologische Streitschriften, in denen sich seine maßlose Reizbarkeit und die Eitelkeit auf seine Orthodoxie spiegeln. So sehen wir ihn zuerst, mit Theophilus, Patriarchen von Alexandria, und Epiphanius, Bischof von Salamis, zum Sturz der Origenisten verbündet (s. Origenes), den Jovinianus (s. d.) bekämpfen, dann die Verketzerung des Pelagius betreiben, infolgedessen die fromme Gesellschaft zu Bethlehem 416 sich selbst groben Gewalttätigkeiten ausgesetzt sah und H. schließlich fast selber zum Ketzer gestempelt wurde. In H.' Charakter bilden Sinnlichkeit und Ehrgeiz, mit Aberglauben vermischt, die hervorstechendsten Züge. Unter den lateinischen Vätern ist er der gelehrteste und beredteste; seine Sprache bewegt sich in großer Fülle und Mannigfaltigkeit, und diese Vorzüge einerseits, maßlose Polemik anderseits müssen die Schwächen seiner Logik und Dialektik verdecken. Seine exegetisch-kritischen Arbeiten tragen das Gepräge der Flüchtigkeit an sich, und als Theolog besaß er zu wenig Tiefsinn und spekulative Gabe, als daß ihm die Kirche sonderliche Autorität hätte beilegen können. Gleichwohl bleibt sein Verdienst um eine bessere Exegese ungeschmälert, und mit seiner Kenntnis des Hebräischen steht er im ganzen kirchlichen Altertum einzig da. Seine griechische Gelehrsamkeit machte ihn zum Vertreter der lateinischen Kirche bei der griechischen und der alexandrinischen Gelehrsamkeit in Rom geeignet. Seine Werke wurden am besten herausgegeben von Vallarsi (Verona 1734–42, 11 Bde.), mit einigen Verbesserungen Venedig 1766–1772, 15 Bde.; in Auswahl übersetzt von Leipelt (Kempten 1872–74, 2 Bde.). Neu aufgefundene Predigten gab Morin in den »Anecdota Maredsolana« (1895–1903) heraus. Vgl. Zöckler, H., sein Leben und Wirken (Gotha 1865); Thierry, Saint Jérôme (2. Aufl., Par. 1875, 2 Bde.); Goelzer, Etude sur la latinité de saint Jérôme (das. 1886); Largent, Saint Jérôme (3. Aufl., das. 1899); Grützmacher, H., eine biographische Skizze (Leipz. 1901, Bd. 1); Sanders, Etudes sur saint Jérôme (Par. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 319-320.
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