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Die Keramikwerkstatt Wilfriede Maaß | Autonome Kunst in der DDR | bpb.de

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Die Keramikwerkstatt Wilfriede Maaß

Uta Grundmann

/ 3 Minuten zu lesen

Zum Zentrum des unabhängigen Künstlermilieus wurde in den 1980er Jahren die Keramikwerkstatt von Wilfriede Maaß in der Schönfließer Straße im Ostberliner Stadtteil Prenzlauer Berg.

Das Ende der Interner Link: EP Galerie Schweinebraden 1980 und die Schließung der Interner Link: Galerie Arkade 1981 durch den Staatlichen Kunsthandel markierten einen Bruch in der unabhängigen Ausstellungskultur Ostberlins. In den 1980er Jahren etablierten sich vor allem im Prenzlauer Berg eine Reihe von Ateliergalerien – wie die Interner Link: Hans Scheibs, die Produzentengalerie Interner Link: "rg“ oder die Galerie Viola Blum im Atelier von Uta Hünniger. Die Kunstszene wurde jetzt jedoch vornehmlich von Dichtern und Musikern bestimmt.

Fotos aus der Keramikwerkstatt von Wilfriede Maaß

(© Archiv Uta Grundmann (Fotograf unbekannt)) (© Barbara Metselaar Berthold) (© Barbara Metselaar Berthold )

Zu einem wichtigen Zentrum dieses Milieus und seiner Akteure wurde die Keramikwerkstatt von Wilfriede Maaß in der Schönfließer Straße. In der geräumigen Wohnküche lud der als Musiker und freiberuflicher Übersetzer tätige Hausherr Ekkehard Maaß seit 1978 unregelmäßig zu Lesungen, Vorträgen und Liederabenden ein. Durch die Kontakte Sascha Andersons, der Maaß auf einer Veranstaltung in der Dresdner Galerie Mitte empfohlen worden war und der die Werkstatt zu seinem Berliner Hauptquartier machte, erweiterte sich der Kreis der beteiligten Dichter. Bald sprachen sich die Lesungen, von denen der Dichter Uwe Kolbe glaubt, sie seien "die wichtigsten der jüngeren DDR-Literatur“ gewesen, derart herum, dass sich an manchen Abenden mehr als hundert Besucher in den kleinen Räumen drängten. Neben gestandenen literarischen Autoritäten wie Adolf Endler, Franz Fühmann, Heiner Müller, Christa und Gerhard Wolf lasen hier mit Sascha Anderson, Stefan Döring, Jan Faktor, Eberhard Häfner, Johannes Jansen, Detlef Opitz, Bert Papenfuß-Gorek, Lutz Rathenow, Thomas Roesler oder Ulrich Zieger wichtige Vertreter der jüngeren und jüngsten Autorengeneration. Daneben fanden Redaktionssitzungen der Zeitschrift "Schaden“ statt, und Sascha Anderson gab Künstlerbücher heraus.

Mit Ralf Kerbach, Helge Leiberg, Christine Schlegel und Cornelia Schleime, die an der Interner Link: Dresdner Hochschule für Bildende Künste studiert hatten und nach Berlin gekommen waren, um auf ihre Ausreisegenehmigung zu warten, entwickelte sich die Werkstatt von Wilfriede Maaß zu einem der frequentiertesten Treffpunkte der nichtstaatlichen Literatur- und Kunstszene im Ostteil der Stadt. Aus der gemeinsamen Arbeit mit den Dresdner Malern entstanden die ersten Künstlerkeramiken – Teeservices, Teller und Schüsseln, die auf zahlreichen, oft inoffiziellen Märkten sowie Atelier- und Künstlerfesten verkauft wurden und damit den Lebensunterhalt der Künstler sicherten. Privatsammler und Vertreter westlicher Museen kamen, um die bei den Empfängen und Ausstellungen in der Ständigen Vertretung angebahnten Ost-West-Kunstgeschäfte abzuwickeln. Nachdem die meisten seiner Malerfreunde bereits übergesiedelt waren, reiste auch Sascha Anderson 1986 nach Westberlin aus. Bis zu Biermanns Rede zur Verleihung des Georg-Büchner-Preises im Oktober 1991 ahnte freilich niemand, dass er als IMB "David Menzer“ der Staatssicherheit lückenlos über die Aktivitäten in der Werkstatt berichtet hatte.

Arbeitete Wilfriede Maaß in der Keramikwerkstatt Anfang der 1980er Jahre vor allem mit Künstlerinnen und Künstlern, die in dem halbwegs geschützten Raum in der Schönfließer Straße eine Zwischenstation auf dem Weg in den Westen sahen, bevorzugte sie wenige Jahre später vorrangig jene, die bleiben wollten: die aus Dresden nach Berlin gekommene Grafikerin Karla Woisnitza, die Dresdner Malerin Angela Hampel sowie die Berliner Absolventen der Kunsthochschule Weißensee Sabine Herrmann und Klaus Killisch. 1989 gründete Wilfriede Maaß mit Sabine Herrmann, Klaus Killisch und Petra Schramm eine Produzentengalerie, die bis zu ihrem Weggang aus Berlin 1998 Bestand hatte.

Literatur: Die Addition der Differenzen. Die Literaten- und Künstlerszene Ostberlins 1979 bis 1989. Hrsg. von Uwe Warnke und Ingeborg Quaas. Berlin 2009.

Fussnoten

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Geb. 1965, Kunsthistorikerin, arbeitet als freiberufliche Autorin und Lektorin in Berlin.