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Die Galerie Oben | Autonome Kunst in der DDR | bpb.de

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Die Galerie Oben

Uta Grundmann

/ 3 Minuten zu lesen

Die Galerie Oben – 1973 als selbständige, auch finanziell autonome Einrichtung der Verkaufsgenossenschaft bildender Künstler gegründet – präsentierte bis 1989 nahezu alle wichtigen Protagonisten alternativer Kunstentwürfe.

Wie die Interner Link: Galerie Arkade in Berlin gehörte die Galerie Oben in Karl-Marx-Stadt der Verkaufsgenossenschaft bildender Künstler des Bezirks. Diese bestand bereits seit 1954 und besaß attraktive Ausstellungs- und Verkaufsräume in einem zentral gelegenen Bürgerhaus in der Inneren Klosterstraße. Anfang der 1970er Jahre stand im Vorstand ein Generationswechsel an: Der wendige Parteigenosse und Kunsthistoriker Georg Brühl, seines Zeichens international anerkannter Jugendstil-Sammler, leidenschaftlicher Tänzer und Mäzen jüngerer Künstler wurde zum neuen Sekretär ernannt. Er ließ die Räume umbauen und eröffnete 1973 die "Galerie Oben“ als selbständige, auch finanziell autonome Einrichtung der Genossenschaft. Seinen Anspruch auf Unabhängigkeit formulierte Brühl durch ein ambitioniertes Programm, das er im Vorstand mithilfe von Künstlern wie Michael Morgner und Thomas Ranft, späteren Mitbegründern der Künstlergruppe und Galerie Interner Link: "Clara Mosch“, durchsetzte.

Galerie Oben

(© Lindenau-Museum Altenburg/Fotosammlung Ralf-Rainer Wasse) (© Lindenau-Museum Altenburg/Fotosammlung Ralf-Rainer Wasse) (© Lindenau-Museum Altenburg/Fotosammlung Ralf-Rainer Wasse) (© Lindenau-Museum Altenburg/Fotosammlung Ralf-Rainer Wasse, (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2018) (© Lindenau-Museum Altenburg/Fotosammlung Ralf-Rainer Wasse, (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2018) (© Lindenau-Museum Altenburg/Fotosammlung Ralf-Rainer Wasse, (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2018) (© Lindenau-Museum Altenburg/Fotosammlung Ralf-Rainer Wasse)

Das durch den Verkauf von Kunstwerken eingenommene Geld – meist auf den von ihm veranstalteten zwei bis drei Auktionen im Jahr – investierte der Galerist in Ausstellungen, Kataloge und die sogenannten "Mittwochsveranstaltungen“ mit Jazzkonzerten, Vorträgen über Kunst, Lesungen, Performances und Theateraufführungen, die der Galerie bald den Ruf eines Forums experimenteller Kunstformen vorauseilen ließen. Brühl sicherte in seiner Doppelrolle als Galerist und Informant der Staatssicherheit – wie nach 1989 offenbar wurde – mehrfach die Existenz des Unternehmens und schuf damit Freiräume, die sich das subkulturelle Milieu aneignen konnte.

Nach Brühls Ausscheiden aus dem Vorstand 1979 übernahm der Germanist Gunar Barthels die Leitung der Galerie. Michael Morgner und Thomas Ranft, die sich bereits seit ihrer Übersiedelung aus Leipzig beim Bezirksvorstand des Künstlerverbandes und in der Verkaufsgenossenschaft engagiert hatten, bestimmten inzwischen maßgeblich über das Profil und die Ausgaben des Hauses mit. Für die Künstler sicherte die Galerie Oben die Existenz, während die 1977 mit Carlfriedrich Claus, Ranfts Ehefrau Dagmar Ranft-Schinke und Gregor-Torsten Schade gegründete "Clara Mosch“ als Spielfeld ihrer eigenen experimentellen Interessen diente. Es lag nahe, dass beide Galerien miteinander kooperierten – bei den Ausstellungen von Gerhard Altenbourg und Carl Friedrich Claus zeigte die eine die Unikate, die andere die Druckgrafik.

In den Räumen der Klosterstraße stellten alle wichtigen Künstler aus, die sich in der nach Unabhängigkeit strebenden Kunstszene der DDR einen Namen gemacht hatten, darunter auch jene, deren Expositionen nach der Schließung von "Clara Mosch“ Ende 1982 nicht mehr realisiert werden konnten: Die Dresdner Max Uhlig, Strawalde (Jürgen Böttcher), Peter Graf und Peter Makolies, Eberhard Göschel – Mitbegründer der Interner Link: Obergrabenpresse –, die Mitglieder der Mosch-Gruppe selbst, die jungen Karl-Marxstädter Klaus Hähner-Springmühl und Wolfram Adalbert Scheffler, die ihr Debüt in Adelsberg gefeiert hatten, die Leipziger Lutz Dammbeck mit der Mediencollage "Konzept Herkales“, Hartwig Eberbach mit seinem Musiktheaterprojekt "Missa Nigra“ und Hans-Joachim Schulze und die Interner Link: "Gruppe 37,2“ mit ihrer Aktion "Kunst als Produktivkraft“.

Folgerichtig geriet auch die Galerie Oben ins Blickfeld der Staatssicherheit. Im Laufe der Jahre berichteten mehr als 100 Informanten über ihre Aktivitäten. Druckgenehmigungen wurden verweigert und einzelne Veranstaltungen verboten. 1983 kündigte der Stadtrat für Kultur Gunar Barthels die Stellung, musste ihn jedoch nach Protesten der Künstler im Vorstand bis zu dessen Ausreise nach Westberlin im Oktober 1987 weiter beschäftigen.

Die Galerie Oben besteht noch heute in einer Jugendstilvilla auf dem Chemnitzer Kaßberg und vertritt nach wie vor Michael Morgner und Thomas Ranft.

Quellen / Literatur

Galerie Oben 1973–1993. Hrsg. von der Galerie Oben. Chemnitz 1993.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Geb. 1965, Kunsthistorikerin, arbeitet als freiberufliche Autorin und Lektorin in Berlin.