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Polignac

[525] Polignac heißt eine alte franz. Familie, welche besonders durch den verhängnißvollen Einfluß einiger ihrer Angehörigen am Hofe und auf die Regierung der seit 1830 vertriebenen ältern Linie der franz. Bourbons zu einem traurigen Ruf gekommen und beim franz. Volke verhaßt geworden ist. Jolande Gabriele Martine, Herzogin von P., geb. 1750, eine der liebenswürdigsten Frauen am Hofe Ludwig XVI. und die Vertraute seiner Gemahlin Marie Antoinette, seit 1781 Gouvernante der franz. Prinzen und Prinzessinnen, würde sich ohne die verschwenderische Gunst der Königin bei dem beschränkten Vermögen ihres Gemahls, Jules v. P., der 1780 zum Herzog und ersten königl. Stallmeister ernannt wurde, gar nicht am Hofe haben behaupten können. Von ihrer ehrgeizigen und listigen Schwägerin, Diane von P., verleitet, benutzte die Herzogin ihren unbegrenzten Einfluß bei der Königin endlich mehr, als sie von selbst gethan haben würde und wurde daher theils durch ihre Neider, theils als anerkannte Theilnehmerin an den der Königin Schuld gegebenen Verschwendungen zu einem Gegenstande des Volkshasses, vor dem sie sich 1791 mit ihrer Familie ins Ausland retten mußte, wo sie voll Kummer über das schreckliche Ende von Marie Antoinette 1793 zu Wien starb. Von ihren drei Söhnen begaben sich die beiden ältesten, Armand Jules, Herzog von P., geb. 1771, und August Jules Armand Marie, Fürst von P., geb. 1780, zu dem Grafen von Artois (später Karl X.) nach England, von wo sie als Theilnehmer der Anschläge von Georges Cadoudal (s. Bonaparte) und Pichegru (s.d.) sich wieder nach Frankreich wagten, aber verhaftet wurden. Der Älteste ward zum Tode verurtheilt, was aber in Gefangenschaft bis zum Frieden und dann Deportation gemildert wurde, entkam aber im Jan. 4814 und ging mit seinem Bruder nach Vesoul zum Grafen von Artois, der sie als Bevollmächtigte der Bourbons nach Paris schickte. Armand von P. war ein beharrlicher Gegner der in Frankreich eingeführten neuen Regierungsform, wurde 1817 durch den Tod seines Vaters, Herzog und Pair und bei Karl X. Oberstallmeister, dem er seit 1830 während seines unstäten Lebens im Auslande stets folgte. Jules von P., der die Gunst Karl X. in noch höherm Grade besaß, bekannte sich zu denselben Ansichten und nachdem er 1815 zum Pair ernannt worden, verweigerte er lange den gebräuchlichen Eid auf die Constitution. Seine Verdienste um die röm. Kirche belohnte der Papst 1822 mit dem Titel eines röm. Fürsten. Seit 1823 franz. Botschafter in London, verweilte er dennoch, nachdem Karl X. zur Regierung gekommen war, wiederholt in Paris und wurde endlich, obgleich die öffentliche Stimme sich gegen ihn aussprach, am 8. Aug. 1829 zum Minister des Auswärtigen und am 8. Nov. zum Präsidenten des Conseils ernannt. Was er für Griechenland geschehen ließ und der Krieg gegen Algier (s.d.) täuschte jedoch das franz. Volk nicht über die Bestrebungen des von ihm geleiteten Ministeriums, welchen nach Erlaß der wider die Constitution verstoßenden Ordonnanzen vom 25. Jul. 1830 die Julirevolution (s. Julitage) gewaltsam ein Ziel setzte. Der Fürst von P. suchte nun als Bedienter verkleidet Frankreich zu verlassen, ward aber verhaftet und mit dreien seiner Amtsgenossen vom Pairshofe zum bürgerlichen Tode und ewiger Hast verurtheilt. Die letztere bestand er im Schlosse Ham, bis er im Herbst 1836 ganz entlassen wurde und jetzt in München lebt, in dessen Nähe er sich angekauft hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 525.
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