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Skropheln

[192] Skropheln (Skrophelkrankheit, Morbus scrophulosus, Scrophulosis, Drüsenkrankheit, Drüsenschärfe der Kinder), chronisches Erkranken des Saugadersystems bei Kindern, ausgehend von den Milchsaftgefäßen u. Drüsen der Verdauungsorgane. Unter der Form der Skrophelkrankheit tritt im Kindesalter die Tuberkelanlage auf u. äußert sich unter Absetzung den Tuberkeln ganz ähnlicher Krankheitsproducte bes. gern in den Mesenterialdrüsen (Bauchskropheln), auch in den Hautdrüsen (Hautskropheln, skrophulöse Hautkrankheiten) od. auf den Schleimhäuten u. in den Knochen (Knochenskropheln, skrophulöse Knochenkrankheiten, Rhachitis, englische Krankheit), od. im Gehirn (Hirnskropheln, skrophulöse od. tuberkulöse od. Whytt'sche Hirnkrankheit). In den ergriffenen Theilen bewirkt sie eigenthümliche Entzündungsvorgänge, deren Folgen wirkliche Tuberkelablagerungen mit nachträglicher Vereiterung od. Verkalkung, od. wässerige Ausschwitzungen (z.B. skrophulöse Hautgrinde, Schleimflüsse, Höhlenwassersuchten) od. Erweichungen der Gewebe selbst (z.B. des Gehirns, der Knochen) sind. Die Lungen u. Bronchialdrüsen werden von den S. weniger häufig ergriffen, späterhin aber bildet sich die Krankheit gern zur tuberkulösen Lungenschwindsucht aus. Die skrophulöse Anlage (Dispositio scrophulosa, Habitus scrophulosus) zeigt sich oft schon sehr frühzeitig bei Kindern durch eine eigenthümliche Gesichtsbildung, welche bei vollsaftiger zarter, weißer, gleichsam durchscheinender Haut, bisweilen blühender Wangenröthe, blauen Augen u. blondem seidenartigem Haare, bes. durch einen etwas starken Kopf, breite Kiefern, dicke Nasenflügel, aufgeworfene Oberlippe mit sehr deutlicher u. tiefer Mittelrinne hervorgebracht wird; der Unterleib ist aufgetrieben, derb, Muskeln schlaff, Gehenlernen u. Zahnen geschieht langsam u. zögernd, die Zähne verderben leicht, das Sprechen wird frühzeitig erlernt u. die Geistesentwickelung ist meist vorschnell. Bei weiterem Vorschreiten der Krankheit nimmt der Unterleib an Ausdehnung u. Derbheit zu, treten Verdauungsstörungen ein mit vorwiegender Säurebildung, starke Eßlust u. Verlangen nach festen mehligen Speisen (Brod, Kartoffeln); die Farbe der Haut wird gelblich, Hautausschläge treten auf, Augenlidentzündung (Ophthalmia serophulosa), häufige Katarrhe u. andere Schleimhaut leiden. Bei der ausgebildeten Krankheit findet man Anschwellungen der lymphatischen Drüsen (Skropheln, Scrophulae, auch Hagedrüsen) am Halse, im Nacken, in den Achseln u. Weichen, welche anfangs einzeln od. an einander gereiht u. weich, später hart, bisweilen taubeneigroß werden u. meist schmerzlos sind; sie bleiben oft lange Zeit unverändert, verschwinden auch u. kehren wieder, gehen aber auch durch Entzündung in Eiterung über u. bilden das skrophulöse Geschwür (s. Geschwüre B) b). Ebenso werden die Gekrösdrüsen ergriffen u. andere inneren u. äußere Drüsen werden functionsunfähig u. beeinträchtigen das Ernährungsgeschäft (Drüsendarre), es entwickeln sich hier u. da örtliche entzündliche tuberkulöse od. Erweichungsprocesse, bes. in Gehirn u. Knochen. Die Anlage zu S. ist oft schon bei Kindern strophulöser, schwindsüchtiger, venerischer, gichtischer od. durch Alter, Ausschweifungen etc. geschwächter Eltern angeboren. Veranlassende Ursachen sind: feuchte, kalte, wechselnde Witterung, das Frühjahr, niedrige, feuchte, kalte Erdstriche, tiefe Thäler, kalte, feuchte, reiner Luft u. des Sonnenlichts ermangelnde Wohnungen, Entbehrung der freien Luft, Unreinlichkeit, schlechte, schwere, vorzüglich vegetabilische Kost, Überfütterung, Mangel an körperlicher Bewegung, zu frühzeitige Anstrengung des Geistes,[192] chroniche u. acute Ausschläge, wie Blattern, Masern, Scharlach, Keuchhusten, Fieber, die Zahnperiode. Daher zeigt sich auch die Krankheit vorzüglich in großen Städten unter der ärmern Volksklasse. Kinder von 2–7 Jahren sind ihr am meisten unterworfen, seltner erfolgt der Ausbruch im späteren Kindesalter, noch seltner bei Erwachsenen. Die ärztliche Behandlung der S. setzt zunächst eine strenge Lebensordnung u. Vermeidung aller veranlassenden Schädlichkeiten voraus u. erheischt von beiden Seiten meist große Geduld. Unentbehrlich sind eine geregelte Diät, leichte, gute, gesunde Kost, bei Säuglingen eine gesunde Amme, Reinlichkeit, gesunde Wohnungen, fleißige Bewegung im Freien. Es gibt kein specifisches Heilmittel, vielmehr sind sehr verschiedenartige, vorzüglich auf die Verdauungswerkzeuge, Stuhlausleerungen, die Haut u. auf Verbesserung der Säftebereitung u. Ernährung wirkende zu gebrauchen. Die gebräuchlichsten Arzneimittel sind: Quecksilber-, Spießglanz-, Eisenmittel, das kohlensaure u. kaustische Kali, salzsaurer Baryt, Kalkwasser, salzsaurer Kalk, salzsaures Gold, gebrannter Schwamm, Leberthran, Jodine, äußere ableitende Hautreize, die große Klasse der auflösenden Mittel, Rhabarber, Belladonna, Schierling etc., so wie tonische. Sehr nützlich sind stärkende Einreibungen, laue Wasserbäder, Salz-, Seesalz-, Sool-. See-, aromatische, Malz-, künstliche Stahl- u. Schwefelbäder, ferner die natürlichen Mineralwässer von Teplitz, Warmbrunn, Aachen, Wiesbaden, Ems, Kissingen, Baden-Baden, Baden bei Wien, die Elisabethquelle Kreuznach u.a. Vgl. Bandeloque, Monographie der Skrophelkrankheit, Par. 1834, von Martini, Weim. 1836 (deutsch); Piutti, Über die skrophulösen Hautkrankheiten; Sebastian, Über die Ähnlichkeit u. den Unterschied zwischen Arthritis u. Scrosulosis, Emden 1838; Ruete, Die Skrophelkrankheit, insbesondere die skrophulöse Augenentzündung, Gött. 1838; Blatin, Essai sur le traitement des serofules, Par. 1840; Disse, Die Skrophelkrankheit, Berl. 1840; Scharlau, Die Skrophelkrankheit, ebd. 1842; Bredow, Über die Skrophelsucht, ebd. 1843; Negrier, Die Behandlung der Skropheln mit Wallnußblättern, Bonn 1843; Smith, Scrofula, its nature, Lond. 1844; Koch, Die Skrophelkrankheit in allen ihren Gestalten, Wien 1845.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 192-193.
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