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Purpur

[702] Purpur (lat. Purpura, gr. Porphyra), 1) im frühesten Alterthum Name für alles Dunkle; P. war lange Zeit eine Farbe, welche nur zum heiligen Gebrauch diente, so das Gewand der Dioskuren in Sparta u. Messene, die Decken u. Gewänder der Eumolpiden in Eleusis u. die Leibbinden der in die Samothrakischen Mysterien Eingeweihten. Verschieden von dieser Farbe war der spätere P., welcher ursprünglich aus Phönicien kam, wo man ihn in Tyros 1439 v. Chr. entdeckt haben soll, indem ein Hund eine Purpurschnecke zerbiß u. mit dem gefärbten Maul ein Schaf streifte, dessen Wolle dadurch eine herrliche Farbe erhielt. Übrigens gab es noch verschiedene Purpurarten, geschätzt waren bes. der rothe u. ins Blaue spielende P., doch wechselte der Werth oft mit der Mode; gerühmt wird bes. der Koische u. Tyrische P., u. vor allen der in Tarent verfertigte violette, dessen Fabrikation dieser Stadt einen großen Theil ihrer Blüthe verschaffte. Den Gätulischen P. ließ König Juba auf den Purpurariae insulae (s.d.) angeblich aus dem dort häufigen Drachenblut bereiten. In Rom wurde der Luxus mit Purpurgewändern, namentlich von Frauen, so weit getrieben (zu Anfang des Augusteischen Zeitalters bezahlte man ein Pfund mit Tyrischem P. gefärbte Wolle mit 1000 Denaren [167 Thalern]), daß von den Kaisern Sumtuargesetze gegeben wurden, welche das Tragen solcher Kleider nur gewissen Personen u. an gewissen Tagen erlaubten. Die Senatoren trugen als Abzeichnung breite Purpurstreifen auf ihren Kleidern; die Ritter einen gleichen, aber schmälern. Auch bei den Etruskern war P. eine Hauptfarbe u. neben dem Gold bes. Auszeichnung für die Könige. Die Bereitung des P-s der Alten war sehr verschieden. Meist wurde er aber aus Muscheln bereitet. Die Alten nennen das Buccinum, die Trompetenschnecke, u. die Purpura, die eigentliche Purpurschnecke, als das Material. Die erstere dieser Schnecken wurde an Klippen u. Felsen, die andere durch Köder im Meere gefangen. Beide wurden in großen Mengen an den Küsten des Mittel- u. Atlantischen Meeres bis nach Britannien gefunden. Bei der Benutzung drückte man an eine weiße Ader am Halse, worauf das Thier einige Tropfen Saft fahren ließ, welche die Purpurfarbe gaben. Zur Zeit des Kaisers Theodosius d. Gr. gab es nur noch zwei Purpurfärbereien in Tyros u. Constantinopel; erstere wurde durch die Sarazenen, letztere durch die Türken zerstört, u. so ging die Kunst P. zu färben verloren. Welches die eigentliche Purpurfarbe der Alten gewesen sei, läßt sich schwer sagen, da die Alten selbst neun Arten einfachen u. fünf gemischten P-s kannten. Als erstere nennen sie den schwarzen, grauen, violetten, dunkelblauen, hellblauen, gelben, röthlichen, weißen P., od. wohl mehr die in diese Farbe spielenden. Am gewöhnlichsten scheint der P. das Ansehen eines dunklen Carmoisin od. einer Päonie gehabt zu haben. Neuere, z.B. Réaumur, haben sich viele Mühe gegeben, die Purpurfarbe der Alten wieder aufzufinden u. auch mehre Arten Meerconchylien aufgefunden, welche Purpurfarbe geben; wahrscheinlich stammten auch im Alterthume die verschiedenen Nuancen des P-s von verschiedenen Arten. Lacaze-Duthiers fand bei der Untersuchung verschiedener Muschelarten, der Purpura haemastoma, P. lapillus, Murex brandaris, M. trunculus u. M. erinaceus, daß die Purpursubstanz zuerst als farbloser Körper von einem kleinen Theile des Mantels der Purpurschnecke hervorgebracht wird. Dieser Theil nimmt den Raum zwischen der Kieme u. dem Rectum nach Vorn u. dem Bojanuskörper nach Hinten ein. Er bildet keinen Sack, sondern ist auf der Manteloberfläche verbreitet. Große längliche Zellen bilden in zwei od. drei Lagen ein Gewebe auf der Mantelhöhle; die äußerste Lage zeigt das ausgebildetste Zellengewebe. Haben die Zellen ihre vollständige Reise erlangt, so sinken sie in die Mantelhöhle, schwellen durch Endosmose auf, platzen u. mischen ihren Inhalt mit den andern schon vorhandenen Schleimtheilen. Diese Flüssigkeit bildet die Purpurmaterie, welche unter der Einwirkung der Sonne bei Gegenwart von Feuchtigkeit ein schönes Violett, den Purpur, erzeugt. Die ursprüngliche Purpurfarbe ist nicht roth, sondern violett, wie auch Plinius berichtet, daß das reine Violett zuerst am meisten geschätzt wurde. Nach u. nach änderten sich aber die Nüancen; so färbte man z.B. den Stoff zweimal, um eine sattere u. lebhaftere Farbe zu erzielen, u. nannte diesen P. Purpura dibapha. Als man die eigentliche Purpurfarbe durch Mineralfarben ersetzte, wurde sie immer mehr u. mehr roth. Da der P. sonach ein Product der Einwirkung des Lichts ist, so erbleicht er nicht im Lichte, wie Cochenille. Für die Lichteinwirkung auf die Purpurmaterie spricht auch, daß man damit auf Geweben Photographien erzeugen kann. P. als heraldische Farbe findet sich am meisten bei den Engländern, überhaupt aber nur in neuen Wappen. In deutschen Wappen findet der P. sich gemeiniglich als Tinctur der Wappenmäntel, ist aber mit roth nicht für dieselbe Farbe zu halten; s. Schraffirung. 2) Sov. w. Blut-, Hoch- od. Scharlachroth, welches mehr od. weniger in das Karminrothe fällt u. brennend ist. Bisweilen auch ein dunkles Violett mit brennend rothem Schimmer. Wollene Zeuge werden in der Blauküpe angefärbt u. mit Cochenille ausgefärbt. Seide wird erst in Cochenille gefärbt u. darauf mit einem Wasser genetzt, welchem Küpenblau zugesetzt ist; einen unechten P. färbt man mit Brasilienholz u. Orseille. Leinene u. baumwollene Zeuge werden in einer Eisenauflösung angesotten u. mit Krappbrühe gefärbt; Krapppurpur vgl. Krapp 2). Wolle, Seide u. Baumwolle lassen sich außerdem mit Murexid (s.d.) schön purpur färben. In der Malerei bedient man sich des Goldpurpurs, des Karmins u. Zinnobers. 3) Eine der Anlauffarben des Stahls; kommt bei einer Temperatur von 200° R. zum Vorschein, welche einer schmelzenden Mischung von 3 Theilen Blei u. 1 Theil Zinn entspricht; der bis zum P. angelassene Stahl ist federhart (vgl. Anlaufen 7). 4) Mineralischer P. (P. des Cassius), s. Goldpurpur. [702] 5) Purpurglasur für Halbporzellan, besteht aus 15 Theilen Silberglätte, 18 Theilen calcinirte Kiesel, 1 Theil Braunstein od. Magnesia, 15 Theilen weißes Glas, 1 Theil Safflor.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 702-703.
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