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Arzneimittel

[792] Arzneimittel (lat. Medicamentum, gr. Pharmakon), 1) jeder Stoff, der in der Absicht, Krankheiten zu heilen, zu lindern od. ihnen vorzubeugen, in angemessenen Gaben angewendet wird; 2) die in den Apotheken vorräthigen heilkräftigen einfachen od. zusammengesetzten Substanzen. Sie sind innere, wenn sie durch den Mund in den Magen gelangen, u. äußere, wenn sie auf äußere Theile des Körpers angewendet werden, od. nicht durch den Mund in den Körper gelangen. Sie sind ferner chirurgische, die vorzüglich für Heilung äußerer Gebrechen bei äußerem Gebrauch dienen; pharmaceutische, die vom Apotheker vorbereiteten, diätetische od. Nahrungsmittel, u. psychische, die vorzüglich u. direct auf das geistige Leben wirken. Sie wirken dynamisch, d.i. unmittelbar auf die Erregbarkeit des Lebens, od. auf die einzelnen Verrichtungen des Körpers; mechanisch, im Raum durch Druck, Schwere etc., od. chemisch, indem sie die Mischung des Körpers od. einzelner Theile umändern. Chemische A. werden aber auch, als durch chemisch-pharmaceutische Bereitung erhaltene, den einfachen (Galenschen) entgegengesetzt. Sie wirken allgemein, in Umänderung des Krankheitszustandes, von dem der ganze Körper ergriffen ist, od. örtlich (topisch), ausschließend od. hauptsächlich auf den Theil, an den sie zunächst gelangen. Ihre Wirkung ist entweder direct od. indirect, u. dann consensuell, od. durch Gegenwirkung (Antagonismus) erregt; ihre Wirkung ist flüchtig, od. dauernd u. nachfolgend. Bei ihrer Anwendung ist außer angemessener Auswahl, auf deren Güte, auf die Gabe u. die Zeit der Darreichung, die weder zu kurze noch zu lange Dauer des Gebrauches, auf Unterstützung der Wirkung durch angemessene Lebensordnung, od. Hülfsarzneien, auf Vermeidung der Störung der Wirkung zu achten. Die Arzneimittellehre (Pharmakologie, Materia medica), ist die Lehre von allem, was zur Kenntniß von Arzneimitteln an sich, d.i. ohne Beziehung ihrer Anwendung in bestimmten Krankheiten, erforderlich ist. Sie ist von unbestimmbaren Grenzen, indem nichts in der Natur ist, was nicht unter gewissen Verhältnissen u. Bestimmungen in Krankheiten heilkräftig wirken kann. Je nachdem diese Grenzen weiter od. enger gezogen, od. gewisse Klassen von A-n, allein od. vorzugsweise, darunter befaßt werden, od. sie für einen bes. Kreis des ärztlichen Wirkens die Hauptmittel kennen lehrt, wird ihre Bearbeitung, ihrem materiellen u. formellen Theile nach, sehr verschiedenartig. Die Auswahl von Mitteln, die man vorzugsweise in Krankheiten für dienlich erachtet, u. die Anwendung derselben sind höchst verschieden. Die älteste Schrift über die A-lehre ist die des Dioskorides (50 n. Chr.). Man kann in der A-lehre Arzneierkenntnißlehre (Pharmakognose), Kenntniß der Arzneistoffe an sich, Arzneibereitungslehre (Pharmacie), u. Arzneiverordnungslehre (Receptirkunst, Pharmakokatagraphologie), unterscheiden. Letztere beide, sofern blos Mittel aus Apotheken dabei berücksichtigt werden, werden auch als eigene Disciplinen betrachtet. Wesentlich erforderlich ist eine dreifache Kenntniß der A. durch sie, eine physikographische, der Naturgeschichte derselben; eine chemische, ihrer Eigennamen nach; eine praktische, ihrer Nutzbarkeit u. Anwendbarkeit im Allgemeinen. In den wissenschaftlichen Handbüchern wird bald eine, bald die andere dieser drei Betrachtungsweisen vor anderen herausgehoben. Arnemann, Entwurf einer praktischen A-lehre, Gött. 1791, 2 Bde., n. A. von Kraus u. Meyer, Wien 1823; Hartmann, Pharmacologia dynamica, Wien 1816, 2 Bde.; Vogt, Pharmakodynamik, [792] Gießen 1832, 2. Aufl., 2 Bde.; Burdach, System der A-lehre, Leipz. 1817–1819,2. Ausg.; Pfaff, Handbuch der A-lehre, Lpz. 1808 bis 1821, 6 Bde.; Jahns Auswahl, Erfurt 1818, 4. Aufl., 2 Bde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 792-793.
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