[go: up one dir, main page]

Pufendorf

[439] Pufendorf, Samuel, Freiherr von, einer der größten deutschen Publizisten, geb. 8. Jan. 1632 zu Dorf-Chemnitz in Sachsen als Sohn des dortigen Pfarrers, gest. 26. Okt. 1694 in Berlin, wurde 1658 Hofmeister im Hause des schwedischen Gesandten[439] Coyet in Kopenhagen. Die Schrift »Elementa jurisprudentiae universalis« (Haag 1660) bewirkte 1661 seine Berufung zum (ersten deutschen) Professor des Naturrechts nach Heidelberg. Großes Aufsehen erregte die hier von ihm verfaßte, unter dem Namen Severinus de Monzambano veröffentlichte Schrift »De statu imperii germanici« (Haag 1667 u. ö.; deutsch von H. Breßlau, Berl. 1870), eine rücksichtslose Kritik der öffentlichen Zustände des Deutschen Reiches. 1670 folgte P. einem Ruf an die neue schwedische Universität Lund. Durch die beiden Werke »De jure naturae et gentium« (Lund 1672) und »De officio hominis et civis« (das. 1673) befreite er das Naturrecht von der theologischen Scholastik und der positiven Jurisprudenz und erhob es zu einer selbständigen Wissenschaft, ward aber in der Folge in einen heftigen literarischen Streit, besonders mit den deutschen Theologen, verwickelt (die Gegenschriften Pufendorfs erschienen gesammelt u. d. T.: »Eris Scandica qua adversus libros de jure naturali et gentium objecta diluuntur«, Frankf. 1686). 1677 nach Stockholm berufen und zum Staatssekretär, königlichen Hofrat und Historiographen ernannt, schrieb er: »Einleitung zur Historie der vornehmsten Reiche und Staaten« (1682); »De rebus Suecicis« (Utrecht 1686); »De rebus a Carolo Gustavo gestis« (1688, erschienen Nürnb. 1696); ferner die Schrift »De habitu christianae religionis ad vitam civilem« (Brem. 1687), in welch letzterer er das Hoheitsrecht des Staates über die Kirche und zugleich den Gedanken voller Gewissensfreiheit verfocht. 1688 begab er sich als Historiograph und Kammergerichtsbeisitzer nach Berlin, einem Rufe des Großen Kurfürsten folgend, dessen Geschichte er nach dessen Tod schrieb (»De rebus gestis Friderici Magni«, vollendet 1693, erschienen Berl. 1695, 2 Bde.). Auch eine Geschichte seines Nachfolgers hat P. geschrieben (»De rebus gestis Friderici III«, Berl. 1695). 1690 ernannte ihn dieser zum Geheimrat; Karl XI. von Schweden erhob ihn 1694 in den Freiherrenstand. Aus seinem Nachlaß erschien noch die Schrift »Jus feciale divinum« (Lübeck 1695), in der P. zuerst den großen Gedanken einer evangelischen Union aussprach. Seine Briefe an Christian Thomasius 1687–93 gab E. Gigas heraus (Münch. 1897). Vgl. J. G. Droysen in den »Abhandlungen. Zur neuern Geschichte« (Leipz. 1876); O. Franklin, Das Deutsche Reich nach Severinus von Monzambano (Greifsw. 1872); v. Treitschke in den »Historischen und politischen Aufsätzen«, Bd. 4, (Leipz. 1897); Jastrow, Pufendorfs Lehre von der Monstrosität der Reichsverfassung (Berl. 1882); »Randbemerkungen zum Monzambana« (anonym, das. 1894); P. Meyer, Samuel P. (Grimma 1894). – Sein älterer Bruder, Esaias P., geb 1628 in Dorf-Chemnitz, gest. 5. Sept. 1689 als dänischer Minister und Gesandter in Regensburg, ist Verfasser verschiedener theologischer und historischer Schriften.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 439-440.
Lizenz:
Faksimiles:
439 | 440
Kategorien: